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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.10.2003
Aktenzeichen: 1 Bf 213/03
Rechtsgebiete: HWG


Vorschriften:

HWG § 49 Abs. 2 Nr. 2
Zum Begriff der gärtnerischen Anlage im Sinne von § 49 Abs. 2 Nr. 2 HWG.
1 Bf 213/03

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Raecke und Dr. Meffert am 22. Oktober 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27. Februar 2003 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 3103,53 EUR (6.069,97 DM) festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antrag hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Das Vorbringen des Klägers rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, mit der das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage Beim Riesenstein (von Mergelgrund bis Kehre) zum weit überwiegenden Teil abgewiesen hat.

1. Der Kläger macht in erster Linie geltend, der Beitragsanspruch sei verjährt: Es handele sich bei der Erschließungsanlage nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts um eine Mischfläche im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG. Dementsprechend ergäben sich die Voraussetzungen für die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage aus § 49 Abs. 2 HWG. Diese Voraussetzungen seien bereits 1969 erfüllt gewesen, so dass die Festsetzungsverjährung im Jahre 1974 eingetreten sei. Auf die erst 1997 erteilte Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde nach § 125 Abs. 2 BauGB a.F. komme es nicht an; die Zustimmung sei nicht erforderlich gewesen, weil Umfang und Verlauf der Erschließungsanlage bereits 1969 festgestanden hätten.

Die Überlegungen des Klägers überzeugen nicht. Der Kläger übersieht, dass die von ihm genannten Regelungen über die Mischflächen in den §§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 49 Abs. 2 HWG im Jahre 1969 noch nicht galten. Sie sind erst durch das 9. Änderungsgesetz vom 5. Juni 1984 (GVBl. S. 104) eingefügt worden.

Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 HWG lagen aber auch in der Zeit vom Inkrafttreten des 9. Änderungsgesetzes bis zum Abschluss der 1998 durchgeführten Baumaßnahmen nicht vor. Dies gilt selbst dann, wenn man den Umstand außer Acht lässt, dass der Grunderwerb im Hinblick auf das letzte für die Erschließungsanlage verwendete Flurstück (Flurstück 9022) erst im Jahre 1999 abgeschlossen war. Denn es handelte sich bei der Straße Beim Riesenstein von Mergelgrund bis Kehre in der hier interessierenden Zeit (noch) nicht um eine Mischfläche im Sinne der §§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 49 Abs. 2 HWG. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Wie aus der Straßenakte ersichtlich ist, war die insgesamt etwa 5,80 m breite Straße mit einer cirka 2,90 m bituminös befestigten Fahrbahn ausgestaltet. Auf der Nordseite verlief ein cirka 1,50 m breiter, von der Fahrbahn nicht abgegrenzter Seitenstreifen. Auf der Südseite befand sich ein cirka 1,40 m breiter, von der Fahrbahn durch Hochborde abgegrenzter und mit Grand befestigter Gehweg. Auch wenn es gelegentlich so gewesen sein mag, dass Fahrzeuge beim Begegnungsverkehr die Nebenflächen mit benutzt haben, so kann doch nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass es sich bis zu den Baumaßnahmen im Jahre 1998 nicht um eine der Mehrfachnutzung durch Fußgänger und Kraftfahrzeuge dienende Mischfläche, sondern um eine solche Erschließungsanlage gehandelt hat, für die sich die Merkmale der endgültigen Herstellung aus § 49 Abs. 1 HWG ergaben. Diese Voraussetzungen waren schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers damals nicht erfüllt. Wie der Kläger selbst einräumt, war die Fahrbahn nicht auf beiden Seiten in der erforderlichen Weise durch Bordsteine, Straßenrinnen oder Trennstreifen abgegrenzt. Hieraus folgt, dass die 5jährige Festsetzungsfrist des § 63 Abs. 1 HWG bei Erlass des angefochtenen Bescheides vom 3. November 1999 noch nicht abgelaufen gewesen sein kann.

