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Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 3 K 40/08
Rechtsgebiete: BGB, GrEStG
Vorschriften:
BGB § 164 Abs. 1 | |
GrEStG § 1 Abs. 1 | |
GrEStG § 13 | |
GrEStG § 16 Abs. 1 |
In dem Rechtsstreit
...
hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts
am 19. März 2009
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung von Grunderwerbsteuerfestsetzungen.
Die Kläger waren zu je 1/2 ideelle Miteigentümer des Grundstücks in .... Das Grundstück hat eine Größe von 1.308 qm und war mit einem zum Mehrfamilienhaus umgebauten Einfamilienhaus bebaut. Mit notariellem Kaufvertrag vom 23. September 2006 veräußerten die Kläger das Grundstück an Frau A und Herrn B jeweils zur ideellen Hälfte. Der Kaufpreis betrug 199.000 EUR und war nach § 2 des Kaufvertrages am 31. Oktober 2006 fällig. Der Besitz an dem Kaufgegenstand sollte nach § 4 des Kaufvertrages am 01. November 2006 auf die Käufer übergehen, jedoch nicht, bevor der gesamte Kaufpreis auf einem Notaranderkonto eingegangen war. Die Kläger bewilligten in dem Kaufvertrag die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Käufer und waren sich mit den Käufern über den Eigentumsübergang einig (Auflassung).
Mit Grunderwerbsteuerbescheiden vom 03. November 2006 setzte der Beklagte gegenüber Herrn B und Frau A jeweils eine Grunderwerbsteuer von 3.482 EUR fest.
Nachdem der Kaufpreis aus dem Grundstückskaufvertrag vom 23. September 2006 nicht entrichtet worden war, hoben die Vertragsparteien mit notariellem Vertrag vom 25. November 2006 den Kaufvertrag auf und wiesen den Notar an, den Vollzug des Vertrages nicht weiter zu betreiben. Die Käufer verpflichteten sich, an die Kläger einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 1.000 EUR zu zahlen, womit alle gegenseitigen Ansprüche aus der Auflösung des Kaufvertrages vom 23. September 2006 erledigt sein sollten. Die Käufer bewilligten und beantragten, die bereits im Grundbuch des Amtsgerichts eingetragene Auflassungsvormerkung zu ihren Gunsten zu löschen. Die Kaufvertragsparteien beantragten ferner, die Grunderwerbsteuerfestsetzungen aufzuheben. Beim Abschluss des Aufhebungsvertrages vertrat Frau A aufgrund einer Vollmacht vom 10. November 2006 Herrn B.
Mit notariellem Kaufvertrag vom selben Tag (nächste Urkundenrollen Nr. desselben Notars) veräußerten die Kläger das streitgegenständliche Grundstück an Frau A zu Alleineigentum. Der Kaufpreis blieb mit 199.000 EUR unverändert und war am 01. Dezember 2006 fällig. In § 4 des Kaufvertrages ist bestimmt, dass der Besitz am Kaufgegenstand bereits am 01. Oktober 2006 auf die Käuferin übergegangen ist, ebenso die Gebäudeversicherung und die mit dem Kaufgegenstand verbundenen Rechte und Nutzen sowie die Gefahr des zufälligen Unterganges.
Die Löschung der zu Gunsten von Herrn B und Frau A im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung erfolgte am 07. Dezember 2006.
Nachdem Herr B die Grunderwerbsteuer aus dem Bescheid vom 03. November 2006 nicht entrichtet hatte und er auf eine Vollstreckungsankündigung des Beklagten nicht reagierte, setzte der Beklagte nach Anhörung mit Bescheiden vom 29. Mai 2007 gegenüber den Klägern jeweils Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.741 EUR fest. In den Erläuterungen zu den Bescheiden wurde jeweils ausgeführt, dass bei einem Kaufvertrag oder einem anderen Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründe, stets alle Vertragsteile auf der Erwerber- und Veräußerungsseite Steuerschuldner seien und der Erwerber Herr B bisher keine Grunderwerbsteuer gezahlt habe.
