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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.12.2004
Aktenzeichen: 1 Bf 113/04
Rechtsgebiete: VwGO, BNatSchG, SeeAnlV, StGB, UVPG, VwVfG, GKG


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 94
VwGO § 124 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 124 a
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
VwGO § 154 Abs. 2
BNatSchG § 29 a.F.
BNatSchG § 33 Abs. 2
BNatSchG § 61
BNatSchG § 61 Abs. 1
BNatSchG § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BNatSchG § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BNatSchG § 69 Abs. 5
BNatSchG § 69 Abs. 5 Nr. 1
BNatSchG § 69 Abs. 5 Nr. 2
SeeAnlV § 2
SeeAnlV § 2 a
SeeAnlV § 3
SeeAnlV § 5 Abs. 3
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 c
UVPG § 9
UVPG § 9 Abs. 1 Satz 1
UVPG § 9 Abs. 1 Satz 2
UVPG § 9 Abs. 3 Satz 2
VwVfG § 73
VwVfG § 73 Abs. 3
VwVfG § 73 Abs. 4
VwVfG § 73 Abs. 5
VwVfG § 73 Abs. 6
VwVfG § 73 Abs. 7
GKG § 13 Abs. 1 Satz 1 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger ist ein vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit anerkannter Naturschutzverband. Er wendet sich gegen die Genehmigung eines Offshore - Windenergieparks in der Nordsee. Im September 2000 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten, ihr die Errichtung eines Windenergieparks mit 80 Windenergieanlagen in einer Entfernung von ca. 34 km vor der Insel Sylt in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland zu genehmigen. Der Standort liegt in einem Gebiet, das das Bundesamt für Naturschutz für eine Ausweisung als Vogelschutzgebiet vorgeschlagen hat; eine Ausweisung ist nicht erfolgt. Die Beklagte übersandte im Juni 2002 die Antragsunterlagen mit den eingeholten Gutachten an die beteiligten Behörden, Stellen und Verbände und machte sie öffentlich bekannt. Nachdem der Kläger verlangt hatte, ihn am Genehmigungsverfahren zu beteiligen, erhielt er die Antragsunterlagen und gab ihm die Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Bescheid vom 18. Dezember 2002 genehmigte die Beklagte die Errichtung und den Betrieb des Windparks. Mit Bescheid vom 9. April 2003 wies sie den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers zurück. Das Verwaltungsgericht hat die von dem Kläger erhobene Klage als unzulässig abgewiesen: Der Kläger könnte weder eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen noch sich auf eine Verbandsklagebefugnis stützen.

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes ist nicht gemäß den §§ 124 Abs. 2, 124 a VwGO zuzulassen.

1. Der Kläger hat keine Gründe dargelegt, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteiles des Verwaltungsgerichtes begründen (§§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

a) Der Kläger trägt vor, Art. 20 a GG verlange eine verfassungskonforme Auslegung des einschlägigen Rechts. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen erfordere es, angesichts des Konfliktpotenzials der genehmigten Anlagen und der schwer wiegenden Gefahren für die Meeresumwelt ein rechtsmittelfähiges Kontrollsystem zu entwickeln. Deshalb sei den Naturschutzvereinen hier eine Klagbefugnis zuzuerkennen. Dies überzeugt nicht. Gemäß Art. 20 a GG schützt der Staat die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Das Verwaltungsgericht hat richtig ausgeführt, dass nach dem geltenden Gesetz und Recht eine Verbandsklagebefugnis des Klägers hinsichtlich der hier angegriffenen Genehmigung eines Offshore - Windenergieparkes nicht gegeben ist.

