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Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: II 1160/03
Rechtsgebiete: StromStV, StromStG, MinöStG, FGO


Vorschriften:

StromStV § 8 Abs. 2
StromStV § 9 Abs. 3
StromStV § 15 Abs. 1
StromStG § 2 Nr. 3
StromStG § 9 Abs. 3
StromStG § 9 Abs. 4
StromStG § 11 Nr. 9
StromStG § 11 Nr. 11
MinöStG § 3 Abs. 2
MinöStG § 25 Abs. 1 Nr. 5a
FGO § 100 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Thüringen

II 1160/03

Mineralölsteuer 2000 Rückforderungsbescheid

Mineralölsteuer 2001 Ablehnung der Vergütung

In dem Rechtsstreit

...

hat der II. Senat des Thüringer Finanzgerichts

aufgrund der mündlichen Verhandlung in der Sitzung

am 12. Juli 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Einordnung der Klägerin als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für die Steuerentlastung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 a des bis zum 31. Juli 2006 geltenden Mineralölsteuergesetzes (MinöStG).

Unternehmensgegenstand der Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist die Verarbeitung landwirtschaftlicher Rohstoffe. Nach der Gewerbeanmeldung geht sie dem Waschen, Zerkleinern, Trocknen und Schneiden von Baldrianwurzeln, Trocknen, Schneiden, Sichten, Fraktionieren von Kraut- und Blütendrogen (1. Verarbeitungsstufe) sowie der Lagerung und dem Handel mit Agrarprodukten nach. Für die einzelnen Tätigkeiten verwendet sie Strom, Erd- und Flüssiggas. Die Wertschöpfung für beide Tätigkeitsbereiche ermittelte sie für 2000 mit 38 v. H. für den Großhandel mit Getreide, Saaten und Futtermitteln sowie mit 81 v. H. für die Sonderkulturen.

Das Thüringer Landesamt für Statistik gruppierte die Klägerin auf ihren Antrag hin mit Schreiben vom 28. August 2002 nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige - Ausgabe 1993 - (WZ) in den Abschnitt D "Verarbeitendes Gewerbe" und dort in die Klasse 15.86 - Verarbeitung von Kaffee und Tee - ein.

Die Klägerin beantragte gem. § 9 Abs. 3 und 4 des Stromsteuergesetzes (StromStG) die Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms, die ihr der Beklagte am 20. April 2000 widerruflich erteilte. Daneben begehrte die Klägerin für das von ihr im Jahr 2000 zu Produktionszwecken genutzte Flüssig- und Erdgas nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 a MinöStG eine Mineralölsteuererstattung in Höhe von 7.390,98 EUR. Diese wurde ihr antragsgemäß gewährt. Dem Erstattungsantrag für 2001 in Höhe von 4.959,81 EUR kam das Hauptzollamt (HZA) wegen einer bei der Klägerin im Jahr 2001 begonnenen Außenprüfung, die u.a. die Überprüfung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Strom- und Mineralölsteuervergünstigung zum Gegenstand hatte, nicht nach.

Der Prüfer stellte - unstreitig - fest, dass die Klägerin erntefrische Heil- und Gewürzpflanzen erwarb. Diese Pflanzen lagerte, trocknete, reinigte, ggf. wusch (Baldrianwurzeln), sortierte, schnitt, trennte und fraktionierte sie, um sie dann verpackt und ungemischt, nicht dosiert und nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf verpackt, an andere Unternehmen zu verkaufen. Erst die Erwerber füllten die Tees z.B. in Aufgussbeutel ab, mischten ggf. verschiedene Teesorten zu offenen Tees und stellten Extraktionsschnitte für spezielle Extrakte sowie Pulver für Kapseln und andere Darreichungsformen her. Aus den von ihm festgestellten Tätigkeiten schloss der Prüfer nach einer Rückfrage beim Statistischen Bundesamt, dass das Unternehmen der Klägerin nicht dem Produzierenden Gewerbe, sondern dem Großhandel mit Getreide, Saaten und Futtermitteln (Klasse 51.21.0 WZ) zuzuordnen sei. Die Klägerin erfülle somit nicht die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 a MinöStG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht Bezug genommen.

