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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: 2 K 1/09
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 4
StBerG § 14 Abs. 1
StBerG § 19 Abs. 1
StBerG § 20 Abs. 1
StBerG § 26 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 30. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein.

Der Kläger, der Lohnsteuerhilfeverein X e.V., wurde in 2002 als Lohnsteuerhilfeverein anerkannt. Aus dem Bericht über die Geschäftsprüfung zum 31. Dezember 2005 ergibt sich, dass unter den Betriebsausgaben -Personalkosten- Konto 4113 "Mitgliederübernahme A 4.000,00 EUR" gebucht wurden. In der Vermögensübersicht 2006 wurde ein Geschäftswert in Höhe von 1,00 EUR, die Verbindlichkeit A mit 12.000,00 EUR und das Darlehn B (Bürodienst) mit 16.630,81 EUR ausgewiesen. In der Entwicklung des Anlagevermögens bis 31. Dezember 2006 sind erstmals die Anschaffungskosten für "Mitgliederübernahme" mit 36.000,00 EUR, der Buchwert zum 1. Januar 2006 mit 7.200,00 EUR und nach der Abschreibung von 7.199,00 EUR der Buchwert zum 31. Dezember 2006 mit 1,00 EUR ausgewiesen. Laut Berichten über die Geschäftsprüfungen wurden in 2002 48 Mitgliedsbeiträge einschl. Mitgliedsbeiträge der Beratungsstellenmitarbeiter in Höhe von 6.208,00 EUR, in 2003 entsprechend 377 Mitgliedsbeiträge in Höhe von 37.932,00 EUR, in 2004 entsprechend 475 Mitgliedsbeiträge in Höhe von 43.025,00 EUR, in 2005 entsprechend 609 Mitgliedsbeiträge in Höhe von 44.949,12 EUR zuzüglich Umsatzsteuer von 7.139,88 EUR und in 2006 entsprechend 607 Mitgliedsbeiträge in Höhe von 60.434,30 EUR zuzüglich Umsatzsteuer von 9.669,62 EUR vereinnahmt. Die Gewinne/Verluste betrugen für 2002 1.688,42 EUR, für 2003 978,42 EUR, für 2004 -372,01 EUR, für 2005 947,90 EUR (u.a. Aufwand A 4.000,00 EUR) und für 2006 -10.020,44 EUR (u.a. Abschreibung Geschäftswert 7.199,00 EUR). Die einheitlichen Mitgliedsbeiträge betragen nach der Beitragsordnung ab 24. Juli 2002 brutto 220,00 EUR, ab 1. Januar 2006 brutto 240,00 EUR und ab 1. Januar 2007 brutto 246,21 EUR.

Gemäß Beschluss der Kostentilgung für Mitgliederübernahme von Y e.V. vom 20. Oktober 2004/1. November 2004 wurde vom Kläger Folgendes beschlossen: "Der Lohnsteuerhilfeverein Y e.V., seinerzeit vertreten durch den Steuerberater A und der Lohnsteuerhilfeverein, im Januar 2002 vertreten durch den Vereinsgründer B haben vereinbart, dass für die Überlassung der Mitglieder des Y e.V. an den Lohnsteuerhilfeverein X e. V. ein Betrag von 36.000,-- EUR (300 Mitglieder je 80,-- EUR mal 1,5 Jahre) zu zahlen ist. ... Von den vereinbarten 36.000,-- EUR bekommt Herr A noch 20.000,-- EUR in 5 gleichen Raten zu je 4.000 EUR, jeweils am 15. Januar 2005 bis 2009 ausgezahlt. Die restlichen 16.000,-- EUR sind Bar- und Arbeitsleistung von B, die ihm der Lohnsteuerhilfeverein teilweise bar ersetzt und teilweise von ihm als Darlehn bekommt. ...".

Im Rahmen der Anhörung teilte der Kläger am 23. April 2008 mit, dass im Januar 2002 A und B in einem Gespräch beraten hätten, wie die Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins Y in der Zukunft nach Auflösung der Beratungsstelle betreut werden sollten. Der Lohnsteuerhilfeverein Y mit Sitz in Y habe sich nicht mehr in X betätigen wollen. Um die Mitglieder weiterhin zu betreuen, sei vereinbart worden, einen neuen Verein zu gründen, was dann auch im Februar 2002 geschehen sei. Nach der Anerkennung des Lohnsteuerhilfeverein X e.V. seien die Mitglieder des Lohnsteuervereins Y e.V. angeschrieben und ihnen sei die zukünftige Beratung durch den Lohnsteuerhilfeverein X e.V. angeboten worden. Für diese Tätigkeit und für die Überlassung des Telefonanschlusses habe Herr A eine Abfindung verlangt. Diese Abfindung sei dann im Oktober 2004 errechnet worden als bekannt gewesen sei, dass etwa 300 der ehemaligen Mitglieder den Weg zu dem neu gegründeten Verein gefunden hätten. Von den 617 Mitgliedern - Stand 31. Dezember 2007 - seien noch etwa 70 Mitglieder aus dem Zeitraum von Y. Das bedeute, dass ca. 550 Mitglieder den Weg in die Selbsthilfeeinrichtung des Klägers gefunden hätten. Die Rate 2005 an Herrn A sei als Personalkosten gebucht worden, da dieses Konto seinerzeit in der Gruppe der Personalkosten angelegt worden sei. Es handele sich hierbei jedoch nicht um Personalkosten. Die Ratenzahlung in 2006 sei in der Buchführung wie in den Jahren zuvor verbucht worden, jedoch sei beim Erstellen des Geschäftsprüfungsberichtes aufgefallen, dass durch die Mitgliederübernahme ein Geschäfts- oder Firmenwert geschaffen worden sei, der eigentlich hätte abgeschrieben werden müssen. Dieses sei dann auch erstmalig im Jahre 2006 passiert. Die Verbindlichkeit gegenüber Herrn A sei aber trotzdem durch die Zahlung um 4.000 EUR auf 12.000 EUR gesunken.