b) Nach den insoweit von dem Kläger zu Recht nicht in Zweifel gezogenen Überlegungen des Verwaltungsgerichts gilt das mit § 61 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193 mit Änd.) - BNtSchG - eingeführte Verbandsklagerecht anerkannter Naturschutzverbände nach der Übergangsvorschrift des § 69 Abs. 5 Nr. 1 und 2 BNatSchG für vor dem 3. April 2002 beantragte und nach dem 1. Juli 2000 erlassene, noch nicht bestandskräftige Verwaltungsakte, sofern im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren eine Mitwirkung der von dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit anerkannten Vereine gesetzlich vorgeschrieben war. Diese Übergangsregelung greift ein. Die Beklagte hat die angegriffene Genehmigung bereits im Jahr 2000 beantragt. Für das deshalb zur Begründung einer Verbandsklagebefugnis nach § 61 BNatSchG erforderliche Mitwirkungsrecht der Naturschutzvereine ergibt sich aus den Darlegungen der Kläger kein ausreichender Anhalt.

b.a) Entgegen der Auffassung des Klägers setzt das Verbandsklagerecht nach dem klaren Wortlaut des § 69 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG voraus, dass eine gesetzliche Verpflichtung der Genehmigungsbehörde bestand, die anerkannten Verbände mitwirken zu lassen. Hingegen ist eine Mitwirkung noch nicht deshalb gesetzlich vorgeschrieben, weil die Genehmigungsbehörde sie - wie im vorliegenden Falle - tatsächlich durchgeführt hat.

b.b) Die Beklagte war nicht gemäß § 5 Abs. 3 Seeanlagenverordnung vom 23.1.1997 (BGBl. I S. 57 mit spät. Änd.) - SeeAnlV - gesetzlich verpflichtet, den Kläger an dem Verfahren zur Genehmigung des Windparkes mitwirken zu lassen. Nach dieser Vorschrift berücksichtigt die Genehmigungsbehörde bei der Genehmigung die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Stellen, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Der Kläger gehört nicht - wie er meint - deshalb zu den sonstigen Stellen, weil er auf Grund seiner Sachkunde und Aufgabenstellung Informationen zu den Genehmigungsvoraussetzungen beitragen kann. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die "sonstigen Stellen" eine gewisse strukturelle Nähe zu den in der Regelung an erster Stelle genannten Behörden aufweisen. Rein sprachlich verdeutlicht die Regelung mit der Verwendung des Ausdruckes "sonstige", dass auch Behörden Stellen im Sinne der Vorschrift sind (vgl. zu dem strafrechtlichen Begriff der neben den Behörden in § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB genannten sonstigen Stellen BGH, Urt. v. 29.1.1992, NJW 1992, S. 847, 848; LG Köln, Beschl. v. 1.8.2003 NJW 2004 S. 2173). Zwischen den Behörden und den sonstigen Stellen müssen daher Ähnlichkeiten bestehen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind an dem Verwaltungsverfahren zudem nur solche "sonstigen Stellen" zu beteiligen, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Die Vorschrift verklammert Behörden und sonstige Stellen durch das beiden gemeinsame Erfordernis einer Berührung in ihrem Aufgabenbereich. Der Kläger hat aber keinen derartigen strukturierten und durch die Träger öffentlicher Gewalt, insbesondere die Regierungen und Kommunen vorgegebenen Aufgabenbereich, wie er für Behörden typisch ist. Er gibt sich seine Satzung selbst und bestimmt seine Aufgaben im Rahmen seiner Satzung autonom. Bei dem Kläger handelt es sich um eine rein private Nichtregierungsorganisation, die nicht in die öffentliche Verwaltung eingebunden oder von ihr abhängig ist und auch nicht mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beliehen oder sonst betraut ist. An diesem Unterschied zu anderen öffentlichen oder "halbamtlichen" Stellen ändert nichts, dass ihn das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit als Naturschutzverein anerkannt hat. Hätte der Verordnungsgeber der Seeanlagenverordnung auch für derartige rein private Vereine ein verfahrensrechtliches Mitwirkungsrecht begründen wollen, so hätte er dies im Wortlaut der Verordnung deutlich gemacht.

b.c) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. September 2001 (BGBl. I S. 2350 mit spät. Änd.) i.V.m. dem durch Art. 2 Nr. 1 des Bundesnaturschutzneuregelungsgesetzes vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193) eingefügten § 2 a SeeAnlV die Genehmigungsbehörde die Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens anzuhören hatte.

