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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.06.2004
Aktenzeichen: 1 Bf 198/00
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 4
Das Neutralitätsgebot in Fragen weltanschaulicher und religiöser Bekenntnisse schließt eine Befugnis des Staates nicht aus, den Bürger und Unternehmen über eine richtige und sachliche Information hinaus zu beraten, es begrenzt aber diese Befugnis. Es ist zwischen der Beeinträchtigung der Glaubens- und Gewissensfreiheit und dem berechtigten Schutzbedürfnis der zu beratenden Bürger unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abzuwägen.
1 Bf 198/00

Verkündet am 17. Juni 2004

In der Verwaltungsrechtssache

Tenor:

2. Auf die Berufung der Klägerin zu 1) wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 7. April 2000 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Zwangsgeldes bis zu ... für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen folgende Erklärung:

...

wörtlich oder sinngemäß einer Firma oder einer Person deshalb zur Verfügung zu stellen,

- weil diese Firma oder Person eine geschäftsschädigende Beeinträchtigung ihres Rufes befürchten, wenn ihre Waren von Scientologen vertrieben werden;

und/oder

- weil diese befürchten, dass bei Gelegenheit des Vertriebs ihrer Waren Verkäufer, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu ihnen stehen, die Lehren von L. Ron Hubbard gegenüber Endverbrauchern oder anzuwerbenden Verkäufern verbreiten.

...

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1) erstrebt mit ihrer Klage, dass die Beklagte es in Zukunft unterlässt gegenüber Dritten die sogenannte Technologie-Erklärung im Geschäftsverkehr zu verwenden. Nach dieser Erklärung erklärt der Unterzeichner, ... .

Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin zu 1) ist Mitglied der Scientology-Kirche Deutschland, Hubbard Scientology Organisation ... und betreibt seit dem Jahre 1997 mit ihrem Sohn in Gesellschaft Bürgerlichen Rechts ein Wickelstudio in ... . Den Kunden der Klägerin zu 1) wird dabei ein so genannter Ganzkörperwickel nach einer bestimmten Methode angepasst, wodurch Gewichts- und Figurprobleme gelöst werden sollen. Zu den von der Klägerin zu 1) angebotenen Leistungen an ihre Kunden gehört u.a. die Verabreichung eines Vitaminkonzentrats mit der Bezeichnung ..., das von der Firma ... GmbH im Wege des partnerschaftlichen Direktmarketings vertrieben wird. Um dieses Vitaminkonzentrat selbst erwerben und weiter veräußern zu können wurde von der Klägerin zu 1) im November 1996 ein so genannter Beraterantrag gegenüber der ... GmbH gestellt (Anlage K 22, Bl. 109 ff. d.A. OVG Bs III 53/97). Sie verpflichtete sich darin, als Zwischenhändlerin und für eigene Rechnung zu handeln. Die Ware ging entweder an sie oder direkt an die Kunden. Ihre Tätigkeit sollte darin bestehen, einerseits selbst persönliche Einzelberatungen und Präsentationen durchzuführen, sowie ihre Stammkundschaft zu betreuen und andererseits neue Geschäftspartner anzuwerben, zu betreuen und beide Gruppen von Kunden durch Weitergabe des Wissens zu schulen. Ihr Verdienst lag in der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis und konnte durch Eigenumsatz und durch eine Beteiligung am Umsatz der von ihr geworbenen Mitarbeiter zusätzlich gesteigert werden. Die Klägerin zu 1) erhielt im Jahre 1997 ein Schreiben der Firma ..., in dem diese ihr mitteilte, dass sie sich wie viele andere Großunternehmen auch von der Beklagten habe beraten lassen. Es werde täglich durch die Medien darauf hingewiesen, wie ruf- und geschäftsschädigend es für namhafte Unternehmen und Personen sei, mit den Lehren von L. Ron Hubbard in Verbindung gebracht zu werden. Im Direktvertrieb sei ein unkontrollierter Einstieg möglich, so dass sich die Lehren von L. Ron Hubbard leicht verbreiten könnten. Vorsorglich habe man deshalb eine Erklärung ausgearbeitet, die sie - die Klägerin zu 1) - spätestens bis zum 1. März 1997 an die Firmenzentrale zurücksenden solle. Es wurde weiter in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass derjenige, der die Erklärung nicht bis zum 1. März 1997 oder einer weiter gesetzten Nachfrist bis zum 14. März 1997 unterschrieben zurückgesandt habe, als Mitarbeiter ausscheiden müsse (Anlage K 25 - Bl. 118 d.A. OVG Bs III 53/97 -). Inhalt der geforderten Erklärung war.

Die Erklärung war von der von dem Senat der Beklagten eingesetzten Arbeitsgruppe Scientology (AGS) ausgearbeitet und von der Leiterin der Arbeitsgruppe bei verschiedenen Vorträgen vor Industrie- und Handelskammern vorgestellt sowie in einem von der Leiterin verfassten Artikel der Zeitschrift Wirtschaftsspiegel 1/97 veröffentlicht worden.

In der Folgezeit stellte die Klägerin zu 1) mit Schriftsatz vom 14. April 1997 bei dem Verwaltungsgericht Hamburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass es der Beklagten bei Meidung eines Zwangsgeldes von bis zu 2.000,-- DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt würde gegenüber Dritten die Empfehlung auszusprechen, im geschäftlichen Verkehr die Technologie-Erklärung zu verwenden. Das Verwaltungsgericht Hamburg lehnte mit Beschluss vom 13. Mai 1997 (16 VG 1778/97) den Antrag ab. Der Antrag der Klägerin zu 1), die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zuzulassen wurde mit Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. November 1997 (OVG Bs III 53/97) zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Entscheidung vom 29. Januar 1998 nicht zur Entscheidung angenommen (Anlage K 88 Bl. 563 ff.) und zur Begründung ausgeführt, dass die erhobenen Rügen wegen materiellrechtlicher Verfassungsverstöße unzulässig seien. Die Klägerin zu 1), die bislang nur das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren durchgeführt habe, sei gehalten, hinsichtlich ihrer Rügen den Rechtsweg im Hauptsacheverfahren zu erschöpfen, um dort ohne Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts eine Korrektur der behaupteten Grundrechtsverstöße zu erwirken.

Zur Begründung ihrer mit Schriftsatz vom 23. April 1997 eingereichten Klage beim Verwaltungsgericht Hamburg hat die Klägerin zu 1) vorgetragen, dass die ehemalige Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete, Frau Ursula Caberta, die Einrichtung einer staatlichen Behörde mit der so genannten "Arbeitsgruppe Scientology"(AGS) erreicht habe, die es sich zur Aufgabe gemacht habe, Informationen über Praktiken, Einflüsse und Ausbreitung der Scientology-Kirche in Erfahrung zu bringen und zu bewerten sowie konkrete Handlungslinien aufzuzeigen. In dieser Arbeitsgruppe sei die Anti-Scientology-Erklärung, wie sie im Klagantrag wiedergegeben sei, entwickelt worden. Diese Erklärung werde von der Beklagten nicht nur dazu verwand, bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst oder der Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand sicherzustellen, dass man sich nicht mit Scientologen einlasse, sondern die AGS empfehle die Verwendung darüber hinaus auch öffentlich-rechtlichen Kammern sowie privaten Verbänden und Gewerbetreibenden. So verhalte sich auch die Leiterin der Arbeitsgruppe bei ihren Vorträgen bei Handelskammern, Wirtschaftsverbänden und sonstigen Gruppierungen. Auf entsprechende Anfragen versende die Beklagte die Erklärung und treibe bei Handelskammern und Wirtschaftsverbänden gleichsam eine Werbekampagne für diese Erklärung. Die Erklärung sei auch in verschiedenen Zeitschriften für die Wirtschaft abgedruckt worden. Unzutreffend sei die Behauptung der Beklagten, dass sie die Schutzerklärung nur an Unternehmen versende, die zum einen schon umfassend über die Scientology-Organisation aufgeklärt seien und zum anderen bereits die feste Absicht hätten, sich von deren Mitgliedern zu distanzieren. Deshalb sei auch die Grundrechtsbeeinträchtigung der Klägerin zu 1) durch die Firma ... GmbH der Beklagten zuzurechnen. Dem Geschäftsführer der Firma sei die streitgegenständliche Schutzerklärung in den Räumlichkeiten der Beklagten von der Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology übergeben worden. Die Handlungsweise der Beklagten stelle einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff in die Grundrechte der Klägerin zu 1) dar. Es seien ihre Grundrechte aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 4 Abs. 1 GG verletzt. Für die Klägerin zu 1) sei es in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Scientology-Organisation die Anforderung erfülle, die Art. 4 GG an eine Religionsgemeinschaft stelle. Denn unabhängig davon nehme sie die in dieser Organisation verbreiteten Lehren als ihr persönliches Bekenntnis an.

