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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 29.04.2009
Aktenzeichen: 3 K 224/06
Rechtsgebiete: GG, GewStG


Vorschriften:

GewStG § 8a
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 3
GG Art. 28 Abs. 2
GG Art. 76 Abs. 1
GG Art. 77 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 29. April 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit einer Hinzurechnung des Gewerbeertrages nach § 8a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).

Die Klägerin wurde im Jahr 1992 in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in A gegründet. Gegenstand des Unternehmens sind ... . Die Klägerin hat 1998 ihren Sitz und ihre gesamte Geschäftstätigkeit nach Norderfriedrichskoog verlegt. Norderfriedrichskoog erhob im Streitjahr 2003 einen Gewerbesteuerhebesatz von Null%. An der Klägerin waren im gesamten Streitjahr die ... GmbH (X) und die ... GmbH (Y) zu je 50% beteiligt.

Mit Bescheid vom 11. Mai 2004 wurde die Klägerin vom Beklagten erklärungsgemäß zur Gewerbesteuer veranlagt. Es wurde ein Gewerbesteuermessbetrag für 2003 von 9.990 EUR festgesetzt, wobei von einem Gewerbeertrag von 199.800 EUR ausgegangen wurde. Der Bescheid wurde nach Rücknahme eines zunächst erhobenen Einspruchs bestandskräftig.

Mit Bescheid vom 13. Mai 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Hinzurechnungsbetrages nach § 8a GewStG bei niedriger Gewerbesteuerbelastung für den Erhebungszeitraum (das Kalenderjahr) 2003 wurde der Hinzurechnungsbetrag ausgehend vom erklärungsgemäß angesetzten Gewerbeertrag auf 199.800 EUR festgestellt.

Die Klägerin erhob am 16. Juni 2004 Einspruch gegen den Feststellungsbescheid, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass der Bescheid auf einer verfassungswidrigen gesetzlichen Grundlage beruhe und daher rechtswidrig sei. § 8a GewStG verstoße gegen das Demokratieprinzip in Gestalt des Parlamentsvorbehalts, weil die Einfügung der Regelung in das Gewerbesteuergesetz auf einen Vorschlag des Vermittlungsausschusses zurückzuführen sei, der die Grenzen überschritten habe, die den Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat gesetzt seien. Zudem verstoße die Vorschrift materiell gegen das Übermaßverbot als Unterprinzip des Rechtsstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG), weil die Norm die steuerpflichtigen Gewerbetreibenden in unverhältnismäßiger Weise belaste.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2006 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 27. Oktober 2006 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass § 8a GewStG in formeller und materieller Hinsicht verfassungswidrig sei. Formell verstoße diese Norm gegen das Demokratieprinzip in Gestalt des Parlamentsvorbehalts im Sinne von Art. 20 Abs. 3, Art. 76 Abs. 1 GG. Die Einfügung der Regelung in das Gewerbesteuergesetz sei auf einen Vorschlag des Vermittlungsausschusses zurückzuführen, der die Grenzen überschritten habe, die den Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat gesetzt seien. Der Vermittlungsausschuss dürfe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Änderung, Ergänzung oder Streichung der vom Bundestag beschlossenen Vorschriften nur vorschlagen, wenn und soweit dieser Einigungsvorschlag im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des ihm zu Grunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens verbleibe.

Dies sei hier nicht der Fall. § 8a GewStG sei durch Art. 4 Nr. 3 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16. Mai 2003 (BGBl. I 2003, 660) mit Wirkung vom 01. Januar 2003 in das Gewerbesteuergesetz eingefügt worden. Diese Vorschrift sei im Regierungsentwurf des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 28. November 2002 noch nicht enthalten gewesen. Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestages vom 19. Februar 2003 habe in § 1 GewStG-Entwurf vorgesehen, die Gemeinden zu verpflichten, Gewerbesteuer zu erheben. Die Länder hätten gemäß § 16 Abs. 5 GewStG-Entwurf das Recht erhalten, einen Mindesthebesatz gesetzlich festzusetzen. Zur Begründung sei im Bericht des Finanzausschusses vom 20. Februar 2003 insoweit ausgeführt worden, dass durch die Verpflichtung der Gemeinden zur Erhebung einer Gewerbesteuer zusammen mit der Einräumung der Möglichkeit für den Landesgesetzgeber, Mindesthebesätze festzulegen, ein effektives Instrumentarium geschaffen werde, mit dessen Hilfe künftig verhindert werden könne, dass einzelne Gemeinden sich auf Kosten anderer Gemeinden übermäßige Standortvorteile verschafften. Nachdem der Bundesrat dem Gesetzesbeschluss des Bundestages die Zustimmung verweigert gehabt habe, habe der Vermittlungsausschuss am 10. April 2003 die Regelung des § 8a GewStG vorgeschlagen. Der Bundestag habe sodann am 11. April 2003 die Regelung des § 8a GewStG in der vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagenen Fassung angenommen. Am selben Tag habe der Bundesrat seine Zustimmung erteilt.

Über § 8a GewStG hätten somit weder Bundestag noch Bundesrat je diskutiert. Eine Behandlung eines vergleichbaren Gesetzesvorschlags im Finanzausschuss des Bundesrates reiche nicht aus. Auch lediglich die faktische Festsetzung eines Gewerbesteuerhebesatzes auf mindestens 200% sei nie thematisiert worden. Lediglich die Intension der Gesetzesänderungen, nämlich die Verhinderung von Steueroasen, sei an dieser Stelle bereits deutlich gewesen.