Mit Verwaltungsakt vom 20. Juni 2008 nahm die beklagte Behörde die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein zurück. Die Aufsichtsbehörde habe seit dem 27. März 2008 Kenntnis von dieser Vereinbarung. Gemäß § 9 Abs. 2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) sei die Abgabe oder Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleich ob im Verhältnis zu einem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten oder zu einem Dritten gleich welcher Art, unzulässig. Ein Verstoß gegen § 9 StBerG stelle eine Berufspflichtverletzung dar (Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl., § 9 Rn. 1). Lohnsteuerhilfevereine seien Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Lohnsteuersachen. Sie seien nach dieser Konzeption des Gesetzes nicht dazu bestimmt, ihren Gründern oder geschäftsführenden Personen eine Grundlage zur Ausübung der Lohnsteuerberatung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zu ermöglichen (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 23. März 1999, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1999, 370). Der Verein dürfe nur auf kostendeckende Beiträge für seine Leistung für die Vereinmitglieder ausgerichtet sein. Er dürfe nicht zu einem Instrument für eine mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene wirtschaftliche Betätigung des Vorstandes werden (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1984, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1986, 701). Bei rechtzeitiger Kenntnis der Vereinbarung über die Mitgliederüberlassung wäre der Verein nicht als Lohnsteuerhilfeverein anerkannt worden, da derartiges Geschäftsgebahren mit den Grundsätzen einer Selbsthilfeeinrichtung nicht vereinbar sei. Der Hinweis des Vereins, dass die Abfindung nicht gezahlt worden wäre, wenn den damals Handelnden bewusst gewesen wäre, dass dadurch die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein zu versagen sei, könne nicht zu einer anderen Entscheidung führen. A habe aus seiner Tätigkeit als Steuerberater Kenntnis vom Verbot des § 9 StBerG. Trotz dieser Kenntnis habe er diese Provision vereinbart und bekomme sie aktuell noch in Raten ausbezahlt. Auch der Hinweis auf die Anzahl der von der Rücknahme betroffenen Mitglieder und die Tatsache, dass von den damals handelnden Personen niemand mehr dem Vorstand oder der Geschäftsleitung angehöre, stehe der Rücknahme der Anerkennung nicht entgegen.

Mit fristgerecht erhobenem Einspruch wird vorgetragen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Zahlung an den Lohnsteuerhilfeverein Y e.V. gerade nicht um eine Abgabe eines Teils der Gebühren für die Vermittlung von Aufträgen handele. Der Tatbestand des § 9 Abs. 2 StBerG sei damit nicht erfüllt. § 9 Abs. 2 StBerG regele ohnehin nur die Pflichten von Steuerberatern oder Steuerbevollmächtigten und nicht die Pflichten eines Lohnsteuerhilfevereins. Dass ein Lohnsteuerhilfeverein einen Mitgliederbestand von einem anderen Verein übernehme, sei in der Rechtsprechung als zulässig anerkannt, so dass eine "Berufspflichtverletzung" im Sinne des § 9 Abs. 2 StBerG vorliegend nicht gegeben sei. Das Landgericht Halle habe mit Urteil vom 8. August 1997 festgestellt, dass ein Vertrag, der die Übernahme von Mitgliedern eines Lohnsteuerhilfevereins regeln würde, rechtswirksam sei. Es sei kein gesetzliches Verbot ersichtlich, gegen welches die Vereinbarung zwischen den Parteien verstoßen haben könnte. Die Vereinbarung sei auch nicht sittenwidrig (Az. 1 S 91/97). Zudem sei festzuhalten, dass der erlassene Bescheid schon deswegen rechtswidrig sei, weil er gegen das Übermaßverbot und damit auch gegen Art. 20 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 9 GG verstoße. Der Bescheid sei nämlich unverhältnismäßig im engeren Sinne, da es durchaus mildere Mittel gebe, um das von dem Beklagten gewünschte Verhalten herbeizuführen bzw. künftige Verstöße gleicher Art in Zukunft zu unterbinden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2008 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Aufsichtsbehörde habe die Anerkennung zurückzunehmen, wenn sich nach der Anerkennung ergebe, dass sie hätte versagt werden müssen (§ 20 Abs. 1 StBerG). Die nach dem Steuerberatungsgesetz geforderten Voraussetzungen seien hier gegeben. Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht gelte das in § 9 StBerG verankerte Verbot nicht nur in Bezug auf Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, sondern gegenüber berufsangehörigen und berufsfremden Personen gleichermaßen (Gehre/ von Borstel, a.a.O., § 9 Rn. 5 und 6). Vom Verbot ausgenommen sei nur der Verkauf einer Praxis im Ganzen. Lohnsteuerhilfevereine seien Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Steuersachen im Rahmen der Befugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG für ihre Mitglieder (§ 13 Abs. 1 StBerG). Sie seien nach dieser verbindlichen und durch rechtsstaatliche Gegebenheiten nicht außer Kraft zu setzenden Konzeption des Gesetzes nicht dazu bestimmt, ihren Gründern oder den geschäftsführenden Personen eine Grundlage zur Ausübung der Lohnsteuerberatung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zu ermöglichen (BFH-Urteil vom 9. September 1997, BStBl II 1997, 778). Der "Verkauf" des Mitgliederbestandes eines Lohnsteuerhilfevereins sei daher mit den Grundsätzen einer Selbsthilfeeinrichtung nicht vereinbar. Die vom Kläger zur Begründung angeführte Kommentarliteratur hinsichtlich der Zulässigkeit eines Verkaufs einer "Praxis im Ganzen" oder einer "echten Teilpraxis" sei schon aufgrund des Begriffs "Praxis" nur auf den Bereich der unbeschränkten Hilfeleistung im Sinne des § 3 StBerG zu beziehen. Im Steuerberatungsgesetz werde der Begriff "Beratungsstelle" einerseits für die berufliche Niederlassung, von der aus ein Steuerberater seinen Beruf selbstständig ausübe (§ 34 StBerG), verwendet. Andererseits dürfe die Hilfeleistung in Steuersachen im Rahmen der Befugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG nur durch Personen ausgeübt werden, die einer Beratungsstelle angehören würden. Die vom Kläger als Begründung angeführte Kommentarliteratur, die das "gesamte Klientel einer weiteren Beratungsstelle" als "echte Teilpraxis" und daher einen Verkauf als zulässig ansehe, beziehe sich wegen des schon beschriebenen Selbsthilfecharakters eines Lohnsteuerhilfevereins nur auf den Bereich der unbeschränkten Hilfeleistung gemäß § 3 StBerG und könne daher die Auffassung des Klägers nicht stützen. Die Aufsichtsbehörde habe nach § 20 Abs. 1 StBerG die Anerkennung zurückzunehmen, wenn sich nach der Anerkennung ergebe, dass sie hätte versagt werden müssen. Da die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein bei vollständiger Kenntnis des Sachverhalts nicht ausgesprochen worden wäre, würden hier die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 StBerG vorliegen. Ein Ermessensspielraum der Aufsichtsbehörde sei hier nicht gegeben, da die Aufsichtsbehörde die Anerkennung zurückzunehmen "habe".