Der Beklagte folgte der Auffassung. Er widerrief die Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms mit Bescheid vom 10. Januar 2003, der durch die Rücknahme der hiergegen gerichteten Klage bestandskräftig wurde (Thüringer Finanzgericht Az.: II 1167/03). Daneben forderte er mit Bescheid vom 9. Januar 2003 die für 2000 erstattete Mineralölsteuer zurück. Den Erstattungsantrag für das Jahr 2001 lehnte er mit Bescheid vom 13. Januar 2003 ab.

Ihren hiergegen gerichteten Einspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, die Einordnung in die Gruppe 51.21.0 des WZ ignoriere, dass sie in der ersten Verarbeitungsstufe (Heilkräuter und Sonderkulturen) tätig sei. Dies sei eine verarbeitende Tätigkeit, die über die handelsübliche Behandlung von Rohware hinausgehe. Dem habe das Thüringer Landesamt für Statistik mit seiner Einordnung in die Klasse 15.86 der WZ Rechnung getragen. Diese Einordnung sei für das Hauptzollamt ein bindender Grundlagenbescheid.

Im Zuge des Einspruchsverfahrens korrigierte das HZA die Einstufung der Klägerin in die WZ. Nunmehr ordnete es das Unternehmen dem Großhandel mit Nahrungsmitteln a.n.g. (Unterklasse 51.38.3) zu. In der Sache blieb der Einspruch erfolglos.

Zur Begründung der abgesandten Einspruchsentscheidung führte das HZA im Wesentlichen aus: Die vom Prüfer festgestellte Haupttätigkeit der Klägerin falle in die Unterklasse 51.38.3, Abschnitt G, der WZ. Den für die Verarbeitung von Tee typischen Verarbeitungsprozess führe die Klägerin mit ihren Tätigkeiten nicht durch. Ihre Tätigkeiten seien handelsübliche Manipulationen, die den Charakter der Ware als Handelsware nicht berührten. Mithin sei sie kein § 2 Satz 1 Nr. 3 StromStG unterfallendes und damit nach § 25 MinöStG begünstigtes Unternehmen des Produzierenden Gewerbes. Die Entscheidung des Thüringer Landesamtes für Statistik über die Einordnung der Klägerin in die WZ sei für das HZA nicht i. S. eines Grundlagenbescheids bindend, da das Antragserfordernis des § 15 der Stromsteuer-Verordnung (StromStV) ein eigenständiges Entscheidungsrecht bewirke.

Gegen die Einspruchsentscheidung hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus: Das HZA sei nicht berechtigt, von der Eingruppierung des Thüringer Landesamtes für Statistik abzuweichen. Aus § 15 Abs. 1 Satz 1 StromStV ergebe sich lediglich die Grundlage für ein Tätigwerden des HZA auf Antrag. Ein vom Landesamt für Statistik unabhängiges, eigenes Prüfungsrecht für die Eingruppierung in WZ folge hieraus nicht. Die Klägerin habe beim HZA keinen Antrag gestellt. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe bereits zum Investitionszulagengesetz entschieden, dass die Einordnung des Statistischen Landesamtes, soweit sie nicht zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führe, einen Grundlagenbescheid i.S.v. §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Ziffer 1 der Abgabenordnung (AO) darstelle(Urteil vom 7. März 2002 III R 44/97, Bundessteuerblatt - BStB - II 2002, 545). Dies müsse ebenfalls für das StromStG gelten. Die Einordnung durch das statistischen Landesamtes sei nicht offensichtlich falsch. Insoweit sei das HZA an dessen Eingruppierung gebunden. In der Sache reduziere das HZA die Tätigkeit der Klägerin auf den Handel mit Rohstoffen und Vorerzeugnissen. Dabei verkenne es, dass aus den eingekauften Pflanzen verschiedene Verkaufsgüter entstünden und es sich hierbei teilweise um marktfähige Endprodukte handele, was z.B. das von der Klägerin hergestellte Produkt "Pfefferminze" belege, die konsumfertig sei. Ihre Abnehmer verarbeiteten die von ihr hergestellten Artikel beispielsweise zu:

Feinschnitte für Teeaufgussbeutel

Grobschnitte für offene Tees

Extraktionsschnitte für die Herstellung von speziellen Extrakten

Pulver für Kapseln

andere Darreichungsformen

Weiter lasse die vom Beklagten zum Beleg seiner Auffassung angeführte Auskunft des statistischen Bundesamtes die von ihr vorgenommenen Produktmanipulationen außer Acht. Zudem werde von unzutreffenden Grundlagen ausgegangen. Von den vom Statistischen Bundesamt für die Herstellung bzw. Verarbeitung von Tee als wesentlich herausgestellten sechs Arbeitsschritten erfülle die Klägerin vier Merkmale. Es fehlten lediglich das Rollen und das Fermentieren des Tees. Diese Arbeitsschritte gelangten nur im Rahmen der sog. orthodoxen Methode bei der Herstellung von Schwarztee-Erzeugnissen zur Anwendung. Die Klägerin stelle jedoch keine Schwarzteeprodukte, sondern Tee aus Kräutern und Früchten her, bei denen eine Fermentation unerwünscht sei. Entsprechendes gelte für das Aufbrechen der Blattzellen, dem Rollen der Teeblätter als Vorstufe der Fermentation. Folglich sei kein Grund ersichtlich, die von ihr geleisteten Arbeitsschritte als Handelstätigkeit zu kennzeichnen. Weiterhin erbringe sie eine Reihe weiterer Aktivitäten, die die Aufzählung des Bundesamtes nicht enthalte (vgl. die Tätigkeitsschritte 7. - 13.). So leiste sie nach den Leitlinien für die Gute Landwirtschaftliche Praxis (GAP) von Arznei- und Gewürzpflanzen die Aufgabenschritte "Primäre Verarbeitung/Nachernteverfahren", "Verpacken sowie Aufbewahrung" und "Transport". Die beim Aufkäufer liegende Entscheidung über die endgültige Verwendung der Produkte könne nicht als Beleg für ihre Handelstätigkeit herangezogen werden. Dies negiere ihre originäre Wirtschaftsleistung. Die von ihr aufgekaufte Pfefferminze und andere Pflanzen verarbeite sie so, dass sie der Abnehmer nach den Markterfordernissen kommissionieren könne. Die Klägerin erreiche im Rahmen der Erlös/Wareneinsatzrelation eine durchschnittliche Wertschöpfungsquote in Höhe von 187 v. H., was für ein Produktionsunternehmen typisch sei. So erbringe sie im Gesamtdurchschnitt auf 100 DM Einsatzkosten eine eigene Wertschöpfung von 87 DM. In der Spitze belaufe sich die Quote auf annähernd den vierfachen Wert des Einsatzmaterials. Daraus werde die eigenständige Wertschöpfung deutlich. Gleiches folge aus der Struktur ihres Anlagevermögens. Ein Anteil von annähernd 70 v. H. an technischen Anlagen und Maschinen, mit denen das Unternehmen unmittelbar betrieben werde, entspreche nicht der eines Handelsunternehmens. Ferner mache das Vorratsvermögen lediglich einen Anteil von 25,5 v. H. an der Bilanzsumme aus. Die hohe Anlagenintensität rechtfertige den Schluss, dass das Unternehmen verarbeitend tätig sei und hierbei einen hohen Kapitaleinsatz aufweise. Handelsunternehmen zeichneten sich im Regelfall auch durch angemessene Transportkapazitäten (Lastkraftwagen) aus, die der Klägerin fehlten. Unerheblich sei neben dem auf Handel hindeutenden Firmennamen "Agrarhandelsgesellschaft" auch der Umstand, dass die Klägerin der Berufsgenossenschaft Großhandel und Lagerei angehöre. Maßgeblich seien allein die tatsächlichen Verhältnisse.

Die Klägerin beantragt,

1. den Rückforderungsbescheid über Mineralölsteuer (Erd- und Flüssiggas) für das Kalenderjahr 2000, in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben,

2. unter Änderung des Ablehnungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung, die Mineralölsteuererstattung für das Jahr 2001 auf EUR 4.959,81 festzusetzen,