Diese Öffentlichkeitsbeteiligung begründet kein spezifisches Mitwirkungsrecht der anerkannten Naturschutzvereine. Ein derartiges spezifisches Mitwirkungsrecht setzt aber § 69 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG voraus (vgl. Gassner in Gassner/Bendomie-Kahlo/Schmidt- Räntsch, BNatSchG 2. Aufl. § 69 Rdnr. 8). Die Übergangsregelung bezieht sich insbesondere auf die Fälle, in denen den anerkannten Naturschutzvereinen ein Mitwirkungsrecht nach § 29 BNtSchG a.F. eingeräumt war und ihnen darauf aufbauend nunmehr auch rückwirkend eine Verbandsklagebefugnis eingeräumt werden sollte (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.4.2004 - 4 C 2.03 -; Urt. v. 28.6.2002 NVwZ 2002 S. 1234) . Hingegen dient die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 UVPG nicht der Begründung dem § 29 BNtSchG a.F. vergleichbarer Beteiligungsrechte der anerkannten Naturschutzvereine. § 9 Abs. 1 Satz 1 UVPG begründet lediglich ein Einsichtsrecht in die Genehmigungsunterlagen für jedermann. Hingegen begrenzt Satz 2 der Regelung das Recht, Einwendungen zu erheben, auf die Betroffenen. Dies zeigt die Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung in § 9 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach muss das Anhörungsverfahren den Anforderungen des Auslegungs- und Einwendungsverfahrens nach § 73 Abs. 3, 4 bis 7 VwVfG genügen. Hiernach sind aber die Naturschutzverbände nicht berechtigt, das Allgemeininteresse am Naturschutz unabhängig davon einzuwenden, ob sie in eigenen Belangen betroffen sind (vgl. Wagner, UVPG § 9 Rdnr. 21; Peters, Hk-UVPK § 9 Rdnr. 7). Angesichts des Hinweises auf § 73 VwVfG heißt Öffentlichkeit zum einen Einsichtnahme in die Unterlagen durch jedermann und zum anderen Einwendungsberechtigung für alle, deren Belange durch das Vorhaben berührt werden (vgl. Peters, UVPG § 9 Rdnr. 3). Dies hindert die Genehmigungsbehörde allerdings nicht, die Verbände wie Sachverständige in das Verfahren einzubeziehen.

Hinzu kommt: § 9 UVPG dient der Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten 85/337/EWG (Abl. Nr. L 175/40), geändert durch Richtlinie 97/11/EG vom 3. März 1997 (Abl. Nr. L 74/5). Nach Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie soll nur der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden. Dazu zählen die anerkannten Naturschutzvereine nicht (siehe dazu unten unter c.b]). Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber über seine Verpflichtung zur Umsetzung der genannten Richtlinie hinaus ein spezifisches Beteiligungsrecht für die anerkannten Naturschutzvereine begründen wollte. Im Gegenteil schließt § 9 Abs. 3 Satz 2 UVPG geradezu vorsorglich aus, dass durch die Einbeziehung der Öffentlichkeit Rechtsansprüche begründet werden. Erst recht spricht nichts für die Annahme, der Gesetzgeber habe bereits in der bloßen Verpflichtung zur Öffentlichkeitsbeteiligung eine Mitwirkungspflicht zu Gunsten der anerkannten Naturschutzvereine sehen und daran rückwirkend für Bescheide, die vor dem Stichtag des 3. April 2002 beantragt worden sind, eine Verbandsklagebefugnis begründen wollen.

c) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass auch das europäische Recht dem Kläger im vorliegenden Falle kein Verbandsklagerecht verschafft. Der Kläger hat keine Gesichtspunkte dargelegt, die daran ernsthafte Zweifel begründen.