Grundlegender Ansatzpunkt der Scientology-Kirche sei die Unterscheidung des materiellen von dem geistigen Universum, welches "THETA" genannt werde. Es werde das Vorhandensein eines höchsten Wesens vorausgesetzt, das sich in dem einzelnen Menschen in der Existenz einer unsterblichen immateriellen Seele manifestiere. Die wesentlichen Inhalte der Scientology-Lehre hingen mit der transzendenten Wirklichkeit zusammen. Scientology betrachte sich als eine direkte Fortsetzung des Werkes von Buddha. Dies habe der Stifter der Religion L. Ron Hubbard in seinem Buch "Hymn of Asia" näher ausgeführt. Man glaube auch an die Wiederverkörperung der unsterblichen Seele nach dem körperlichen Tode. Die Seele sei der eigentliche Träger der Lebensenergie und befinde sich außerhalb des materiellen Universums. Diese Lebensenergie werde in der Scientology-Lehre "THETA" genannt und als eine "divine energy" verstanden. Die unsterbliche Seele bezeichne man demgegenüber als "THETAN". Sie repräsentiere das Leben im eigentlichen Sinne und berge alle göttlichen Qualitäten in sich. Die "reine" Natur der Seele bezeichne die Scientology-Lehre als "STATIK". Das materielle Universum werde "MEST" genannt, eine Zusammensetzung der englischen Begriffe für Materie, Energie und Zeit, aus denen das materielle Universum bestehe. Das Überleben von "THETA" hänge im Verhältnis zum materiellen Universum von der Veränderung und Organisation von "MEST" ab. "THETA" dringe in "MEST" ein, um immer höhere Lebensformen zu entwickeln und selbst höhere Stufen der Vernunft zu erreichen, um sich damit das materielle Universum zu erobern und zu verändern. Der Weg der Seele vom Göttlichen zum Materiellen könne hin und her gehen. Befreiung und Erlösung erlange die Seele durch Erkenntnis der eigenen Ursachen für die vielfältigen Verstrickungen. Schließlich könne man durch Weisheit und Wissen um die Gesetzmäßigkeiten des geistigen Universums den Weg zurück zum "STATIK" erlangen, der Welt des absoluten Seins. Es sei Aufgabe der durch unzählige Leben gewandelten Seele, ihre ursprünglich göttliche Natur durch rechtes Denken, rechtes Verstehen und Streben, sowie rechtes Handeln zum Nutzen der sog. "ACHT DYNAMIKEN" (Die Liebe oder das Streben nach Überleben für sich selbst, Familie und Kinder, die Gemeinschaft oder Gesellschaft, der man angehört, die gesamte Menschheit, die Pflanzen- und Tierwelt, das materielle Universum, das Universum alles Schöpferischen und Geistigen, sowie das allumfassende Universum Gottes) wiederzuerlangen und aus dem ewigen Kreislauf des Geborenwerdens und Sterbens befreit zu werden. Dies alles beinhalte die religiöse Philosophie von Scientology im Gegensatz zur religiösen Praxis. Bei der praktischen Verwirklichung der Lehre ginge es um den Weg zur Erlösung der menschlichen Seele. Dieser Weg der Erkenntnis leite zu einem ethischen und verantwortlichen Leben in allen "ACHT DYNAMIKEN". Der schrittweise Weg der Erkenntnis bestehe zum einen aus der Seelsorge, dem "AUDITING" und zum anderen aus dem Studium der religiösen Lehre selbst und dem damit verbundenen Gewinn an Weisheit und Verstehen über das Universum und die Bestimmung des Einzelnen. L. Ron Hubbard habe diesen "Weg der Wahrheit" als "DIE BRÜCKE" bezeichnet. "DIE BRÜCKE" sei eine Folge aufeinander aufbauender Erlösungs- und Bewusstseinsstufen, die von dem einzelnen Mitglied erreicht werden müssten. Die zwei Hauptstufen der Erlösung werden "CLEAR" und "OPERATING THETAN" genannt. Zur Erreichung dieses Ziels müsse jedes Mitglied im Rahmen des "AUDITING" durch Erkenntnis seiner eigenen Ursächlichkeiten in dieser und vergangenen Lebensepochen zurück zu seiner geistigen Natur finden. Dieser Weg sei abhängig vom Verständnis der Person über die Gesetze des Theta-Universums. Deshalb sei es unabdingbar, dass jeder durch intensives Studium der Scientology-Lehre und ihrer Anwendung auf das Leben Gewissheit erhalte. Dieser Erkenntnisweg durch "AUDITING" und Studium sei von L. Ron Hubbard genau festgelegt worden und werde als "Technologie" bezeichnet. Das Studium der Lehre und die praktische Ausübung der Lehrinhalte werde in einführenden und fortgeschrittenen Kursen und Seminaren vollzogen. Die Seminare seien stufenmäßig aufgebaut und würden in die jeweils höhere Bewusstseinsstufe überleiten. In den Kursen setze man sich mit allen Bereichen des Lebens auseinander, wie Ehe, Partnerschaft, Arbeit, Beruf und Erziehung, die Menschen vielfach als Barrieren für ihren geistigen Fortschritt erachteten und die ihrer Erlösung im Wege stünden. Als Lehrer fungiere der "AUDITOR", der an der kirchlichen Akademie ausgebildet worden sei. Weitere Aufgabe jedes Mitglieds sei es, die Lehre durch Missionierung zu verbreiten u.a. durch Vorträge, Filme, aber auch den Verkauf von Büchern. Kein Anhänger der Scientology-Lehre werde Mitglied in einer Scientology-Kirche oder Mission, um wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Ein kleinerer Teil der Kurse befasse sich mit der Administration der Kirche. Die Kirchen seien nach der geistigen Hierarchie des Lebens von oben nach unten aufgebaut. Jede Hauptabteilung sei in drei Unterabteilungen aufgeteilt, über denen ein Leiter stehe. In der Bundesrepublik Deutschland hätten alle Kirchen und Missionen der Scientology-Kirche den Status eingetragener Vereine, deren Satzungen den organisatorischen Grundrahmen festlegten. Im übrigen sei die Scientology-Kirche weltweit verbreitet. Die Mitglieder würden regelmäßig gemeinsam Andachten und Feiern in der Kirche durchführen.

Die Technologie von L. Ron Hubbard bedeute in der Scientology-Religion die religiöse Lehre selbst. Genau diese sei damit das Angriffsobjekt der Beklagten. In den USA seien die Scientologen als Religionsgemeinschaft anerkannt. Hier solle aber schon die bloße Mitgliedschaft in der Scientology-Kirche zum geschäftlichen Ausschluss der Anhänger führen. So habe auch der Kultusminister der Bayerischen Staatsregierung einen Jazzmusiker diskriminiert, der Mitglied der Scientology-Kirche sei. Er habe ihn wegen seiner religiösen Überzeugung von einer staatlich geförderten Veranstaltung ausgeschlossen. Dies habe im Jahre 1996 zur Intervention von Vorsitzenden von vier Kongressausschüssen aus den USA geführt. Auch im Bericht der Sonderbeauftragten der UN vom 20. Dezember 1994 werde der Bundesrepublik Deutschland eine religiöse Diskriminierung von Mitgliedern der Scientology-Kirche vorgeworfen. Die AGS besitze keine verfassungsrechtliche Grundlage und keine Kompetenz zu bundesweitem Eingriffshandeln. Außerdem griffen die staatlichen Äußerungen unverhältnismäßig in die Grundrechte der Mitglieder ein. Angestrebte Vertragsbeziehungen kämen nicht zustande, bestehende Geschäftsverbindungen würden aufgelöst und Beschäftigungsverhältnisse gekündigt. Dies führe zu schwer wiegenden Folgen für die Betroffenen und letztlich zur Vernichtung ihrer Existenz. Es sei kein Ziel der Scientologen, wirtschaftliche Macht zu erreichen oder auszuüben, geschweige denn die Wirtschaft zu unterwandern. Die Kirche betätige sich nicht wirtschaftlich. Inhalt der vertraglichen Beziehungen der Klägerin zu 1) zur Firma ... sei im wesentlichen der Ankauf des Vitaminkonzentrats gewesen verbunden mit einer Weitergabe an ihre Kunden.