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Weiter regt die Klägerin die Zulassung der Revision an.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt der Beklagte seine Argumente aus dem Vorverfahren. Ergänzend führt er weiter aus: Zur Bestimmung des Schwerpunkts der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens werde nach dessen Wahl u.a. der Abschnitt der WZ herangezogen, auf den im letzten Kalenderjahr vor der Antragstellung der größte Anteil der Wertschöpfung entfallen sei. Im Streitfall bestehe der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin aus dem Kauf und Verkauf von Waren ein und derselben Verarbeitungsstufe (Handel) und nicht in der Produktion bzw. Herstellung neuer Waren. Die Abgrenzung von Handel und der Produktion richte sich neben der WZ auch nach dem Güterverzeichnis für Produktionsstatistiken des Statistischen Bundesamtes (GP 2002), dem Warenverzeichnis für die Außenhandelsstatistik des Statistischen Bundesamtes, dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (HS) und der Kombinierten Nomenklatur (KN). Das GP 2002 sei die für nationale Zwecke erweiterte Fassung der PRODCOM-Liste. Nach dieser werde die europäische Gemeinschaftserhebung über die Produktion von Gütern unter Verwendung des HS und der KN durchgeführt. Die Struktur des GP 2002 sei über die PRODCOM-Liste in Anwendung des Prinzips des industriellen Ursprungs eng mit der Struktur der Statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE) verknüpft, was sich auch in der identischen Kodierung auf den entsprechenden Hierarchieebenen äußere. Aus diesem Grund seien die Tätigkeiten in den Klassen der aus der NACE entwickelten WZ durch Produkte aus dem GP 2002 zu beschreiben, die von Einheiten dieser Klassen überwiegend hergestellt würden. Mithin sei die Einordnung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin mittels der Produkte aus den GP 2002 und deren Einordnung in die KN durchzuführen.

Die von der Klägerin bezogenen Ausgangsprodukte seien Erzeugnisse der Landwirtschaft, die hauptsächlich zur Herstellung von Pharmaka dienten. Sie seien als Pflanzen, Pflanzenteile, Samen oder Früchte der hauptsächlich zu Zwecken der Medizin und dergleichen verwendeten Art, frisch oder getrocknet, auch geschnitten, gemahlen oder ähnlich fein zerkleinert der Position 12 11 (KN) zuzuweisen.

Pflanzen oder Pflanzenteile, Samen oder Früchte dieser Position könnten zum Herstellen von Aufgüssen, oder Kräutertees aufgemacht sein (z.B. in kleinen Beuteln). Derartige Erzeugnisse, die nur aus einer einzelnen Art von Pflanzen, Pflanzenteilen, Samen oder Früchten bestünden (z.B. Pfefferminze), blieben in dieser Position (Erl. HS zu Position 12 11 KN, Rz. 06.0).

Zu dieser Position gehörten dagegen nicht, Erzeugnisse, die aus Pflanzen, Pflanzenteilen, Samen oder Früchten verschiedener Arten (auch in Mischungen mit Pflanzen oder Pflanzenteilen anderer Positionen) oder Pflanzen oder Pflanzenteilen einer Art oder mehrerer Arten in Mischung mit anderen Stoffen (z.B. einem oder mehreren Pflanzenauszügen) bestünden. Derartige Mischungen seien der Position 21 06 KN zuzuweisen.

Weiter seien ungemischte und gemischte Erzeugnisse der Position 12 11 KN, jedoch dosiert oder für den Einzelverkauf zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken und dergleichen aufgemacht, der Position 30 04 KN zuzuweisen (ebenda Rzn. 07.0 bis 10.0).

Unbestritten sei, dass die Klägerin die Handelswaren der Position 12 11 KN (Warennummer 1211 90 97 KN) in ihren Geschäftsräumen lediglich lagere, trockne, reinige, ggf. wasche, sortiere, schneide, trenne, fraktioniere; verpacke sowie ungemischt, nicht dosiert und nicht für den Einzelverkauf aufgemacht an andere Unternehmen weiter verkaufe. Keine der von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten bewirke, dass die Ware innerhalb der KN einen Wechsel der Position vollziehe. Gerade der Wechsel der Position sei jedoch entscheidendes Kriterium dafür, ob durch die wirtschaftliche Tätigkeiten eines Unternehmens aus den Ausgangsmaterialien tatsächlich eine neue Ware hergestellt werde oder ob es sich bei diesen Tätigkeiten lediglich um so genannte "handelsübliche Manipulationen" handele.

Die Anlagenintensität und die erreichte Wertschöpfungsquote seien kein ausreichendes Indiz für das Vorliegen eines Verarbeitungsprozesses. Die Klägerin erhalte lediglich die Wesenseigenschaften der Ausgangserzeugnisse, ohne diese zu einem neuen Erzeugnis zu verarbeiten.

