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Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 27.02.2007
Aktenzeichen: I 983/01
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 17 Abs. 1 | |
EStG § 17 Abs. 2 | |
EStG § 17 Abs. 4 |
Finanzgericht Thüringen
Einkommensteuer 1999
In dem Rechtsstreit
...
hat der I. Senat des Thüringer Finanzgerichts
auf Grund mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 27. Februar 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Erbringung der noch ausstehenden Stammeinlage für einen Mitgesellschafter im Rahmen des Gesamtvollstreckungsverfahren einer GmbH nachträgliche Anschaffungskosten darstellen und im Rahmen des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG berücksichtigungsfähig sind.
Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Daneben macht er in seiner Einkommensteuererklärung Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von 72.000 DM geltend. Diese resultieren aus Veräußerungsverlusten aus seiner Beteiligung an der Firma C Hotel- und Gaststätten GmbH. An dieser GmbH war der Kläger als Gesellschafter seit deren Gründung am 1. April 1996 neben Frau B jeweils zu 49% und Frau D zu 1% beteiligt. Die Stammeinlage betrug laut Gesellschaftsvertrag 50.000 DM wovon 50% jeweils sofort in bar zu leisten waren. In dem Gesellschaftsvertrag (Urkundenrolle Nr. 668 für 1996) wies der Notar unter III. d) darauf hin, dass jeder Gesellschafter für einen Fehlbetrag an der Stammeinlage eines anderen Gesellschafters hafte und dass von dieser Haftung keine Befreiung möglich sei. Nachdem 1997 über das Vermögen der GmbH das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde, zahlte der Kläger, nach Aufforderung durch den Gesamtvollstreckungsverwalter, sowohl seine noch ausstehende Stammeinlage in Höhe von 12.250 DM als auch die der Mitgesellschafterin B, ebenfalls in Höhe von 12.250 DM, da diese mittlerweile vermögenslos geworden war und eine eidesstattliche Versicherung abgelegt hatte. Darüber hinaus zahlte der Kläger noch aus einer für die GmbH übernommenen selbstschuldnerischen Bürgschaft 35.000 DM an die H AG. Nachdem das Gesamtvollstreckungsverfahren im April 1999 mangels Masse eingestellt wurde, wurde die Gesellschaft am 9. Juli 2000 im Handelsregister gelöscht.
In dem vom Beklagten erlassenen Einkommensteuerbescheid berücksichtigte dieser lediglich einen Veräußerungsverlust in Höhe von 59.500 DM. Mit der Begründung, es handele sich um nichtabziehbaren Drittaufwand und somit nicht um nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne des § 17 des EStG, ließ der Beklagte die vom Kläger geleistete Einzahlung der ausstehenden Stammeinlage der Mitgesellschafterin B, unberücksichtigt.
Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Mit seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass die Zahlung der restlichen Stammeinlage für die Gesellschafterin B für ihn nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG darstellen, die mit der Ablehnung der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens im April 1999 realisiert worden seien.
Zwar bestehe ein Ausgleichsanspruch gegenüber der Mitgesellschafterin B; dieser sei jedoch derzeit nicht durchsetzbar, da Frau B vermögenslos sei. Bei der von ihm geleisteten weiteren Zahlung auf die Stammeinlage handele es sich um eine originäre Gesellschafterschuld und nicht um Drittaufwand.
Der Kläger beantragt,
1. den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 27. Juli 2000, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Juli 2001, dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 1999 auf 12.310 DM festgesetzt wird,
2. die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren als notwendig zu erklären,
hilfsweise,
wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, die Revision gegen die Entscheidung des Finanzgerichts zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist weiterhin der Ansicht, dass es sich bei den klägerischen Aufwendungen für die Gesellschafterin B i. H. v. 12.250,- DM um nicht zu berücksichtigenden Drittaufwand handele und verweist insoweit auf die Einspruchsentscheidung vom 16. Juli 2001. Darüber hinaus macht er geltend, dass der Kläger sich auch nicht darauf berufen könne, dass die Geschäftsanteile der Gesellschafterin B gem. §§ 21 ff GmbHG auf ihn übergegangen seien, da der nach § 21 GmbHG mögliche Ausschluss von Gesellschaftern wegen nicht rechtzeitiger Einzahlung von Stammeinlagen ein eigenständiges Verfahren darstelle und nicht mit der im Gesellschaftervertrag vereinbarten Haftung der übrigen Gesellschafter gleichzustellen sei. Dem Kläger stehe außerdem gegen die Gesellschafterin B ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch zu, da er lediglich im Haftungswege und nicht als Eigentümer der Geschäftsanteile der Frau B in Anspruch genommen worden sei. Dass dieser aufgrund der momentanen Vermögenslosigkeit von Frau B nicht erfolgversprechend realisiert werden könne, spiele jedoch für die vorliegende Entscheidung keine Rolle.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Die vom Kläger im Wege der Haftungsinanspruchnahme geleisteten Zahlungen, auf die noch ausstehende Stammeinlage der Mitgesellschafterin B, sind nicht als nachträgliche Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes nach § 17 EStG zu berücksichtigen.