Das Verhalten der Beklagten verstoße gegen Art. 3 GG und hier den Grundsatz der Wettbewerbsneutralität. Es erfülle darüber hinaus auch den Tatbestand der Sittenwidrigkeit wie er in § 826 BGB und § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb enthalten sei, weil der freie Wettbewerb beeinflusst werde. Die Beklagte verstoße ebenfalls gegen die Diskriminierungsverbote aus § 26 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung und Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Soweit das Verhalten der Beklagten auf einen systematischen Ausschluss der Scientologyanhänger aus dem Wirtschaftsleben gerichtet sei, liege ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG vor in Form einer objektiven Berufszulassungsbeschränkung, der nur dann zulässig wäre, wenn die entsprechenden Maßnahmen zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überwiegend wichtiges Gemeingut erforderlich wären, was hier nicht der Fall sei. Im Übrigen wäre die Vorgehensweise der Beklagten auch bei einer Wertung als Berufsausübungsregelung unzulässig, weil kein vernünftiger Grund bestehe, Scientologyanhänger aus dem privaten Wirtschafts- und Berufsleben auszuschließen. Das Verhalten der Beklagten stelle weitergehend auch noch einen Verstoß gegen die durch Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Rechte dar, denn letztlich stehe hinter dem Verhalten der Beklagten der Grundsatz, dass man mit Scientologen keine Geschäfte machen dürfe. Die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr liege vor. Es sei zu erwarten, dass die Beklagte ihre Bemühungen, die Technologie-Erklärung zu verbreiten, noch verstärken werde. Die Klägerin zu 1) müsse darüber hinaus befürchten, dass die Technologie-Erklärung auch andere Anbieter erreiche und zu entsprechendem Verhalten veranlasse. Die von ihr praktizierte Wickelmethode müsse durch Vitaminkonzentrate in der Nahrung ergänzt werden. Ihre berufliche Zukunft sei daher einem erheblichen Risiko ausgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 1999 wurde die Klage erweitert. Die Klägerin zu 3), ebenfalls ein Mitglied der Scientology-Kirche, schloss sich der Klage der Klägerin zu 1) an und begründete dies damit, dass bei ihr derselbe Sachverhalt vorliege wie bei der Klägerin zu 1). Sie beziehe sich daher auf deren Sachvortrag. Sie sei mit dem Vitaminprodukt der Firma ... GmbH erstmalig im Rahmen einer Informationsveranstaltung zu einem nicht mehr näher zu bestimmenden Zeitpunkt in Berührung gekommen. Hier habe sie sich von dem Produkt sehr angesprochen gefühlt und am 28. Oktober 1996 einen Beratervertrag mit der Firma abgeschlossen. Für den optimalen Vertrieb des Produkts habe sie an einem Seminar der Firma ... teilnehmen sollen. Ein Anmeldeformular und die Schutzerklärung sei ihr dann im Februar 1997 mit der Aufforderung übersandt worden, sie bis zum 14. März 1997 unterschrieben zurückzusenden. Nachdem sie sich hierzu außerstande gesehen habe, habe der Geschäftsführer der Firma ... GmbH die Geschäftsbeziehungen zu ihr abgebrochen und sie an dem Seminar nicht teilnehmen können.

Die Klägerinnen zu 1) und 3) haben beantragt:

die Beklagte hat es bei Meidung eines Zwangsgeldes bis zu 2.000,-- DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

a) gegenüber Dritten die Empfehlung auszusprechen, im geschäftlichen Verkehr nachfolgende Erklärung zu verwenden,

b) und/oder nachfolgende Erklärung zur Verwendung im geschäftlichen Verkehr in Umlauf zu bringen,

c) und/oder in sonstiger Weise für die Verwendung nachfolgender Erklärung im geschäftlichen Verkehr zu werben, wobei das Unterlassungsgebot auch die sinngemäße Wiedergabe der Erklärung beinhaltet:

Erklärung

...

hilfsweise der Beklagten aufzugeben,

die im Hauptantrag beschriebene Vorgehensweise zumindest in ihrem Zuständigkeitsbereich zu unterlassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unabhängig von der Frage, ob sich der Abwehranspruch der Klägerinnen bereits unmittelbar aus den Grundrechten oder aber i.V.m. § 1004 BGB ergebe, besäßen die Klägerinnen keinen Unterlassungsanspruch aus Art. 4 GG. Durch die so genannte Technologie-Erklärung würden die Klägerinnen nicht daran gehindert, weiterhin ihre scientologischen Anschauungen zu haben und auszuüben. Sie würden hierdurch nicht einem grundrechtlich erheblichen Druck ausgesetzt, mit der Folge, dass sie sich von ihrem Bekenntnis distanzieren müssten. Denn weder im Glaubensbekenntnis noch in der Vereinssatzung der Scientology-Kirche Deutschland, Hubbard Scientology Organisation ... vom 2. Mai 1983 (Bl. 86 ff d.A.) werde der Begriff "Technologie von L. Ron Hubbard" verwendet. Allenfalls könnten wirtschaftliche Interessen der Klägerinnen betroffen sein. Die streitgegenständliche Verhaltensweise der Beklagten stelle aber auch keinen Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 i.V.m. Art. 14 GG dar. Der Klägerin zu 1) bliebe es weiterhin unbenommen ein Wickelstudio zu betreiben bzw. bestimmte Vitaminprodukte zu erwerben oder zu vertreiben. Allenfalls könne mit der Unterzeichnung der so genannten Technologie-Erklärung die Gefahr des Verlustes bestimmter Geschäftsbeziehungen und damit einhergehender Gewinnerwartung verbunden sein. Eine Berufsregelung sei damit nicht verbunden. Die bloße faktische Fernwirkung auf die berufliche Tätigkeit der Klägerinnen stelle jedenfalls keine voraussehbare und in Kauf genommene, schwerwiegende oder nachhaltige Beeinträchtigung ihrer Berufsfreiheit dar. Es stehe ihnen völlig frei, sich an andere Lieferanten für das von ihnen benötigte Produkt zu wenden. Ein Eingriff in Art. 14 GG liege ebenfalls nicht vor. Denn ein betriebsbezogener Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin zu 1) durch Vorlage der so genannten Technologie-Erklärung sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Es bestehe nämlich wie das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. November 1997 zutreffend ausgeführt habe (OVG Bs III 53/97) zwischen den Äußerungen der Beklagten und den Einbußen der Klägerin zu 1) kein adäquater Kausalzusammenhang. Weder habe eine Äußerung der Beklagten die Möglichkeit von betrieblichen Einbußen der Klägerin zu 1) erhöht, noch sei ihr das Verhalten der Firma ... GmbH zuzurechnen. Frau Caberta habe als Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology auf der Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer in Lüneburg, an der der Geschäftsführer der Firma ... teilgenommen habe, die Verwendung der Technologie-Erklärung nicht empfohlen. Die Versendung der Erklärung durch die Beklagte erfolge nur auf Nachfrage an dritte Personen und stelle keine Verhaltensweise dar, die in Gestaltungsabsicht auf den grundrechtlich geschützten Bereich des Art. 14 GG einwirke, da diese Verhaltensweise keinerlei Appellfunktion gegenüber der Öffentlichkeit beinhalte. Das Verhalten der Beklagten sei nicht final, weil sie sich darauf beschränke, den Nachfragen bereits informierter und schutzsuchender Bürger nachzukommen. Es gebe Nachfrager, die aufgrund der Aufklärungsarbeit über die Gefährlichkeit der Scientology-Organisation in einem autonomen Entscheidungsfindungsprozess zu dem Entschluss gelangten, sich vor einer Einflussnahme der Scientology-Organisation schützen zu wollen und sich deshalb an die Beklagte wendeten. Sie fordere niemanden auf, Geschäfte mit Scientologen zu unterlassen. Weitere Eingriffe in grundrechtlich geschützte Positionen der Klägerinnen aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 GG lägen nicht vor. Darüber hinaus finde die Verbreitung der so genannten Technologie-Erklärung im Rahmen der Aufklärungsarbeit der Beklagten statt. Die Aufklärungsarbeit sei ein rechtlich zulässiger Bestandteil ihres Aufgabenbereichs. Der Senat der Beklagten habe aufgrund der ihm zustehenden Befugnis zur Information der Öffentlichkeit das Recht über destruktive Kulte, Psychogruppen und so genannte neue religiöse und weltanschauliche Bewegungen zu informieren. Das Recht auf Öffentlichkeitsarbeit ergebe sich unmittelbar aus den Aufgaben einer Landesregierung. Sie betreibe Aufklärungsarbeit allgemeiner Art über die von der Scientology-Organisation ausgehenden Gefahren wie sie in der Bürgerschaftsdrucksache 15/4059 vom 26. September 1995 (Bl. 212 ff. d.A.) zum Ausdruck komme. Die AGS sei am 8. September 1992 bei der Behörde für Inneres eingerichtet worden und habe ihre Tätigkeit am 1. Februar 1993 aufgenommen. Im Zuge dieser Aufklärung erteile sie u.a. Informationen über Gefahren, die die Wirtschaft beträfen. Infolge der Aufklärungsarbeit etabliere sich ein Gefahrbewusstsein im Hinblick auf die Scientology-Organisation. In diesem Zusammenhang erreichten sie diverse Anfragen danach, wie man sich vor diesen Gefahren schützen könne. Hierbei weise sie in Einzelfällen auf die Möglichkeit des Einsatzes der so genannten Technologie-Erklärung hin. Dieser Hinweis setze jedoch voraus, dass die Ratsuchenden eine Nachfrage an die Beklagte getätigt hätten. Im Anschluss daran würde die Technologie-Erklärung von den am Wirtschaftsleben teilnehmenden Personen selbständig weiter verwendet. Die Beklagte besitze keinen weiteren Einfluss mehr darauf. So verhalte es sich auch im Falle der Klägerinnen. Zwischen der Firma ... GmbH und der Beklagten bestehe kein Rechtsverhältnis und habe auch keines bestanden. Es bestehe auch nicht zwischen ihr und den Klägerinnen. Die Beklagte habe zum ersten Mal anlässlich dieses Rechtsstreits von der Existenz der Klägerinnen Kenntnis erlangt. Im Übrigen fehle es auch an einer Wiederholungsgefahr des behaupteten rechtswidrigen Eingriffes. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerinnen aufgrund der noch zukünftig von der Beklagten zu verteilenden Technologie-Erklärung potentielle Beraterverträge nicht abschließen könnten.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 7. April 2000 die Klagen abgewiesen. Die allgemeine Leistungsklage in der Form der Unterlassungsklage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerinnen könnten ihr Begehren nicht erfolgreich auf § 1004 BGB in entsprechender Anwendung stützen. Zwar eröffne der hoheitliche Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechts durch einen Träger der öffentlichen Gewalt nach dem Rechtsgedanken des § 1004 BGB u.a. einen öffentlich- rechtlichen Unterlassungsanspruch gleichsam als Sanktion gegen rechtswidriges Handeln des Staates. Hier fehle es jedoch an einer Betriebsbezogenheit der Handlung der Beklagten im Sinne einer adäquaten Verursachung sowie am Vorhandensein einer Wiederholungsgefahr. Es liege kein betriebsbezogener Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerinnen vor. Zwischen den Äußerungen und Handlungen der Beklagten und etwaigen Einbußen der Klägerinnen bestehe kein adäquater Kausalzusammenhang. Die Klägerinnen hätten nicht im Ansatz dargelegt, welche betrieblichen Beeinträchtigungen bzw. Einbußen sie durch die Nichtunterzeichnung der Erklärung erlitten hätten. So bliebe bereits offen, ob sie das notwendige Vitaminpräparat nicht zu gleichen Konditionen von einem anderen Lieferanten hätten beziehen können und ob sich der Abbruch der Geschäftsbeziehungen zur Firma ... GmbH überhaupt betriebsbezogen ausgewirkt habe. Jedenfalls hätten die Handlungen und Äußerungen der Beklagten in keinem Zusammenhang mit den gewerblichen Tätigkeiten der Klägerinnen gestanden. Die unmittelbare Beeinträchtigung der Geschäftsbeziehungen zu der Firma ... sei aufgrund der eigenen Entscheidung der Geschäftsführung dieser Firma erfolgt, die keine geschäftlichen Kontakte zu Scientologen habe unterhalten wollen. Diese Entscheidung habe die Firma, die keine Monopolstellung habe, im Rahmen ihrer Privatautonomie treffen können, ohne gegen geltendes Recht zu verstoßen. Die fehlende Adäquanz wirke sich nicht nur im Hinblick auf einen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb der Klägerinnen aus, sondern auch soweit diese sich in ihrem Grundrecht aus Art. 4 GG bzw. in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder anderen Rechten, deren Verletzung sie rügten, beeinträchtigt fühlten. Auch insoweit sei der Schwerpunkt der Verursachung nicht die Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten, sondern das eigenverantwortliche Handeln der Firma ... GmbH. Weiterhin mangele es an einer erkennbaren Wiederholungsgefahr. Die bei § 1004 BGB anspruchsbegründend geforderte Wiederholungsgefahr sei die auf Tatsachen gegründete objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Derartige objektive Tatsachen könnten nicht festgestellt werden. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Die Verurteilung der Beklagten, das streitgegenständliche Verhalten in ihrem Zuständigkeitsbereich zu unterlassen, unterliege den gleichen Voraussetzungen, die auch bei dem Hauptantrag erfüllt sein müssten. Insoweit werde auf die vorangegangenen Ausführungen Bezug genommen.