Mit Urteil vom 19. Oktober 2006 III R 1/04 BFH/NV 2007, 359 hat der Bundesfinanzhof auf die Revision der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Senats vom 16. Oktober 2003 II 647/01 (EFG 2004, 420) ihr die erhöhte Investitionszulage für die zur Verarbeitung der landwirtschaftlicher Rohstoffe angeschafften Maschinen dem Grunde nach zuerkannt. Das Klageverfahren hat sich erledigt, nachdem das Finanzamt im vollen Umfang abgeholfen hat. Gegenstand des Verfahrens waren die investitionszulagenrechtlichen Verbleibensvoraussetzungen bei einem Strukturwandel von einem Handels- in einen Produktionsbetrieb, wobei die hier streitige Frage der Einordnung in die WZ 93 nicht Gegenstand der Revision war.

Das Statistische Bundesamt, das der Senat mit Schreiben vom ... um Auskunft über die Einordnung der Klägerin als Produzierendes Gewerbe ersucht hat, beurteilte die von ihr erbrachten Tätigkeiten, Lagern, Trocknen, Reinigen, Sortieren sowie Schneiden von zugekauften Heil- und Gewürzpflanzen in dem beschriebenen wirtschaftlichen Kontext als "handelsübliche Manipulationen". Auf das Schreiben des Statistischen Bundesamtes vom .... wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Rückforderungsbescheid für das Kalenderjahr 2000 sowie der Ablehnungsbescheid über die Mineralölsteuererstattung für 2001 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Der Beklagte hat die für die Streitjahre begehrte Mineralölsteuererstattung zu Recht verwehrt, da die Klägerin nicht zu den nach § 2 Nr. 3 StromStG i.V.m. § 25 Abs. 1 Nr. 5 a MinöStG begünstigten Unternehmen zählt.

Der Beklagte war wegen seines sich aus § 25 Abs. 1 Nr. 5 a MinöStG i.V.m. § 2 Nr. 3 StromStG, § 15 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 StromStV ergebenden Prüfungsrechts nicht an die Eingruppierung des Unternehmens durch das Statistische Landesamt gebunden.

Nach § 25 Abs. 1 Nr. 5a MinöStG wird auf Antrag die Steuer für Erdgas und Flüssiggas im Falle des unmittelbaren oder mittelbaren Verheizens nach § 3 Abs. 2 MinöStG, unter weiteren hier nicht im Streit stehenden Voraussetzungen, erstattet, wenn es sich um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i. S. des § 2 Nr. 3 StromStG handelt. Auch wenn sich das für die Mineralölsteuererstattung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 a MinöStG erforderliche Prüfungsrecht des HZA nicht ausdrücklich aus dem MinöStG ergibt, rechtfertigt dies nicht den Schluss der Klägerin, dass das HZA wegen des Wortlauts des § 15 Abs. 1 StromStV nur auf Antrag tätig werden dürfe, den die Klägerin für die Mineralölsteuererstattung nicht gestellt habe. Dabei kann offen bleiben, ob ihrem bestandskräftig abgelehnten Antrag auf Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms nach § 9 Abs. 3 StromStG auch im Erstattungsverfahren nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 a MinöStG Bindungswirkung zukommt, oder ihre Stromsteuererklärungen für die nachfolgenden Jahre als Antrag nach § 9 Abs. 4 StromStG zu werten sind. Denn nach Auffassung des Senats hat der Beklagte ein vom Stromsteuergesetz unabhängiges Prüfungsrecht im Rahmen der Entscheidung über die Erstattung der Mineralölsteuer nach § 25 Abs, 1 Nr. 5 a MinöStG. Eines ausdrücklichen Antrages zur Einordnung in die WZ bedarf es im Rahmen des § 25 Abs. 1 Nr. 5 a MinölStG nicht. Ein solcher ist bereits im Antrag auf Vergütung, Ermäßigung oder Erstattung der Mineralölsteuer konkludent enthalten. Insoweit lässt die Klägerin bei ihrer Argumentation die in § 25 Abs. 1 Nr. 5 a MinöStG enthaltene Verweisung auf § 2 Nr. 3 StromStG unbeachtet. Der Antrag auf Erstattung der Mineralölsteuer führt denknotwendig zur Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Erstattung und, durch die Verweisung auf § 2 Nr. 3 StromStG, auch zur Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm. Hieraus und aus den in § 11 Nrn. 9 und 11 StromStG enthaltenen Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, von denen der Verordnungsgeber mit § 15 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 Nr. 3 StromStV Gebrauch gemacht hat, folgt nicht nur die Verpflichtung des jeweiligen Antragstellers, die erforderlichen Unterlagen dem HZA vorzulegen, sondern auch das Prüfungsrecht des HZA. Denn gemäß § 15 Abs. 1 StromStV trifft die Entscheidung über die Zuordnung eines Unternehmens nach § 2 Nr. 3 und 5 StromStG zu einem Abschnitt oder ggf. einer Klasse der WZ 93 das zuständige HZA auf Antrag. Dem Antrag ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 StromStVO, neben den hier nicht weiter streitigen Voraussetzungen des Abs. 2 Nr. 1 und 2 StromStDVO, wenn Strom nach § 9 Abs. 3 des Gesetzes steuerbegünstigt entnommen werden soll, eine Beschreibung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens, die dem Hauptzollamt eine Zuordnung des Unternehmens zu einem Abschnitt oder gegebenenfalls einer Klasse der Klassifikation der Wirtschaftszweige ermöglicht, beizufügen. Mit dieser Prüfungskompetenz für das HZA in § 8 StromStV kommt zum Ausdruck, dass der Verordnungsgeber die vom Bundesfinanzhof bereits unter Geltung der Vorgängerregelungen der WZ zum Investitionszulagenrecht entwickelte Bindungswirkung der Eingruppierung durch die Statistischen Landesämter für das Energiesteuerrecht gerade nicht übernehmen wollte. Entsprechendes gilt nach Auffassung des Senats durch die Verweisung auf das StromStG auch für das MinölStG.