Zwischen den ursprünglichen vom Bundestag erörterten Regelungen der §§ 1, 16 GewStG-Entwurf und der schließlich mit § 8a GewStG ins Gesetz eingefügten Hinzurechnungsbesteuerung habe auch keine inhaltliche Ähnlichkeit bestanden. Lediglich der Zweck der Regelungen, Steueroasen verhindern zu wollen, ziele in die gleiche Richtung. Der Regelungsinhalt weiche jedoch entscheidend voneinander ab. Die ursprüngliche Vorschrift habe einen Zwang der Gemeinden zur Erhebung der Gewerbesteuer vorgesehen und damit allein die Gemeinden selbst betroffen. Auch eine bestimmte Höhe des Hebesatzes sei nicht festgelegt gewesen, sondern habe von den Ländern selbstständig bestimmt werden sollen. Adressat des § 8a GewStG sei hingegen der steuerpflichtige Unternehmer. Der Vermittlungsausschuss sei nach den zuvor geschilderten Abläufen somit autonom tätig gewesen. An entsprechenden parlamentarischen Vorgaben habe es gefehlt. In diesem Zusammenhang sei auch unbeachtlich, dass Bundestag und Bundesrat das Beratungsergebnis des Vermittlungsausschusses am 11. April 2003 angenommen hätten.

§ 8a GewStG verstoße materiell gegen das Übermaßverbot, weil die Norm die steuerpflichtigen Gewerbetreibenden in unverhältnismäßiger Weise belaste. Habe ein gewerbliches Unternehmen eine Tochtergesellschaft mit Sitz und Geschäftsleistung in einer niedrig besteuerten inländischen Gemeinde - Hebesatz unter 200% -, so sei ihm gemäß § 8a Abs. 1 GewStG der Gewerbeertrag der Tochter-Kapitalgesellschaft zur Besteuerung zuzurechnen. Die Tochtergesellschaft bleibe damit selbst steuerpflichtig in der niedrig besteuernden Gemeinde. Durch die Erfassung desselben Gewerbeertrages bei der Tochtergesellschaft und dem Mutterunternehmen komme es in diesen Fällen nach herrschender Auffassung im Schrifttum zu einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung.

Der Zweck des § 8a GewStG liege in der Verhinderung von so genannten Gewerbesteueroasen und der Aushebelung des damit verbundenen unlauteren Steuerwettbewerbs zwischen den Gemeinden. Hierbei handele es sich um ein nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts legitimes gesetzgeberisches Ziel. Die Norm sei zur Erreichung dieses Ziels auch grundsätzlich geeignet. Die Gewerbetreibenden würden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung faktisch gezwungen, die Geschäftstätigkeit und den Sitz ihrer Tochter-Kapitalgesellschaften aus den Gewerbesteueroasen in andere Gemeinden zu verlagern, die einen Hebesatz von 200% oder mehr hätten. Allerdings sei § 8a GewStG nicht erforderlich. Es existierten mildere, ebenso effiziente Mittel zur Verhinderung der Gewerbesteueroasen, ohne die Steuerpflichtigen mit einer übermäßigen Doppelbesteuerung zu belasten. Denkbar sei eine Anrechnungsregelung in § 8a GewStG, durch die die bereits in der Gemeinde des Tochterunternehmens gezahlte Gewerbesteuer auf die in der Gemeinde des Mutterunternehmens zu zahlende Gewerbesteuer angerechnet werde. Hierdurch würde der Gewerbeertrag des Tochterunternehmens allein mit dem höheren Hebesatz der Gemeinde des Mutterunternehmens belastet. Alternativ könne auch - wie ab dem Jahre 2004 geschehen - ein Mindesthebesatz von 200% eingeführt werden. Der Effekt einer Doppelbelastung bleibe in beiden Fällen aus. § 8a GewStG sei zudem unzumutbar, denn die darin geschaffene Belastung des Steuerpflichtigen stehe außer Verhältnis zur Bedeutung des gesetzgeberischen Ziels. Durch die Neuregelung versuche der Gesetzgeber, alle Gemeinden, deren Hebesatz unter 200% liege, mittelbar zu einer Anhebung auf mindestens 200% zu zwingen. Hierdurch würden jedoch nicht die Verursacher des Steuerwettbewerbs, die Gemeinden, belastet, sondern die Steuerpflichtigen, die ihre Tätigkeit in rechtmäßiger Weise nach dem GewStG ausgerichtet hätten und im Folgenden doppelt zur Gewerbesteuer herangezogen würden. Diese verfassungsrechtliche Problematik habe der Gesetzgeber bereits ein halbes Jahr nach Einführung des § 8a GewStG selbst erkannt und mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 2004 durch Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BStBl I 2003, 2922) wieder aufgehoben. Stattdessen seien - wie ursprünglich angedacht - die Gemeinden in § 1 GewStG verpflichtet worden, Gewerbesteuer zu erheben. Zugleich sei ein Mindesthebesatz gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG in Höhe von 200% eingeführt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung des Hinzurechnungsbetrages nach § 8a GewStG für 2003 vom 13. Mai 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass das Land Schleswig-Holstein bereits zu Tagesordnungspunkt 15 der 767. Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrates am 05. Dezember 2002 einen Antrag (als Prüfbitte) gestellt habe, einen neuen § 8a "Hinzurechnung des Gewerbeertrages bei niedriger Gewerbesteuerbelastung" in das GewStG einzufügen. Durch diesen Antrag im Finanzausschuss sei der Bundesrat also schon vor dem Vermittlungsverfahren mit der Angelegenheit befasst worden. Der Bundesrat habe dem Steuervergünstigungsabbaugesetz in seiner Sitzung am 14. März 2003 nicht zugestimmt. Die Bundesregierung habe daraufhin die Einberufung des Vermittlungsausschusses beschlossen. Der Vermittlungsausschuss habe sich in seiner Sitzung am 20. März 2003 vertagt und die Ministerpräsidenten Steinbrück (Nordrhein-Westfalen) und Koch (Hessen) gebeten, Einigungsmöglichkeiten zu sondieren. Der gemeinsame Vorschlag der beiden Ministerpräsidenten vom 04. April 2003 habe unter anderem als Maßnahme die Hinzurechnung des Gewerbeertrags aus Gewerbesteueroasen mit dem Zusatz "Norderfriedrichskoog-Fälle - Vorschlag Schleswig-Holstein im Bundesrat" enthalten. Der Vermittlungsausschuss habe damit diese Maßnahme, die auf dem Vorschlag Schleswig-Holsteins im Finanzausschuss des Bundesrates beruhe, aufgegriffen. § 8a GewStG sei schließlich durch Art. 4 Nr. 3 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes in das Gesetz eingefügt worden. Die Vorschrift sei bei diesem Gesetzgebungsverlauf in formeller Hinsicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Auch materiell bestünden gegen die Norm keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Doppelbesteuerung des Gewerbeertrags der Klägerin liege nicht vor. Es sei auch fraglich, ob § 8a Abs. 1 GewStG eine doppelte Erfassung des Gewerbeertrages überhaupt vorschreibe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Gewerbesteuerakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin ist gemäß § 8a Abs. 4 Satz 3 GewStG klagebefugt. Danach ist die Tochtergesellschaft, deren Gewerbeertrag nur einer niedrigen Gewerbesteuerbelastung unterliegt, erklärungspflichtig, Empfangsbevollmächtigte für alle Beteiligten und Einspruchsberechtigte. Mit dieser Bestimmung wird somit für die von der Hinzurechnung nach § 8a Abs. 1 GewStG selbst nicht betroffene Tochtergesellschaft eine gesetzliche Rechtsbehelfs- und Prozessstandschaft begründet, innerhalb derer sie die Rechte der an ihr beteiligten Unternehmer geltend machen kann.

