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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.08.2008
Aktenzeichen: 4 Bs 72/08
Rechtsgebiete: HundeG


Vorschriften:

HundeG § 2 Abs. 1
1. § 2 Abs. 1 HundG verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Der zur Unterscheidung von Hunden verwendete Begriff der Rasse entspricht dem Begriff, wie er für Hunderassen allgemein verstanden wird. Danach wird von einer eigenen Rasse gesprochen, wenn eine entsprechende Rassedefinition insbesondere durch Verbände erfolgt ist. Dabei erfolgt die Rassezuordnung nach phänotypischen Merkmalen.

2. Es spricht Vieles dafür, von einer Kreuzung im Sinne des § 2 Abs. 1 HundeG nur dann zu sprechen, wenn sich phänotypische Merkmale einer der in dieser Bestimmung aufgeführten Rassen auch bei dem Mischling wiederfinden.

3. § 2 Abs. 1 HundeG, wonach bei den Gruppen und Rassen Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden die Eigenschaft als gefährliche Hunde stets vermutet wird, stellt eine zulässige Regelung der Gefahrenvorsorge dar.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

4 Bs 72/08

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, durch die Richter Pradel, Wiemann und Meins am 18. August 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. März 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Anordnung, mit der die Antragsgegnerin ihm die Haltung des Hundes "Easy" untersagt und dessen Sicherstellung verfügt hat.

Der Antragsteller ist Halter eines 2003 geborenen Rüden, bei dem nach einer von der Antragsgegnerin veranlassten Untersuchung durch den Amtsveterinär Dr. A.vom 3. Oktober 2004 die überwiegend erkennbaren Rassemerkmale nach dessen Einschätzung auf einen American Staffordshire Terrier hindeuten sollen. Die Antragsgegnerin untersagte daraufhin mit Bescheid vom 16. November 2004 dem Antragsteller die Haltung des Hundes "Easy" (Ziffer 1.) und forderte ihn auf, bis spätestens 1. Dezember 2004 durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen, dass er nicht mehr Halter des Hundes ist (Ziffer 2.). Dies könne z.B. durch Abgabe des Hundes an einen Berechtigten erfolgen, der - wenn er in Hamburg wohne - die Voraussetzungen für eine Erlaubnis nach § 2 Hundeverordnung erfüllen müsse, durch Abgabe des Hundes an den Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. oder durch den Nachweis, dass der Hund inzwischen verstorben sei. Für den Fall, dass er der Anordnung zu 2. nicht fristgerecht nachkomme, werde die Sicherstellung des Hundes "Easy" nach § 14 Abs. 1 Buchstabe a SOG verfügt (Ziffer 3.). Nachdem der Antragsteller gegen diese Verfügung Widerspruch eingelegt hatte, legte die von der Antragsgegnerin herangezogene Gutachterkommission ihr erstes Gutachten vom 18. Mai 2005 vor, in dem sie zu dem Ergebnis gelangte, dass der Hund des Antragstellers "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Kreuzung Am.Staff.Terr. zuzuordnen" sei. In der Folgezeit wurde dem Antragsteller die Gelegenheit eingeräumt, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 14 HundeG nachzuweisen. Zu einer Antragstellung kam es nicht, nach seinen Angaben aus finanziellen Gründen.

Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2006 hat der Antragsteller Klage erhoben (3 K 2540/06). In einer vom Antragsteller der Klage beigefügten Bescheinigung des Tierarztes B. vom 8. Mai 2006 heißt es u.a., dass die phänotypischen Merkmale des Hundes "Easy" nicht mit absoluter Eindeutigkeit einer Rasse zugeordnet werden könnten. Insoweit gebe es keine wissenschaftlichen Möglichkeiten, eine exakte Beurteilung durchzuführen. Einige äußere Merkmale des Hundes könnten auf einen Rassenmix unter Beteiligung von American Bulldog, Labrador und Boxer hindeuten. In einem von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten durch die Gutachterkommission vom 21. Februar 2007 heißt es unter "Beurteilung": "Bei dem oben vorgestellten Hund ist das Gutachtergremium einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Rasse American Staffordshire Terrier zuzuordnen ist. Es handelt sich um einen Hund, dessen Kopfform und Physiognomie nicht zu übersehende Züge eines American Staffordshire Terriers aufweisen. Hierfür sprechen der sehr breite Schädel mit dem ausgeprägten Stop, der mittellange Fang mit den eng anliegenden Lefzen und die rosenförmig getragenen Ohren. Bei dem vorgestellten Hund waren unzweifelhaft weitere phänotypische Merkmale erkennbar, die das Gremium zu diesem Ergebnis kommen ließen." Der Antragsteller hat sodann der Antragsgegnerin ein Rassegutachten der Tierärztin Dr. C. vom 18. April 2007 vorgelegt. Darin ist u.a. ausgeführt, der Hund "Easy" lasse sich keiner der in § 2 Abs. 1 und 3 HundeG genannten Rassen oder Gruppen zuordnen. Es seien keine signifikanten und markanten Merkmale einer solchen Gruppe oder Rasse vorhanden. Verglichen mit dem äußeren Erscheinungsbild eines American Staffordshire Terriers sei bei dieser Rasse Größe und Gewicht geringer als bei "Easy" und müssten die nicht kupierten Ohren kurz sein und entweder als Rosenohr oder als halb aufgerichtetes Stehohr getragen werden, was bei "Easy" nicht der Fall sei.

Mit Schreiben vom 22. August 2007 hob die Antragsgegnerin, die auf Grundlage eines gerichtlichen Vergleichsvorschlages vom 12. Dezember 2006 zunächst die nunmehr in § 23 Abs. 13 HundeG gesetzlich vorgesehene Vollziehung ausgesetzt hatte, die Aussetzung der sofortigen Vollziehung ihrer Verfügung vom 16. November 2004 auf. Daneben wurde dem Antragsteller bis zum 29. August 2007 Zeit eingeräumt, seinen Hund im Tierheim abzugeben, anderenfalls werde der Hund sichergestellt. Hiergegen hat der Antragsteller am 24. August 2007 Widerspruch eingelegt und sich an das Verwaltungsgericht gewandt.

Das Verwaltungsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 3 K 2540/06 gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 16. November 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2006 ausgelegten Antrag abgelehnt. Die Verfügung werde sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen, sodass das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse des Antragstellers überwiege. Gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 HundeG werde das Halten eines gefährlichen Hundes untersagt, wenn die nach § 14 Abs. 1 HundeG erforderliche Erlaubnis nicht vorliege. Der Antragsteller besitze diese Erlaubnis nicht und erfülle auch nicht die dafür erforderlichen Voraussetzungen. Bei dem Hund "Easy" handele es sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit um einen American Staffordshire Terrier und damit einen gefährlichen Hund im Sinne des § 2 Abs. 1 HundeG. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich im Verlaufe des weiteren Verfahrens noch herausstellen könnte, dass der Hund des Antragstellers keiner der in § 2 Abs. 1 und 3 HundeG aufgeführten Rassen angehöre und keine Kreuzung im Sinne dieser Absätze vorliege, bestünden nicht. Der Hund "Easy" sei mehrfach von Bediensteten des Städtischen Ordnungsdienstes und von Polizeibeamten als American Staffordshire Terrier bzw. Kampfhund bezeichnet worden. Diesen Einschätzungen komme eine Indizwirkung zu, wenn es - wie hier - auch eine Reihe fachlicher Stellungnahme gebe, die diese Einschätzung bestätigten. Dies sei hier mit den Stellungnahmen des Amtsveterinärs Dr. A. sowie den beiden Gutachten der Gutachtenkommission der Fall. Allerdings komme den Gutachten der Gutachtenkommission nur eine eingeschränkte Überzeugungskraft zu, da sie sich im Wesentlichen auf die formularmäßige Beschreibung einzelner Aspekte des begutachteten Hundes beschränkten, ohne dass die Gutachter die jeweiligen Rassemerkmale den Standardmerkmalen der fraglichen Hunderassen gegenüber gestellt hätten. Diese eingeschränkte Überzeugungskraft beziehe sich aber in erster Linie auf die Art der Darstellung, nicht hingegen auf die Art des Erkenntnisgewinns. Die unzureichende Darstellung der Rassebestimmung in den vorgelegten Gutachten führe nicht zwangsläufig zu dem Schluss, dass auch das Verfahren der Rassebestimmung fehlerhaft gewesen sei. Immerhin hätten die Gutachter ihre Einschätzung übereinstimmend anhand phänotypischer Merkmale gewonnen und handele es sich bei den Gutachtern um insoweit fachlich qualifizierte Personen. Die vom Antragsteller seinerseits vorgelegten Stellungnahmen ließen nicht erwarten, dass er - auch bei konkreter Gewichtung etwaiger Zweifel an der Rassezuordnung eines Hundes - den Nachweis nach § 2 Abs. 4 HundeG noch im Hauptsacheverfahren werde führen können. Hierzu seien weder das Gutachten der Tierarztes B. vom 8. Mai 2006 noch das der Tierärztin Dr. C. vom 18. April 2007 geeignet. Auch die Sicherstellungsanordnung sei nach § 23 Abs. 9 Satz 1 HundeG rechtmäßig.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die vom Antragsteller mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung im Beschwerdeverfahren sind (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben.

Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Einschätzung seines Hundes "Easy" als gefährlicher Hund im Sinne des § 2 Abs. 1 HundeG und meint, dass es beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens offen sei, ob der Hund einer Rasse oder Kreuzung im Sinne des § 2 Abs. 1 HundeG angehöre. Im anhängigen Klageverfahren seien weitere Erhebungen nötig, um die Rassezugehörigkeit abschließend zu klären, wenn dies überhaupt möglich sei. Es sei insbesondere unzulässig, durch eine phänotypische Befunderhebung auf die Rasse eines Hundes zu schließen. Dies verletze biologische Gesichtspunkte und stelle daher eine Nichtbeachtung von Naturgesetzen, hier der Vererbung von biologischen Merkmalen, dar. Aus zoologischer Sicht müsse jede systematische Kategorie Ausdruck einer verwandtschaftlichen Beziehung sein. Bei Rassen sei dies nicht möglich, da im Zuge der Domestikation und der Entstehung von infrasub-spezifischen Einheiten immer wieder Einkreuzungen verschiedener Rassen bzw. Hundeformen vorgenommen worden seien, somit wissenschaftlich aussagefähige Rassenstammbäume nicht erstellt werden könnten. Wissenschaftliche Untersuchungen anhand von Sequenzvergleichen an einem Abschnitt der DNA hätten ergeben, dass Hunde, bei denen man geglaubt habe, sie an ihrem äußeren Erscheinungsbild einordnen zu können, bei den Sequenzvergleichen der DNA eine hohe Haplotypendiversität aufwiesen. Der Haplotyp sei der von mütterlicherseits bzw. väterlicherseits geerbte Komplex gekoppelter Gene, die phänotypische Unterschiede hervorrufen würden. Bei den Untersuchungen habe sich insbesondere gezeigt, dass die bei den Bullterriern gefundenen Haplotypen auch bei anderen Rassen vorkämen. So sei etwa eine Probe von einem Pudel mit einem relativ häufig vorkommenden Bullterrier-Haplotyp identisch gewesen. Die hohe genetische Vielfalt der Bullterrier sei wahrscheinlich auf die verschiedenen Rassen zurückzuführen, die bei der Zucht dieser Rasse eine Rolle gespielt hätten. Die Wissenschaftler hätten den Schluss gezogen, dass die genetische Vielfalt bei allen Rassen außerordentlich hoch sei und die Haplotypen sich nicht nach Rassen getrennt hätten. Daher bereite ihre genetische wie phänotypische Zuordnung Probleme, die Analyse von Mischlingen sei unmöglich.