Auflösungsgewinn oder -verlust i. S. des § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 2 EStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft und den Anschaffungskosten der Beteiligung. Zu den Anschaffungskosten gehört grundsätzlich alles, was aufgewendet werden muss, um das Wirtschaftsgut (Beteiligung) zu erwerben und zu behalten. Dabei ist der Begriff der Anschaffungskosten im Sinne des § 17 EStG weit auszulegen, damit das für die Einkommensteuer maßgebliche Nettoprinzip im Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausreichend wirksam werden kann. Er erfasst neben dem Kaufpreis der Beteiligung und den Anschaffungsnebenkosten auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung. Als nachträgliche Anschaffungskosten i. S. des § 17 EStG kommen nicht nur Aufwendungen in Betracht, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Nachschüsse (§§ 26 ff. GmbHG) oder verdeckte Einlagen zu werten sind, sondern auch sonstige durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Aufwendungen des Anteilseigners, sofern diese nicht den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen oder den Veräußerungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG zuzuordnen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. April 1998, VIII R 21/94 Bundessteuerblatt Teil 2 - BStBl II - 1998, 660 mit weiteren Nachweisen). Grundvoraussetzung bleibt nach Ansicht des Senats jedoch, dass die nachträglichen Leistungen des Gesellschafters dazu führen, dass dieser gegen die Gesellschaft einen Anspruch erlangt, der auch grundsätzlich dazu geeignet ist, sich auf den Wert der seiner Beteiligung auszuwirken. Genau daran fehlt es jedoch im Streitfall.
Der Kläger hat, durch die Inanspruchnahme aus der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Haftung für die ausstehende Einlage der Mitgesellschafterin B, gerade keine Aufwendungen auf seine Beteiligung geleistet und somit auch keinen Anspruch gegen die GmbH erlangt. Durch die Zahlung hat sich der Wert seiner Beteiligung an der GmbH nicht geändert. Er hat als Gesellschafter wirtschaftlich nichts dazu erlangt (BFH-Urteil vom 18. April 1989 - VIII R 329/84, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1990, 27). Dass sein Rückforderungsanspruch wegen der Vermögenslosigkeit der Mitgesellschafterin gegen diese nicht durchsetzbar ist, hat keinen Einfluss auf den Wert der Beteiligung des Klägers und kann so zu keiner anderen steuerlichen Beurteilung führen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der hier vorliegende Sachverhalt auch nicht mit dem Fall vergleichbar, in dem ein Gesellschafter aus einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der GmbH in Anspruch genommen wird. Denn hier berücksichtigt die Rechtsprechung solche Zahlungen nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten, wenn die Bürgschaftsübernahme zu Gunsten der GmbH durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, und die Rückgriffsforderung gegen diese wertlos geworden ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83, BStBl II 1985, 320, m.w.N.). Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt dabei jedoch nur dann vor, wenn im Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft die Inanspruchnahme und die Uneinbringlichkeit der Rückgriffsforderung so wahrscheinlich ist, dass ein Nichtgesellschafter bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns die Bürgschaft nicht übernommen hätte und die Bürgschaft somit Eigenkapital ersetzenden Charakter hat (BFH-Urteil vom 26. Januar 1999 VIII R 32/96, BFH/NV 1999, 922.) .Dies Voraussetzung ist im Streitfall aber gerade nicht erfüllt, denn zum Zeitpunkt des Eingehens der Haftungsverpflichtung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags konnte der Kläger nicht damit rechnen, dass er aus dieser vertraglich vereinbarten Haftungsverpflichtung in Anspruch genommen wird. Im Übrigen ist auch die Bürgschaftsverpflichtung zu Gunsten der GmbH nicht mit einer vertraglich vereinbarten Haftung zu Gunsten einer Mitgesellschafterin vergleichbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht das Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.
Ende der Entscheidung
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