Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.09.2003
Aktenzeichen: 1 Bf 180/02
Rechtsgebiete: HmbBeihVO


Vorschriften:

HmbBeihVO § 5 Abs. 6 Nr. 5
§ 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO schließt Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei einer Heilmaßnahme auch dann von der Beihilfe aus, wenn diese nicht von dem nahen Angehörigen selbst, sondern von einem seiner Angestellten durchgeführt wird.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

1 Bf 180/02

Verkündet am 19. September 2003

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Raecke und E.-O. Schulz sowie die ehrenamtliche Richterin Backhaus und den ehrenamtlichen Richter Brauner für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2001 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Bewilligung von Beihilfeleistungen.

Die Klägerin ist als Steueroberinspektorin im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bei der Beklagten beschäftigt. Mit Formularanträgen vom 4. Mai 1999 (Beihilfeakte, Bl. 109 f.), 18. Oktober 1999 (a.a.O., Bl. 138 f.) und 16. November 2000 (a.a.O., Bl. 167 f.) beantragte sie, ihr Beihilfeleistungen für ärztlich verordnete Heilbehandlungen in der Form von Krankengymnastik und Massagen zu bewilligen. Die Heilbehandlungen wurden in der -Praxis des Bruders der Klägerin, , durchgeführt. Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Beihilfe mit Bescheiden vom 10. Juni 1999 (a.a.O., Bl. 111 f.), 17. November 1999 (a.a.O., Bl. 140 f.) und 27. November 2000 (a.a.O., Bl. 169 f.) ab: Die von der Klägerin erbrachten Aufwendungen für die genannten Heilbehandlungen seien gemäß § 5 Abs. 6 Nr. 5 Hamburger Beihilfeverordnung (HmbBeihVO) nicht beihilfefähig, da sie von einem nahen Angehörigen der Klägerin, nämlich deren Bruder, durchgeführt worden seien.

Die genannte Vorschrift lautet:

"Nicht beihilfefähig sind

...

5. Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei einer Heilmaßnahme; nahe Angehörige im Sinne dieser Verordnung sind der Ehegatte, Kinder, Eltern, Enkelkinder, Großeltern, Geschwister, Schwiegersöhne, Schwiegertöchter, Schwiegereltern, Schwäger und Schwägerinnen der behandelten Person. Aufwendungen zum Ersatz der dem nahen Angehörigen im Einzelfall entstandenen Sachkosten sind bis zur Höhe des nachgewiesenen Geldwerts im Rahmen dieser Verordnung beihilfefähig."

Gleichzeitig forderte die Beklagte bereits erbrachte Beihilfeleistungen für entsprechende Heilbehandlungen in Höhe von 2.002,- DM zurück. Der deswegen geführte Rechtsstreit ist inzwischen rechtskräftig zu Gunsten der Klägerin abgeschlossen (Urt. des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18.12.2001, 10 VG 3690/2000, Beschl. des Senats v. 8.7.2002, 1 Bf 181/02).

