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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 04.05.2007
Aktenzeichen: 1 Bf 29/07.Z
Rechtsgebiete: BBiG, VO über Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfte Bilanzbuchhalterin
Vorschriften:
BBiG § 1 | |
VO über Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfte Bilanzbuchhalterin § 2 |
Die erforderlichen Erfahrungen muss der Prüfungsbewerber nicht in einer betrieblichen Berufspraxis erworben haben. Eine andere ausgeübte berufliche Tätigkeit mit betrieblichen Bezug kann ausreichen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und Schulz sowie die Richterin Walter am 4. Mai 2007 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Dezember 2006 zuzulassen, wird abgelehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin ist Dipl. Volkswirtin und hat die beiden Staatsprüfungen für das Lehramt an berufsbildenden Schulen bestanden. Sie war von 1985 bis 2005 an der gemeinnützigen Stiftung ..........-Schule, einer kaufmännischen Fortbildungs- und Umschulungseinrichtung für Erwachsene, vollschichtig als Dozentin für Rechnungswesen, Wirtschaftslehre, Bürowirtschaftslehre, EDV und Lohn- und Gehaltsbuchhaltung tätig. Im November 2005 beantragte die Klägerin die Zulassung zur Fortbildungsprüfung zur Geprüften Bilanzbuchhalterin. Nachdem die Beklagte die Zulassung zu der im Frühjahr 2006 beginnenden Prüfung abgelehnt hatte, erreichte die Klägerin im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zur Prüfung (10 E 831/06). Die auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, die Klägerin zur Fortbildungsprüfung Geprüfte Bilanzbuchhalterin zuzulassen, hatte Erfolg.
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Urteil vom 19. Dezember 2006 ausgeführt, der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Bilanzbuchhalter/Geprüfte Bilanzbuchhalterin (im Folgenden: VO). Die Klägerin habe durch Vorlage insbesondere der Tätigkeitsbescheinigung der Stiftung .......... - Schule glaubhaft gemacht, dass sie durch ihre Lehrtätigkeit Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben habe, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigten. Sie verfüge über eine fast 20-jährige Erfahrung als Dozentin und habe im Rahmen des Unterrichts Modellfirmen mit den notwendigen Stammdaten eingerichtet, Einzelabrechnungen, Lohn- und Gehaltslisten und Gewinn- und Verlustrechnungen erstellt. Dies sei zwar keine Tätigkeit im realen Wirtschaftsleben eines Betriebes. Die in den Betrieben der Auszubildenden entstehenden praktischen Probleme seien aber Gegenstand des Unterrichts gewesen. Dass für den Erwerb der nach § 2 Abs. 2 VO geforderten "Erfahrungen" zwingend eine betriebliche Tätigkeit erforderlich sei, ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Regelung noch aus seiner Funktion als Öffnungsvorschrift für "Außenseiter". Eine Verengung der Erfahrungen auf eine betriebliche Berufspraxis würde den Anwendungsbereich der Vorschrift ohne Not verkürzen. Auch gebiete der in § 1 Abs. 1 VO und in § 1 Abs. 4 BBiG zum Ausdruck kommende Zweck einer Fortbildungsprüfung nicht zwingend eine vorangehende betriebliche Tätigkeit des Bewerbers. Die Klägerin sei fast 20 Jahre lang vollzeitig berufstätig gewesen und habe nicht nur durch praxisorientierte Fachliteratur oder durch gelegentliche Aushilfstätigkeiten Kenntnisse und Fertigkeiten erworben, sondern gerade durch ihre Berufstätigkeit. Die Lehrtätigkeit decke auch den Aufgabenbereich eines Bilanzbuchhalters nach § 1 Abs. 2 VO ab. Offen bleiben könne, ob § 2 Abs. 2 VO der Beklagten einen Ermessensspielraum einräume. Bei Annahme eines grundsätzlich gegebenen Ermessensspielraums läge jedenfalls eine Ermessensreduzierung auf Null vor.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts dargelegten Zulassungsgründe, die allein Gegenstand der Prüfung im Zulassungsverfahren sind (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Klägerin einen Anspruch auf die Zulassung zur Fortbildungsprüfung zur Geprüften Bilanzbuchhalterin hat.
