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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 15.12.1993
Aktenzeichen: I K 54/93
Rechtsgebiete: InvZulG, BewG


Vorschriften:

InvZulG 1991 § 2 Abs. 1
BewG § 68 Abs. 1
BewG § 68 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Thüringen

I K 54/93

Investitionszulage 1991

In dem Rechtsstreit

...

hat der I. Senat des Thüringer Finanzgerichts

am 15.12.1993 auf Grund mündlicher Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Umstritten ist die Investitionszulage für

eine Alarmanlage,

eine Schaufensteranlage,

Spezialeingangstüren,

Spezialsectionaltore,

eine abgehängte Decke und

eine Ständerwand.

Der Kläger ist selbstständiger Karosseriebaumeister. Er betreibt ein Autohaus mit Werkstatt auf unbestimmte Zeit in gemieteten Räumen. Er begehrte für Investitionen in seinem Betrieb eine Investitionszulage, welche der Beklagte im Bescheid über die Investitionszulage 1991 und zuletzt in der zugehörigen Einspruchsentscheidung in Höhe von 10.352 DM gewährte. Die weiter beantragte Investitonszulage für die oben genannten Investitionen lehnte der Beklagte im Bescheid und in der Einspruchsentscheidung ab, weil sie Baumaßnahmen betraf, welche seiner Meinung nach dem unbeweglichen Anlagevermögen zuzuordnen seien.

Mit seiner Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor:

Die Alarmanlage, sei eine Betriebsvorrichtung. Sie diene nicht dazu, die Gebäude und das Grundstück zu schützen, weil diese von Dieben nicht weggetragen werden könnten, sondern die in den Räumen befindlichen Gegenstände. Hierbei handelt es sich um PKW's und die Betriebseinrichtung. Die Alarmanlage habe daher einen unmittelbaren Bezug zu dem Autohaus. So erwähne Abschn. 42 Abs. 3 Satz 7 EStR beispielhaft Schutz- und Sicherungsvorrichtungen als Betriebsvorrichtung. Im BFH-Urteil vom 02.06.1978 III R 4/76 (BStBl. 1978 II S. 507) sei die Investitionszulage für eine elektronische-akustische Alarmanlage gewährt worden.

Die Schaufensteranlage sei ebenfalls eine Betriebsvorrichtung. Ein Autohaus brauche einen Ausstellungsraum für die Modelle der verschiedenen Neuwagen und für die Werbung. Im Ausstellungsraum hinter der Schaufensteranlage seien die Fahrzeuge für die Probefahrten abgestellt.

Spezialeingangstüren seien ausschließlich und allein eingebaut worden, damit die Fahrzeuge in die Ausstellungshalle gebracht werden könnten.

Begründung für die speziellen Eingangstüren gelte auch für Spezialsectionaltore.

Die abgehängte Decke sei nur mit Schnellaufhängern befestigt und damit beweglich wie eine Lampe. Sie sei ohne Aufwand und ohne Beschädigung wieder zu entfernen. Nach ihrem Ausbau habe sie nahezu den vollen Wiederverwendungswert.

Die Ständerwand habe keine statische Bedeutung, sondern trenne von dem großen Verkaufsraum einen Raum für die ungestörten Verkaufsverhandlungen ab. Auf dem Fußboden und an der Decke seien lediglich Leisten angebracht, in welche die einzelnen Wandsegmente eingestellt seien.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 05.05.1993 und des Bescheids über die Investitionszulage 1991 vom 18.09.1992 (Steuernummer , Rbhl. Nr. , die Investitonszulage von 10.352 DM auf 20.382 DM zu erhöhen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bringt im Wesentlichen vor:

Die Alarmanlage zeige nach Typ und Bauart an, dass unbefugte Personen in das Gebäude eindringen würden. Sie stehe damit im Gegensatz zu einer Autosicherungsanlage, welche einen Zugriff auf das Auto anzeige. Die umstrittene Alarmanlage sei in das Gebäude eingebaut. Eine Betriebsvorrichtung liege nicht vor; vielmehr könne ein Autohaus auch ohne Alarmanlage betrieben werden, auch wenn dieses nicht zweckmäßig sei.

Die Schaufensteranlage, die Spezialeingangstüren - und die Spezialsectionaltore seien Teile des Gebäude. Ihr Fehlen würde das Gebäude unvollständig erscheinen lassen, nicht jedoch den Handel mit Autos hindern. Sie stellten daher keine Betriebsvorrichtungen dar.