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der ergänzend vorgetragen wird, dass bei der Gründung des Klägers im Jahr 2002 vereinbart worden sei, dass er die damalige Mitgliederkartei des Lohnsteuerhilfevereins Y e.V. übernehme. Dieser Vorgang sei der zuständigen Aufsichtsbehörde nicht verheimlicht worden, sondern sei aus den regelmäßig vorgelegten Prüfberichten zu ersehen, insbesondere auch aus dem Prüfbericht für das Jahr 2005, in dem auch der Posten "Mitgliederübernahme" zu ersehen gewesen sei. Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 StBerG liege nicht vor. § 9 StBerG richte sich - schon dem Wortlaut nach - ausschließlich an Steuerberater und Steuerbevollmächtigte. In § 9 Abs. 1 StBerG heiße es, dass für Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte Vergütungsvereinbarungen unzulässig seien, die die Höhe der Vergütung vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der Tätigkeit abhängig machen würden. Sowohl nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift als auch nach der Konstellation im Gesetz richte sich auch § 9 Abs. 2 StBerG ausschließlich an Steuerberater und Steuerbevollmächtigte. In dieser Vorschrift sei geregelt, dass die Abgabe oder Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Ermittlung von Aufträgen unzulässig sei. Lohnsteuerhilfevereine würden aber keine Gebühren sondern lediglich einen Mitgliedsbeitrag erheben. Die Vorschrift des § 9 StBerG richte sich insoweit nicht an Lohnsteuerhilfevereine und regele damit drei Bereiche: die Unzulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars, die Vereinbarung einer Erfolgsbeteiligung und die Vereinbarung von Provisionen für die Vermittlung von Aufträgen. Verstöße gegen die Vorschrift würden nach § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu einer Nichtigkeit der zu Grunde liegenden Vereinbarung führen (BGHZ 132, 229, 239), wenn nicht anzunehmen sei, dass der Auftrag auch ohne die Vereinbarung einer Erfolgsbeteiligung, Erfolgsvergütung oder Provisionsvereinbarung geschlossen worden wäre. Darüber hinaus stelle ein Verstoß gegen § 9 StBerG eine Berufspflichtverletzung für Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte dar. Der Grund für den Inhalt dieser Bestimmung liege - so der Gesetzgeber - in der Gefahr für die Unabhängigkeit der zur Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen. Da Steuerberater kein Gewerbe ausüben und Aufträge aufgrund eines persönlichen Vertrauensverhältnisses erteilt würden, sei die Zahlung oder Entgegennahme eines Entgelts für die Vermittlung von Aufträgen unzulässig. Es dürfe daher mit berufsfremden Personen nicht vereinbart werden, für die Vermittlung eines Mandats zur Hilfeleistung in Steuersachen ein offenes oder verdecktes Entgelt zu zahlen (Gehre/von Borstel, a.a.O., Rz. 5). Das Verbot nach § 9 Abs. 2 StBerG gelte des Weiteren auch im Verhältnis von Berufsangehörigen untereinander, allerdings insoweit nur für die Vermittlung von einzelnen Mandaten. Wenn der Verkauf einer Praxis im Ganzen erfolge, so finde § 9 Abs. 2 StBerG gerade keine Anwendung (Gehre/von Borstel, a.a.O., Rz. 6). Die Übertragung einer Praxis gegen Entgelt - oder des gesamten Mandantenstammes - sei hingegen zulässig und keineswegs unüblich. Sie entspreche vielmehr allgemeiner Rechtsauffassung (Gehre/von Borstel, § 32, Rz. 13; § 57 Rz. 87; Bundesgerichtshof -BGH- in Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1958, 950 und 1965, 580; Oberlandesgericht Celle, JR 1960, 302; Oberlandesgericht Düsseldorf, StB 1978, 291). Auf diesen Umstand habe der Kläger mehrfach hingewiesen und dargelegt, dass ein Verstoß gegen § 9 StBerG nicht vorliege. Zum einen folge schon aus der Intension des Gesetzgebers, ein notwendiges Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und Mandant zu schaffen, dass diese Vorschrift nur auf Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte Anwendung finden könne, die in Ausübung eines freien Berufes handeln würden, während Lohnsteuerhilfevereine von der Rechtsprechung durchaus als Gewerbebetriebe eingestuft würden. Daher könnten die Vorschriften, die für die freien Berufe gelten würden, nicht ohne weiteres auf Lohnsteuerhilfevereine übertragen werden. Zum anderen liege keine unzulässige Vermittlung von Mandaten vor, sondern der Verkauf eines "Mitgliederstammes", also einer Mitgliederkartei im Ganzen. Wenn dies für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte zulässig sei, so müsse dies für einen Lohnsteuerverein erst recht gelten.