Die Kläger erhoben am 27. Juni 2007 Einspruch gegen diese Bescheide, die sie im Wesentlichen damit begründeten, dass für den ursprünglichen Erwerbsvorgang ein Aufhebungsanspruch aus § 16 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) zu berücksichtigen sei, weil die Beteiligten die tatsächliche und vollständige Rückgängigmachung des Kaufvertrages bewirkt hätten. Sie hätten durch den Folgevertrag sämtliche Wirkungen aus dem Erwerbsvorgang aufgehoben und damit eine Rechtslage geschaffen, als ob dieser Vertrag nicht zu Stande gekommen sei. Insbesondere sei die Löschung der zu Gunsten der Erwerber eingetragenen Auflassungsvormerkung bewirkt worden. Deshalb sei die Heranziehung des Herrn B ohne Grundlage und auch die Kläger hätten nicht als Gesamtschuldner einzutreten.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 30. Januar 2008 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück.
Die Kläger haben am 03. März 2008 (einem Montag) Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass Herr B ursprünglich allein den Kaufpreis aus dem Vertrag vom 23. September 2006 habe tragen wollen. Die Käufer hätten eine nichteheliche Lebensgemeinschaft und die Absicht gehabt, das Gebäude gemeinsam zu bewohnen. Herr B sei aber wegen Überschuldung finanziell nicht in der Lage gewesen den Kaufpreis zu entrichten, und deshalb habe ein Rücktritt vom Kaufvertrag mit erheblichen Kostenfolgen im Raume gestanden. Die Beziehung zwischen Herrn B und Frau A sei dann gescheitert und Letztere habe das Grundstück alleine erwerben und bewohnen wollen. Zunächst hätten die Kläger einem Kauf von Frau A skeptisch gegenüber gestanden, weil sie befürchtet hätten, dass diese ihn nicht würde finanzieren können. Nachdem Frau A indes durch Vorlage einer Bankbescheinigung belegt gehabt habe, dass die Finanzierung gesichert sei, habe man schließlich einem Verkauf an sie zugestimmt. Ein anderer Käufer habe auch nicht zur Verfügung gestanden. Aus praktischen Gründen habe man den Aufhebungsvertrag und den neuen Kaufvertrag an einem Tag und hintereinander notariell beurkunden lassen. Der Besitz und der Nutzen und die Lasten des Kaufgegenstandes seien schon am 01. Oktober 2006 auf die Käufer übergegangen, weil diese den Wunsch geäußert hätten, die Wohnung bereits vorher einrichten zu können. Es habe deshalb schon eine Schlüsselübergabe stattgefunden und aus Haftungsgründen habe man sich auch auf einen vorherigen Übergang von Nutzen und Lasten geeinigt.
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides lägen vor, so dass eine Inanspruchnahme der Kläger rechtswidrig sei. Der Beklagte unterstelle einen Beitritt der Frau A zu dem ursprünglich von den Klägern und Herrn B geschlossenen Vertrag. Dem stehe die Aufhebung dieses Vertrages entgegen. Die ursprünglichen Vertragsparteien hätten damit gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die Aufhebung des Vertrages vereinbart und die Kläger damit ihre ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangt. Sie seien in der Lage gewesen, über das Grundstück auch anderweitig zu verfügen. Für den Käufer habe sich kein Vorteil aus der Aufhebung des Vertrages und der anschließenden Veräußerung des Grundstücks an Frau A ergeben. Die erste Erwerbergemeinschaft habe auch keine Einwirkungsmöglichkeit auf den späteren Erwerbsvorgang gehabt. Frau A habe allein das Interesse gehabt, das Grundstück zu Wohnzwecken zu erwerben. Ein wirtschaftliches Interesse der Ersterwerber an dem Alleinerwerb von Frau A liege nicht vor. Bei ihr handele es sich auch rechtlich um eine andere Person als die Ersterwerbergemeinschaft.
