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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: 4 K 38/07
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 10 Abs. 1 S. 1
UStG § 17 Abs. 1
Zahlt der Verkäufer eines Gebäudes auf Grund einer Mietgarantie an den Käufer einen Geldbetrag, so ist dies umsatzsteuerlich als echter Schadensersatz zu bewerten und mindert nicht gemäß § 17 Abs. 1 UStG die Bemessungsgrundlage für die Lieferung des Gebäudes.
Finanzgericht Schleswig-Holstein

4 K 38/07

Umsatzsteuer 2004,

In dem Rechtsstreit

...

hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 26. November 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen der Klägerin und dem Finanzamt ist streitig, ob die aufgrund eines zivilrechtlich geschlossenen Vergleichs von der Klägerin geleisteten Zahlungen zu einer Korrektur der Umsatzsteuer gemäß § 17 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) führen. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Gesellschafter der GbR .... hatten sich mit Vertrag vom 3. Oktober 1986 zu einer GbR zusammengeschlossen, deren Zweck der Erwerb eines in ... belegenen Grundstücks, dessen Bebauung und Verwertung war. Das Grundstück wurde mit Kaufvertrag vom 17. Dezember 1986 zum 5. Januar 1987 erworben. Die Klägerin begann mit der Errichtung eines Einkaufszentrums. Nach der geplanten Konzeption sollten sich auf abgegrenzten vermieteten Teilflächen verschiedene Branchen ansiedeln.

Mit Kaufvertrag vom 6. November 1987 wurde das Grundstück mit dem noch nicht vollständig fertig gestellten Objekt für 20,2 Mio. DM zum 1. Dezember 1987 steuerpflichtig an die Beigeladene veräußert. Die GbR wurde laut Gesellschafterbeschluss vom 28. Oktober 1987 zum 1. Dezember 1987 beendet. Die Liquidation wurde zum 31. Mai 1988 durchgeführt.

In dem mit der Beigeladenen abgeschlossenen Kaufvertrag heißt es in § 3 Abs. 3 wie folgt:

"Der Verkäufer garantiert, dass das Gebäude an die in Anlage 3 aufgeführten Mieter vermietet ist und dass das Mietaufkommen jährlich von mindestens 1.480.000 DM netto garantiert wird aus den abgeschlossenen Mietverträgen."

Unter Verweis auf diesen Passus des Kaufvertrages forderte die Beigeladene im Zivilrechtsweg im Jahr 1990 von der Klägerin Zahlungen in Höhe von mehr als 4,5 Mio. DM mit der Begründung, dass die Klägerin ihr im Kaufvertrag jährliche Mieteinnahmen aus dem Objekt in Höhe von 1.480.000 DM garantiert habe, dass aber die tatsächlichen Mieteinnahmen erheblich niedriger gewesen seien. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) vertrat in seiner Entscheidung vom 27. November 1998 den Standpunkt, dass die Klägerin eine Mietgarantie gegeben habe, das heißt die Klägerin sich verpflichtet habe, der Beigeladenen eine etwaige Differenz zwischen tatsächlich erzielten Mieteinnahmen und einer Sollmiete zu ersetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf Blatt 106 ff der Umsatzsteuerakte verwiesen. Die Ansprüche für die Mietausfälle 1988 bis 1990 seien allerdings verjährt. Das OLG wies das Verfahren jedoch zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs der Beigeladenen an das Landgericht zurück. In diesem Verfahren wurde schließlich im Jahr 2004 zwischen den Parteien ein Vergleich geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

"Die Beklagten verpflichten sich als Gesamtschuldner, an die Klägerin bis spätestens zum 30. September 2004 Schadensersatz in Höhe von 605.000 EUR zu zahlen.

...

Mit der Erfüllung dieses Vergleichs sind alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus diesem Klageverfahren und dem ihm zu Grunde liegenden Sachverhalt erledigt."