Anstelle den "angeblichen" Gesetzesverstoß mit einer Rüge oder einem Bußgeldverfahren zu sanktionieren und für den Wiederholungsfall die Rücknahme der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein anzudrohen, werde gleich mit dem schärfsten und härtesten Mittel durchgegriffen und die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein zurückgenommen, obgleich auch mildere Mittel das Verhalten des Klägers hätten entsprechend beeinflussen können. Es handele sich um einen einmaligen Vorfall. Aus dem Ursprungsbescheid ergebe sich, dass der Kläger darauf hingewiesen habe, dass die Abfindung nicht gezahlt worden wäre, wenn den damals handelnden Personen bewusst gewesen wäre, dass dadurch die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein zu versagen sei. Damit werde deutlich, dass der Kläger außergerichtlich bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens sogar Einsicht gezeigt und zu erkennen gegeben habe, dass er das von dem Beklagten beanstandete Verhalten nicht wiederholen möchte. Bei dieser Konstellation wäre es durchaus ausreichend gewesen, ein Bußgeld zu verhängen oder aber einen Widerruf der Anerkennung für den Wiederholungsfall anzudrohen. Hier habe der Beklagte aber das härteste Mittel zuerst angewandt und direkt die Rücknahme der Anerkennung vorgenommen. Damit habe er das Verhältnismäßigkeitsprinzip in erheblichem Maße verletzt und das ihm zur Verfügung stehende Ermessen aus sachwidrigen Erwägungen daraus rechtsfehlerhaft ausgeübt. Auch aus diesem Grund sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig und müsse aufgehoben werden.

Bei der Entscheidung über die Rücknahme hätte auch das sonstige Verhalten des Klägers seit der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein in den Blick genommen werden müssen. Der Widerruf einer Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein komme nämlich nach der Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn sich - vor allem im Hinblick auf das Verhalten in der Vergangenheit - im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Erwartung abzeichne, dass der Verein auch zukünftig die Geschäfte nicht ordnungsgemäß führen werde (Finanzgericht Brandenburg, Urteil vom 15. November 2000, 2 K 2247/99). Eine entsprechende Gesamtwürdigung der Umstände und des sonstigen Verhaltens des Klägers habe die Beklagte - erkennbar - nicht vorgenommen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei der angefochtene Bescheid rechtsfehlerhaft, geradezu willkürlich und verletze die Rechte des Klägers in erheblichem Maße. Er komme einem verfassungsrechtlich nicht vertretbaren "Berufsverbot" für sechs Beratungsstellenleiter gleich. Die Beklagte gehe fehlerhaft von einem nicht vorhandenen Ermessensspielraum aus, woraus bereits deutlich werde, dass ein rechtswidriger Ermessensnichtgebrauch vorliege.

Die Beklagte verkenne weiter, dass ihr Handeln einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 GG des Klägers darstelle und schon aus diesem Grund nicht nur unter einem Gesetzesvorbehalt stehe sondern in jedem Fall durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz limitiert werde. Eingriffe der Staatsorgane in die Berufsausübungsfreiheit müssten verhältnismäßig im engeren Sinne sein, d.h. sie müssten erforderlich und angemessen sein und es dürften keine milderen Mittel zu Gebote stehen, um einen gleichartigen Erfolg herbeizuführen.

Darüber hinaus habe der Beklagte fehlerhaft nicht erkannt, dass eine Rücknahme der Anerkennung nur dann zulässig sei, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung auch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rücknahme nicht erfüllt seien. Dies ergebe sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes, es bestehe jedoch kein vertretbarer Grund für eine Rücknahme der Anerkennung, wenn ein ursprünglich vorhandener Mangel später behoben worden sei oder aber wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstelle, dass der Mangel keineswegs so schwer wiege, dass auf jeden Fall eine Rücknahme der Anerkennung geboten gewesen wäre (Gehre/von Borstel, a.a.O., § 20 Rz. 3). Auch dazu würden jedwede Feststellungen fehlen, so dass der angefochtene Bescheid rechtsfehlerhaft sei.