Die Berufung der Klägerinnen ist mit Beschluss vom 16. September 2003 zugelassen worden.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin zu 1) vor: Der Geschäftsführer der Firma ... GmbH habe ca. 1996 auf einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer Lüneburg Kenntnis von der Technologie-Erklärung erhalten. Er habe dann mit der Beklagten Kontakt aufgenommen und sich in den behördlichen Räumlichkeiten der Beklagten die fragliche Erklärung aushändigen lassen. Daraufhin habe die Firma ... GmbH von der Klägerin zu 1) die Unterzeichnung der Technologie-Erklärung verlangt, da man anderenfalls einen Belieferungsboykott ausüben wolle. Die Klägerin zu 1) sei Mitglied der Scientology-Kirche ... . Sie betrachte diese Mitgliedschaft als die Mitgliedschaft in einer religiösen Vereinigung und sehe sich außerstande, durch die Unterzeichnung der Erklärung ihrem Glauben abzuschwören. Die Firma ... GmbH habe den angedrohten Lieferboykott in die Tat umgesetzt und die Geschäftsbeziehung mit der Klägerin zu 1) aufgekündigt. Die Klägerin zu 1) sehe sich durch die Verbreitung der Technologie-Erklärung durch die Beklagte in ihren Rechten verletzt und habe diese zur Unterlassung der Verbreitung aufgefordert. Erst als diese das abgelehnt habe, habe sie den Rechtsweg bestritten. Die Verbreitung der Technologie-Erklärung durch die Beklagte stelle einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Scientologen dar. Sie verletze die Klägerin zu 1) in ihrer Menschenwürde und bezwecke deren Diskriminierung. Sie solle sowohl im privaten als auch im beruflich-gewerblichen Bereich aus dem Rechtsverkehr ausgeschlossen werden und Boykottmaßnahmen gegen sie gefördert werden. Außerdem sehe sich die Klägerin zu 1) durch das Verhalten der Beklagen in ihrem Recht auf Glaubensfreiheit beeinträchtigt. Das Verhalten der Beklagten stelle eine verbotene Diskriminierung der Klägerin zu 1) aufgrund ihrer religiös weltanschaulichen Überzeugung dar. Darüber hinaus sei es ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG Abs. 1 GG, der die freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzsicherung gewährleiste. Nichts könne die Absicht der Beklagten rechtfertigen, eine Personengruppe wegen ihrer Glaubensüberzeugung aus dem Wirtschafts- und Erwerbsleben auszugrenzen. Die Verbreitung der Erklärung verstoße gegen den "Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte" und gegen das Verbot in Art. 85 EGV. Das behördliche Handeln verstoße auch gegen die "Richtlinie 2000 / 78 / EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf", deren Frist zur Umsetzung am 2. Dezember 2003 abgelaufen sei ohne dass die Bundesrepublik Deutschland bisher entsprechende Maßnahmen getroffen habe, wie aus der dem Gericht vorgelegten Antwort der EG-Kommission vom 29. April 2004 auf die Schriftliche Parlamentarische Anfrage E - 0775 / 04 des Abgeordneten Maurizio Turco an die Kommission hervorginge. Danach sei dem Staat aufgegeben, die Menschenwürde und als deren Ausfluss auch das Persönlichkeitsrecht gegenüber jedermann zu schützen. Es sei menschenunwürdig, wenn man die Klägerin zu 1) wegen ihrer Überzeugung aus den Bereichen des Berufs- und Erwerbslebens ausschlösse und damit ihre wirtschaftliche Existenz zerstöre. Das Handeln der Beklagten sei auch als ein verbotener offener oder zumindest verdeckter Boykottaufruf im Sinne des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb anzusehen. Es stelle eine sittenwidrige Schädigung der Klägerin zu 1) dar und schließlich würde der Auffangtatbestand des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Anwendung finden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehe auch eine Wiederholungsgefahr. Fragen der Kausalität und Adäquanz stellten sich überhaupt nicht, denn die geschaffene Gefährdungslage sei der bereits eingetretene Schaden, so dass es auf konkrete Schadensauswirkungen im Zusammenhang mit dem Unterlassungsanspruch überhaupt nicht ankäme. Die Firma ... habe von der Beklagten die Erklärung erhalten und verwendet. Damit sei das Verhalten der Beklagten zumindest mitursächlich gewesen. Ergänzend weise sie auf die bisherigen schriftsätzlichen Vorträge in erster Instanz hin und mache sie ebenfalls zum Gegenstand des Berufungsvorbringens. Die Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology habe weiterhin pflichtwidrig einen Scheck über 75.000,-- US Dollar von einem erklärten Gegner der Scientology-Kirche entgegengenommen. Sie habe die Absicht geäußert, Scientology fertig machen zu wollen. Damit habe sie die ihr gesetzlich auferlegte Pflicht zur Objektivität und Zurückhaltung sowie zur Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns missachtet. Dies stelle eine sittenwidrige Schädigung dar und mache es zwingend erforderlich, dass die Beklagte die Verteilung der Scientology-Erklärung sofort einstelle.