Der Bescheid vom 13. Mai 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Hinzurechnungsbetrages nach § 8a GewStG bei niedriger Gewerbesteuerbelastung für den Erhebungszeitraum (das Kalenderjahr) 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2006 ist rechtmäßig.

Nach § 8a Abs. 1 GewStG ist der Gewerbeertrag einer Tochter-Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz innerhalb des Geltungsbereiches des Gewerbesteuergesetzes, an dem der Unternehmer seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist, dem Gewerbeertrag des Unternehmers entsprechend der Beteiligung am Nennkapital hinzuzurechnen, wenn der Gewerbeertrag der Tochtergesellschaft nur einer niedrigen Gewerbesteuerbelastung unterliegt. Der Gewerbeertrag der Tochtergesellschaft unterliegt nur einer niedrigen Gewerbesteuerbelastung, wenn der von der hebeberechtigten Gemeinde bestimmte Hebesatz 200 vom Hundert unterschreitet (§ 8a Abs. 2 GewStG). Der Hinzurechnungsbetrag ist gegenüber der Tochtergesellschaft und allen Unternehmen im Sinne von § 8a Abs. 1 GewStG gesondert und einheitlich festzustellen. Zuständig für die gesonderte Feststellung ist das für die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags der Tochtergesellschaft zuständige Finanzamt (§ 8a Abs. 4 Satz 1 und 2 GewStG).

Diese Voraussetzungen liegen hier unstreitig vor. An der Klägerin waren im gesamten Streitjahr 2003 die X und die Y zu je 50% beteiligt. Diese Gesellschaften sind kraft Rechtsform Unternehmer im Sinne des Gewerbesteuergesetzes (§ 2 Abs. 2 GewStG). Der Gewerbeertrag der Klägerin (Tochtergesellschaft) unterlag im Streitjahr 2003 nur einer niedrigen Gewerbesteuerbelastung, weil sie ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Bereich der Gemeinde Norderfriedrichskoog hatte, die im Streitjahr einen Gewerbesteuerhebesatz von Null% erhob. Der Gewerbeertrag des Jahres 2003 der Klägerin von 199.800 EUR war deshalb gemäß § 8a Abs. 1 GewStG zu je 50% der X und der Y hinzuzurechnen. Dies ist mit dem angefochtenen Feststellungsbescheid vom 13. Mai 2004 durch den dafür zuständigen Beklagten erfolgt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 8a Abs. 1 GewStG sowohl formell (1) als auch materiell (2) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) § 8a GewStG ist durch Art. 4 Nr. 3 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16. Mai 2003 (BGBl. I 2003, 660) mit Wirkung vom 21. Mai 2003 in das Gewerbesteuergesetz eingefügt worden. Diese Vorschrift ist in einer mit dem Grundgesetz zu vereinbarenden Weise zu Stande gekommen. Sie geht auf eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 10. April 2003 zurück (vgl. BT-Drucks. 15/841), der Bundestag und Bundesrat am 11. April 2003 zugestimmt haben (vgl. BT-Plenarprotokoll 15/41 S. 3374C; BR-Drucks. 253/03). Der Vermittlungsausschuss hat dabei seine Befugnisse nicht überschritten, so dass Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG nicht verletzt wurden und es deshalb nicht darauf ankommt, ob ein Verfassungsverstoß evident wäre (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Senats vom 15. Januar 2008 - 2 BvL 12/01 -, BVerfGE 120, 56 [73 f]).