Frau A sei nicht in der Lage gewesen, die Veräußerung an sich alleine zu erzwingen. Sie sei durch den gemeinsamen Erwerb geschwächt und einem erheblichen Kostenrisiko ausgesetzt gewesen. Die Kläger seien nach der Löschungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung wieder in der Lage gewesen, über das Grundstück zu verfügen. Nach dem Aufhebungsvertrag sollten mit der pauschalen Schadenersatzregelung alle gegenseitigen Ansprüche aus der Auflösung des Kaufvertrages vom 23. September 2006 erledigt sein. Das Interesse von Frau A am Erwerb des Grundstücks sei allein persönlich motiviert gewesen. Es fehle an jeder Steuerung, hier wirtschaftliche Verwertungsinteressen aus der Nutzung des Grundstücks anzunehmen.
Die Kläger beantragen,
die Grunderwerbsteuerbescheide vom 29. Mai 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 30. Januar 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die Einspruchsentscheidungen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, dass das bloße Abstellen auf ein wirtschaftliches Interesse beim Neuabschluss des Vertrages nicht sachgemäß sei. Im Übrigen habe das wirtschaftliche Interesse der Frau A daran gelegen, dass sie letztlich Eigentümerin des Grundstücks habe werden wollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Grunderwerbsteuerakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide vom 29. Mai 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 30. Januar 2008 sind rechtmäßig.
Die Grunderwerbsteuerbescheide vom 29. Mai 2007 beruhen auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 13 Nr. 1 GrEStG. Danach unterliegt ein Kaufvertrag, der sich auf inländische Grundstücke bezieht, der Grunderwerbsteuer. Steuerschuldner sind die in einem Erwerbsvorgang als Vertragsteile beteiligten Personen. Besteuerungsgegenstand ist hier der notarielle Grundstückskaufvertrag vom 23. September 2006, mit dem Herr B von den Klägern den Anspruch auf Übereignung einer ideellen Miteigentumshälfte an dem verkauften Grundstück erwarb. Der Anteil eines einzelnen Miteigentümers wird grunderwerbsteuerlich wie Alleineigentum am Grundstück behandelt. Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Miteigentumsanteile, so liegen so viele getrennt zu behandelnde Steuerfälle vor, wie Miteigentumsanteile veräußert wurden (vgl. BFH-Urteil vom 31. August 1994 II R 82/93, BFH/NV 1995, 437; Viskorf, in: Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl. 2007, § 13 Rn. 72 m.w.N.). Der Verkauf des Miteigentumsanteils an Herrn B ist somit grunderwerbsteuerrechtlich als eigener Erwerbsvorgang zu beurteilen, an dem auf der Veräußererseite die Kläger und auf der Erwerberseite Herr B beteiligt waren. Nachdem die auf diesen Erwerbsvorgang entfallende Grunderwerbsteuer von 3.482 EUR von Herrn B nicht beizutreiben war, konnten die Kläger als Verkäufer des Miteigentumsanteils als Gesamtschuldner je zur Hälfte für die Grunderwerbsteuer in Anspruch genommen werden. Ermessensfehler sind insoweit weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.
Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Grunderwerbsteuerbescheide vom 29. Mai 2007 nicht deshalb rechtswidrig, weil der durch den Kaufvertrag vom 23. September 2006 ausgelöste Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wurde.
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird auf Antrag die Grunderwerbsteuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, wenn die Rückgängigmachung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet.