Der Antragsteller rügt damit zunächst, § 2 Abs. 1 HundeG verstoße gegen das Rechtstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG, namentlich das Bestimmtheitsgebot, weil bereits das Anknüpfen an eine Rasse zu unbestimmt sei, da jede Rasse über ein breites genetisches Spektrum verfüge und damit jedes genetisch bedingte phänotypische Merkmal bei jeder Rasse vorkommen könne. Mit dieser Rüge kann der Antragsteller die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht erschüttern. § 2 Abs. 1 HundG verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Wenn der Gesetzgeber bei der Unterscheidung von Hunden den Begriff der Rasse verwendet, so geht er dabei von dem Begriff aus, wie er für Hunderassen allgemein verstanden wird. Danach wird von einer eigenen Rasse gesprochen, wenn eine entsprechende Rassedefinition insbesondere durch Verbände erfolgt ist (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Hunderasse). Der größte auf diesem Gebiet tätige Verband ist die Fédération Cynologique Internationale (FCI) als Weltorganisation der Kynologie. Sie umfasst zurzeit 84 Mitglieds- und Partnerländer (nur ein Verband pro Land) und hat aktuell 339 verschiedene Rassen anerkannt. Für diese Rassen gibt es jeweils sog. Rassestandards, die von obligatorischen Kommissionen dieser Vereinigung (der Standards- und der Wissenschaftlichen Kommission) erstellt wurden. In diesen Rassestandards wird eine Rasse anhand phänotypischer Merkmale beschrieben und damit zugleich eine Zuordnung eines einzelnen Hundes zu dieser Rasse ermöglicht. Der für den American Staffordshire Terrier geltende Standard Nr. 286 orientiert sich demzufolge an zahlreichen äußerlichen Merkmalen (Kopf, Hals, Körper, Rute, Gliedmaßen, Haarkleid, Größe), an denen sich auch sonstige FCI Standards orientieren (beispielhaft Nr. 11 für den Bull Terrier und Nr. 76 für den Staffordshire Bull Terrier). Dem Gesetz lässt sich damit hinreichend deutlich entnehmen, dass bei der Bestimmung der Rassen auf phänotypische Merkmale abgestellt wird, womit eine Rassenzuordnung einzelner Hunde jedenfalls unter Zuhilfenahme von Sachverständigen möglich ist. Zudem war es im Zeitpunkt der Gesetzgebung nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (vgl. Beschlüsse v. 11.12.2000, NVwZ 2001, 1308 und 1311; Beschl. v. 26.1.2001, 2 Bs 310/00, juris, Rn. 5), die dem Gesetzgeber auch bekannt war (Bü-Drs. 2927, S. 16, 17), zulässig, für die Rassenzuordnung allein auf die äußerlich erkennbaren körperlichen Merkmale abzustellen. Dass eine Rassenzuordnung nach phänotypischen Merkmalen erfolgt, entspricht auch allgemeiner Ansicht (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 12.2.2008, 4 L 384/05, juris, Rn. 24; VGH München, Beschl. v. 21.12.2006, 24 ZB 06.2008, juris, Rn. 18; VGH Kassel, Urt. v. 14.3.2006, NVwZ-RR 2006, 794, 795). Auch das Bundesverfassungsgericht (Urt. v. 16.3.2004, BVerfGE 110, 141, 158f.) ist der Auffassung, dass die Bezeichnung von Hunden nach der Zugehörigkeit zu einer Rasse hinreichend klar ist und nicht gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot verstößt. Dass eine Rassenzuordnung nach phänotypischen Merkmalen, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Sachverständigen, überhaupt nicht möglich sein soll, macht der Antragsteller nicht geltend und es ist auch sonst nicht ersichtlich.

Der Antragsteller rügt weiter, die Verwendung des Begriffs "Kreuzungen" in § 2 Abs. 1 HundeG sei zu unbestimmt, weil es letztlich dem Rechtsanwender überlassen bleibe, zu bestimmen, wann eine Kreuzung vorliege. Auch mit dieser Rüge kann der Antragsteller nicht durchdringen. Das Gesetz knüpft auch hinsichtlich der Kreuzung an erkennbare phänotypische Merkmale an, die den Rückschluss auf die ausreichende Beteiligung einer Rasse zulassen. Ob dieser Rückschluss im Einzelfall gelingt, ist keine Frage der Bestimmtheit der Norm, sondern deren Anwendung im Einzelfall. Dabei spricht Vieles dafür, von einer Kreuzung im Sinne des § 2 Abs. 1 HundeG nur dann zu sprechen, wenn sich phänotypische Merkmale einer der in dieser Bestimmung aufgeführten Rassen auch bei dem Mischling wiederfinden (in diesem Sinne auch: OVG Magdeburg, Urt. v. 12.2.2008, 4 L 384/05, juris, Rn. 24; VGH Kassel, Urt. v. 14.3.2006, NVwZ-RR 2006, 794, 795). Welche Anforderungen im Einzelnen insoweit zu stellen sind, ob etwa darauf abgestellt werden muss, dass eine überwiegende Anzahl von diese Rasse kennzeichnenden phänotypischen Merkmalen auch beim Mischling vorhanden sein muss oder ob es etwa genügen könnte, wenn bestimmte, die Rasse besonders charakterisierende Merkmale (vgl. die Entscheidungen des Beschwerdegerichts vom 11.12.2000, NVwZ 2001, 1308 und 1311, wonach der Hund die Merkmale in "markanter und signifikanter Weise" zeigen muss) beim Mischling vorhanden sind , bedarf keiner Klärung im vorliegenden Eilverfahren. Denn jedenfalls bei dem Hund "Easy" des Antragstellers sprechen nach den vom Verwaltungsgericht im Einzelnen näher gewürdigten Umständen genügend Indizien dafür, dass bei ihm phänotypische Merkmale eines American Staffordshire Terrier wenn nicht gar ausschließlich, so jedenfalls in erheblichem Umfang vorliegen. Das Verwaltungsgericht ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (vgl. die dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers und der Antragsgegnerin bekannten Beschlüsse v. 14.11.2006, 4 Bs 232/06; v. 6.8.2007, 4 Bs 143/07) zunächst davon ausgegangen, dass die von der Gutachterkommission erstellten Gutachten vom 18. Mai 2005 und vom 21. Februar 2007 nicht allein zur Überzeugungsbildung genügen, ihnen aber jedenfalls eine eingeschränkte Überzeugungskraft zukommt. Es hat den Gutachten aber wegen der darin enthaltenen Feststellungen phänotypischer Merkmale, dem Umstand, dass es sich bei den Gutachtern um insoweit fachlich qualifizierte Personen handele und den weiteren insoweit übereinstimmenden Einschätzungen weiterer fachlich versierter Personen (Amtsveterinär und Mitarbeiter des Städtischen Ordnungsdienstes) eine hinreichende Indizwirkung zugebilligt, um den Hund "Easy" als im Zweifelsfall gefährlichen Hund nach § 2 Abs. 1 HundeG anzusehen.