Die Kompetenzen des Vermittlungsausschusses und ihre Grenzen sind in der Verfassung nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergeben sich aber aus der Funktion und Stellung dieses Gremiums im Gesetzgebungsverfahren. Die Einrichtung des Vermittlungsausschusses beruht auf der bundesstaatlichen Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens. Bundesgesetze werden zwar gemäß Art. 77 Abs. 1 Satz 1 GG vom Bundestag beschlossen. Dem Bundesrat kommen im Gesetzgebungsverfahren aber Mitwirkungsrechte zu, so dass er durch einen Einspruch oder die Verweigerung einer erforderlichen Zustimmung Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen kann. In diesem System hat der Vermittlungsausschuss die Aufgabe, im Falle unterschiedlicher Auffassungen zwischen Bundestag und Bundesrat einen Einigungsvorschlag zu erarbeiten, über den der Bundestag sodann erneut zu beschließen hat (Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG). Der Vermittlungsausschuss hat demgemäß im Gesetzgebungsverfahren zwar keine Entscheidungskompetenz, wohl aber eine den Kompromiss vorbereitende, ihn aushandelnde und faktisch gestaltende Kompetenz. Diese jeder Vermittlungstätigkeit innewohnende faktische Gestaltungsmacht ist durch die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Senats vom 15. Januar 2008 - 2 BvL 12/01 - a.a.O.).

So verfügt der Vermittlungsausschuss über kein eigenes Gesetzesinitiativrecht, sondern wird nur tätig, sofern er nach der Zustimmung des Bundestages zu einem Gesetzentwurf (Art. 77 Abs. 1 GG) von einem der in Art. 76 Abs. 1 GG genannten Initiativberechtigten angerufen wird. Ihm kommt daher lediglich die Aufgabe zu, auf der Grundlage dieses Gesetzesbeschlusses und des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens Änderungsvorschläge zu erarbeiten, die sich sowohl im Rahmen der parlamentarischen Zielsetzung des Gesetzgebungsvorhabens bewegen als auch die jedenfalls im Ansatz sichtbar gewordenen politischen Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat ausgleichen. Zur Wahrung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Rechte der Abgeordneten, der Öffentlichkeit, der parlamentarischen Debatte und damit der demokratischen Kontrolle der Gesetzgebung darf der Vermittlungsausschuss daher lediglich solche Änderungen, Ergänzungen oder Streichungen des Gesetzesbeschlusses vorschlagen, die sich im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des Gesetzgebungsverfahrens bewegen. Der Vermittlungsvorschlag darf weder zu einer Verlagerung der Entscheidung in den Ausschuss und damit zu einer Entparlamentisierung führen noch dazu, dass der Bundesrat ohne Beteiligung des Bundestages Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen kann. Das zum Anrufungsbegehren führende Gesetzgebungsverfahren wird durch die zuvor dort eingeführten Anträge und Stellungnahmen der Abgeordneten, aber auch des Bundesrates sowie im Fall einer Regierungsvorlage gegebenenfalls der Bundesregierung bestimmt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Form der Bundestag die Anträge und Stellungnahmen in seinem Gesetzesbeschluss berücksichtigt hat. Entscheidend ist allein, dass sie im Gesetzgebungsverfahren vor dem Gesetzesbeschluss bekannt geworden sind und die Abgeordneten in Wahrnehmung ihrer ihnen aufgrund ihres freien Mandats obliegenden Verantwortung die Möglichkeit hatten, diese zu erörtern, Meinungen zu vertreten, Regelungsalternativen vorzustellen und hierfür eine Mehrheit im Parlament zu suchen. Diese Möglichkeit wird verschlossen, wenn Regelungsgegenstände erst nach der letzten Lesung des Bundestages in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt werden. Die Abgeordneten werden stattdessen mit einem fertigen Gesetzentwurf konfrontiert, dessen einzelne Bestandteile sie in diesem Verfahrensabschnitt nicht mehr in das übliche Beratungsverfahren aufnehmen können. Dies ist nur vertretbar, wenn es sich sämtlich um Regelungsgegenstände handelt, die jedenfalls dem Grunde nach im Gesetzgebungsverfahren erkennbar geworden sind. Anderenfalls können auch keine Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat bestehen, auf deren Ausgleich das Vermittlungsverfahren zielt, da das Parlament mit dem Regelungsgegenstand noch nicht befasst war. Die Kompetenz des Vermittlungsausschusses beschränkt sich danach darauf, mit dem Beschlussvorschlag eine Brücke zwischen Regelungsalternativen zu schlagen, die bereits zuvor in den Gesetzgebungsorganen erörtert worden oder jedenfalls erkennbar geworden sind (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Senats vom 15. Januar 2008 - 2 BvL 12/01 - a.a.O.).

An diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben gemessen, hat der Vermittlungsausschuss seine Kompetenzen nicht überschritten. Er hat mit Art. 4 Nr. 3 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16. Mai 2003 eine Bestimmung in seinen Einigungsvorschlag aufgenommen, die bereits zuvor in den Gesetzgebungsorganen erörtert worden oder jedenfalls erkennbar geworden und Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat war.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 28. November 2002 (BT-Drucks. 15/287, 15/312) sah weder § 8a GewStG noch vergleichbare Vorschriften vor. Nachdem die Regierungsvorlage dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet worden war (vgl. Art. 76 Abs. 2 Satz 1 GG), war sie Gegenstand der 767. Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrates (vgl. BR-Drucks. 866-02). In der Finanzausschusssitzung gab das Land Schleswig-Holstein einen Antrag zu Protokoll, wonach der Bundesrat die Bundesregierung bitte, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob durch eine entsprechende Ergänzung des Gewerbesteuergesetzes und des Grundsteuergesetzes sichergestellt werden könne, dass keine "Steueroasen" bei diesen Steuerarten entstünden. Nach gegenwärtiger Rechtslage bestehe weder bei der Gewerbesteuer noch bei der Grundsteuer eine Pflicht der Gemeinde zur Erhebung der Steuern bzw. fehle es an Vorgaben, bei der Festsetzung dieser Steuern bestimmte Mindesthebesätze vorzusehen. Das habe zu Fallkonstellationen geführt, in denen Gemeinden, die aus besonderen Gründen auf diese Gemeindesteuern nicht angewiesen seien, Anlass für Gewerbebetriebe böten, sich unter Nutzung steuerrechtlicher Gestaltungsspielräume im Gemeindegebiet anzusiedeln. Den Unternehmen würden erhebliche Steuervorteile eingeräumt, während für die Gemeinde bzw. ihre Einwohner andere Vorteile aus der Ansiedlung erwüchsen (Beispiel Mieteinnahmen). Das führe zu erheblichen Realsteuerausfällen bei den Gemeinden bzw. Städten, aus deren Gebiet die Unternehmen ihren Sitz verlegten. Diese schädlichen Konsequenzen für diese Gemeinden sowie für die Länder und den Bund seien - auch angesichts der angespannten finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte - nicht mehr hinnehmbar (vgl. Niederschrift der 767. BR-Finanzausschusssitzung vom 05. Dezember 2002, S. 54).

Dementsprechend schlug das Land Schleswig-Holstein vor, den Gesetzentwurf der Bundesregierung dahingehend zu ändern, nach § 8 GewStG einen § 8a mit auszugsweise folgendem Wortlaut einzufügen:

"§ 8a

Hinzurechnungen des Gewerbeertrags bei niedriger Gewerbesteuerbelastung

(1) Ist der Unternehmer am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt (Tochtergesellschaft), ist der Gewerbeertrag der Tochtergesellschaft dem Gewerbeertrag entsprechend der Beteiligung am Nennkapital hinzuzurechnen, wenn der Gewerbeertrag der Tochtergesellschaft nur einer niedrigen Gewerbesteuerbelastung unterliegt.

(2) Der Gewerbeertrag der Tochtergesellschaft unterliegt einer nur niedrigen Gewerbesteuerbelastung, wenn der von der hebeberechtigten Gemeinde bestimmte Hebesatz 150 vom Hundert nicht übersteigt.

(3) Die Hinzurechnung unterbleibt, wenn die Tochtergesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus Tätigkeiten erzielt, die nicht stammen aus:

...

(4) Ist die Tochtergesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt und wird ihr ein Gewerbeertrag nach Abs. 1 hinzugerechnet, erhöht sich der Hinzurechnungsbetrag nach Abs. 1 entsprechend.

(5) Der Hinzurechnungsbetrag ist gesondert festzustellen. Zuständig für die gesonderte Feststellung ist das für die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags der Tochtergesellschaft zuständige Finanzamt."

Ferner schlug das Land Schleswig-Holstein vor, § 22 Abs. 1 GewStG (Anrechnung) dergestalt zu fassen, dass sich die festzusetzende Gewerbesteuer in den Fällen des § 8a um die für den Hinzurechnungsbetrag von der Tochtergesellschaft tatsächlich entrichtete Gewerbesteuer mindert (vgl. Niederschrift der 767. Sitzung des BR-Finanzausschusses vom 05. Dezember 2002, S. 49 - 52).

In der Plenardebatte des Bundesrates über den Regierungsentwurf zum Steuerbegünstigungsabbaugesetz am 20. Dezember 2002 verwies der Schleswig-Holsteinische Minister Möller auf die Vorschläge Schleswig-Holsteins im Finanzausschuss und auf die Alternative, einen Mindesthebesatz gesetzlich festzulegen (vgl. BR-Plenarprotokoll 784, S. 593A).

Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (vgl. BT-Drucks. 15/287, 15/312) am 19. Februar 2003 abschließend beraten und in seiner Beschlussempfehlung vom 19. Februar 2003 (BT-Drucks. 15/480, S. 5) vorgeschlagen, den Gesetzentwurf dergestalt zu ändern, dass in § 1 GewStG-Entwurf vorgesehen war, Gemeinden zu verpflichten, Gewerbesteuer zu einem Mindesthebesatz zu erheben und in § 16 Abs. 5 GewStG-Entwurf gesetzlich zu ermöglichen, dass die Länder einen jeweiligen Mindesthebesatz festlegen.

In dem Bericht des Finanzausschusses zu dieser Beschlussempfehlung (vgl. BT-Drucks. 15/481, S. 16) wird dazu ausgeführt, dass die vorgeschlagene Einführung eines Mindesthebesatzes bei der Gewerbesteuer und der Grundsteuer "Steueroasen" bei den Gemeindesteuern verhindere. Nach gegenwärtiger Rechtslage bestehe weder bei der Gewerbesteuer noch bei der Grundsteuer eine Pflicht der Gemeinde zur Erhebung dieser Steuern. Es fehle auch die Vorgabe bestimmter Mindesthebesätze. Dies habe dazu geführt, dass einzelne Gemeinden keine Hebesätze festsetzten und so auf die Steuererhebung verzichteten. Dies geschehe in Einzelfällen nicht immer aus Gründen des interkommunalen Wettbewerbs. Durch das so geschaffene krasse Steuergefälle im Verhältnis zur weit überwiegenden Mehrzahl der anderen Gemeinden, die diese Realsteuern erhöben, werde ein überregionaler Anreiz für Unternehmen geschaffen, die sich bietenden steuerlichen Vorteile zu nutzen und insbesondere den Ort der Geschäftsleitung für bestimmte Geschäftsbereiche in das Gemeindegebiet der betreffenden Gemeinde zu verlagern - unter Inkaufnahme von Gegenleistungen, wie z.B. hohen Büromieten, die auf und teilweise über dem Niveau von Großstadtmonopolen lägen. Durch die Verpflichtung der Gemeinden zur Erhebung einer Gewerbesteuer werde zusammen mit der Einräumung der Möglichkeit für den Landesgesetzgeber, Mindesthebesätze festzulegen, ein effektives Instrumentarium geschaffen, mit dessen Hilfe künftig verhindert werden könne, dass einzelne Gemeinden sich auf Kosten anderer Gemeinden übermäßige Standortvorteile verschafften, die zu absurden und rein steuermotivierten Wanderungsbewegungen der Unternehmenssitze und Verlagerungen von Geschäftsbereichen führten. Die damit verbundenen erheblichen Realsteuerausfälle bei den Gemeinden bzw. Städten, aus deren Gebieten die Unternehmen ihren Sitz wegverlegten, und die schädigenden Konsequenzen für betroffene Gemeinden, Länder und Bund seien - angesichts des erreichten Ausmaßes sowie der angespannten finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte - insbesondere vor dem Hintergrund der Wahrung einheitlicher Lebensverhältnisse nicht mehr hinnehmbar.

Nachdem der Bundestag am 21. Februar 2003 den aufgrund der Beschlussempfehlungen des Berichts des Finanzausschusses geänderten Entwurf des Steuervergünstigungsabbaugesetzes angenommen hatte, beschloss der Bundesrat am 14. März 2003, diesem Gesetz gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108 Abs. 3 GG nicht zuzustimmen (vgl. BR-Drucks. 120/03). In der Plenardebatte des Bundesrates am 14. März hatte der Schleswig-Holsteinische Finanzminister Stegner die Einführung eines Mindesthebesatzes zur Gewerbesteuer durch den Gesetzentwurf begrüßt, aber auch auf die Hinzurechnungslösung Schleswig-Holsteins hingewiesen (vgl. BR-Plenarprotokoll 786, S. 48A - 49B).

Die Bundesregierung beschloss daraufhin die Anrufung des Vermittlungsausschusses und dieser schlug in seinem Einigungsvorschlag die Einführung von § 8a GewStG vor, wobei ausdrücklich auf den Vorschlag Schleswig-Holsteins im Bundesrat verwiesen wurde. Diese Vorschrift wurde schließlich durch Art. 4 Nr. 3 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 15. Mai 2003 ins Gesetz eingefügt.

Mit dem oben dargestellten Vorschlag Schleswig-Holsteins im Finanzausschuss des Bundesrates im Rahmen der Beratungen über die Regierungsvorlage des Steuervergünstigungsabbaugesetzes ist im Gesetzgebungsverfahren eine Regelungsalternative mit der Bitte an die Bundesregierung ins Spiel gebracht worden, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob durch eine entsprechende Ergänzung des Gewerbesteuergesetzes sichergestellt werden kann, dass keine "Steueroasen" bei dieser Steuerart entstehen. Auch wenn der Deutsche Bundestag in seinem Gesetzesbeschluss diesen Vorschlag nicht aufgegriffen, sondern sich für die Verpflichtung der Gemeinden zur Erhebung eines Mindestsatzes bei der Gewerbesteuer entschieden hat, lag die von Schleswig-Holstein vorgeschlagene Regelungsalternative im Gesetzgebungsverfahren für die Bundestagsabgeordneten gleichsam auf dem Tisch (Einbringung in den Finanzausschuss des Bundesrates und mehrfache Bezugnahme in den BR-Plenumsdebatten) und hätte vom Deutschen Bundestag in seinen Gesetzesbeschluss übernommen werden können.