Mit einer beim Finanzamt am 20. Juli 2005 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr machte die Klägerin neben unstreitigen Vorsteuerabzugsbeträgen unter Verweis auf die von ihr an die Beigeladene geleistete Zahlung in Höhe von 605.000 EUR eine entsprechende Korrektur der Umsatzsteuer gemäß § 17 Abs. 1 UStG geltend und erklärte, es handele sich bei dieser Zahlung um eine nachträgliche Minderung des Kaufpreises für das o.a. Objekt.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei der an die Beigeladene geleisteten Zahlung um einen echten Schadensersatz handele, der nicht als Entgeltsminderung zu beurteilen sei. Es erteilte dementsprechend unter dem Datum vom 22. Dezember 2005 einen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, mit dem es unter Anerkennung der erklärten Vorsteuerabzugsbeträge, jedoch ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Entgeltsminderung die Umsatzsteuer auf -3.392,66 EUR festsetzte.

Ihren hiergegen eingelegten Einspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen wie folgt:

Der Umsatz werde bei Lieferung nach dem Entgelt bemessen. Entgeltsminderungen lägen unter anderem vor, wenn dem Leistungsempfänger bereits gezahlte Beträge zurückgewährt würden, ohne dass er dafür eine Leistung zu erbringen habe. Auf die für die Ermäßigung des Entgelts maßgeblichen Gründe komme es nicht an. Der vorliegende Sachverhalt entspreche im Übrigen dem im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Januar 2003 zu Grunde liegenden Sachverhalt. Dort habe der Kläger eine Maschine erworben, die nach Inbetriebnahme erhebliche Mängel aufgewiesen habe. Im Zivilrechtsstreit habe der Kläger gegenüber dem Lieferanten Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung gemäß § 635 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erstritten. Der Rechtsstreit sei dennoch durch außergerichtlichen Vergleich abgeschlossen worden. Der BFH habe in Bezug auf die Umsatzsteuerfestsetzung entschieden, dass dem Kläger aufgrund des letztlich geminderten Entgelts der Vorsteuerabzug aus dem ursprünglich vereinbarten Entgelt nicht in voller Höhe zustehe sondern nach § 17 UStG zu korrigieren sei. Daraus ergebe sich, dass es sich bei Zahlungen, die durch außergerichtlichen Vergleich ausgelöst wurden, stets um Entgeltsminderungen handele, die zu einer Korrektur gemäß § 17 UStG führe. Nach Auffassung der Klägerin sei in der Rechtsprechung des BFH mit Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die Tendenz erkennbar, die Abgrenzung von Entgeltsminderungen zu Schadensersatz anhand einer eigenständigen umsatzsteuerlichen und wirtschaftlichen und nicht einer zivilrechtlichen Betrachtungsweise zu treffen.

Das Finanzamt zog die Beigeladene gemäß § 174 Abs. 5 Abgabenordnung (AO) zu dem Rechtsbehelfsverfahren hinzu und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beigeladene erklärte, dass sie die von der Klägerin vertretene Auffassung, dass es sich bei der geleisteten Zahlung um eine Entgeltsminderung im Sinne des § 17 UStG handele, nicht teile. Es handele sich bei der Zahlung um echten Schadensersatz aus einer Mietgarantie. Der Kaufvertrag enthalte keine Klausel, wonach sich bei gegenüber der Garantie verminderten Mieten der Kaufpreis reduziere. Es sei auch nicht von einer Mangelhaftigkeit der Kaufsache auszugehen, da sich die Beschaffenheit durch die Geltendmachung der Mietgarantie nicht geändert habe.

Den Einspruch der Klägerin wies das Finanzamt im Wesentlichen mit folgender Begründung zurück:

Maßgebend für die Höhe des Entgeltes sei, was der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß für die Leistung aufwende. Dem entspreche, dass die zunächst maßgebende vereinbarte Bemessungsgrundlage durch eine nachträgliche Vereinbarung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung verändert werden könne und dass diese die endgültige Bemessungsgrundlage für die Besteuerung ergebe. Eine nachträgliche Minderung des ursprünglich vereinbarten und gezahlten Entgelts könne auf vertraglicher Vereinbarung, Minderung des Kaufpreises wegen eines Sachmangels der gelieferten Ware oder Vergünstigungen in Folge vorzeitiger Zahlungen oder Mengenrabatts beruhen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei im Streitfall das von der Beigeladenen gezahlte Entgelt für das o.a. Objekt nicht durch die Schadensersatzleistung der Klägerin gemindert worden. Das Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG sei der von der Beigeladenen an die Klägerin laut kaufvertraglicher Vereinbarung geleistete Kaufpreis für das Objekt abzüglich der hierin enthaltenen Umsatzsteuer. Der von der Klägerin geleistete Schadensersatz in Höhe von 605.000 EUR sei nicht als teilweise Rückerstattung des Kaufpreises zu beurteilen. Vielmehr handele es sich um einen eigenständigen Anspruch, den die Beigeladene wegen der Nichterfüllung der zugesagten Mietgarantie erfolgreich geltend gemacht habe. Die Zusage einer Mietgarantie des Veräußerers gegenüber der Erwerberin habe nach Interessenlage und Vertragszweck Versicherungsfunktion im Hinblick auf die Finanzierbarkeit und Rentabilität des erworbenen Objekts. Es handele sich dabei um ein selbstständiges Garantieversprechen, das losgelöst von der eigentlichen Vermögensübertragung zu beurteilen sei, auch wenn das von dem Veräußerer zusätzlich übernommene Risiko durch die Garantieerklärung wirtschaftlich seinen Niederschlag in der Bemessung des Kaufpreises gefunden haben sollte.

Im Streitfall sei nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass sich die Mietgarantieerklärung auf den Gesamtkaufpreis des o.a. Objekts tatsächlich ausgewirkt habe. Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts ergebe, sei die schließlich in den Kaufvertrag eingegangene Formulierung zur Mietgarantie erst unmittelbar vor dem Vertragsschluss aufgenommen worden, ohne dass es infolge dessen noch zu einer Kaufpreiserhöhung gekommen sei. Die Zivilrechtsprechung vertrete im Übrigen den Standpunkt, dass ein derartiges selbstständiges Garantieversprechen dadurch gekennzeichnet sei, dass eine Verpflichtung zur Schadenshaftung übernommen werde, falls der garantierte Erfolg nicht eintrete. Die für den Garantievertrag typische Erfüllungspflicht des Garanten sei die Leistung von Schadensersatz. Auf die Garantieverpflichtung der Klägerin und auf den Umfang ihrer Haftung hätten demnach die Grundsätze des Schadensersatzrechts Anwendung gefunden. Die Klägerin habe als Garant die Beigeladene so zu stellen, als ob der garantierte Erfolg eingetreten und der Schaden nicht entstanden wäre.

Dieser Schadensersatzanspruch müsse auch umsatzsteuerlich für sich betrachtet werden. Ihm liege kein steuerbarer Leistungsaustausch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu Grunde. Die Schadensersatzleistung sei nicht Folge einer Lieferung oder Leistung des Geschädigten sondern eine Folge des schädigenden Vorgangs, die zumindest von dem Geschädigten nicht beabsichtigt sei. Die den Leistungsaustausch kennzeichnende innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung fehle zwischen dem schädigenden Ereignis und der Ersatzleistung. Vielmehr diene die Zahlung lediglich dazu, die wirtschaftlichen Verluste einer Partei (hier der Beigeladenen) aus der gescheiterten Erfüllung der Mietgarantie auszugleichen. Der Anspruch der Beigeladenen lasse sich nicht mit dem zivilrechtlichen Minderungsanspruch, der eine Berichtigung nach § 17 UStG zur Folge habe, vergleichen. Denn der zivilrechtliche Minderungsanspruch und der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch würden unterschiedliche Ziele verfolgen. Das Finanzamt teile insoweit nicht die Rechtsansicht der Klägerin, dass es sich bei Zahlungen, die durch außergerichtliche Vergleiche ausgelöst würden, stets um Entgeltsminderungen handele, die zu Korrekturen gemäß § 17 UStG führen würden. Im Falle des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung habe die für den Schaden einzutretende Partei den Geschädigten so zu stellen, als ob ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Beim Minderungsanspruch werde dagegen gerade nicht der Zustand wieder hergestellt, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Vielmehr werde der fehlerhafte Zustand belassen und dafür der Kaufpreis ermäßigt. Dies sei aber im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Die Beigeladene habe nach wie vor den im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis für das erworbene o.a. Objekt geschuldet. Sie hätte jedoch daneben aus dem zusätzlich geschlossenen Mietgarantievertrag gegenüber der Klägerin einen Anspruch darauf, im Falle von unter den zugesicherten Beträgen liegenden Mieteinnahmen Schadensersatzzahlungen zu erhalten, die diese Differenz ausgleichen würden. Diese Zahlungen würden allerdings den Umfang des in der ursprünglichen Grundstücksübertragung liegenden umsatzsteuerlichen Leistungsaustausches nicht berühren und würden daher nicht zu einer Umsatzsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 UStG berechtigen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen Folgendes geltend:

Nach Auffassung der Klägerin könne die zivilrechtliche Einordnung des Vergleiches für die hier zu beantwortende umsatzsteuerliche Frage dahinstehen. Zur umsatzsteuerlichen Bedeutung der zivilrechtlichen Beurteilung von Leistungsstörungen vor dem Hintergrund des umsatzsteuerlichen Verständnisses der 6. EG-Richtlinie führe Dr. Suse Martin (Mitglied des V. Senats des BFH) in der Umsatzsteuerrundschau 2006, Seite 56 ff., Folgendes aus:

"Die Gegenüberstellung von Entgelt und Schadensersatz bzw. Entschädigung verleitet zur Annahme, entscheidungserheblich könne sein, dass es sich zivilrechtlich um Schadensersatz handele.

...

Irrelevant für die umsatzsteuerliche Beurteilung ist jedenfalls, wie die Beteiligten die Forderung - z.B. im Falle einer Entgeltsvereinbarung bei vorzeitiger Beendigung einer Leistungsbeziehung - bezeichnen. Die Bezeichnung ist lediglich als Subsanktionsvorschlag zu verstehen, der zutreffend sein kann, aber eben auch nicht.

...

Auch die zivilrechtliche Begründung für die aufgrund einer Leistungsstörung zu zahlenden Entschädigung - z.B. deren Einordnung als Schadensersatz oder Bereichungsforderung - ist umsatzsteuerlich nicht entscheidend. Sie kann es schon deshalb nicht sein, weil derselbe Sachverhalt, der eine Grundfrage des Umsatzsteuerrechts betrifft, in allen Mitgliedsländern gleich und zwar nach umsatzsteuerlichen Kriterien beantwortet werden muss. Dem dient das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung, die einem Rückgriff auf nationalrechtliche Feinheiten der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen für Forderungen oder Zahlungen entgegensteht.

...

Ob eine Leistungsstörung, d.h. bei einem vorzeitigen Abbruch einer Vertragsbeziehung, die zu zahlende Entschädigung Entgelt für eine Leistung ist, ist unabhängig von der Frage, auf welche Rechtsgrundlage die Entschädigung zu bezahlen ist, nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Die Annahme einer steuerbaren Leistung gegen Entgelt setzt (nur) voraus, dass zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet. Die Beurteilung einer Zahlung als Entgelt für eine Leistung scheidet (nur) aus, wenn eine Leistung nicht in einem hinreichenden konkreten Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen steht, weil und soweit sie letztlich nur als (gesetzliche) Folge des Innehabens eines Rechts darstellt."