Die Klägerin legte gegen die eine Beihilfebewilligung ablehnenden Bescheide mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 1999, 14. Januar 2000 und 13. Dezember 2000 Widerspruch ein. Sie machte geltend, § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO stehe der Bewilligung von Beihilfe nicht entgegen, da die Heilbehandlung nicht durch ihren Bruder persönlich, sondern von einer seiner Angestellten durchgeführt worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2000 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück: Es sei rechtlich ohne Bedeutung, ob der Bruder der Klägerin oder eine seiner Mitarbeiterinnen tätig geworden seien. Denn zur persönlichen Tätigkeit eines nahen Angehörigen gehörten auch die Fälle, in denen zwar das Vertragsverhältnis mit dem nahen Angehörigen zustande komme, also auf dessen Rechnung erfolge, die Behandlung selbst aber ein Erfüllungsgehilfe vornehme.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und ergänzend vorgetragen: Der Wortlaut des Gesetzes sei eindeutig. Er erfasse nur diejenigen Fälle, in denen der "nahe Angehörige" eine bestimmte Tätigkeit unmittelbar selbst ausführe. Wenn der Gesetzgeber auch weitere Fälle, insbesondere diejenigen, in denen ein Erfüllungsgehilfe die Verrichtung vornehme, hätte erfassen wollen, hätte er eine andere Formulierung gewählt und auf das Wort "persönlich" verzichtet.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Aufhebung der Bescheide vom 10.6.1999 -soweit dieser entgegensteht-, 17.11.1999 und 20.12.2000 die Beklagte zu verpflichten, Beihilfe zu gewähren ohne Anwendung von § 5 Abs. 6 Nr. 5 Hamburgische Beihilfeverordnung.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf die Gründe ihres Widerspruchsbescheides bezogen.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 18. Dezember 2001 der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 8. Juli 2002, der Beklagten zugestellt am 12. Juli 2002, die Berufung zugelassen.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2002, bei Gericht eingegangen am 19. Juli 2002, begründet die Beklagte ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt: Das Verwaltungsgericht habe den Begriff "persönliche" Tätigkeit nicht zutreffend, nämlich im Sinne von "höchstpersönlich" ausgelegt. Maßgebend sei aber im Rahmen des § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO nicht eine derartige "höchstpersönliche" Tätigkeit, sondern die "persönliche" wirtschaftliche Betroffenheit des nahen Angehörigen, ganz gleich, ob dieser nun selbst oder durch einen Erfüllungsgehilfen tätig werde. Diese Betrachtungsweise führe auch zu einer sachgerechten Abgrenzung gegenüber dem ebenfalls in der Praxis Tätigen, der nicht Erfüllungsgehilfe sei und somit ebenso wie der nahe Angehörige ein primäres, weil unmittelbares Interesse an dem wirtschaftlichen Erfolg seiner Tätigkeit in der Praxis habe. Das wirtschaftliche Interesse des Erfüllungsgehilfen sei dagegen notwendigerweise ein sekundäres; seine Bezahlung hänge in dem Maße, wie seine Tätigkeit dem nahen Angehörigen zuzuordnen sei, von dessen primären wirtschaftlichen Erfolg ab. Ein weiterer Aspekt, der der Regelung des § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO Sinn gebe und gegen die Argumentation des Verwaltungsgerichts spreche, sei der Umstand, dass nur die Aufwendungen der persönlichen Tätigkeit des nahen Angehörigen als solcher nicht beihilfefähig seien. Nicht hingegen seien von der Beihilfefähigkeit Aufwendungen ausgenommen, die dem nahen Angehörigen dadurch entstünden, dass er seinerseits Dienst- und Werkleistungen von dritter Seite in Anspruch nehmen müsse, weil diese zur Durchführung seiner eigenen und somit persönlichen Tätigkeit notwendig seien. Dieselbe Argumentation liege dem Grunde nach der Regelung in der privaten Krankheitskostenversicherung zu Grunde. Die dort verwendete Klausel "Keine Leistungspflicht besteht bei Behandlungen durch Ehegatten, Eltern und Kinder", enthalte zwar nicht das Adjektiv "persönliche", betreffe aber eben diese Behandlungen. Der Bundesgerichtshof habe hierzu in seinem Urteil vom 21. Februar 2001 (NJW 2001 S. 3406) im Rahmen einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG ausgeführt: Nach dem reinen Wortlaut der Bestimmung erscheine denkbar, dass damit nicht die Behandlung im vertragsrechtlichen Sinn, sondern die tatsächliche Behandlung gemeint sein könnte. Diese begrenzte Sicht lasse jedoch den Zweck und den erkennbaren Sinnzusammenhang der Klausel außer Acht, die an die Leistungspflicht des Versicherers und damit an den Ersatz von Aufwendungen anknüpfe. Aufwendungen seien Kosten, die dem Versicherungsnehmer von dem anspruchsberechtigten Partner des Behandlungsvertrages in Rechnung gestellt würden. Eine vertragsrechtliche Beziehung bestehe im vorliegenden Fall nur zu dem Bruder der Klägerin als nahem Angehörigen und nicht zu dessen Erfüllungsgehilfen. Das Verwaltungsgericht stelle hingegen zu Unrecht auf die tatsächliche Behandlung ab. Diese Auslegung des § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO sei weder durch den Wortlaut der Vorschrift geboten noch werde sie durch die weitere Argumentation des Verwaltungsgerichts gestützt. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet und die Klage abzuweisen. Die Klägerin kann nicht verlangen, dass die Beklagte ihr für die in der -Praxis ihres Bruders vorgenommene Behandlung (Krankengymnastik und Massagen) Beihilfeleistungen gewährt. Dies folgt aus der Vorschrift des § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO, die Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei einer Heilmaßnahme von der Beihilfe ausschließt. Hiervon wird entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch der Fall erfasst in dem die Behandlung - wie hier - nicht von dem nahen Angehörigen selbst, sondern von einem seiner Angestellten durchgeführt wird. Dies ergibt sich aus der Auslegung der Vorschrift, insbesondere aus deren Sinn und Zweck.