Die abgehängte Decke und die Ständerwand seien Bestandteile des Gebäudes. Sie seien nach den Maßen des Gebäudes gefertigt und könnten nicht ohne weitere Behandlung in ein neues Gebäude eingefügt werden. Ein spezieller Zweck, der sich aus dem Handel mit Kraftfahrzeugen ergebe, sei hinsichtlich der abgehängten Decke nicht ersichtlich. Dies gelte auch für die Ständerwand; diese trenne Verkaufsraum von einem Verkaufsbüro ab (BFH-Urteile vom 04.12.1970 VI R 157/68, BStBl I 1971 II S. 165, und vom 24.11.1970, VI R 143/69, BStBl 1991 II S. 157; BMF, Schreiben vom 15. Jan.1976 BStBl 1976 I S. 66).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Für die noch beim Bezirksgericht Erfurt, Senat für Finanzrecht erhobene Klage ist inzwischen das Thüringer Finanzgericht zuständig geworden (§ 5 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnug).

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Nach § 2 Abs. 1 des Investitionszulagengesetzes 1991 (InvZulG 1991) sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen, abnutzbaren, beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Sie werden durch eine Investitionszulage gefördert, wenn die weiter im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Begriff des unbeweglichen Wirtschaftsgutes ist im InvZulG 1991 nicht näher erläutert. Hierzu ist auf die allgemeinen Regelungen des Steuerrechts zurückzugreifen, insbesondere auf die Regeln des Einkommensteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes. Dies hat der Gesetzgeber auch offensichtlich gewollt (BFH-Urteil vom 26.06.1992, III R 43/91, BFH/NV 1993 S. 436). Nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) gehören zum Grundvermögen u. a. der Grund und Boden, die Gebäude und die sonstigen Bestandteile. Nicht in das Grundvermögen fallen nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), und zwar auch dann, wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstück sind. Dagegen sind nach Satz 2 dieser Vorschrift die Verstärkung von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile, wie Mauervorlagen und Verstrebungen in das Grundvermögen einzubeziehen.

Sonstige Bestandteile, die nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG zum Grundvermögen gehören, sind insbesondere die in den §§ 93 und 94 BGB genannten wesentlichen Bestandteile. Diese können aber nach § 95 BGB auch so genannte Scheinbestandteile sein, die dann nicht wesentliche Bestandteile sind. Nach dieser Vorschrift gehören solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstückes, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind oder nur zu einen vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind. Diese Regelung gilt auch für das Steuerrecht (Gürsching/Stenger, Kommentar zum BewG und Vermögenssteuergesetz, § 68 Rz. 14).

Im Urteil des BFH vom 09.06.1966, I 86/65 ( BStBl 1967 III S. 65) wurden verschiedene durch Aufwendungen eines Mieters von Geschäftsräumen geschaffene Wirtschaftsgüter als nicht zur vorübergehenden Einfügung angesehen; hierbei ging es u. a. um die äußerlich als Teile des Gebäudes erkennbaren Gegenstände, wie Schaufensterscheiben und Ladentüren (Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz Rz. 13). Eine Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck ist nicht gegeben, wenn die Lebensdauer der eingefügten Sache nicht länger ist als die Zeitspanne, für die sie eingefügt ist, sie also danach wertlos ist. Eine Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck liegt aber auch dann nicht mehr vor, wenn die Sache nach ihrer Trennung keinen beachtlichen Wiederverwendungswert mehr darstellt und nach den Umständen nicht damit gerechnet werden kann, dass die eingebauten Wirtschaftsgüter wieder verwendet werden (Gürsching/Stenger, a.a.0. Rz. 14).

Danach kommt im Streitfall eine weitere Investitionszulage nur in Betracht, wenn die umstrittenen Anlagen Betriebsvorrichtungen oder Scheinbestandteile sind. Das ist nicht der Fall.

Bei der Alarmanlage ist zu unterscheiden, ob sie zum Betriebsgrundstück oder zu einer Betriebsvorrichtung gehört.