Die Klägerin zu 3) ist ... 2001 verstorben. Ihre Berufung wurde weder begründet noch stellte ihr Prozessbevollmächtigter einen Berufungsantrag, da er nicht zuverlässig wisse, wer Erbe sei und ob dieser ein Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens habe.

Die Klägerin zu 1) beantragt,

1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 7. April 2000, Aktenzeichen 16 VG 2913/97 wird aufgehoben;

2. die Beklagte hat es bei Meidung eines Zwangsgeldes bis zu 1.022,58 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen

a) gegenüber Dritten die Empfehlung auszusprechen im geschäftlichen Verkehr nachfolgende Erklärung zu verwenden,

b) und/oder nachfolgende Erklärung zur Verwendung im geschäftlichen Verkehr in Umlauf zu bringen,

c) und/oder in sonstiger Weise für die Verwendung nachfolgender Erklärung im geschäftlichen Verkehr zu werben.

wobei das Unterlassungsverbot auch die sinngemäße Wiedergabe der Erklärung beinhaltet:

Erklärung

...

hilfsweise der Beklagten aufzugeben,

die im Hauptantrag beschriebene Vorgehensweise zumindest in ihrem Zuständigkeitsbereich zu unterlassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerinnen zu 1) und zu 3) zurückzuweisen.

Die Anträge seien unbegründet. Das Verwaltungsgericht habe als mögliche Anspruchsgrundlage die Regelung des § 1004 BGB in entsprechender Anwendung geprüft und habe unter umfassender Berücksichtigung und rechtlicher Würdigung des wesentlichen Sachverhalts die Klage abgewiesen. Sie sehe sich durch die erstinstanzliche Entscheidung in ihrem auf Ablehnung des Unterlassungsanspruchs gerichteten Vortrag aus den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie der Hauptsache bestätigt und nehme hierauf ausdrücklich bezug. Des weiteren beziehe sie sich auf ihr Vorbringen aus dem Berufungszulassungsverfahren. Die Rechtsbeeinträchtigungen seien durch sie nicht adäquat verursacht worden. Sie selbst habe von der Existenz der Klägerinnen erst nach Verwendung des Erklärungsvordrucks durch die Firma ... GmbH und im Falle der Klägerin zu 1) namentlich durch die Antragstellung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Kenntnis erlangt. Die Übersendung des Erklärungsvordruckes sei nur auf entsprechende Anfrage der Firma ... erfolgt, die bereits entschlossen gewesen sei, nicht mit Angehörigen der Scientology-Organisation kontrahieren zu wollen. Sie fordere niemanden auf von irgendwie gearteten Beziehungen zu Angehörigen der Scientology-Organisation abzusehen oder diese abzubrechen. Der streitige Erklärungsvordruck selbst enthalte keinerlei diesbezügliche Empfehlung. Die Tätigkeit der Arbeitsgruppe Scientology bei der Beklagten bestehe in Bezug auf die Öffentlichkeit aus zwei Hauptkomplexen: Zum einen betreibe die Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit in Form von Broschürenherausgabe, Medienarbeit und Vorträgen. Hierbei nehme sie die Funktion des Senats der Beklagten als Staatsleitung wahr, wie sie zuletzt durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 2002 beschrieben worden sei (1 BvR 558/91 und 1 BvR 1428/91 zur Informationstätigkeit im Bereich des Verbraucherschutzes - Glycolweinliste - sowie 1 BvR 670/91 zur Informationstätigkeit im Bereich sogenannter Sekten- und Psychogruppen). Zum anderen stehe die Arbeitsgruppe der Öffentlichkeit für Beratungen in konkreten Einzelfällen zur Verfügung. Sie biete konkrete Hilfe beim Umgang mit der Scientology-Organisation an. Sollte der Beratene vertragliche Beziehungen vermeiden wollen, werde u.U. die hier streitgegenständliche Technologie-Erklärung herausgegeben. Diese Einzelfallberatung finde ausschließlich aus Anlass entsprechender Beratungsersuchen der betroffenen Person statt. Die Entscheidung, sich gegen Einflüsse von Seiten der Scientology-Organisation schützen zu wollen, werde insofern nicht durch die Übergabe des Erklärungsvordruckes getroffen; sie sei vielmehr bereits gefallen und bilde den Anlass für das Beratungsersuchen an die Beklagte. Sie gebe den Vordruck nicht ohne vorherige Anforderung heraus und auch nicht in den Fällen, in denen es dem Beratenen darum ginge, herauszufinden, ob jemand Scientologe sei. Sie sei bereit, die Erklärung herauszugeben, wenn die Anwendung der Grundsätze der Scientology in konkreten Geschäftsbeziehungen für den Beratenen zu einem Problem werden könne und die Erklärung geeignet sei, diese Probleme zu bewältigen. Es werde jedoch darauf geachtet, ob ein Kontrahierungszwang bestehe. Aufgrund des Vertriebssystems der Firma ... halte sie es in ihrem Falle für zulässig, die Scientology-Erklärung auszuhändigen. Zum einen sei das wirtschaftliche Interesse einer solchen Firma schutzwürdig, nicht durch eine Zusammenarbeit mit Scientology Rufschädigungen und damit verbunden wirtschaftliche Einbußen hinnehmen zu müssen. Zum anderen ziele der Direktvertrieb ihrer Produkte darauf ab, weitere Mitarbeiter für den Direktvertrieb zu gewinnen. Im Rahmen der Werbung für weitere Mitarbeiter könne die Technologie von L. Ron Hubbard weiter verbreitet werden. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend entschieden, dass die Übergabe des Erklärungsvordruckes an die Firma ... nicht adäquat kausal für den Vertragsabbruch mit der Klägerin zu 1) geworden sei. Die Firma ... unterliege bei der Auswahl ihrer Vertragspartner keinerlei Kontrahierungszwängen. Sie könne nach freiem Ermessen entscheiden, mit welchen Personen sie kontrahieren wolle und mit welchen nicht. Die Arbeitsgruppe Scientology habe ihrerseits mit der unstreitig festgestellten Beratung der Firma ... im Rahmen ihrer Aufgabenzuweisung gehandelt. Mit der Hingabe des Erklärungsvordrucks habe sie keinerlei Impuls gesetzt, der für den Abbruch der Geschäftsbeziehungen als adäquat kausal bezeichnet werden könnte. Damit könne auch kein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB analog begründet werden. Der Hilfsantrag sei ebenfalls zu Recht durch das Verwaltungsgericht abgewiesen worden. Der Vorwurf der Befangenheit der Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology beziehe sich auf Vorgänge aus dem Jahre 2000, die damit zeitlich erheblich nach dem hier streitigen Vorfall lägen. Es sei von daher ausgeschlossen, dass diese Vorgänge, unterstelle man sie als wahr, Einfluss auf das Verhalten der Beklagten gehabt haben könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 17. Juni 2004 sowie den gesamten Inhalt der Gerichtsakte (1 Bf 198/00) und der Akten aus dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (OVG Bs III 53/97).

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin zu 3) ist gem. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 5 VwGO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht gem. § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung begründet worden ist. Der Beschluss vom 16. September 2003, aufgrund dessen die Berufung zugelassen worden ist, wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin zu 3) am 23. September 2003 zugestellt. Eine Begründung der Berufung erfolgte nicht. Der Bevollmächtigte der Klägerin zu 3) erklärte in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2004 vor dem Gericht, dass er keine Anträge stellen wolle. Die Berufung ist damit nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist begründet worden. Durch den Tod der anwaltlich vertretenen Klägerin zu 3) wurde der Prozess nach § 246 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 173 VwGO nicht unterbrochen, ein Aussetzungsantrag wurde ebenfalls nicht gestellt.