Ein Erwerbsvorgang ist dann "rückgängig gemacht", wenn sich die Vertragspartner über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangt. Der Wegfall der Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers über das Grundstück einerseits und die Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsstellung des Veräußerers andererseits stehen - dem systematischen Verhältnis der Steuertatbestände des § 1 GrEStG zu der gegenläufigen Korrekturvorschrift des § 16 GrEStG entsprechend - in einem sachlichen Zusammenhang. Erfolgt im Zusammenhang mit der "Rückgängigmachung" des Erwerbsvorgangs eine Weiterveräußerung des Grundstücks, ist für die Anwendung des § 16 Abs. 1 GewStG entscheidend, ob für den früheren Erwerber trotz formaler Aufhebung des den ursprünglichen Tatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben und der Verkäufer demgegenüber nicht aus seinen Bindungen entlassen war. War dem ursprünglichen Erwerber eine solche Rechtsposition verblieben und hat er diese im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung des Grundstücks auch tatsächlich im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet, ist die Anwendung des § 16 Abs. 1 GrEStG ausgeschlossen. Zur Bejahung einer dem Ersterwerber aus dem Erwerbsvorgang verbliebenen Möglichkeit, eine ihm verbliebene Rechtsposition zu verwerten, bedarf es konkreter Feststellungen unter Berücksichtigung des Einzelfalles (vgl. BFH-Urteile vom 23. August 2006 II R 8/05, BFH/NV 2007, 273; vom 24. April 2007 II R 18/05, BFHE 217, 276, BStBl II 2007, 726; vom 14. November 2007 II R 1/06, BFH/NV 2008, 403).
Heben die Vertragspartner eines Grundstückskaufvertrages diesen zwar auf, schließen jedoch dieselben Personen oder mit diesen nahestehende Personen im unmittelbaren Anschluss an die Aufhebung einen neuen Vertrag über dasselbe Grundstück, so ist damit der ursprüngliche Vertrag in der Regel nicht "rückgängig gemacht". Zumindest grunderwerbsteuerrechtlich ist dies vielmehr regelmäßig als Vertragsänderung zu werten. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine derartige Sachverhaltsgestaltung nicht auch bürgerlich-rechtlich als Vertragsänderung zu beurteilen ist. Aus einem solchen Geschehensablauf wird jedenfalls die Absicht der Beteiligten deutlich, sich nicht tatsächlich aus ihren bestehenden vertraglichen Bindungen zu entlassen, sondern diese nur modifizieren zu wollen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 1990 II R 148/87, BFH/NV 1991, 413; vgl. auch BFH-Urteile vom 06. Oktober 1976 II R 131/74, BStBl II 1977, 253; vom 13. Juli 1983 II R 25/82, [...] und vom 26. September 1990 II R 107/87, BFH/NV 1991, 482; Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , Urteil vom 28. Dezember 2006, 3 K 199/06; Sack in: Boruttau, a.a.O., § 16 Rn. 61 e, 62).
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Grundsätze in der oben angeführten neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes aufgegeben wurden und in der vorliegenden Fallkonstellation überhaupt greifen. Zweifel an Letzterem bestehen deshalb, weil die nichteheliche Lebensgemeinschaft zwischen Frau A und Herrn B bei Abschluss des Aufhebungsvertrages und des neuen Kaufvertrages am 25. November 2006 offenbar schon beendet war und deshalb fraglich erscheint, ob zu diesem Zeitpunkt noch von einem Näheverhältnis im Sinne der dargelegten Grundsätze ausgegangen werden kann.
Dem früheren Erwerber verbleibt die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem "rückgängig gemachten" Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition in jedem Fall dann, wenn die Aufhebung des ursprünglichen tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäfts und das die Weiterveräußerung betreffende Rechtsgeschäft in einer einzigen Vertragsurkunde zusammengefasst sind. In diesem Fall hat der Ersterwerber die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrages zum Zwecke des anschließenden Erwerbs des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Denn der Veräußerer wird aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem früheren Erwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrages durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist (vgl. BFH-Urteil vom 23. August 2006 II R 8/05, a.a.O.).