c.a) Das Gemeinschaftsrecht verlangt in der vorliegenden Fallkonstellation nicht, ein Verbandsklagerecht zu entwickeln, um den Zielsetzungen der Richtlinie 92/43 EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Abl. EG Nr. L 206 S.7), zuletzt geändert durch Richtlinie 97/62 EG vom 27. Oktober 1997 (Abl. EG Nr. L 305 S. 42) - FFH-Richtlinie - zum Erfolg zu verhelfen - "effet utile". Entsprechendes gilt für die Richtlinie 79/409/EWG vom 2. April 1979 über die Erhaltung wildlebender Vogelarten (Abl. EG Nr. L 103 S. 1, zuletzt geändert durch Richtlinie 97/49/EG vom 29. Juli 1997 [Abl. EG Nr. L 223 S. 9] ) - Vogelschutzrichtlinie -. Das Verwaltungsgericht (S. 13 ff. des Urteiles) hat dargelegt, dass die Mitgliedstaaten nach den Richtlinien berechtigt sind, ein verfahrensrechtliches Interesse bzw. eine Betroffenheit des Einzelnen zu verlangen, der sich vor Gericht auf diese Richtlinien beruft (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 14.12.1995 - C-312/93 - (Peterbroek) Slg. 1995 S. I-04599). Diese Befugnis berechtigte Deutschland, an dem Erfordernis einer Klagbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO festzuhalten. An der danach für eine Klage erforderlichen subjektiven Rechtsposition fehlt es hier. In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt: Umweltrechtliche Richtlinien können dem Einzelnen einen gerichtlichen durchsetzbaren Schutz nur gewähren, wenn die Richtlinie zumindest auch personale Rechtsgüter schützt, wie etwa die menschliche Gesundheit (vgl. EuGH, Urteile v. 30.5.1991,- C-361/88 [Luftqualität -Schwefeldioxyd und Staub] Slg. 1991 I-2567 Rdnr. 16 und C-59/89 [Luftqualität - Blei] Slg. 1991 I-2607, Rdnr. 19; v. 17.10.1991 - C-587 - [Oberflächengewässer/Trinkwasser] Slg. 1991, I-4983 Rdnr. 14; v. 12.12.1996 - C298/95 - [Muschelgewässer] Slg. 1996, I-6747 Rdnr. 16). Daran fehlt es hier.

Schutzziel von Art. 6 Absätze 2 und 3 der FFH-Richtlinie ist die Erhaltung von Lebensräumen und Arten innerhalb bestimmter Gebiete. Der damit bezweckte Schutz des gemeinsamen Naturerbes ist zwar von besonderem Interesse, aber kein Anspruch, der zu Gunsten von Einzelnen begründet werden kann (vgl. Schlussantrag des Generalanwaltes 143 in EuGH, Urt. v. 7.9.2004 - C-127/02 - Raad van State [Muschelfischerei im Wattenmeer]; OVG Hamburg, Teilbeschl. v. 19.2.2001, NordÖR 2001, S. 135, 139, Beschl. v. 27.2.2001, - 2 Bs 38/01 -, Beschl. v. 23.6.2003 - 2 Bs 463/02 -; BVerwG, Urt. v. 10.5.2001, BVerwGE Bd. 115, S 294/296 ff.; BVerfG, Beschl. v. 10.5.2001, NVwZ 2001 S. 1148). Insoweit kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des EuGH vom 7.9.2004 - C-127/02 - (Muschelfischerei im Wattenmeer) berufen. Darin heißt es unter Rdnr. 66: "Was das Recht des Einzelnen, sich auf eine Richtlinie zu berufen, und des nationalen Gerichts, sie zu berücksichtigen, angeht, wäre es mit der den Richtlinien durch Art. 249 EG zuerkannten verbindlichen Wirkung unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, dass sich betroffene Personen auf die durch eine Richtlinie auferlegte Verpflichtung berufen können". Damit hat der EuGH nicht entschieden, dass ein neues Verbandsklagerecht zu entwickeln ist, um den genannten Richtlinien im Wege einer Verbandsklage zum Erfolg zu verhelfen. Dies bestätigt ein Blick in die Schlussanträge des Generalanwaltes. Diese enthalten keinerlei Anhalt zur Entwicklung einer Verbandsklagebefugnis zur Durchsetzung der FFH-Richtlinie.