Die gegen diese Würdigung des Verwaltungsgerichts gerichteten Rügen des Antragstellers greifen nicht durch. Es spricht derzeit wenig dafür, dass sich im Klageverfahren wird nachweisen lassen, dass der Hund keiner der in § 2 Abs. 1 HundeG genannten Gruppen oder Rassen angehört bzw. keine Kreuzung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt. Der unter Verweis auf das Gutachten der Tierärztin Dr. C. vom 18. April 2007 geltend gemachte Einwand, dass allein die Tatsache, dass der Hund "Easy" 33,5 kg wiege, es quasi ausschließe, dass es sich bei ihm um einen American Staffordshire Terrier handele, da bei dieser Rasse der schwerste Hund nur 23 kg (Rüde) wiege, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Das vom Antragsteller herangezogene Gutachten der Tierärztin Dr. C. enthält keineswegs die Aussage, bereits wegen des Gewichts sei eine Zugehörigkeit des Hundes "Easy" zur Rasse American Staffordshire Terrier ausgeschlossen. Sie stellt lediglich unter Bezugnahme auf den FCI Rassestandard Nr. 286 fest, dass bei dieser Rasse Größe und Gewicht geringer seien als bei "Easy". Weder in dem Gutachten vom 18. April 2007 noch sonst hat der Antragsteller mit der Beschwerde aber belegt, dass dem FCI Rassestandard Nr. 286 die Bedeutung zukommt, dass bei einer Gewichtsüberschreitung ausgeschlossen ist, dass es sich um einen American Staffordshire Terrier handelt. Bei dem vom Antragsteller durch die Bezugnahme auf das Gutachten der Tierärztin Dr. C. in das Beschwerdeverfahren eingeführten FCI Rassestandard Nr. 286 handelt es sich um Beschreibungen des Idealtyps dieser Rasse (vgl. die im Internet unter www.fci.be zugänglichen Informationen der FCI - Fédération Cynologique Internationale - unter "about us"). Zudem verhält sich der FCI Rassestandard Nr. 286 (zu finden unter www.fci.be, "Nomenklatur und Rassen", unter American Staffordshire Terrier) zu dem Gewicht des American Staffordshire Terrier nur wie folgt: "Größe und Gewicht sollten zueinander in richtiger Proportion stehen. Eine Schulterhöhe von ca. 46 bis 48 cm für die Rüden ... ist zu bevorzugen." Das Gewicht von 33,5 kg allein ist danach keinesfalls ausreichend, um eine Abweichung vom Standard festzustellen. Ein derartiges Gewicht findet sich im Übrigen auch bei als Zuchtrüden empfohlenen Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier. So weist der "1. American Staffordshire Terrier Club e.V." auf seiner Webseite www.1astc.de unter der Rubrik "Körung" auf die für alle Hündinnen geeigneten Zuchtrüden "Arthur vom Sydower Flies" mit einem Gewicht von 32 kg bei einer Widerristhöhe von 56 cm und "Chico vom Hungener Schloss" mit einem Gewicht von 32 kg und einer Widerristhöhe von 53 cm hin. Unter der Rubrik "Zuchttauglk.Prüfung" werden die Deckrüden "Calimero vom Kirchenholz" mit einem Gewicht von 35 kg und einer Widerristhöhe von 58 cm sowie "Franz vom Kirchenholz" mit einem Gewicht von 35 kg und einer Widerristhöhe von 59 cm aufgeführt. Dass auch das mit der Klage vorgelegte Gutachten des Tierarztes Kauffmann vom 8. Mai 2006 nicht geeignet ist, die Zugehörigkeit des Hundes "Easy" zur Rasse der American Staffordshire Terrier auszuschließen, hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss näher dargelegt. Der Antragsteller ist den Gründen, warum das Verwaltungsgericht diese Begutachtung als wenig überzeugend angesehen hat, mit seiner Beschwerde nicht entgegen getreten.