Im Streitfall gehört sie zum Grundvermögen. Dieses umfasst den Grund und Boden, die Gebäude und die sonstigen Bestandteile (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Die Alarmanlage ist sonstiger Bestandteil des Grundstücks, weil sie in das Gebäude eingebaut ist. Sie dient auch dem Gebäude. Zwar führt der Kläger mit Recht an, dass das Gebäude durch Diebe nicht entwendet werden kann. Die Alarmanlage zeigt jedoch an, dass Personen das Gebäude betreten und hat insoweit nicht nur Schutzfunktion gegenüber Diebe, sondern auch gegenüber anderer unbefugte Besucher. Dementsprechend hat erst kürzlich die Rechtsprechung Aufwendungen für eine in ein Wohngebäude eingebaute Alarmanlage zu den Herstellungskosten des Gebäudes gerechnet (BFH, Urteil vom 16. 02.19.93, IX R 85/88, BStBl 1993 II S. 544). Zu einer Betriebsvorrichtung rechnet die hier vorliegende Alarmanlage nicht.

Nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG fallen Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtung), nicht in das Grundvermögen, und zwar auch dann, wenn sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks sind. Es kann daher die Alarmanlage zu einem Tresor zu diesem als Betriebsvorrichtung gehören und mit diesem investitionszulagenfähig sein. Im Streitfall gehört die Alarmanlage jedoch nicht zu einer besonderen Betriebsvorrichtung, sondern allgemein zum Gebäude.

Die Schaufensteranlage, die Spezialeingangstüren, die Spezialsectionaltore, die abgehängte Decke und die Ständerwand sind ebenfalls Bestandteile des Gebäudes. Sie sind mit dem Gebäude verbunden und nach den speziellen Maßen des Gebäudes gefertigt. Sie können nicht als Betriebsvorrichtungen gewertet werden. Die Rechtsprechung hat in Auslegung der Vorschrift über Betriebsvorrichtungen (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG) entschieden, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen Anlage und Betriebsablauf muss ein besonders enger Zusammenhang bestehen, wie er bei einer Maschine üblicherweise gegeben ist. Denn Maschinen und Betriebsvorrichtungen sind im Gesetz unmittelbar nebeneinander genannt. So reicht es für die Annahme einer Betriebsvorrichtung nicht aus, dass die Anlage zu einem gewerblichen Betrieb gehört oder dass sie für die Ausübung des Gewerbebetriebs nützlich, notwendig oder sogar vorgeschrieben ist (BFH, Urteil vom 10.10.1990, II R 171/87, BStBl 1991 II S. 59).

Die genannten Anlagen sind zum Betrieb des Autohauses mit einer Werkstatt nicht unmittelbar notwendig. Der Betrieb ist auch ohne die Anlagen möglich; es genügt nicht, dass die Anlagen für den Betrieb nützlich sind. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeughandel oder der Kraftfahrzeugreparatur besteht nicht.

Schließlich können die genannten Anlagen auch nicht als so genannte Scheinbestandteile angesehen werden, die nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören, weil sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind, was bei manchen Mietereinbauten vorkommt. Denn eine Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck liegt nicht mehr vor, wenn die eingefügte Sache nach einer Trennung keinen beachtlichen Wiederverwendungswert mehr hat und nach den Umständen nicht damit gerechnet werden kann, dass die eingebauten Wirtschaftsgüter wieder verwendet werden. Im Streitfall ist nicht erkennbar, dass die Investitionen für einen vorübergehenden Zweck vorgenommen worden sind und danach anderswo wieder verwendet werden sollen, sowie dann auch noch einen beachtlichen Wiederverwendungswert haben.

Die Einwendungen des Klägers führen zu keiner anderen Beurteilung. Eine von einem Mieter in einer Halle eingebaute Glastrennwand wurde durch die Rechtsprechung nicht als Betriebsvorrichtung und damit nicht als investitionszulagenfähig angesehen (BFH, Urteil vom 26.6.1992, III R 43/91, BFH/NV 1993 S. 436). Für die Ständerwand kann nach Auffassung des erkenenden Senats nichts anderes gelten. Auch die abgehängte Decke ist ein sonstiger Bauteil und keine Betriebsvorrichtung. Sie ist auch kein bewegliches Wirtschaftsgut, denn bei der Entfernung aus dem Gebäude müsste sie auseinander genommen werden und ist damit in ihrem Wesen zerstört. Allenfalls können die einzelnen Bretter und dergleichen einen Materialwert haben; dies ist aber auch bei anderen Bestandteilen des Gebäudes wie Balken und Ziegeln der Fall und ändert nichts daran, dass sie zuvor Bestandteile des Gebäudes sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Für die Zulassung der Revision sieht der Senat angesichts der neuen Rechtsprechung des BFH keinen Anlass.



Ende der Entscheidung

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