2. Der Kläger meint, der Erschließungsbeitragsbescheid sei auch deshalb aufzuheben, weil es sich bei der nur 72 m langen Stichstraße um einen unselbständigen Teil der Anbaustraße Mergelgrund handele. Er trägt dazu vor, die Behauptung, die Stichstraße sei erst später angelegt worden, treffe nicht zu; die Straße sei als "Bergstraße" bereits in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts angelegt worden.

Der Einwand des Klägers trifft nicht. Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, dass es sich bei der Straße Beim Riesenstein in dem nur 72 m langen Abschnitt von Mergelgrund bis Kehre um eine selbständige Erschließungsanlage und nicht um ein unselbständiges "Anhängsel" der Straße Mergelgrund handele, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Überlegung begründet, dass die Straße Beim Riesenstein von Mergelgrund bis Kehre erst nach der endgültigen Herstellung der Straße Mergelgrund durch die Bauarbeiten 1998 endgültig hergestellt worden sei. Diese Überlegungen werden durch das Vorbringen des Klägers nicht in Frage gestellt; dass die Straße Beim Riesenstein bereits in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts endgültig hergestellt worden sei, behauptet der Kläger nicht und könnte dies auch im Übrigen nicht erfolgreich tun.

3. Der Kläger trägt vor, die Höhe der Beiträge sei fehlerhaft berechnet worden: Bei der Verwendung von Einheitssätzen - wie in Hamburg - sei die Gemeinde gehalten, vorhandene Bausubstanz entsprechend mindernd zu berücksichtigen. Das sei hier unterlassen worden.

Mit diesen allgemein gehaltenen Bemerkungen zur Höhe der Beiträge werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidungen dargelegt. In Betracht käme im Sinne des Klägers allenfalls die Vorschrift des § 2 Satz 3 des Gesetzes über die Höhe der Einheitssätze nach dem Hamburgischen Wegegesetz in der Fassung des 2. Änderungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (GVBl. S. 383), wonach dann, wenn sich die Herstellung einer Teilanlage über mehrere Jahre erstreckt, für die Ermäßigung der Einheitssätze nach Satz 1 der Vomhundertsatz für das Jahr maßgebend ist, bis zu dem der überwiegende Teil der Herstellungsarbeiten abgeschlossen worden ist. Der Kläger hat indes nicht einmal behauptet, dass die Mischfläche überwiegend bereits vor 1998 hergestellt worden sei. Im Übrigen fehlt es hierfür auch sonst an hinreichenden Anhaltspunkten.

4. Der Kläger wendet schließlich ein, die Straße sei bis heute nicht endgültig hergestellt worden. Wie das Verwaltungsgericht eingeräumt habe, sei ein 31 m² großer Teil der Anlage nur mit Oberboden bedeckt worden. Dies erfülle nicht die Anforderungen an die "gärtnerische Herstellung" im Sinne von § 49 Abs. 2 HWG.

Der Einwand des Klägers greift nicht durch. Die Abdeckung mit Oberboden ist dort geschehen, wo private Grundstückshecken sowohl mit ihren Zweigen als auch mit ihrem Wurzelwerk erheblich in den öffentlichen Grund hineinragen, und dient dem weiteren Gedeihen dieser Hecken. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann § 49 Abs. 2 Nr. 2 HWG nicht so verstanden werden, dass die Flächen, die weder zum Befahren geeignet noch mit gewalzter Schlacke befestigt sind, bis auf den letzten Zentimeter bepflanzt oder angesät werden müssen, damit die Mischfläche endgültig hergestellt ist. Regelmäßig ist bei einer Bepflanzung eine Abdeckung der die Pflanze umgebenden und für ihr Gedeihen notwendigen Flächen mit Oberboden erforderlich, weshalb auch diese Flächen bei natürlicher Betrachtungsweise zu den gärtnerisch angelegten Flächen der Erschließungsanlage gehören. Das gilt auch hier.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 13 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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