Gleiches gilt für Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie, die den Schutz wildlebender Vogelarten und nicht - auch nicht mittelbar - den der menschlichen Gesundheit im Auge hat. Auch diese Richtlinie begründet keine Verbandsklagebefugnis (vgl. die genannten Schlussanträge des Generalanwaltes).

c.b) Ebenfalls kann der Kläger keine Verbandsklagebefugnis aus der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten 85/337/EWG (Abl. Nr. L 175/40), geändert durch Richtlinie 97/11/EG vom 3. März 1997 (Abl. Nr. L 73/5) herleiten. Art. 6 Abs. 2 der genannten Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtete die Mitgliedstaaten nicht, ein Verbandsklagerecht für die anerkannten Naturschutzvereine einzuführen. Vielmehr hatten die Mitgliedstaaten nur dafür Sorge zu tragen, dass "der Öffentlichkeit die Genehmigungsanträge sowie die nach Art. 5 eingeholten Informationen binnen einer angemessenen Frist zugänglich gemacht werden, damit der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben wird, sich vor Erteilung der Genehmigung dazu zu äußern". Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie legen die Mitgliedstaaten die Einzelheiten dieser Unterrichtung und Anhörung fest und können sie insbesondere bestimmen, in welcher Weise die Öffentlichkeit angehört werden soll, z.B. durch Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme und durch öffentliche Umfrage. Es ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger zu der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne des Art. 6 Abs. 2 der genannten Richtlinie gehören könnte. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was Zweifel an dieser Annahme begründen könnte. Erst mit der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (Abl. EU Nr. L 156/17) wurde im Zusammenhang mit dem Beitritt der EU zu dem Aarhus- Übereinkommen in (4) der Erwägungsgründe auch eine Förderung der Beteiligung der Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, vorgesehen, und in Art. 10 a das Ziel formuliert, auch derartigen Nichtregierungsorganisationen einen weiten Zugang zu Gericht zu eröffnen (vgl. auch Art. 1 b, Art. 2 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 der genannten Änderungsrichtlinie). Auf die erst mit der Richtlinie 2003/35/EG eingeführte Beteiligung der Nichtregierungsorganisationen kann sich der Kläger nicht berufen. Insoweit ist die den Mitgliedstaaten bis zum 25. Juni 2005 eingeräumte Frist zur Umsetzung in nationales Recht (Art. 6 Richtlinie 2003/35/EG) noch nicht abgelaufen.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Der Kläger will der Frage grundsätzliche Bedeutung beimessen, ob der Begriff der "sonstigen Stellen" im Sinne des § 5 Abs. 3 SeeAnlV den Kreis der an dem Genehmigungsverfahren zu Beteiligenden nicht auf die Träger öffentlicher Belange begrenzen, sondern "alle Kompetenzträger erfassen wollte, die nach ihrem Aufgabengebiet zur Verfahrensanreicherung mit Sachinformationen in Betracht kommen". Diese Frage würde sich in einem Berufungsverfahren nur hinsichtlich der anerkannten Naturschutzvereine stellen. Auch insoweit bedarf sie keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Wie sich aus den Ausführungen unter 1 b.b) ergibt, zeigt schon der Gesetzeswortlaut hinreichend deutlich, dass die anerkannten Naturschutzvereine keine sonstigen Stellen im Sinne des § 5 Abs. 3 SeeAnlV sind. Überdies handelt es sich um eine Frage des Übergangrechts, die keiner grundsätzlichen Klärung für zahlreiche Fälle der Zukunft bedarf. Zum einen zeigt das Vorgehen der Beklagten in dem vorliegenden Genehmigungsverfahren, dass sie bereit ist, die betroffenen Naturschutzvereine von sich aus an dem Genehmigungsverfahren unabhängig davon zu beteiligen, ob diese zu den sonstigen Stellen im Sinne des § 5 Abs. 3 SeeAnlV gehören. Es spricht nichts dafür, dass die Beklagte, die allein Genehmigungen nach § 3 SeeAnlV zu erteilen hat, in künftigen Genehmigungsverfahren ihre Haltung ändern wird. Zum anderen wird die Frage eines verfahrensrechtlichen Beteiligungsrechtes der fachlich betroffenen Naturschutzverbände an der Genehmigung von Offshore-Windenergieparks künftig nach Ablauf der Umsetzungsfrist unter Berücksichtigung der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 zu beurteilen sein.