Ob sich daneben wegen der unterschiedlichen Auskünfte der Statistikämter die Prüfungskompetenz des HZA auch unter dem Gesichtspunkt einer offenbaren Unrichtigkeit der Einordnung i. S. der Rechtsprechung des BFH zum Investitionszulagengesetzstufung ergibt, braucht der Senat im Hinblick auf das vorstehende Ergebnis nicht nachzugehen.

Für die Einordnung der Haupttätigkeit der Klägerin in die WZ folgt der Senat den Ausführungen des HZA, auf die Bezug genommen wird. Ausgehend von den zwischen den Parteien unstreitigen Tätigkeiten ist auch im Streitfall für die Zuordnung des Unternehmens der Klägerin zum verarbeitenden Gewerbe maßgeblich, dass die Ware durch die Bearbeitung innerhalb der KN einen Wechsel der Position vollzieht. Dieser Positionswechsel ist entscheidendes Kriterium dafür, ob durch die wirtschaftliche Tätigkeiten eines Unternehmens aus den Ausgangsmaterialien tatsächlich eine neue Ware hergestellt wird oder ob es sich bei diesen Tätigkeiten lediglich um so genannte "handelsübliche Manipulationen" handelt. Die von der Klägerin vorgenommene Bearbeitung der Ausgangsstoffe bewirkt einen solchen Positionswechsel nicht, sodass sich ihre Einordnung als Handelsbetrieb als zutreffend erweist. Zu derselben Einschätzung des Sachverhaltes ist das vom Senat um Auskunft gebetene Statistische Bundesamt gelangt, das die Tätigkeiten der Klägerin trotz der mit der Bearbeitung der Waren verbundenen Erhöhung des Marktpreises lediglich als "handelsübliche Manipulationen" qualifiziert. Obgleich die Klägerin vier Merkmale für die Herstellung von Tee erfüllt und einen erheblichen materiellen Aufwand für die Bearbeitung betreibt, sieht der Senat deshalb keinen Anhaltspunkt, der es rechtfertigt, von dieser Einordnung abzuweichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen. Die Frage, ob die Einstufung der statistischen Landesämter nach der WZ die Hauptzollämter bindet, ist auch unter Geltung des dem MinöStG nachfolgenden Energiesteuergesetz, das vergleichbare Regelungen enthält, bislang höchstrichterlich nicht geklärt.

Ende der Entscheidung

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