Diese Regelungsalternative ist dann vom Vermittlungsausschuss aufgegriffen und vorgeschlagen worden. Dass dabei von dem Vorschlag Schleswig-Holsteins insoweit abgewichen wurde, dass der Prozentsatz der niedrigen Gewerbesteuerbelastung von 150 auf 200 erhöht wurde, Ausnahmen der Hinzurechnung für bestimmte Tätigkeiten und eine Anrechnung der für den Hinzurechnungsbetrag von der Tochtergesellschaft tatsächlich entrichteten Gewerbesteuer entfielen, liegt im Bereich der Kompetenzen des Vermittlungsausschusses. Er soll mit seinem Beschlussvorschlag gerade eine Brücke zwischen Regelungsalternativen schlagen, die zuvor im Gesetzgebungsverfahren erörtert worden sind. Dies ist hier der Fall, weil der Kern des Vorschlages Schleswig-Holsteins - die Hinzurechnung des Gewerbeertrags der Tochtergesellschaft zum beteiligten Unternehmer - beibehalten wurde.

(2) Auch materiell ist § 8a Abs. 1 GewStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass durch diese Regelung die Gemeinden faktisch gezwungen gewesen seien, einen Gewerbesteuerhebesatz von mindestens 200% festzusetzen, macht sie der Sache nach einen Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht des Art. 28 Abs. 2 GG in Form des Hebesatzrechtes (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GG) geltend. Durch eine mögliche Verletzung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts wäre aber nur die Gemeinde Norderfriedrichskoog beschwert und nicht die Klägerin oder die an ihr beteiligten Unternehmen. Die Klägerin ist insoweit nicht klagebefugt im Sinne von § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil sie insoweit nicht in eigenen Rechten betroffen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 18. August 2004 I B 87/04, BFHE 206, 453, BStBl II 2005, 143).

Eine Verletzung der Grundrechte der an der Klägerin beteiligten Unternehmen aus Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG ist hier nicht erkennbar. Zwar fällt die Gewerbesteuerbelastung in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Senats vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 - BVerfGE 115, 97), der Eingriff ist jedoch nach dem Maßstab des Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums gerechtfertigt. Insbesondere liegt keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der an der Klägerin beteiligten Unternehmen durch eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung vor. Durch § 8a Abs. 1 GewStG wird der Gewerbeertrag der Klägerin den an ihr beteiligten Unternehmen hinzugerechnet. Aufgrund des Gewerbesteuerhebesatzes von Null% der Gemeinde Norderfriedrichskoog war die Klägerin selbst im Streitjahr nicht mit Gewerbesteuer belastet. Eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung ist somit unabhängig von der Frage nicht eingetreten, ob § 8a Abs. 1 i.V.m. § 7 GewStG neben der Hinzurechnung noch die Berücksichtigung des Gewerbeertrages der Tochtergesellschaft bei der Festsetzung ihres Gewerbesteuer-Messbetrages vorschreibt und damit eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung begründet (vgl. insoweit zweifelnd Walz/Süß, DStR 2003, S. 1637 <1638>). Ob es in anderen Fallkonstellationen zu einer Doppelbelastung kommt, kann vorliegend dahingestellt bleiben, weil die Klägerin und die an ihr beteiligten Unternehmen dadurch nicht beschwert wären.

Auch im Übrigen ist vorliegend keine gegen das Übermaßverbot verstoßende Gewerbebesteuerung der an der Klägerin beteiligten Unternehmen zu erkennen, insbesondere ist weder vorgetragen worden noch ansonsten ersichtlich, dass deren wirtschaftlicher Erfolg durch die Hinzurechnung grundlegend beeinträchtigt wird und damit nicht mehr zum Ausdruck kommt (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Senats vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 - a.a.O.).

Durch die Hinzurechnung des Gewerbeertrages der Klägerin werden die an ihr beteiligten Gesellschaften auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt. Durch die Hinzurechnung des Gewerbeertrages erfolgt zwar eine Ungleichbehandlung gegenüber Gesellschaften, die mit der Beteiligungsquote des § 8a Abs. 1 GewStG an Tochtergesellschaften beteiligt sind, die nicht einer niedrigen Gewerbesteuerbelastung unterliegen. Diese Ungleichbehandlung ist aber im Regelfall schon dadurch sachlich gerechtfertigt, dass eine Muttergesellschaft, deren Tochter einer niedrigen Gewerbesteuerbelastung ausgesetzt ist, mit höheren Erträgen in Form von Ausschüttungen oder Dividenden rechnen kann. Der Gewinn der Tochtergesellschaft ist dann nicht oder nur unterdurchschnittlich durch Gewerbesteuerrückstellungen gemindert. Aber selbst in den Fällen, in denen ein Ertrag aus der Beteiligung mangels Ausschüttung oder Dividende nicht zu erwarten und deshalb das Gebot gleicher Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit als Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG im Steuerrecht berührt ist (vgl. BVerfG, Beschluss des 1. Senats vom 15. Januar 2008 - 1 BvL 2/04 - BVerfGE 120, 1), liegt ein besonderer sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung in Form der Hinzurechnung des Gewerbeertrages der Tochtergesellschaft vor. Dieser Grund besteht in dem legitimen gesetzgeberischen Ziel "Steueroasen" zu verhindern und damit die Streuung der Niederlassung von Gewerbetreibenden zu fördern (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Senats vom 21. Mai 1968 - 2 BvL 2/61 - BVerfGE 23, 352). Zudem soll mit der Regelung des § 8a Abs. 1 GewStG ausweislich der gesetzgeberischen Zielsetzung bundesweit gesehen das Gewerbesteueraufkommen geschützt werden, welches durch Unternehmensansiedlungen in "Steueroasen" in erheblichem Umfang gefährdet war. Auch hierin liegt ein legitimer Gesetzeszweck (vgl. BVerfG, Beschluss des 1. Senats vom 15. Januar 2008, 1 BvL 2/04, a.a.O.), der die Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigt.

