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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 10.01.2008
Aktenzeichen: 3 K 100/07
Rechtsgebiete: KraftStG


Vorschriften:

KraftStG 2002 § 3c Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Schleswig-Holstein

3 K 100/07

Kraftfahrzeugsteuer

In dem Rechtsstreit ...

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 10. Januar 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Steuerbefreiung für besonders partikelreduzierte Personenkraftwagen (Pkw).

Der Kläger erwarb im April 2006 einen Pkw (Neuwagen) der Marke Honda. Dabei handelt es sich um ein Diesel-Fahrzeug, das werksmäßig nicht mit einem Rußpartikelfilter ausgerüstet war. Der Kläger gab nach dem Kauf des Pkw den Einbau eines solchen Filters in Auftrag, der nach einer Bescheinigung der Kfz-Zulassungsstelle am 10. April 2006 erfolgte. Am 11. April 2006 wurde das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ... auf den Kläger zugelassen. Mit Kfz-Steuerbescheid vom 02. Mai 2006 wurde für das Kraftfahrzeug eine Jahressteuer von 355 EUR (15,44 EUR je angefangenen 100 cm³ Hubraum) festgesetzt. Dabei wurde von einem Personenkraftwagen mit 2.204 cm³ Hubraum, einem Dieselmotor und der Emissionsklasse 04/62 ausgegangen.

Mit Schreiben vom 04. April 2007 beantragte der Kläger beim Beklagten, den Einbau des Rußpartikelfilters steuerlich zu fördern und mit seiner Steuerfestsetzung zum 11. April 2007 zu verrechnen oder den Betrag zu erstatten. Mit Bescheid vom 06. Juni 2007 lehnte der Beklagte eine Förderung des Fahrzeuges des Klägers ab. Nach § 3 c des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) sei das Halten von Personenkraftwagen mit Dieselmotor befristet von der Steuer befreit, wenn das Fahrzeug nachträglich - das heiße nach der Erstzulassung - mit einem Partikelfilter ausgerüstet werde. Der Partikelfilter sei aber vor der Zulassung in das Fahrzeug des Klägers eingebaut worden.

Der Kläger legte am 15. Juni 2007 Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass die Voraussetzungen des § 3 c Abs. 1 KraftStG erfüllt seien. Sein Fahrzeug sei im April 2006 nachgerüstet und am 11. April 2006 erstmals zugelassen worden. Die Steuerbefreiung habe somit am Tag der Erstzulassung beginnen müssen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Pkw zunächst hätte angemeldet werden und dann am nächsten Tag oder später die Nachrüstung hätte in Auftrag gegeben werden müssen, um die Steuerbefreiung zu erhalten.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 31. August 2007 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 24. Juli 2007 Klage erhoben. Das Fahrzeug sei nach dem Ankauf im April 2006 nachgerüstet worden. § 3 c KraftStG stelle nicht auf eine Nachrüstung nach Zulassung ab, so dass dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Fahrzeug habe zunächst angemeldet und dann erst nachgerüstet werden müssen, um die steuerliche Förderung zu erlangen.

Der Kläger beantragt nach dem Inhalt seines schriftlichen Vorbringens sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 06. Juni 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31. August 2007 zu verpflichten, die Kraftfahrzeugsteuer für seinen Pkw mit dem Kennzeichen ... unter Anerkennung der Steuerbefreiung für besonders partikelreduzierte Personenkraftwagen gemäß § 3 c KraftStG ab dem 11. April 2006 neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage mangels vorher ergangener Einspruchsentscheidung für unzulässig, jedenfalls für unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Kraftfahrzeugsteuerakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage hat als Verpflichtungsklage das Ziel, die vom Kläger begehrte Steuerbefreiung nach § 3 c KraftStG für besonders partikelreduzierte Personenkraftwagen zu erlangen. Sie ist zunächst als so genannte Untätigkeitsklage im Sinne von § 46 Abs. 1 FGO vor Ergehen der Einspruchsentscheidung erhoben worden. Wird - wie hier - während des Klageverfahrens der Einspruch zurückgewiesen, so wird die Klage - unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGO vorgelegen haben - zulässig. Das Klageverfahren wird fortgesetzt, ohne dass eine erneute Klage erforderlich oder zulässig wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Oktober 1988 III B 184/86, BFHE 155, 12, BStBl II 1989, 107; von Groll, in: Gräber, FGO, 6. Aufl. 2006, § 46 Rdnr. 34).

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Ablehnungsbescheid vom 06. Juni 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31. August 2007 ist rechtmäßig. Der Beklagte geht zutreffend davon aus, dass die Voraussetzungen des § 3 c KraftStG nicht vorliegen.

Nach § 3 c Abs. 1 KraftStG ist das Halten von besonders partikelreduzierten Personenkraftwagen mit Selbstzündungsmotor befristet von der Steuer befreit, wenn das Fahrzeug in der Zeit vom 01. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 nachträglich technisch so verbessert wird, dass es einer

1. der Partikelminderungsstufen PM 1 bis PM 4 nach § 47 Abs. 3a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. September 1988 (BGBl. I S. 1793), die zuletzt durch Art. 437 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist,

2. der Partikelminderungsstufen PM 01, PM 0 oder der Partikelminderungsklassen PMK 01, PMK 0 bis PMK 4, sobald dafür die Voraussetzungen in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung geregelt und in Kraft getreten sind,

entspricht. Die Steuerbefreiung wird nur für Personenkraftwagen gewährt, die bis zum 31. Dezember 2006 erstmals zugelassen wurden. Sie beginnt an dem Tag, an dem nach Feststellung der Zulassungsbehörde die Voraussetzungen hierfür erfüllt waren. Die Steuerbefreiung endet, sobald die Steuerersparnis auf der Grundlage des jeweiligen Steuersatzes nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG den Betrag von 330 EUR erreicht hat. Sie wird für jedes Fahrzeug nur einmal gewährt.