b) Ferner legt der Kläger der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, " ob die "Betroffenheit" grundsätzlich dem Bürger, sodann aber auch Naturschutzverbänden, die in Wahrnehmung allgemeiner Interessen auch dem Wohl des Menschen und seiner Gesundheit dienen, den Gerichtszugang befördert". Insoweit will der Kläger geklärt wissen, ob die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie den Naturschutzverbänden eine Verbandsklagebefugnis verschaffen. Diese Frage ist nicht erst in einem Berufungsverfahren zu klären. Unter 1 c.a) ist bereits dargelegt, dass die FFH - Richtlinie dem Schutz des gemeinsamen Naturerbes dient und die Vogelschutzrichtlinie dem wildlebender Vögel. Diese Richtlinien dienen weder unmittelbar noch mittelbar dem Schutz personaler Rechtsgüter, wie etwa dem der menschlichen Gesundheit. Insoweit ist in der Rechtsprechung geklärt, dass dieser Richtlinie kein Verbandsklagerecht zu entnehmen ist. Deshalb ist auch die Frage nicht klärungsbedürftig, ob "Naturschutzverbände überhaupt eine derartige personale Betroffenheit einbringen müssen".

c) Es kann dahinstehen, ob der Kläger mit folgender Formulierung eine klärungsfähige Rechtsfrage dargelegt hat: "Soweit das Verwaltungsgericht zentrale Rechtsfragen wie die der Öffentlichkeitszugehörigkeit, der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie sowie der klagfähigen Interessenbetroffenheit der Kläger grundsätzlich verneint oder bezweifelt, bedarf es für die Anwendbarkeit durch die deutsche Gerichtspraxis einer grundsätzlich klarstellenden Entscheidung durch den Senat". Der Kläger bezieht sich damit auf die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Insoweit handelt es sich bei der durch die Richtlinie 96/61 vom 3. März 1997 geänderten Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 um auslaufendes Recht. Denn gerade die Frage der Beteiligung der Naturschutzverbände an dem Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung ist mit der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme neu geregelt worden. Diese Änderungsrichtlinie wäre aber in einem Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Denn die Frist zu ihrer Umsetzung in nationales Recht wird erst am 25. Juni 2005 ablaufen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben zu 1 c.b) verwiesen.

d) Es mag offen bleiben, ob dem Vorbringen des Klägers die Frage zu entnehmen ist, ob eine Klagbefugnis deshalb zu entwickeln ist, weil niemand außer den Naturschutzverbänden das Großprojekt "Butendiek" einer gerichtlichen Kontrolle zuführen kann. Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. Es versteht sich von selbst, dass eine Klagbefugnis nicht mit der Begründung entwickelt werden kann, anderenfalls könne niemand gegen die Genehmigung eines Offshore-Windparks klagen.

Auch hat der Kläger mit seinem Vorbringen keine grundsätzliche Rechtsfrage dargelegt: "Das Klageobjekt, das 'sonstige' Schutzgebiet" im Sinne von § 33 Abs. 2 BNatSchG, kann nicht deshalb geleugnet werden, weil es an einer Ausweisung noch fehlt, auch fehlen muss, solange die vorgängig notwendige Gebietslistung aus Brüssel noch aussteht ...". Der Kläger scheint damit geklärt wissen zu wollen, ob das Gebiet des sog. Sylter Außenriffs, in dem der geplante Windpark liegt, ein faktisches Naturschutz- bzw. Vogelschutzgebiet darstellt und ob für auch für Befreiungen von Verboten und Geboten derartiger - noch nicht ausgewiesener aber zu meldender - Schutzgebiete das Verbandsklagerecht nach § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG eingreift. Die damit zusammenhängenden Fragen stellen sich jedoch in einem Berufungsverfahren nicht. Dies gilt auch für die Frage, ob der Verordnungsgeber die Genehmigungsregelung der §§ 2, 3 SeeAnlV statt als gebundene Genehmigung als Planfeststellungsverfahren hätte ausgestalten müssen, für die § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG ein Verbandsklagerecht begründet. Denn der Kläger kann sich schon deshalb nicht auf das Verbandsklagerecht nach § 61 Abs. 1 BNatSchG berufen, weil dieses bereits aus zeitlichen Gründen für die hier angegriffene Genehmigung nicht gilt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu der Übergangsregelung des § 69 Abs. 5 BNatSchG (oben unter 1 a]) verwiesen.