Da sich diese Schlussfolgerung trotz gleicher Beweggründe der Parteien mühelos umgehen lässt, indem die Aufhebung des ursprünglichen und der Abschluss des neuen Kaufvertrages nacheinander beurkundet werden, kann der Abschluss beider Verträge in aufeinanderfolgenden Urkunden nicht anders beurteilt werden, als ihre Zusammenfassung in einer. Um die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auszuschließen, muss bei beiden Vorgehensweisen jedoch hinzukommen, dass der Ersterwerber die verbliebene Rechtsposition in seinem eigenen (wirtschaftlichen) Interesse verwertet hat (vgl. BFH-Urteile vom 25. April 2007 II R 18/05, a.a.O.; vom 14. November 2007 II R 1/06, a.a.O.). Dies ist hier der Fall.
Herr B hatte als Ersterwerber des streitgegenständlichen Miteigentumsanteils die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Grundstückskaufvertrages zum Zwecke des anschließenden Alleinerwerbs des Grundstücks durch Frau A zu nutzen. Die ursprünglichen Vertragsparteien hatten sich vor der Beurkundung darauf geeinigt, dass Frau A das Grundstück zu Alleineigentum erwerben sollte, nachdem die zunächst vorgesehene (alleinige) Finanzierung des Grundstückskaufs durch Herrn B wegen dessen Zahlungsschwierigkeiten gescheitert war und ein Rücktritt vom Kaufvertrag mit erheblichem Kostenrisiko für beide Käufer im Raume stand. Zum Zwecke des Alleinerwerbs durch Frau A musste der ursprüngliche Grundstückskaufvertrag geändert oder aufgehoben werden. Für letztere Möglichkeit hat man sich entschieden. Dafür war die rechtliche Mitwirkung von Herrn B erforderlich, die dieser durch Vollmachtserteilung am 10. November 2006 an Frau A zur Aufhebung des Kaufvertrages in seinem Namen erfüllt hat. Die zum Aufhebungsvertrag vom 25. November 2006 erforderliche Willenserklärung von Frau A ist Herrn B nach § 164 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zuzurechnen. Unmittelbar anschließend hat Frau A sodann den notariellen Kaufvertrag zum Erwerb des Grundstückes zu Alleineigentum unterschrieben.
Die Aufhebung des Grundstückskaufvertrages und der damit ermöglichte Alleinerwerb des Grundstücks durch Frau A lag auch im wirtschaftlichen Interesse von Herrn B. Dieser konnte den ursprünglichen geplanten Kauf nicht finanzieren. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag mit schwer absehbaren Kostenrisiken stand im Raum. Im Aufhebungsvertrag wurde hingegen nur eine pauschale Schadensersatzverpflichtung der Käufer in Höhe von 1.000 EUR vereinbart. Zudem gab es keinen anderen Interessenten für das Grundstück, so dass der Verkauf an Frau A für Herrn B zu diesem Zeitpunkt die einzige Möglichkeit war, durch eine Vertragsaufhebung von seinen Kostenrisiken aus dem Kaufvertrag vom 23. September 2006 befreit zu werden.
Hinzu kommt, dass Herr B und Frau A bereits am 01. Oktober 2006 den Besitz des Kaufgegenstands und die damit verbundenen Rechte und Nutzungen erlangt hatten sowie zu diesem Zeitpunkt ein Gefahrübergang stattgefunden hatte. Dies sind im Rahmen des § 16 Abs. 1 GrEStG zu berücksichtigende, aus einem Erwerbsvorgang herrührende Rechtspositionen (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 2003 II R 12/01, BStBl II 2003, Seite 770). Diese Rechtspositionen sind nicht auf die Kläger zurückübertragen worden, sondern sind ausweislich von § 4 des Grundstückskaufvertrages vom 25. November 2006 bei Frau A verblieben. Auch diese Rechtspositionen sind von Herrn B in seinem oben dargestellten wirtschaftlichen Interesse durch Mitwirkung an der Aufhebung des Grundstückskaufvertrages zur Ermöglichung des Alleinerwerbs von Frau A verwertet worden.
Im vorliegenden Zusammenhang ist es unerheblich, ob der Beklagte hinsichtlich des zweiten Erwerbsvorgangs der Frau A zu Recht von einer Grunderwerbsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 GewStG ausgegangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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