Des Weiteren verkenne der Beklagte, dass überhaupt erst einmal ein Sachverhalt feststehen müsse, bei dem die Anerkennung hätte versagt werden müssen. Dies sei bislang nicht der Fall. Die von dem Beklagten als Entscheidungsgrundlage herangezogene Vereinbarung stelle nämlich gerade keinen Sachverhalt dar, der dazu führe, dass die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein hätte versagt werden müssen. Mangels gesetzlicher Begründung sei insoweit zunächst einmal die Wertung des Gesetzes in § 20 Abs. 2 StBerG als Messlatte heranzuziehen. Dabei werde deutlich, dass ein Widerruf der Anerkennung nur in ganz bestimmten - schwerwiegenden - Fällen in Betracht komme, nämlich einmal dann, wenn ein Lohnsteuerhilfeverein nach der Anerkennung seine Satzung so abändere, dass sie nicht mehr den Anforderungen des § 14 Abs. 1 StBerG entspreche, wenn der Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung erloschen sei oder wenn der Verein nicht mehr die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" im Vereinsnamen führe. Überdies sei ein Widerruf der Anerkennung dann vorzunehmen, wenn ein erheblicher Unterschied zwischen der tatsächlichen Geschäftsführung und den satzungsgemäßen Erfordernissen festgestellt werde. Dies gelte beispielsweise dann, wenn der Lohnsteuerhilfeverein seine Befugnisse überschreite, d.h. unbeschränkte Hilfeleistung in Steuersachen anbiete, wenn er neben dem Mitgliedsbeitrag ein zusätzliches Entgelt für seine Leistungen erhebe oder wenn der Vorstand ohne Zustimmung der Mitgliederversammlung Verträge mit dem Verein schließe. In allen Fällen setze ein Widerruf der Anerkennung einen also erheblichen nachhaltigen und schwerwiegenden Pflichtenverstoß des Lohnsteuerhilfevereins voraus. Es müsse in schwerwiegender Weise gegen gewichtige gesetzliche Ge- oder Verbote verstoßen worden sein. Zugleich müsse für einen Widerruf der Anerkennung im Rahmen einer Prognoseentscheidung auch feststehen, dass auch in Zukunft keine gesetzeskonforme Geschäftsführung zu erwarten sei. Eine derartige Fallgestaltung liege nicht vor. Insbesondere fehle es an einem schwerwiegenden Verstoß gegen die dem Lohnsteuerhilfeverein gesetzlich auferlegten Pflichten.

In der mündlichen Verhandlung wurde ergänzt, dass der Kläger rd. 700 Mitglieder und sieben Beratungsstellen mit Angestellten bzw. freien Mitarbeitern habe. Der Jahresumsatz betrage 70.000 EUR. Es fehle die gesetzliche Grundlage für die Rücknahme. Es sei "gang und gebe", dass der Erwerb einer Mitgliederkartei gegen Entgelt erfolge. Dies sei bisher bei anderen Lohnsteuerhilfevereinen nicht beanstandet worden. Ein Verstoß gegen § 14 StBerG liege nicht vor. Das Entgelt belaste die Bilanz und die Beiträge. Der Erwerb erspare aber Aufwendungen z.B. für Werbung. Die Basis sei breiter und der Mitgliederbestand gesichert. Eventuell könne der Beitrag gesenkt werden. Es sei nicht verfassungsgemäß, dass § 20 StBerG keine Ermessensentscheidung vorsehe. Bei begünstigenden Verwaltungsakten sei Ermessen zu berücksichtigen. Auf das zu den Akten gereichte Urteil des LG Halle wird Bezug genommen.

Der Kläger stellt den Antrag,

den Bescheid vom 20. Juni 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2008 aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Das beklagte Finanzamt stellt den Antrag,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ergänzend vorgetragen, dass aufgrund des im Geschäftsprüfungsbericht für 2006 erstmals aufgeführten Geschäfts-/Firmenwerts um Erläuterung des Sachverhaltes gebeten worden sei. Erst nach wiederholter Erinnerung sei die Vereinbarung eingereicht worden, die die Zahlungsmodalitäten der Mitgliederüberlassung regele. Die Tatsache, dass diese Vereinbarung der zuständigen Aufsichtsbehörde im Zeitpunkt der Anerkennung nicht bekannt gewesen sei, werde vom Kläger nicht bestritten. Dieser verweise darauf, dass dieser Vorgang aus den regelmäßig vorgelegten Prüfberichten, insbesondere aus dem Bericht für das Jahr 2005, zu ersehen gewesen sei. Aus der Verpflichtung des Lohnsteuerhilfevereins, nach Abschluss der Geschäftsprüfung (§ 22 Abs. 1 StBerG) einen Bericht zu erstellen, der spätestens neun Monate nach Beendigung des Geschäftsjahres der Aufsichtsbehörde zuzuleiten sei (§ 22 Abs. 1 Nr. StBerG), werde deutlich, dass es sich hier um die Pflichten eines bereits anerkannten Vereins handele. Eine Kenntnisnahme von Tatsachen bereits vor der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein durch die Aufsichtsbehörde sei damit folglich nicht nachgewiesen.

Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung habe die Aufsichtsbehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 StBerG keinen Ermessensspielraum (Gehre/von Borstel, a.a.O., § 20 Rn. 1). Eine Prüfung, ob "mildere" Maßnahmen als die Rücknahme der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein in Betracht zu ziehen seien, habe die Aufsichtsbehörde nicht vorzunehmen. Dies sei folgerichtig, da, wenn ein Sachverhalt vorliege, der die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein ausschließe, eine weitere Tätigkeit des Vereins auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen nicht vorstellbar sei. Mit der Rücknahme der Anerkennung werde im Ergebnis nur die - wegen eines nicht vollständig bekannt gewordenen Sachverhalts im Anerkennungsverfahren - nicht erfolgte Versagung der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein nachträglich ausgesprochen. Umstände, die sich aus der bisherigen Arbeit des Vereins ergeben, sowie die Frage nach einer zukünftig ordnungsgemäßen Geschäftsführung seien daher nicht zu berücksichtigen.