3. Die Berufung ist auch nicht aus Gründen der Abweichung des Urteiles von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes oder des Bundesverwaltungsgerichtes nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

Der Kläger bemängeln: Das Verwaltungsgericht habe das Verfahren nicht nach § 94 VwGO ausgesetzt, weil es hier nicht um eine Normgültigkeitsprüfung nach Art. 234 Ib /EVG gehe, sondern die Vorlagesache C 127/02 nur für die Auslegung von Gemeinschaftsrecht bedeutsam sei, an die die nationalstaatlichen Gerichte nicht gebunden seien. Insoweit fehlt es an der gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderlichen Darlegung, von welchem obergerichtlichen Rechtssatz das Verwaltungsgericht damit abgewichen sein soll. Der bloße Hinweis genügt nicht, das Bundesverwaltungsgericht, Urt. vom 10.11.2000, halte bei einem Vertragsverletzungsverfahren eine Aussetzung für möglich. Entsprechendes gilt für die Hinweise des Klägers auf die Rechtsprechung des VGH Mannheim. Im Übrigen kann eine Abweichung von einem Urteil des VGH Mannheim die Divergenzberufung auch deshalb nicht eröffnen, weil dieses Gericht dem Verwaltungsgericht Hamburg nicht im Instanzenzug übergeordnet ist. Auch hat der Kläger insoweit im Rahmen seiner Divergenzrüge keine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen. Die Frage einer Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO in Hinblick auf das vor dem EuGH geführte Verfahren C-127/02 - stellt sich jedenfalls nicht mehr, nachdem der EuGH dieses Verfahren mit Urteil vom 7.9.2004 - juris - abgeschlossen hat.

4. Auch greift die von dem Kläger erhobene Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht.

Das Verwaltungsgericht hat die ihm obliegende Aufklärungspflicht nicht verletzt. Es ist zum einen nicht ausreichend dargelegt, dass das Verwaltungsgericht die Verwaltungsakten zu dem Genehmigungsverfahren nicht zur Kenntnis genommen habe. Das Verwaltungsgericht hatte die Sachakten zwar - wie der Kläger rügt - nicht in dem vorliegenden Verfahren wohl aber in dem zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Verfahren 19 VG 3585/2003 beigezogen. Überdies musste das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nicht - wie der Kläger zu meinen scheint - klären, ob die Beklagte die Umweltverträglichkeitsprüfung für das genehmigte Vorhaben rechtlich einwandfrei durchgeführt hat.

5. Schließlich ist nicht dargelegt, dass die Berufung wegen besonderer Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen sei. Aus der Dauer der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht kann hier nicht - wie der Kläger vorbringt - auf besondere Schwierigkeiten geschlossen werden. Das Verwaltungsgericht hat zwei weitere Verfahren gleichzeitig verhandelt, in denen sich andere Rechtsfragen ergaben. Nach der von dem Verwaltungsgericht geleisteten Aufarbeitung der für die Zulässigkeit der Klage maßgeblichen Rechtsfragen wirft das Verfahren keine besonderen, das übliche Maß überschreitende Schwierigkeiten auf.

Der Kläger habt als Unterlegener gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.. Das Gericht legt den - neuen - Streitwertkatalog von Juli 2004 noch nicht zugrunde, der für Verbandsklagen einen Wert von mindestens 15.000,-- Euro statt der in I Ziff 4. des Streitwertkataloges von 1996 (NVwZ 1996 S. 563) vorgesehenen 20.000,-- DM empfiehlt. Auf die Erhöhung konnte sich der Kläger nicht einstellen.

Ende der Entscheidung

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