In dem Zivilrechtsstreit zwischen der Beigeladenen und der Klägerin hinsichtlich des Grundstückskaufvertrages vom 17. Februar 1986 sei es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ausschließlich um die Höhe des kontrahierten Kaufpreises von 20,2 Mio. DM gegangen. Wie bereits ausgeführt, sei dieser Kaufpreis ausschließlich auf Basis der vom Verkäufer behaupteten künftigen Ertragsfähigkeit zu Stande gekommen. Diese Ertragsfähigkeit sei bei der neu konzipierten Immobilie aus der Vergangenheit nicht belegbar und müsse am Markt erst noch bewiesen werden. Die Käuferin habe in den Folgejahren eine deutlich schlechtere Ertragsfähigkeit erlebt und habe vor den Zivilgerichten auf eine Korrektur des Kaufvertrages gedrungen. Letztlich hätten diese Vorstöße zu dem zitierten Vergleich vor dem Landgericht geführt. Die vom Finanzamt betriebene filigrane Auseinandersetzung mit der Rechtsnatur der zivilrechtlichen Auseinandersetzung könne vor dem Hintergrund des im BFH-Urteil vom 16. Januar 2003 dargestellten Verständnisses der EuGH-Rechtsprechung zum Themenkomplex Entgeltsminderung/Schadensersatz dahinstehen. Bei der Zahlung aufgrund des getroffenen Vergleiches von 605.000,00 EUR handele es sich um eine Minderung des Entgelts, die erkennbar in einem konkreten Zusammenhang mit der ursprünglich getroffenen Vereinbarung (Kaufvertrag) stehe. Von daher sei eine Korrektur der Umsatzsteuer gemäß § 17 UStG vorzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

das Finanzamt zu verpflichten, den Umsatzsteuerbescheid für das Kalenderjahr 2004 vom 22. Dezember 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf -82.305,70 EUR festgesetzt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend zur Einspruchsentscheidung trägt es Folgendes vor:

Es werde zwar der Rechtsstandpunkt der Klägerin geteilt, dass die Leistung des Unternehmens letztendlich nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihr wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergebe. Ebenso werde auch der Standpunkt der Klägerin geteilt, dass für die Frage, ob sich die Bemessungsgrundlage für einen Umsatz geändert habe, umsatzsteuerliche und nicht zivilrechtliche Kriterien maßgebend seien. Dennoch sei in dem vorliegenden Streitfall darauf abzustellen, dass die von der Klägerin zu leistende Schadensersatzzahlung nicht den Umfang des in der ursprünglichen Grundstücksübertragung liegenden Leistungsaustausches berühre sondern eine Ausgleichszahlung für hinter den garantierten Erträgen zurückgebliebene Mieteinnahmen der Erwerberin darstelle.

Mit Beschluss des Senats vom 3. Juni 2008 wurde der Erwerber des Grundstücks zum Verfahren beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und den Inhalt der beigezogenen Umsatzsteuerakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Ablehnung des Finanzamtes, den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1998 zu ändern, ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 Satz 2 FGO).

Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, so haben

1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und

2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug

entsprechend zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Berichtigungen sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG).

Bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) wird der Umsatz nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Maßgebend für die Höhe des Entgelts ist, was der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß für die Leistung aufwendet. Dem entspricht, dass die zunächst maßgebende vereinbarte Bemessungsgrundlage durch eine nachträgliche Vereinbarung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung verändert (erhöht oder ermäßigt) werden kann, und dass die Leistung des Unternehmers "letztendlich" nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. November 1995 V R 57/94, BStBl II 1996, 206, m.w.N.; vom 28. September 2000 V R 37/98, BFH/NV 2001, 491).

Damit übereinstimmend ist nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger erhält oder erhalten soll. Besteuerungsgrundlage im Sinne dieser Bestimmung ist die tatsächlich erhaltene Gegenleistung für die erbrachte Leistung (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 2000 V R 16/99, BStBl II 2000, 360, m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 19. April 2007 V R 44/05, BFHNV 2007, 1548, und vom 16. Januar 2003 V R 72/01, BStBl II 2003, 620) ist die zivilrechtliche Einordnung der Geldzahlung nicht entscheidend. Irrelevant ist ebenfalls, wie die Beteiligten die Forderung bezeichnen (Dr. Suse Martin, Umsatzsteuer bei Leistungsstörungen, Umsatzsteuerrundschau 2006, 56).