Die Behauptung des Klägers, dass die Einspruchsentscheidung einem verfassungsrechtlich nicht vertretbaren "Berufsverbot" für sechs Beratungsstellenleiter gleichkomme, sei hier nicht entscheidungserheblich und im Übrigen nicht zutreffend. Die Bestellung von Beratungsstellenleitern sei für die praktische Tätigkeit eines Lohnsteuerhilfevereins unerlässlich (§ 23 Abs. 1 StBerG). Angesichts der Vielzahl von Lohnsteuerhilfevereinen sei daher das behauptete "Berufsverbot" nicht nachvollziehbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte der Aufsichtsbehörde für den Kläger, 1 Hefter "Rücknahme der Anerkennung" und 1 Band Registerakte des AG X Nr. ... Bezug genommen. Diese waren beigezogen und Gegenstand der Beratung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Verwaltungsakt ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Aufsichtsbehörde hat zu Recht die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein zurückgenommen.

Nach § 20 Abs. 1 StBerG ist die Anerkennung zurückzunehmen, wenn sich nach der Anerkennung ergibt, dass sie hätte versagt werden müssen. Es handelt sich nicht um eine Ermessensentscheidung der Aufsichtsbehörde (vgl. Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/ Willerscheid, Steuerberatungsgesetz, Praktikerkommentar, 2. Auflage, § 20 Rn. 4; Gehre/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 6. Auflage, § 20 Rn. 1; FG München, Urteil vom 6. Februar 2002 4 K 2635/01, [...]).

Der Anerkennungsbehörde muss ein Sachverhalt nicht bekannt gewesen sein, der der Anerkennung entgegengestanden hätte (§§ 14, 18 Steuerberatungsgesetz); es ist unerheblich, ob dies auf einer Täuschung durch den Verein oder auf einer mangelhaften Sachaufklärung durch die Aufsichtsbehörde beruhte (Gehre/Koslowski, a.a.O. Rn. 2). Die Rücknahme der Anerkennung ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung auch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rücknahme nicht erfüllt sind. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes; es besteht jedoch kein vertretbarer Grund für eine Rücknahme der Anerkennung, wenn ein ursprünglich vorhandener Mangel später behoben worden ist (Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, a.a.O., Rn. 8; Gehre/Koslowski, a.a.O., Rn. 3).

Lohnsteuerhilfevereine sind Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Lohnsteuersachen (§ 13 Abs. 1 StBerG). Nach § 14 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 Nr. 3 StBerG muss es sich um einen rechtsfähigen Verein handeln; rechtsfähiger Verein kann nach § 21 BGB wiederum nur ein Idealverein sein, d.h. ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Die aufsichtsrechtliche Rechtsprechung des BFH geht insoweit davon aus, dass ein Lohnsteuerhilfeverein nach dem Prinzip der Kostendeckung zu arbeiten hat, d.h., dass er lediglich Beiträge zur Abdeckung der mit der Tätigkeit des Vereins zwangsläufig verbundenen Kosten erheben darf (BGH-Urteil vom 15. Juni 1989 I ZR 158/87, Betriebsberater -BB- 1989, 2067; BFH-Urteil vom 9. September 1997 VII R 108/96, BStBl II 1997, 778). Ein permanentes Streben nach Gewinn, insbesondere für die Organe, ist ihm wesensfremd (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 I R 36/98, BStBl II 1999, 366). Der Lohnsteuerhilfeverein darf daher nicht ein Instrument einer wirtschaftlichen Betätigung der Organe sein, sondern hat sich nach § 13 Abs. 1 StBerG an der Zielsetzung einer Hilfeleistung für die Arbeitnehmer zu orientieren. Insofern bildet der Lohnsteuerhilfeverein eine Interessengemeinschaft der ihm beitretenden Mitglieder. Aufgabe eines Lohnsteuerhilfevereins ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StBerG ausschließlich die Hilfeleistung in Steuersachen im Rahmen der Befugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG für seine Mitglieder.

Der Lohnsteuerhilfeverein ist nach dieser verbindlichen und durch rechtstatsächliche Gegebenheiten nicht außer Kraft zu setzenden Konzeption des Gesetzes folglich nicht dazu bestimmt, seinen Gründern oder den geschäftsführenden Personen eine Grundlage zur Ausübung der Steuerberatung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu ermöglichen (BFH-Urteile vom 23. März 1999 VII R 19/98, BStBl II 1999, 370 und vom 9. September 1997, a.a.O.; Gehre/Koslowski, a.a.O., § 14 Rn. 10). Einem Missbrauch der Satzungsfreiheit, durch den der Lohnsteuerhilfeverein zur Schaffung wirtschaftlicher Pfründe für Einzelpersonen benutzt wird, wollte der Gesetzgeber insbesondere durch Einführung einer Gründungskontrolle und einer Aufsicht der Finanzverwaltung über die Vorstände und die die Lohnsteuerberatung ausübenden Personen sowie durch die insbesondere in den §§ 14, 22 und 26 StBerG enthaltenen Bestimmungen begegnen (vgl. BTDrucks 7/2852 S. 30; BFH-Entscheidungen vom 2. Februar 1982 VII R 62/81, BStBl II 1982, 360 und vom 30. Oktober 1984 VII S 10/84, BFH/NV 1986, 701). Es sollte der Gefahr vorgebeugt werden, dass die Selbsthilfeeinrichtung sich praktisch in ein gewerbliches Unternehmen verwandelt (vgl. BTDrucks 7/2852 S. 29 und 44). Es sollte verhindert werden, dass der Vorstand, um sich dadurch eine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu schaffen, im Gewande des Vereins einer Tätigkeit nachgehen kann, die sonst aus gewichtigen Gründen des gemeinen Wohls grundsätzlich nur den in § 3 StBerG bezeichneten besonders qualifizierten Berufsangehörigen bzw. Gesellschaften, die von solchen Berufsangehörigen geleitet werden (§ 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG), gestattet ist. Die allgemeine Wesensbestimmung des Lohnsteuerhilfevereins in § 13 Abs. 1 StBerG kann rechtliche Konsequenzen für die Tätigkeit und die in der Satzung auszugestaltende innere Struktur des Lohnsteuerhilfevereins auslösen.