Dem Verwaltungsgericht ist allerdings einzuräumen, dass der Wortlaut der Vorschrift ("persönliche" Tätigkeit) zunächst eher für eine andere Auslegung im Sinne einer höchstpersönlichen, eigenhändigen Tätigkeit des nahen Angehörigen spricht. Zwingend ist eine solche Auslegung nach dem Wortlaut jedoch nicht, da das Adjektiv "persönlich" nicht völlig eindeutig ist, sondern auch eine andere Deutung zulässt. So kann man nach dem Wortsinn darunter auch (noch) eine solche Tätigkeit verstehen, die dem nahen Angehörigen, obwohl er sie nicht selbst erbringt, doch jedenfalls wirtschaftlich zurechenbar ist und insofern in seinen "persönlichen" Bereich fällt. Hierauf könnte auch der Zusammenhang mit dem Begriff "Aufwendungen" hindeuten. Wenn das Gesetz von Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen spricht, dürften hierfür nur Kosten in Betracht kommen, die dem Beamten von dem anspruchsberechtigten Partner des Behandlungsvertrages in Rechnung gestellt werden können. Diese Kosten umfassen aber auch die Kosten einer im Rahmen der Behandlung tätig gewordenen Hilfskraft.

Schließlich lässt der Wortlaut der Vorschrift auch die Deutung zu, dass der Gesetzgeber das Wort "persönliche Tätigkeit" hier zur Verdeutlichung und Abgrenzung gegenüber den in § 5 Abs. 6 Nr. 5 Satz 2 HmbBeihVO als beihilfefähig bezeichneten Sachkosten verwenden wollte, wenngleich hierfür auch das Wort "Tätigkeit" - ohne zusätzliches Adjektiv - ausgereicht hätte. Diese Deutung erscheint insbesondere dann als plausibel, wenn man - wofür nach Auffassung des erkennenden Senates sehr vieles spricht - die Vorschrift des § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO als abschließende Regelung für alle Fälle versteht, in denen es um die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Behandlung durch nahe Angehörige geht. Die genaue, sehr enge Definition der Sachkosten in § 5 Abs. 6 Nr. 5 Satz 2, die nur im Einzelfall und bis zur Höhe des nachgewiesenen Geldwertes auch bei der Behandlung durch nahe Angehörige beihilfefähig sind, legt dann den Schluss nahe, dass unter die nicht beihilfefähigen Aufwendungen für die "persönliche Tätigkeit" in § 5 Abs. 6 Nr. 5 Satz 1 HmbBeihVO alle anderen Kosten fallen sollen, die nach dem Behandlungsvertrag über die im Einzelfall zurechenbaren Sachkosten hinaus zu vergüten sind. Versteht man § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO in diesem Sinne als eine Vorschrift, die eine bestimmte Fallkonstellation - Behandlung durch nahe Angehörige - abschließend regelt, so können an anderer Stelle des Gesetzes verwendete Begriffe, wie z.B. der Begriff der "Leistungen", entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht maßgebend sein für die Auslegung der Worte "persönliche Tätigkeit".