Der Antragsteller rügt weiter, dass das Anknüpfen an phänotypische Merkmale ungeeignet sei, da diese einen Rückschluss auf eine genetische Gefährlichkeit von Hunden nicht zuließen. Auch diese Rüge verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. § 2 Abs. 1 HundeG stellt nach Auffassung des Beschwerdegerichts eine zulässige Regelung der Gefahrenvorsorge dar (vgl. § 1 HundeG), bei der es auf das Vorhandensein einer konkreten oder abstrakten Gefährlichkeit von Hunden gerade nicht ankommt. Der dem Gesetzgeber zustehende weite Einschätzungs- und Prognosespielraum ist bei der Einschätzung von der Allgemeinheit drohenden Gefahren und der zur Verhütung und Bewältigung dieser Gefahren dienenden Maßnahmen erst überschritten, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen bilden können (BVerfG, Urt. v. 16.3.2004, BVerfGE 110, 141, 157f.). Ein hinreichender Anlass zum Handeln des Gesetzgebers auf dem Gebiet der Gefahrenvorsorge ist vorliegend gegeben, weil genügend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Hunde der in § 2 Abs. 1 HundeG aufgeführten Rassen/Gruppen - und sei es auch nur im Zusammenwirken mit anderen Faktoren wie Erziehung, Ausbildung und Haltung, Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters und von situativen Einflüssen - für die Schutzgüter des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit in besonderer Weise gefährlich werden können. Dabei stehen Beißvorfälle mit tödlichem Ausgang und schweren Verletzungen in Rede und ist nicht vorhersehbar, unter welchen konkreten Umständen Hunde dieser Rassen/Gruppen sich dem Einfluss des Halters entziehen und Menschen angreifen (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.3.2004, BVerfGE 110, 141, 163). Im Hinblick auf das hohe Gewicht, das dem Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit in der Werteordnung des Grundgesetzes zukommt, und mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen, die Beißvorfälle unter Beteiligung von in § 2 Abs. 1 HundeG aufgeführten Hunden wegen deren Stärke und Beißkraft für diese Schutzgüter haben können, erscheint es nachvollziehbar und plausibel, wenn der hamburgische Gesetzgeber sich dazu entschließt, Vorkehrungen gegen den Eintritt von Schädigungen durch Hunde der in § 2 Abs. 1 HundeG aufgeführten Rassen zu treffen. Auch wenn die Fachwissenschaft (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.3.2004, BVerfGE 110, 141, 160f.; zu weiteren Nachweisen vgl. OVG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 15.11.2007, 5 A 1.06, juris, Rn. 62ff.) darin übereinzustimmen scheint, dass das aggressive Verhalten eines Hundes und seine darauf beruhende Gefährlichkeit nicht allein genetisch bedingt ist, schließt sie es doch auch nicht aus, dass die Gefährlichkeit auch genetische Ursachen haben kann. Hundegruppen wie Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier stellen danach im Hinblick (auch) auf angeborene Verhaltensbereitschaften jeweils selbst gefährliche Hund soweit ein Potential zur Erzeugung gefährlicher Hunde dar (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.3.2004, BVerfGE 110, 141, 161ff.; BVerwG, Urt. v. 3.7.2002, BVerwGE 116, 347, 354). Mit seiner bloßen Behauptung, die Anknüpfung an phänotypische Merkmale lasse einen Rückschluss auf eine genetische Gefährlichkeit von Hunden nicht zu, vermag der Antragsteller diese Grundannahme nicht zu erschüttern, zumal er weder eine wissenschaftliche Darstellung und Begründung des eingenommenen Standpunkts noch Literaturhinweise auf durch Untersuchungen nachgewiesene entsprechende Befunde zum Beleg seiner Behauptung anführt.