Das Fahrzeug des Klägers wurde zwar am 11. April 2006 und damit bis zum 31. Dezember 2006 erstmals zum Verkehr zugelassen. Es wurde aber nicht nachträglich technisch so verbessert, dass es einer der im Gesetz angeführten Partikelminderungsstufen oder -klassen entspricht. Eine nachträgliche technische Verbesserung im Sinne von § 3 c Abs. 1 Satz 1 KraftStG liegt nur dann vor, wenn die Nachrüstung - etwa mit einem Rußpartikelfilter - nach der erstmaligen Zulassung des Fahrzeuges erfolgte (vgl. Zens, NWB Fach 8, S. 1567, 1569; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 c Rdnr. 10 Stand September 2007).

Der Begriff "nachträglich" ist auslegungsbedürftig. Der Wortlaut ist nicht eindeutig und lässt mehrere Interpretationen zu. In ihm kommt aber jedenfalls zum Ausdruck, dass Fahrzeuge die bereits ab Werk - das heißt ursprünglich - mit der erforderlichen Partikelminderungstechnik ausgerüstet sind, nicht gefördert werden sollen. Dem Gesetzeswortlaut ist aber nicht klar zu entnehmen, ob sich der Begriff "nachträglich" auf den Zeitpunkt nach der werkseitigen Herstellung des Fahrzeuges oder auf den Zeitpunkt nach dessen Erstzulassung bezieht. Der Wortlaut lässt vielmehr beide Auslegungen zu.

Aus den Gesetzgebungsmaterialien ist allerdings ersichtlich, dass es dem Gesetzgeber um die Schaffung finanzieller Anreize zur Nachrüstung im Verkehr befindlicher Fahrzeuge geht. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung kann die Partikelbelastung durch Personenkraftwagen mit Dieselmotor dadurch effizient reduziert werden, dass im Verkehr befindliche Fahrzeuge mit moderner Partikelminderungstechnik nachgerüstet werden. Vordringlich sei daher die Nachrüstung von Altfahrzeugen. Die Vorschrift des Kraftfahrzeugsteuergesetzes werde geändert, um steuerliche Anreize für den nachträglichen Einbau von Partikelminderungstechnik in Personenkraftwagen mit Dieselmotor zu schaffen, damit von diesen deutlich geringere gesundheitliche Gefährdungen und Belastungen für die Umwelt ausgingen. Nachgerüstete im Verkehr befindliche Fahrzeuge würden befristet steuerlich befreit, während nicht nachgerüstete zugelassene Fahrzeuge und Neufahrzeuge, die den voraussichtlichen Euro-5-Grenzwert für Partikelmasse (0,005 g/km) nicht einhielten, erhöht besteuert würden (vgl. BT-Drs. 16/4010, S. 1).

Dem Gesetzgeber ging es somit darum, bereits im Verkehr befindliche - zugelassene - Dieselfahrzeuge zu fördern. Weder mit Partikelminderungstechnik ausgerüstete Neufahrzeuge noch vor ihrer Erstzulassung mit einer solchen Technik "nach"-gerüstete Pkw sollen danach gefördert werden (vgl. auch Strodthoff, a.a.O., § 3 c KraftStG Rdnr. 10). Mit Partikelminderungstechnik ausgerüstete Neufahrzeuge und mit einer solchen Technik vor Erstzulassung "nach"-gerüstete Pkw werden nach dem Konzept des Gesetzgebers insoweit steuerlich begünstigt, als auf sie kein Zuschlag nach § 9 a KraftStG zu erheben ist.

Die Kraftfahrzeugsteuerpflicht knüpft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG an das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen an. Dies setzt bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen die straßenverkehrsrechtliche Zulassung voraus (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 1987 VII R 147, 148, 150/84, BFHE 148, 542, BStBl II 1987, 272). Damit wird auf einen klaren Abgrenzungsmaßstab abgestellt, der auch im vorliegenden Zusammenhang nahe liegt, um das Merkmal "nachträglich" leicht feststellbar zu machen. Wenn hingegen auf die werkseitige Herstellung des Fahrzeuges abgestellt werden würde, kann es zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, wie die Ausrüstung mit einem Rußpartikelfilter zeitlich einzuordnen ist, etwa wenn der Filter vom Werk als Sonderausstattung vor der Auslieferung eingebaut wird.

Dass der Gesetzgeber die Steuerbefreiung mit der straßenverkehrsrechtlichen Zulassung verknüpfen will, kommt im Übrigen auch dadurch zum Ausdruck, dass sie nur für solche Personenkraftwagen gewährt wird, die bis zum 31. Dezember 2006 erstmals zugelassen wurden (§ 3 c Abs. 1 Satz 2 KraftStG) und dass Zeiten vorübergehender Stilllegung und Zeiten außerhalb des auf einem Saisonkennzeichen nach § 23 Abs. 1 b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung angegebene Betriebszeitraums bei der Berechnung der befristeten Steuerbefreiung berücksichtigt werden (§ 3 c Abs. 4 KraftStG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Auslegung des Begriffes "nachträglich" in § 3 c Abs. 1 Satz 1 KraftStG kann für viele Fallgestaltungen Bedeutung erlangen und war bislang - soweit ersichtlich - noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes.



Ende der Entscheidung

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