II.

Die Berufung der Klägerin zu 1) ist in dem tenorierten Umfang zulässig und begründet. Im übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten lediglich verlangen, es in Zukunft zu unterlassen, die sog. Technologie-Erklärung wörtlich oder sinngemäß einer Firma oder Person deshalb zur Verfügung zu stellen, weil diese eine geschäftsschädigende Beeinträchtigung ihres Rufes befürchten, wenn ihre Waren von Scientologen vertrieben werden und/oder weil diese befürchten, dass bei Gelegenheit des Vertriebs ihrer Waren Verkäufer, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu dieser Firma oder Person stehen, die Lehren von L. Ron Hubbard gegenüber Endverbrauchern oder anzuwerbenden Verkäufern weiter verbreiten.

1. Es mag dahingestellt bleiben, ob sich der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch gegenüber staatlicher Informationstätigkeit der Beklagten unmittelbar aus den Grundrechten ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.5.1989 - 7 C 2/87-, NJW 1989 S. 2272, 2273) oder ob er im Wege der Analogie bzw. durch Heranziehung des allgemeinen Rechtsgedankens aus §§ 1004, 906 BGB, der gleichermaßen für das öffentliche Recht gilt, herzuleiten ist. Denn er ist ungeachtet seiner dogmatischen Herleitung in der Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt. Er setzt voraus, das eine erstmalige oder nochmalige Beeinträchtigung einer u.a. grundrechtlich geschützten Rechtsposition ernstlich zu besorgen und der Rechtsinhaber nicht verpflichtet ist, diese zu dulden (OVG Münster, Urt. v. 23.4.1999 - 21 A 490/97-, NVwZ-RR 2000 S. 599, 600; Laubinger, VerwArch 1989 S. 261,289,291 m.w.N.).

2. Die Klägerin zu 1) kann für ihren Glauben an die scientologische Lehre bzw. ihre Weltanschauung den Schutz des Art. 4 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen. Gem. Art. 4 Abs. 1 GG ist die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Verständnisses unverletzlich. Das Gedankengebäude der Scientology-Organisation befasst sich mit transzendenten Inhalten und der Stellung und Bedeutung des Menschen in der Welt. Werden die Lehren von L. Ron Hubbard über die unsterbliche Seele als Träger einer Lebensenergie (THETA) und als THETAN sowie ihr Verhältnis zu dem als MEST bezeichneten materiellen Universum und des Weges der durch unzählige Leben gewandelten Seele geglaubt, sowie der an Erlösungsstufen erinnernde Weg zu höheren Daseinsstufen (CLEAR und THETAN) verinnerlicht, so liegt darin eine Weltanschauung oder ein religiöses Bekenntnis.

Insoweit lässt der Senat die Frage offen, ob auch die Scientology Kirche Deutschland e.V. und andere scientologische Organisationen den Schutz des Art. 4 GG für Weltanschauungsgemeinschaften und religiöse Gemeinschaften genießen. Es kommt im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob die ideellen Zielsetzungen der Scientology-Lehren von diesen Organisationen nur als Vorwand für wirtschaftliche und unter Umständen machtpolitische Betätigungen dienen, wie dies das Bundesarbeitsgericht hinsichtlich der wirtschaftlichen Interessenwahrnehmung angenommen hat (BAG, Beschl.v.22.3.1995 - 5 AZB 21/94 -, NJW 1996 S. 143,147). Denn es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Klägerin selbst innerlich nicht in einer für sie verbindlichen Weise an die transzendentalen Elemente der Lehre von L. Ron Hubbard glaubt. Im Gegenteil : Für sie sind die transzendentalen Elemente verbindlicher Glaubens- bzw. Weltanschauungsinhalt. Sie hat die Lehren der Scientologen als für sich verbindlich anerkannt und wegen ihrer innerlichen Gebundenheit an diese Lehre auch wirtschaftliche Nachteile in Kauf genommen. Dies zeigt sich u.a. an ihrer Weigerung, ihren Glauben bzw. ihre Weltanschauung gegenüber der Firma ... zu verleugnen sowie ihrer Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation .... Unabhängig von der Frage, ob die Organisationen der Scientologen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften darstellen, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es neben der Klägerin zahlreiche weitere Scientologen gibt, die die Lehren von L. Ron Hubbard nicht als Mittel zur Erlangung wirtschaftlicher Erfolge und u.U. von Machtpositionen betrachten, sondern in dem Gedanken und Ideengebäude Hubbards verfangen subjektiv ernsthaft an die transzendentalen Inhalte glauben und die mit dieser Lehre verbundenen Regeln als für sich bindend empfinden. Damit steht fest, dass die Klägerin nicht nur eine allein von ihr persönlich vertretene, individuelle religiöse oder weltanschauliche Überzeugung besitzt, sondern diese in Gemeinschaft mit anderen teilt und insoweit den Schutz des Art. 4 GG genießt.

3. Bedeutung und Tragweite der grundrechtlichen Gewährleistung aus Art. 4 Abs. 1 GG verpflichten den Staat, sich in Fragen des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses neutral zu verhalten und nicht seinerseits den religiösen Frieden in der Gesellschaft zu gefährden. Art. 4 Abs. 1 GG schützt daher gegen diffamierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft. Der neutrale Staat ist jedoch nicht gehindert, das tatsächliche Verhalten einer religiösen oder weltanschaulichen Gruppierung oder das ihrer Mitglieder nach weltlichen Kriterien zu beurteilen, auch wenn das Verhalten letztlich religiös motiviert ist. Der Staat kann die Öffentlichkeit oder interessierte Bürger über religiöse und weltanschauliche Gruppen informieren und sich kritisch mit ihnen auseinandersetzen. Nur die Regelung genuin religiöser oder weltanschaulicher Fragen, nur die parteiergreifende Einmischung in die Überzeugungen und Handlungen Einzelner bzw. religiöser oder weltanschaulicher Gruppen ist ihm untersagt. So darf er religiöse Bekenntnisse nicht durch Ausgrenzung benachteiligen (BVerfG, Beschl.v. 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, NJW 2002 S. 2626,2627; Urt. v. 19.12.2000 - 2 BvR 1500/97 -, NJW 2001 S.429,432). Der Staat hat sich deshalb im Umgang mit Weltanschauungsgemeinschaften besondere Zurückhaltung aufzuerlegen, deren konkretes Maß sich an den Umständen des Einzelfalls zu orientieren hat.

4. Die Beklagte hat hier die Grenzen der zulässigen staatlichen Information und Beratung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang überschritten. Ihr Verhalten ist insoweit verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Allerdings ist der Beklagten nicht verwehrt, sachlich über die Scientologybewegung zu informieren und in Einzelfällen beratend tätig zu werden.

4.1. Voraussetzung für zulässiges staatliches Informationshandeln sind das Vorliegen einer staatlichen Aufgabe und die Einhaltung der Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern sowie die Beachtung der Anforderungen an die Richtigkeit und Sachlichkeit der Information (BVerfG, Beschl.v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 u.a. -, NJW 2002 S. 2621,2622). Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Vorgänge und Entwicklungen, die für den Bürger und die Gesellschaft von Wichtigkeit sind, ist von der dem Senat der Beklagten gem. Art. 30 GG zugewiesenen Aufgabe der Staatsleitung gedeckt.

Der Senat ist hier aufgrund eines Bürgerschaftlichen Ersuchens tätig geworden. Er hat im September 1992 die Arbeitsgruppe Scientology (AGS) bei der Behörde für Inneres eingerichtet, die im Februar 2003 ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Aufgrund der in der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 26. September 1995 (Bü/Drs. 15/4059) vorgelegten Bewertung der Tätigkeiten der Scientology-Organisation hat der Senat eine umfassende Aufklärungsarbeit durch die Arbeitsgruppe in die Wege geleitet, wie in dem Zwischenbericht der Arbeitsgruppe über ihre Aktivitäten näher niedergelegt worden ist (Anlage zur Bü/Drs. 15/4059). Der Senat der Beklagten konnte sich dabei auf seine verfassungsunmittelbare Aufgabe der Staatsleitung stützen, ohne dass es einer zusätzlichen gesetzlichen Ermächtigung bedurft hätte. Die Zuweisung einer Aufgabe berechtigt grundsätzlich zur Informationstätigkeit im Rahmen der Wahrnehmung dieser Aufgabe. Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt hier mangels klassischer Eingriffsqualität keine darüber hinausgehende besondere Ermächtigung durch den Gesetzgeber (vgl. BVerfG, Beschl.v. 26.6.2002 -1 BvR 670/91 -, NJW 2002 S.2626, 2629; Beschl.v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 u.a. -, NJW 2002 S. 2621, 2623).