Der BFH hat in der vom Gesetzgeber gegebenen Begründung beispielsweise den Sinn und Zweck des § 26 Abs. 2 StBerG darin gesehen, schon im Ansatz der Gefahr vorzubeugen, dass die Unerfahrenheit der rechtsuchenden Mitglieder des Vereins ausgenutzt wird und die Selbsthilfeeinrichtung sich praktisch in ein gewerbliches Unternehmen verwandelt, das nicht mehr auf die Interessen seiner Mitglieder abstellt; zudem sollen Interessenkollisionen vermieden werden (BFH-Urteile vom 20. Januar 1987 VII R 118/84, BStBl. II 1987, 395 und vom 2. Februar 1982 VII R 62/81, BFHE 135, 136, BStBl II 1982, 360).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist bezüglich des Erwerbes der Mitgliederkartei der Zweck des Klägers auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, da es sich insoweit nicht um Hilfeleistung für seine Mitglieder handelt. Der Erwerb eines "Firmenwertes" gegen -teilweise- verzinsliche Darlehn in Höhe von 36.000 EUR belastete den Kläger von Anfang an mit erheblichen Schulden. Es musste Eigenkapital zur Tilgung der Schulden erwirtschaftet werden. Denn 2005 bis 2009 sind/waren jährlich 4.000,00 EUR, insgesamt 20.000,00 EUR an Herrn A und 2004 bis 2006 insgesamt 6.610,00 EUR an Herrn B zu zahlen. Des Weiteren sind 9.390,00 EUR Darlehn nebst 5% Zinsen (ab 2003) des Herrn B vom Kläger noch zu tilgen. Diese Vorgehensweise entspricht nicht dem Sinn und Zweck einer Selbsthilfeeinrichtung seiner Mitglieder. Der Kläger wurde von Anfang an ein Instrument einer wirtschaftlichen Betätigung seiner Organe, die sich von vornherein eine breitere Basis für ihre Tätigkeit und die -zunächst- darlehnweise zur Verfügung gestellten Aufwendungen (Miet- und Geschäftsführungskosten) schaffen wollten. Eine mögliche Einsparung bei den Kosten wie z.B. den Werbeaufwendungen ist jedenfalls nicht in einer Größenordnung von 36.000 EUR ersichtlich, da Werbeaufwendungen für 2003 in Höhe von rd. 5.909 EUR, für 2004 in Höhe von rd. 4.456 EUR, für 2005 in Höhe von rd. 7.745 EUR und für 2006 in Höhe von rd. 6.897 EUR aufgewandt worden sind. Einer vermeintlichen Kostenersparnis ist auch entgegen zu halten, dass in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 26 Abs. 2 StBerG hier die Unerfahrenheit der Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins insoweit ausgenutzt wird, da die Schulden in Höhe von 36.000 EUR allein aus den -zukünftigen- Mitgliedsbeiträgen getilgt werden. Sinn und Zweck ihres Beitritts ist aber die unentgeltliche Hilfe in Steuersachen und die Mitgliedsbeiträge dürfen nicht höher bemessen sein, als dies zur Deckung der mit der Steuerberatung des Vereins zwangsläufig verbundenen angemessenen Personal- und Sachkosten erforderlich ist. Dies ergibt sich aus dem für den Kläger als Selbsthilfeeinrichtung geltenden Kostendeckungsprinzip (Gehre/Koslowski, a.a.O., § 14 Rn. 6). Keine Deckung nur der Selbstkosten wird aber angestrebt, wenn auch Eigenkapital z.B. für Erweiterungsinvestitionen oder zur Tilgung von Schulden erwirtschaftet werden soll (BFH-Urteile vom 16. Dezember 1998 I R 36/98, BStBl II 1999, 366 m.w.N. und vom 18. Mai 1995 IV R 31/94, BStBl II 1995, 718). Letzteres ist hier gegeben. Die Bemessung der Selbstkosten ist zwar in der Satzung/Beitragsordnung nicht offengelegt worden, jedoch gehören hierzu nur die angemessenen Personal- und Sachkosten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Kläger als Teil der Selbstkosten auch solche Ausgaben ansieht, die zur Schaffung von Eigenkapital führen, da anderenfalls eine Tilgung der 36.000,00 EUR nicht möglich wäre. Diese Ausgaben gehören nicht zu den Selbstkosten.

Dieser Sachverhalt hatte seinen Ursprung in der Vereinbarung vom Januar 2002. Er war der Beklagten -unstreitig- bei der Anerkennung am 13. September 2002 nicht bekannt. Eine Anerkennung wäre dann nach § 13 Abs. 1 StBerG zu Recht nicht erteilt worden.