Steht somit schon der Wortlaut nicht einer Auslegung entgegen, die auch eine nicht eigenhändig, sondern durch eine Hilfskraft erbrachte Tätigkeit des nahen Angehörigen in den Beihilfeausschluss des § 5 Abs. 6 Nr. 5 Satz 1 HmbBeihVO einbezieht, so sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift deutlich für eine derartige Auslegung.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 16.9.1992 (NVwZ 1993 S. 560) für die mit § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO insoweit übereinstimmende Vorschrift des § 5 Abs. 4 Nr. 6 der Beihilfevorschriften des Bundes hierzu ausgeführt:

"Dem Ausschluss der Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit naher Angehöriger ... liegt die verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Einschätzung des jeweiligen Vorschriftengebers zugrunde, es bestehe die naheliegende Möglichkeit, dass unter nahen Angehörigen ein ärztliches Honorar entweder nicht erhoben oder auf dasjenige beschränkt wird, was als Versicherungsleistung oder Beihilfe erstattet wird. Im letzteren Fall würden Honorarforderungen nur deshalb erhoben und nur deshalb erfüllt, weil letztlich Dienstherr und Krankenversicherung die Aufwendungen zu tragen haben".

Weil die Überprüfung der Ernsthaftigkeit der Honorarforderung im Einzelfalle mit großen Schwierigkeiten verbunden sei und ein tiefes Eindringen in die Privatsphäre des Betroffenen erforderlich mache, habe der Gesetzgeber - so führt das Bundesverfassungsgericht weiter aus - durch eine generalisierende, auch den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung tragende Regelung die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit naher Angehöriger ausschließen können.

Aus dieser Zweckbestimmung (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 25.10.1972, BVerwGE Bd. 41 S. 101 ff.) ergibt sich nach Auffassung des erkennenden Senats deutlich, dass es für den Beihilfeausschluss in § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO nicht entscheidend darauf ankommt, ob der nahe Angehörige die Behandlung selbst vorgenommen hat, sondern ob er diese auf Grund des Behandlungsvertrages in Rechnung stellen kann. Denn die Beihilfestelle soll nach dem zuvor wiedergegebenen Zweck der Vorschrift dadurch gerade der Pflicht enthoben werden, in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob die vom Beamten eingereichten Rechnungen als ausreichende Grundlage für eine ernsthaft gemeinte Honorarforderung des behandelnden nahen Angehörigen anzusehen sind oder ob sie nur als eine fingierte Unterlage für eine Beihilfefestsetzung dienen sollen. Berechtigt zum Stellen einer Rechnung ist aber nur der behandelnde Arzt - bzw. hier der Bruder der Klägerin als Inhaber des Massagestudios - als Vertragspartner, nicht der für diesen als Erfüllungsgehilfe tätig gewordene Angestellte. Die Tätigkeit eines solchen Erfüllungsgehilfen wird daher auch im beihilferechtlichen Schrifttum der persönlichen Tätigkeit eines von der Beihilfeausschlussvorschrift erfassten nahen Angehörigen zugerechnet (vgl. Mildenberger, Beihilfevorschriften, § 5 Anm. 41; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, § 5 Anm. 22).

Im gleichen Sinne hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 21.2.2001, NJW 2001 S. 3406) eine ähnliche Klausel in der privaten Krankheitskostenversicherung ("Keine Leistungspflicht besteht für Behandlungen durch Ehegatten, Eltern oder Kinder") ausgelegt. Er hat dazu ausgeführt:

"Betrachtet man nur den Wortlaut der Klausel, erscheint es denkbar, dass damit nicht die Behandlung im vertragsrechtlichen Sinn, sondern die tatsächliche Behandlung gemeint sein könnte. Diese begrenzte Sicht lässt jedoch den Zweck und den erkennbaren Sinnzusammenhang der Klausel außer Acht".