Der Antragsteller wendet schließlich gegen die drohende Sicherstellung des Hundes "Easy" ein, diese sei als Isolationshaltung in einem getrennten Sicherheitstrakt, abgetrennt von Besuchern und nur von bestimmtem Personal begehbar, tierschutzwidrig, weil kein Sozialkontakt mit anderen Hunden stattfinde. Auch dies führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Die Sicherstellung beruht nunmehr auf § 23 Abs. 9 HundeG und die vom Antragsteller dagegen vorgebrachten Bedenken führen nicht zur Unverhältnismäßigkeit dieser Maßnahme. Der Antragsteller legt mit der Beschwerde nicht näher dar, warum die Haltung des Hundes im Tierheim tierschutzwidrig wäre und bei dem Hund "Easy" zu Deprivationsschäden führen würde, was aber nahe gelegen hätte, da der Hund "Easy" bereits im Jahre 2005 für etwa vier Monate im Tierheim Süderstrasse untergebracht worden war und zu erwarten wäre, dass bereits diese Unterbringung zu entsprechenden Nachteilen beim Hund geführt haben müsste. Im Übrigen kann der Antragsteller die Unterbringung im Tierheim abwenden, indem er den Hund "Easy" an einen Berechtigten übergibt. Diese im Bescheid vom 16. November 2004 in Ziffer 2. gewährte Möglichkeit besteht auch weiterhin mit der Maßgabe, dass dieser Berechtigte, wenn er in Hamburg wohnt, nunmehr die Voraussetzungen für eine Erlaubnis nach § 15 HundeG erfüllen müsste. Insbesondere ist diese Möglichkeit weder im angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2006 noch im Schreiben der Antragsgegnerin vom 22. August 2007 ausgeschlossen worden. Der Widerspruchsbescheid verhält sich zur Ziffer 2. des Bescheides vom 16. November 2004 nicht näher. Das Schreiben vom 22. August 2007 räumt dem Antragsteller zwar ausdrücklich nur eine - inzwischen aufgehobene - Frist bis zum 29. August 2007 ein, um den Hund "Easy" im Tierheim Süderstraße abzugeben, und kündigt anderenfalls dessen Sicherstellung an. Dieses Schreiben ist aber nicht dahin zu verstehen, dass die ursprünglich im Bescheid vom 16. November 2004 unter Ziffer 2. enthaltenen Alternativen entfallen sollten, zumal mit der Abgabe des Hundes an einen Berechtigten das Ziel der Untersagungsverfügung, die Haltung eines gefährlichen Hundes zu verhindern, ebenso erreicht wäre wie mit der Sicherstellung.

Der Hinweis des Antragstellers auf die anfallenden erheblichen Kosten durch die Unterbringung des Hundes im Tierheim rechtfertigen eine ihm günstigere Entscheidung nicht, weil sein finanzielles Interesse nicht Gegenstand der Interessenabwägung bei der Entscheidung ist, ob die sofortige Vollziehung der Sicherstellung eines möglicherweise gefährlichen Hundes aufrecht erhalten wird.

Dass der Hund "Easy" in der gesamten Zeit seit Erlass der Verfügung vom 16. November 2004 in keinen Beißvorfall oder sonstige im Zusammenhang mit dem Gefahrenabwehrrecht stehenden Vorfälle verwickelt gewesen sein soll und sich der Antragsteller an die Auflagen der Antragsgegnerin gehalten haben will, den Hund nur angeleint und mit Maulkorb auszuführen, verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, kommt es bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollziehungsinteresse maßgeblich auf die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren an. Die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügungen aber hängt - wie oben näher dargelegt - allein von der Rassezugehörigkeit des Hundes "Easy" ab und nicht davon, ob er konkret gefährlich ist.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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