Im Streitfall war Bemessungsgrundlage für die Lieferung des o.g. Gebäudes zunächst das vereinbarte Entgelt in Höhe von 20,2 Mio. DM (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Diese Bemessungsgrundlage hat sich durch die nachträgliche Vereinbarung vor dem Landgericht und die daraufhin erfolgte Zahlung durch die Klägerin an die Beigeladene i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht geändert.

Eine nachträgliche Minderung des ursprünglich vereinbarten oder gezahlten Entgelts kann auf vertraglicher Vereinbarung, Minderung des Kaufpreises wegen eines Sachmangels der gelieferten Ware, Vergünstigungen infolge vorzeitiger Zahlungen oder Mengenrabatts oder Rücknahme der zunächst berechneten Verpackung beruhen (vgl. hierzu Zeuner in Bunjes/Geist, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 8. Auflage, § 17 Rndnr. 17).

Dies zugrunde gelegt, wurde im Streitfall das von der Beigeladenen für das o.g. Objekt gezahlte Entgelt nicht durch die Zahlung der Klägerin auf Grund des Vergleiches beim Landgericht gemindert. Das Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG für das Objekt war der von der Beigeladenen an die Klägerin geleistete Betrag in Höhe von 20,2 Mio. DM abzüglich der hierin enthaltenen Umsatzsteuer. Die von der Klägerin geleistete Zahlung in Höhe von 605.000 Euro hängt zwar wirtschaftlich mit dem Kaufvertrag zusammen. Der Entgeltanspruch der Klägerin und der Anspruch der Beigeladenen beruhen jedoch auf verschiedenen Gründen. Dadurch, dass die Beigeladene sich entschieden hatte, die Klägerin nicht etwa aus Gewährleistungsansprüchen sondern wegen der in § 3 des Kaufvertrages vereinbarten Mietgarantie in Anspruch zu nehmen, blieb der Erfüllungsanspruch der Klägerin bestehen. Die Zahlung des Betrages in Höhe von 605.000 Euro an die Beigeladene beruhte nicht darauf, dass die Beigeladene eine Minderung des Kaufpreises geltend gemacht hatte, sondern darauf, dass die Beigeladene die ausgefallenen Mieten unabhängig von einer dadurch bedingten Minderung des Kaufpreise beansprucht hatte und ihr ein solcher Mietausfallanspruch auch zuerkannt worden ist. Dieser Anspruch auf Zahlung des Mietausfalles ist wirtschaftlich auch nicht vergleichbar mit einer Minderung des Kaufpreises, der von der Beigeladenen gegenüber der Klägerin im Zivilprozess gerade nicht geltend gemacht worden ist. Der Anspruch aus der Mietgarantie bestand insofern unabhängig von dem Wert des Grundstückes. So hätte die Klägerin die Zahlung des Mietausfalles auch dann leisten müssen, wenn der Wert des Grundstückes niedriger gewesen wäre. Die Höhe des zu zahlenden Betrages ist vom OLG auch nicht nach einem Minderwert des Objekts bestimmt werden, sondern nach dem entstanden Mietausfall ermittelt worden. Die 605.000 Euro wurden somit auf Grund einer versicherungsähnlichen Mietgarantie bezahlt.

Für dieses Ergebnis spricht auch die Tatsache, dass die Zahlung auf Grund der Mietgarantie nach der Rechtsprechung (vgl. Urteil des BFH vom 10. Februar 1988 X R 16/82, BStBl 1988, 640; Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 7. November 2006, EFG 2007, 456,) bei der Beigeladenen umsatzsteuerlich als nicht steuerbarer echter Schadensersatz zu werten ist, der nicht mit einer Vorsteuerkorrektur verbunden ist. Würde man bei der Klägerin nach § 17 UStG eine Änderung der Bemessungsgrundlage bejahen und die Umsatzsteuer für die Lieferung des Objekts verringern, so müsste systemgerecht ebenso der Vorsteuerabzug bei der Beigeladenen berichtigt werden § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Dies hätte zur Folge, dass es bei der Beigeladenen, obwohl der Vorgang bei ihr als echter Schadensersatz anzusehen ist, zu einer Berichtigung der Vorsteuer kommen würde.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 und 3 FGO.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, § 139 Abs. 4 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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