Können Aufgaben der Regierung oder Verwaltung mittels öffentlicher Informationen wahrgenommen werden, liegt in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln. Informationshandeln unter heutigen Bedingungen geht über die herkömmliche Öffentlichkeitsarbeit hinaus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es in einer Demokratie Aufgabe der Regierung, die Öffentlichkeit über wichtige Vorgänge zu unterrichten und den Bürgern bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme zu helfen und sie zu eigenverantwortlicher Mitwirkung an der Problembewältigung zu befähigen. Insoweit erwarten die Bürger für ihre persönliche Meinungsbildung und Orientierung von der Regierung Informationen, die sonst nicht verfügbar sind. Dies trifft insbesondere für Bereiche zu, in denen die Informationsversorgung der Bevölkerung interessengeleitet ist und die gesellschaftlichen Kräfte nicht ausreichen, um ein hinreichendes Informationsgleichgewicht herzustellen (BVerfG, Beschl.v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 u.a. -, NJW 2002 S. 2621, 2623).

Hier beunruhigten zahlreiche Publikationen und in der Öffentlichkeit wahrgenommene Verhaltensweisen der Scientology-Organisation bei der Mitgliederwerbung und auch bei Grundstücksgeschäften von Scientology-Anhängern die Bürger. Es ist für den Einzelnen kaum möglich, umfassende Informationen über die gesamte, sich weltweit erstreckende Organisation, deren Ziele und Arbeitsweise zu erhalten. Die Scientology-Lehre basiert auf einem weit gefächerten Schrifttum, auf Büchern, Zeitschriften, Aufsätzen und Vorträgen. Der einzelne Bürger ist, wenn überhaupt, jedenfalls nicht innerhalb einer angemessenen Zeit in der Lage, das Gedankensystem und die Aktivitäten der Scientology-Bewegung aufzunehmen und die damit verbundenen Gefährdungen zu bewerten. In dieser Situation ist es zulässig, dass die Beklagte die Bürger über Scientology informiert.

4.2. Die Beklagte ist darüber hinaus berechtigt, auf Nachfrage auch beratend hinsichtlich der mit der Scientology-Bewegung verbundenen Gefährdungen tätig zu werden. Eine derartige Beratung ist nicht schon deshalb verfassungswidrig, weil mit ihr notwendig Elemente verbunden sind, mit denen der Staat gegen die Scientology-Bewegung Stellung nimmt. Vielfach sind für den Bürger aus der reinen Information über wichtige gesellschaftliche Vorgänge wirksame Gegenmaßnahmen erkennbar, um für sich die befürchteten Gefahren vermeiden zu können. In Fällen aber, in denen - wie hier - wegen der Komplexität und der Schwierigkeit der Materie bzw. wegen der Aktivitäten die abstrakt erkannten Gefahren nicht unmittelbar wahrgenommen werden und der Bürger sich damit auch nicht in der von ihm gewünschten Weise davor sicher schützen kann, wäre es widersinnig, wenn der Staat grundsätzlich gehindert wäre, auf Nachfrage auch Verhaltensempfehlungen oder mögliche Schutzmaßnahmen aufzuzeigen, zu denen der Bürger allein nur schwer bzw. überhaupt nicht in der Lage ist. Wegen des sehr komplexen Gedankengebäudes, das die Grundlage der Scientology-Lehre bildet, sowie der vielfältigen Aktivitäten der scientologisch geprägten Organisationen ist eine einzelne Person oder Firma kaum in der Lage mit angemessenem Aufwand für ihren Bereich sofort wirksame Schutzmaßnahmen gegen eine unerwünschte Infiltration der religiösen bzw. weltanschaulichen Lehre ergreifen zu können. Nur durch eine effektive Beratung können von den Bürgern befürchtete Beeinträchtigungen schnell und wirkungsvoll gering gehalten werden.

Dieser Beratung zieht das Gebot staatlicher Neutralität in Fragen des weltanschaulichen und religiösen Bekenntnisses aber Grenzen. Art. 4 GG schützt nicht allein gegen hoheitliche unmittelbare Eingriffe in die Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit. Auch mittelbar faktische Auswirkungen staatlichen Handelns beeinträchtigen das Grundrecht aus Art. 4 GG rechtswidrig, wenn sie sich verfassungsrechtlich nicht hinreichend rechtfertigen lassen (BVerfG, Beschl.v. 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, NJW 2002 S. 2626,2628).

Geht es um die Bewertung von Vorgängen, die religiöse oder weltanschauliche Gruppen betreffen, bzw. um eine entsprechende Beratung von Bürgern, müssen die Reaktionen des Staates, die in den Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG fallen, insbesondere dem Anlass, der sie ausgelöst hat, angemessen sein. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, welche belastenden Folgen die mittelbar-faktisch betroffenen Grundrechtsträger nachvollziehbar zum Abwägungsgegenstand machen können (BVerfG, Beschl.v. 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, NJW 2002 S.2626,2631) und welches Schutzbedürfnis andererseits vorliegt.

Eine staatliche Beratung und damit verbundene Verhaltensempfehlungen im Hinblick auf den Umgang mit Personen, die für sich den Schutz des Art. 4 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen können, ist unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes daher nur dann rechtmäßig, wenn einerseits eine Gefahr von der Person oder der religiösen bzw. weltanschaulichen Gruppierung, der sie angehört, ausgeht, und andererseits bei dem Ratsuchenden ein überwiegendes anerkennenswertes Schutzbedürfnis vorliegt.

Diesen Grundsätzen kann es entsprechen, dass die Beklagte Firmen auf Nachfrage die von ihr erstellte sog. Technologie-Erklärung zur Verfügung stellt. Denn von der Scientology-Bewegung können Gefährdungen ausgehen, die es rechtfertigen, Firmen durch Übergabe der Technologie-Erklärung zu helfen, sich vor einer Ausnutzung durch die Scientologybewegung zu schützen.

Die von Scientology ausgehende Gefährdung wie sie in der Bü/Drs 15/4059 dargelegt ist, besteht insbesondere in der Verstrickung des Einzelnen in die Organisation. Ihm ist auferlegt, durch die Technik des "AUDITING" immer weitere Bewusstseinsstufen zu erreichen. Dies erfolgt in Kursen, die nur zu einem hohen Preis absolviert werden können, weshalb immer mehr Mitglieder sich hoch verschulden. Eine Person, die höhere "Befreiungsstufen" erreichen möchte, muss eine Vielzahl von Kursen, Seminaren und Auditing-Sitzungen hinter sich bringen. Durch Reinigungsrituale soll man zunächst die Stufe des "CLEAR" erreichen und später die des "THETAN". Entgegengesetzte Gefühle oder andere Hindernisse werden dabei als sozial schädlich eliminiert. Aufgabe und Ziel der Menschen, die zu Scientology geraten, ist darüber hinaus im Rahmen eines strikten Anweisungssystems innerhalb der Organisation an der Schaffung einer scientologischen Gesellschaft mitzuarbeiten. Dadurch entsteht die Gefahr, dass Anhänger von Scientology dem bürgerlichen Leben sowie ihren Angehörigen, Familien und ihrem Freundeskreis gänzlich entfremdet werden und in eine Bewegung eintauchen, die sich nur an den Vorgaben von Scientology orientiert, sie ihr Leben völlig daran ausrichten und andere Lehren und Einstellungen nicht mehr dulden. Dies lässt die Entstehung einer Parallelgesellschaft befürchten, deren Grundsätze denen einer auf Toleranz und Achtung der Meinungsfreiheit anderer basierenden freiheitlichen demokratischen Gesellschaft widersprechen. Dem stufenweisen Eintreten von Bürgern in die Scientology-Organisationen kann die Beklagte durch Information und Beratung grundsätzlich entgegenwirken.

Voraussetzung für eine in diesem Rahmen auf Nachfrage erfolgende Übergabe der Technologie-Erklärung ist aber, dass bei der nachfragenden Firma ein Schutzbedürfnis vorliegt, das es rechtfertigt, Scientologen durch Verwendung der Technologie-Erklärung von den Geschäftsbeziehungen der nachfragenden Firma oder auch der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses auszuschließen.