Das Urteil des LG Halle vom 8. August 1997 führt zu keiner anderen Beurteilung. Im dortigen Fall stritten alter und neuer Beratungsstellenleiter untereinander über die Gültigkeit einer Provisionsvereinbarung. In den Urteilsgründen wird ausgeführt: "Gegenstand des Provisionsvertrages war nicht der "Verkauf" von Mitgliedern, sondern die Überlassung von deren Betreuung durch den Kläger" (Gründe I Nr. 1). ...."Die Mitgliedschaften bei der ... Lohnsteuerhilfe e. V. wurden durch die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung nicht berührt. Sie bestanden unabhängig davon, wer die Betreuung der Mitglieder wahrnahm" (Gründe I Nr. 2). ..."Die Parteien, welche in einem ihrem Lebenserwerb dienenden Vertragsverhältnis mit dem Lohnsteuerhilfeverein standen, haben mit der "Provisionsvereinbarung" eine Regelung getroffen, welche ihren wirtschaftlichen Interessen diente und die Betreuung der Mitglieder nicht beeinträchtigte" (Gründe I Nr. 3 b).

Es lag dort ein anderer -nicht vergleichbarer- Sachverhalt zu Grunde, da die Mitglieder nach wie vor zum gleichen Lohnsteuerhilfeverein gehörten und durch die Auswechselung des Betreuers die Selbsthilfeeinrichtung als solches nicht betroffen war.

Das StBerG in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1975 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I 1975, 2735), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I 2008, 666), wurde geändert. Abs. 1 des § 9 StBerG wurde gestrichen und Abs. 2 ist nunmehr § 9 StBerG (Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren -ErfHonVNG- vom 12. Juni 2008 mit Geltung ab 1. Juli 2008). Provisionsvereinbarungen sind folglich nach wie vor unzulässig. Ob § 9 StBerG für Lohnsteuerhilfevereine gilt, kann dahinstehen, da bereits ein Verstoß gegen den Zweck einer Selbsthilfeeinrichtung vorliegt. Im Übrigen wurde nach dem Beschluss zur Kostentilgung ein Entgelt nur für die tatsächlich übergegangenen Mitglieder berechnet, welches für die Übertragung einer Summe von "Einzelmandaten" spricht.

Ein Vergleich mit den Voraussetzungen des Widerrufes scheidet hier aus, da in diesen Fällen die Voraussetzungen der Anerkennung ursprünglich vorgelegen haben und spätere Mängel durch entsprechende Satzungsänderungen, ordnungsgemäße Geschäftsführung pp. zur Vermeidung eines Widerrufes beseitigt werden können. Hier ist von Anfang an unverändert der gleiche Sachverhalt gegeben, so dass auch jetzt die Voraussetzungen für eine Anerkennung nicht vorliegen. Des Weiteren handelt es sich auch bei § 20 Abs. 2 StBerG um eine gebundene Entscheidung, die bei Vorliegen der Voraussetzungen zu einem Widerruf der Anerkennung führt (FG München, Urteil vom 6. Februar 2002, a.a.O.; BFH-Urteil vom 9. September 1997, a.a.O.).

Schließlich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rücknahme der Anerkennung. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitete Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beinhaltet nach allgemeiner Auffassung (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth: Grundgesetz-Kommentar, 4. Aufl. 1997, Art. 20 Rn. 58 m.w.N.; Grzeszick in Maunz-Düring, Grundgesetz Kommentar, VII Art. 20 Rn. 110) die Teilgebote der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der - auch als Übermaßverbot bezeichneten - Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Das Gebot der Geeignetheit erfordert den Einsatz solcher Mittel, mit deren Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann; das Gebot der Erforderlichkeit ist verletzt, wenn das Ziel der Maßnahme durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, das das betreffende Grundrecht oder subjektive Recht nicht oder weniger fühlbar einschränkt (Jarass, a.a.O. Rn. 59 f.). Schließlich darf die Beeinträchtigung nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck stehen; sie muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit wahren (Jarass, a.a.O. Rn. 61).

Das im Rahmen der Eingriffsverwaltung zu beachtende Übermaßverbot steht einer Rücknahme im Hinblick auf den fortbestehenden Verstoß, den der Kläger auch nicht beseitigt hat, nicht entgegen. Der Gesetzgeber war berechtigt, im Rahmen des § 13 Abs. 1 StBerG für die Anerkennung den Zweck des Lohnsteuerhilfevereins als Selbsthilfeeinrichtung zu bestimmen. Nach der bereits zitierten Gesetzesbegründung zu § 13 ff. StBerG soll durch die Regelung verhindert werden, dass sich Selbsthilfeeinrichtungen praktisch in ein gewerbliches Unternehmen bzw. in ein gewerbliches Unternehmen seiner Organe verwandeln. Ein anderes gleichwirksames Mittel steht nicht zur Verfügung, da dies letztendlich zu einer Tolerierung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes einer "Selbsthilfeeinrichtung" führen würde.

Des Weiteren fällt das Betreiben eines Lohnsteuerhilfevereins als Selbsthilfeeinrichtung von Arbeitnehmern nicht unter den Schutzbereich der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. wohl BFH-Urteil vom 14. November 2007 IX R 62/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2008, 674).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der BFH hat sich -soweit ersichtlich- mit der Frage, ob ein entgeltlicher Erwerb einer Mitgliederkartei dem Zweck einer Selbsthilfeeinrichtung widerspricht, bisher nicht befasst.

Ende der Entscheidung

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