Eine Verfassungsverletzung ergibt sich auch nicht aus einem Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG und Art. 20 Abs. 3 GG. Zwar ist die Neuregelung des § 8a Abs. 1 GewStG i.V.m. § 36 Abs. 1 GewStG (2003) erst am 16. Mai 2003 rückwirkend für das gesamte Kalenderjahr 2003 eingeführt worden. Dem Gesetzgeber ist es nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, aber grundsätzlich unbenommen, im Laufe einer Besteuerungsperiode bis zum Entstehen des Steueranspruchs die gesetzlichen Grundlagen zu verändern. Das betrifft auch die Gewerbesteuer, die gemäß § 18 GewStG erst mit Ablauf des Erhebungszeitraums entsteht, für den sie festgesetzt wird. Der Steuerpflichtige kann während des laufenden Erhebungszeitraums grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass es uneingeschränkt bei den bisherigen steuerlichen Rahmenbedingungen, insbesondere bei den bisherigen kommunalen Hebesätzen verbleiben wird (vgl. BFH-Beschluss vom 18. August 2004 I B 87/04, a.a.O.).

§ 8a Abs. 1 GewStG erfasst allerdings auch Gewinne der Klägerin, die vor dem Gesetzesbeschluss verwirklicht worden sind und sich auf den hinzuzurechnenden Gewerbeertrag ausgewirkt haben können. Angesichts dessen mag es zweifelhaft sein, ob in solchen Fällen für den Steuerpflichtigen nachteilige Gesetzesänderungen nach den Maßstäben der "echten" oder der "unechten" Rückwirkung zu beurteilen sind. In diese Richtung geht auch die jüngere Spruchpraxis verschiedener Senate des Bundesfinanzhofes, die ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Dispositionsschutz im Bereich steuerlicher Lenkungsnormen und unter Berücksichtigung der im Schrifttum geäußerten Kritik an der bisherigen Rechtsprechung in ihren Vorlagebeschlüssen zu der Auffassung gelangt sind, dass der bislang vom Bundesverfassungsgericht nur für (Verschonungs-)Subventionen und Steuervergünstigungen gewährte verstärkte Schutz von Dispositionen auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken sei. Auch bei einer tatbestandlichen Rückanknüpfung müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende (günstige) Rechtslage schützenswert sei und ob öffentliche Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigten, dieses Vertrauen überwögen (vgl. BFH-Urteil vom 12. November 2008 I R 77/07, ZSteu 2009, 261).

Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann im Streitfall dahingestellt bleiben. Die Einfügung des § 8a GewStG (2003) ist jedenfalls deshalb zulässig, weil sie auch einer einzelfallbezogenen Abwägung der wechselseitigen Interessen standhält. Denn auch wenn die Klägerin im Vertrauen auf die Gesetzeslage ihren Sitz in Norderfriedrichskoog beibehalten haben sollte und die an ihr beteiligten Gesellschaften im Hinblick auf dieses Vertrauen die Beteiligung eingegangen bzw. beibehalten haben sollten, so wären diese Erwartungen doch nicht schützenswerter als das Änderungsinteresse des Gesetzgebers.

Dieses Änderungsinteresse soll - wie oben dargestellt - missbräuchliche Gestaltungen in Form von Steueroasen und den dadurch verursachten Wettbewerbsvorteil bestimmter Gemeinden sowie die damit korrespondierenden Gewerbesteuerausfälle anderer Gemeinden verhindern. Im Jahr 2003 setzten vier Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland den Gewerbesteuerhebesatz mit Null%, 14 weitere Gemeinden setzten Hebesätze von unter 200% fest; über die Jahre waren Gewerbesteuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe entstanden (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Senats vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 2185/04 - BVerfGE 112, 216). Dieses Interesse wiegt stärker, als das etwaige Interesse der Klägerin und der an ihr beteiligten Gesellschaften an der Beibehaltung der Rechtslage, die zudem damit rechnen mussten, dass der Gesetzgeber auf diesen jedenfalls seit Oktober 2002 als Missstand in der öffentlichen Berichterstattung und der politischen Meinungsäußerung dargestellten Befund (vgl. dazu Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , Beschluss vom 14. April 2004, 1 V 412/03, [...] m.w.N.) reagieren würde.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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