4.3. Ein derartiges überwiegendes Schutzbedürfnis bestand bei der Firma ... gegenüber der Klägerin nicht. Die bloße Sorge um den Ruf eines Unternehmens rechtfertigt es noch nicht, dass der Staat durch Verbreitung der Technologie-Erklärung gezielt dazu beiträgt, Scientologen wirtschaftlich zu benachteiligen und von Geschäftsbeziehungen auszuschließen. Auch kann der Wunsch eines Betriebes nicht genügen, dass seine Produkte von Scientologen verwendet werden und der Weiterverkauf seiner Produkte Gelegenheit geben könnte, für die Scientology-Lehren zu werben. Verbreitet die Beklagte aus diesen Gründen die von ihr entworfene Technologie-Klausel oder eine gleichwertige Klausel, so nimmt sie damit in rechtswidriger Weise Partei und grenzt sie Anhänger der Scientology-Lehre in unzulässiger Weise aus dem Wirtschaftsleben aus.

So lag es bei der Weitergabe der Klausel an die Firma ... . Die Firma ... legte die Technologie-Erklärung ihren sog. Beratern zur Unterschrift vor, an die sie ihre Produkte auf eigene Rechnung lieferte. Die Berater gehören nicht zu dem Unternehmen selbst und stehen auch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Firma ... . Sie sind unabhängige Verkäufer der Produkte und fungieren als Zwischenhändler auf eigenen Namen und eigene Rechnung. Ihr Verdienst besteht in der Weiterveräußerung der Waren mit einer Gewinnspanne. Sie haben keinen Einfluss in der Firma und treten auch nicht für diese nach außen auf. Eine Infiltration und Einflussnahme auf die Firma ... ist deshalb nicht zu befürchten. Die Klägerin zu 1) ist selbständig und betreibt ein eigenes Studio, in dem sie u.a. das Produkt ... der Firma ... ihren Kunden anbieten möchte. Sie nimmt somit im Verhältnis zur Firma ... in üblicher Weise am Wirtschaftsleben teil, in dem sie Produkte zur Bedarfsdeckung für ihr Wickelstudio erwirbt. Der in diesem Umfang von der Beklagten unterstützte Ausschluss der Klägerin zu 1) von Lieferungen, der sich ausdehnen kann, wenn weitere Lieferanten dem Beispiel der Firma ... folgen und ebenfalls die von der Beklagten empfohlene Technologie-Erklärung einsetzen, birgt die Gefahr eines weitgehenden Ausschlusses aus dem allgemeinen Wirtschaftsleben in sich. Dies ist mit der von der Firma ... befürchteten Rufschädigung und der Befürchtung wirtschaftliche Einbußen nicht zu rechtfertigen.

Die Gefahr einer Weitergabe der Lehre von L. Ron Hubbard durch die Klägerin zu 1) beim Verkauf des Produkts und bei der Werbung weiterer ebenfalls selbständig arbeitender Verkäufer bzw. sog. Berater erachtet der Senat als so gering, dass eine ernstzunehmende Bedrohung nicht in Betracht gezogen werden kann. Insoweit überwiegt das Gebot staatlicher Neutralität in religiösen und weltanschaulichen Fragen. Eine Wiederholungsgefahr ist, soweit eine Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin zu 1) vorliegt, ebenfalls gegeben. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2004 erklärt, Firmen mit einem ähnlichen Vertriebssystem wie dem der Firma ... die Erklärung weiter aushändigen zu wollen wegen des wirtschaftlichen Interesses einer solchen Firma und des Schutzes gegen eine weitere Verbreitung der Lehre von L. Ron Hubbard.

4.4. In welchen Fällen die Beklagte im einzelnen berechtigt ist, die Technologie-Erklärung zu übergeben, bedarf keiner Entscheidung. Dass sie die Technologie-Erklärung nicht öffentlich verbreiten darf, steht nach dem oben Ausgeführten fest. Der Vertreter der Beklagten hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, die Scientology-Erklärung inzwischen nur noch im Rahmen einer Beratung auszuhändigen, wenn nach genauer Prüfung des Schutzbedürfnisses des Ratsuchenden die Privatperson ein schutzwürdiges Interesse dargelegt habe, etwa weil sie in Sorge sei, dass ihr Betrieb infiltriert werde. Sie achte dabei insbesondere auch darauf, ob für die beratene Firma ein Kontrahierungszwang bestehe. Erfolgt - wovon der Senat nach den Erklärungen der Beklagten ausgeht - keine öffentliche Verbreitung der Technologie-Erklärung mehr, sondern leitet die Beklagte die Erklärung nur auf der Grundlage einer Einzelfallabwägung weiter, so besteht keine Gefahr, dass die Klägerin von künftigen Maßnahmen der Beklagten betroffen sein wird. Soweit die Klägerin Produkte für ihr Wickelstudio bezieht oder sie selbständig Produkte von Lieferanten anderweitig veräußert und weitere selbständige Verkäufer gewinnen und von deren Umsätzen profitieren will, ist sie durch das von dem Berufungsgericht ausgesprochene Verbreitungsverbot geschützt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die in ... tätige Klägerin auf der Grundlage ihrer geschäftlichen Ausrichtung und Aktivitäten von einer außerhalb dieser Konstellationen erfolgenden künftigen Weitergabe der Technologie-Erklärung seitens der Beklagten betroffen sein könnte. Insoweit fehlt es für einen Unterlassungsanspruch an der erforderlichen Gefahr einer künftigen Beeinträchtigung ihrer Glaubensfreiheit.

Insbesondere ist nicht zu befürchten, dass die Klägerin von einer Verwendung der Technologie-Erklärung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten betroffen sein könnte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin in Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten treten könnte. Insoweit hat auch ihr Hilfsantrag keinen Erfolg.

5. Die Klägerin kann auch nicht gestützt auf Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG in einem weiteren Umfang als tenoriert verlangen, dass die Beklagte es unterlässt, die Technologie-Erklärung weiter zu geben. Auch insoweit fehlt es aus den oben dargelegten Gründen an einer Gefahr einer Beeinträchtigung ihrer Rechtsposition.

Entsprechendes gilt soweit sich die Klägerin auf Art. 2 des "Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte" der Vereinten Nationen stützt, der Gesetzeskraft hat (BGBl. Teil II 1973 S. 1534 ff.). Auch insoweit fehlt es zumindest an einer Gefahr einer Beeinträchtigung ihrer etwaigen Rechte und ist sie durch das ausgesprochene Unterlassungsgebot ausreichend geschützt.

Aus diesem Grunde scheidet es auch aus, zu Gunsten der Klägerin einen weitergehenden Unterlassungsanspruch als - wie ausgeführt - oben aus Art. 4 GG abgeleitet aus Art. 9 EMRK herzuleiten. Gem. Art. 9 EMRK darf die Religions- und Bekenntnisfreiheit nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind.

Schließlich liegt in der Aufklärungstätigkeit und der nach Abwägung der schutzwürdigen Interessen im Einzelfall erfolgten Empfehlung, die Technologie-Erklärung zu verwenden kein rechtswidriger Boykottaufruf. Soweit das staatliche Informationshandeln nach den dargelegten Maßstäben rechtmäßig ist, verstößt es nicht gegen Wettbewerbsregeln nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Beklagte ist darüber hinaus hier nicht erwerbswirtschaftlich tätig geworden, so dass ihr Verhalten nicht an den Vorschriften dieses Gesetzes zu messen ist. § 1 UWG setzt voraus, dass die inkriminierte Handlung zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr erfolgt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn.2).

Die von der Klägerin zu 1) weiterhin gerügte Verletzung der "Richtlinie 2000 / 78 / EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf" (Amtsblatt EG Nr. L 303 v. 2.12.2000, S. 0016 ff.) geht ebenfalls fehl. Die nach Überschreitung der Umsetzungsfrist noch nicht in innerstaatliches Recht transferierte Richtlinie gilt für alle Personen in Bezug auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit, den Zugang zur Berufsberatung, die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, sowie die Mitgliedschaft in Arbeitnehmerorganisationen. Eine mögliche Diskriminierung im Zusammenhang mit dem Vertrieb einer Ware ist von dem Regelungsgehalt dieser Richtlinie nicht erfasst. Insofern unterfällt die Klägerin zu 1) nicht dem Geltungsbereich der Richtlinie. Im übrigen ist sie auch insoweit bereits ausreichend durch das ausgesprochene Unterlassungsgebot geschützt.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Klägerin hat ein umfassendes Verbreitungsverbot erstrebt, dass es der Beklagten gänzlich verbieten sollte, gegenüber wem auch immer und in welchen Zusammenhängen auch immer die Technologie-Erklärung weiterzugeben oder zu verwenden. Insofern hat ihre Klage nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 173 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, inwieweit staatliches Informationshandeln in Bezug auf eine religiöse Gruppierung auch die Möglichkeit einer staatlichen Beratung und Verhaltensempfehlung mit umfasst, höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.

Ende der Entscheidung

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