Die dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechende Anknüpfung an den Behandlungsvertrag führt zu einer sachgerechten und klaren Abgrenzung. Sie macht deutlich, dass der Beihilfeausschluss dann nicht eingreift, wenn der Beamte von einem nahen Angehörigen behandelt worden ist, der in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, etwa zu einem Krankenhaus, steht und selbst nicht liquidationsberechtigt ist. Die Gegenauffassung des Verwaltungsgerichts, nach der es auf eine eigenhändige Behandlung durch den nahen Angehörigen ankommen soll, würde zu dem Ergebnis führen, dass der Beamte in einem solchen Fall keine Beihilfe erhalten bzw. ein Versicherungsnehmer keine Versicherungsleistungen beanspruchen könnte, eine Folge, die weder ein Beamter noch ein privater Versicherungsnehmer (vgl. BGH, a.a.O. S. 3407) ernsthaft in Betracht ziehen wird. Das maßgebliche Abstellen auf den Behandlungsvertrag erlaubt auch sachgerechte Lösungen für den Fall einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis. Die dort tätigen Ärzte werden regelmäßig gleichberechtigt, in eigener Verantwortung und mit eigenem Liquidationsrecht, nicht aber in einem Über- und Unterordnungsverhältnis wie ein Erfüllungsgehilfe tätig. Es ist daher konsequent, einen Beihilfeanspruch dann nicht auszuschließen, wenn der Beamte durch einen Arzt behandelt wird, der mit dem nahen Angehörigen des Beamten eine Gemeinschaftspraxis betreibt (so VGH München, Urteil vom 22.11.1992, ZBR 1993 S. 222), wohl aber dann, wenn der in einer Gemeinschaftspraxis tätige nahe Angehörige, der letztverantwortlich über die Liquidation entscheidet, die Behandlung selbst vornimmt (vgl. Schröder/Beckmann/Weber, a.a.O.; Mildenberger, a.a.O.).

Ist es somit nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO geboten, die Tätigkeit von (nicht selbst liquidationsberechtigten) Mitarbeitern eines nahen Angehörigen in den Beihilfeausschluss einzubeziehen, so stehen dieser Einbeziehung auch keine sonstigen rechtlichen Bedenken entgegen. Dies gilt insbesondere für den Einwand des Verwaltungsgerichts, es lasse sich keine allgemeine Verkehrssitte und sittliche Pflicht feststellen, dass auch eine Behandlung durch Mitarbeiter naher Angehöriger unentgeltlich sei. Wenn sich die gesellschaftlichen Anschauungen auf diesem Gebiet in den letzen Jahren auch tendenziell geändert haben mögen, so dürfte die Vorstellung, gegenüber nahen Angehörigen nichts für eine Behandlung zu berechnen, doch nach wie vor auch bei der Einschaltung von Hilfspersonen nicht ganz unüblich sein und deshalb die gesetzliche Regelung, bei der dem Vorschriftengeber ein Einschätzungsspielraum zu steht, (noch) rechtfertigen. Nur dann, wenn die zu Grunde liegende Annahme inzwischen gänzlich fern läge, würde es an einem sachlichen Grund für eine vom Regelfall abweichende Regelung fehlen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.3.1982, ZBR 1983 S. 206).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Es bedarf einer höchstrichterlichen Klärung, wie der Begriff "persönliche Tätigkeit" in § 5 Abs. 6 Nr. 5 HmbBeihVO, der ebenso in § 5 Abs. 4 Nr. 6 der Beihilfevorschriften des Bundes und den Beihilferegelungen der meisten Bundesländer verwendet wird, auszulegen ist.



Ende der Entscheidung

Zurück