a) Der Vortrag der Beklagten, an den Voraussetzungen für die Zulassung der Klägerin zur Geprüften Bilanzbuchhalterin fehle es deshalb, weil diese die zu fordernde betriebliche Berufserfahrung nicht glaubhaft machen könne, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. § 2 Abs. 2 VO verlangt für die Zulassung zur Fortbildungsprüfung, dass der Antragsteller durch geeignete Nachweise glaubhaft macht, dass er Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben hat, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, weist der Wortlaut der Vorschrift - möglicherweise anders als § 2 Abs. 1 VO - nicht aus, dass "Erfahrungen" nur solche sein können, die durch eine betriebliche Berufstätigkeit erworben worden sind. Sinn und Zweck der Prüfung der Zulassung zur Fortbildungsprüfung ist die Feststellung, ob der Antragsteller über Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er die Prüfung zum Geprüften Bilanzbuchhalter bestehen wird und dass er über die notwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen verfügt, um die in § 1 Abs. 2 VO beschriebenen Aufgaben eines Bilanzbuchhalters wahrzunehmen. Darüber hinaus weisen die Zulassungsvoraussetzungen in § 2 VO in ihrem systematischen Zusammenhang eine unterschiedliche Wertung auf: Während § 2 Abs. 1 VO als Voraussetzung für die Zulassung bereits die Abschlussprüfung in einem anerkannten kaufmännischen oder verwaltenden Ausbildungsberuf und/oder eine (unterschiedlich lange) Berufspraxis verlangt, knüpft Abs. 2 in Abgrenzung dazu als "Außenseitervorschrift" daran an, ob Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen vorliegen, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen. Die Vorschrift nimmt in ihrer Funktion als Ausnahmeregelung ausdrücklich keine Stellung dazu, auf welche Weise und in welchen beruflichen Zusammenhängen die Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben worden sein müssen oder erworben wurden.
Diese Wertung des Verordnungsgebers wird auch durch den Zweck einer Fortbildungsprüfung bestätigt. Diese knüpft, wie die allgemein gehaltenen Regelung des § 1 Abs. 4 BBiG ausweist, anders als die Abschlussprüfung nach §§ 37 ff. BBiG nicht an eine Ausbildung an, die erst den Zugang zu dem Ausbildungsberuf eröffnet . Nach § 1 Abs. 4 BBiG soll die Fortbildung - in Abgrenzung zur Umschulung und zur Berufsausbildung - ermöglichen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten und anzupassen oder zu erweitern und beruflich aufzusteigen. Der Vorschrift liegt die gesetzgeberische Vorstellung zu Grunde, dass die berufliche Bildung als lebenslanger Prozess auf die rasanten technischen und wirtschaftlichen Veränderungen reagieren muss (vgl. Herkert/Töltl, BBiG, § 1 Rdnr. 23). Die Anpassungsfortbildung soll die berufliche Handlungsfähigkeit erhalten und an gewandelte Erfordernisse der Arbeitswelt anpassen. Die Aufstiegsfortbildung ermöglicht es im Sinne "lebenslangen Lernens" hingegen, die berufliche Handlungsfähigkeit auf qualitativ höherwertige Tätigkeiten zu erweitern und beruflich aufzusteigen. Die berufliche Fortbildung soll sowohl die individuelle Position im Arbeitsleben als auch die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Betriebe fördern. Dies gilt insbesondere, soweit die Fortbildung der Erschließung eines neuen Tätigkeitsbereichs wegen Arbeitslosigkeit und/oder fehlender Vermittelbarkeit im ausgeübten Beruf oder wegen des Wegfalls von Arbeitsplätzen im bisherigen Betrieb oder deren Umgestaltung dient. Schwerpunkte des gesetzgeberischen Interesses sind dabei, wie sich aus der Ermächtigung in §§ 53 ff. BBiG ergibt, diejenigen Maßnahmen der beruflichen Fortbildung, die einer Regelung deshalb bedürfen, weil sie - wie die Tätigkeit als Geprüfte Bilanzbuchhalterin - eine zusätzliche Qualifikation schaffen und dem beruflichen Aufstieg dienen. Eine berufliche Fortbildung setzt begriffsnotwendig eine vorausgehende, umfassende Berufsausbildung im Sinne des § 1 Abs. 3 BBiG für den Beruf, den die Fortbildungsprüfung eröffnet, nicht voraus. Fortbildung ist ein Lernprozess, der sich vielfach einer Berufsausbildung oder praktischen beruflichen Tätigkeit oder beidem anschließt und hierauf abgestellt sein muss (vgl. Herkert/Töltl, BBiG, § 53 Rdnr. 5; Leinemann/Taubert, BBiG, § 1 a.F., Rdnr. 20). Die Zulassungsvoraussetzungen sollen auch "Außenseitern" die Zulassung eröffnen, wenn eine entsprechende längere einschlägige Berufspraxis nachgewiesen worden ist (Herkert/Töltl, § 53, Rdnr. 21 zu § 53 Abs. 2 Nr. 3 BBiG; Wohlgemuth, BBiG, § 46 a.F., Rdnr. 16).
b) Der Beklagten steht bei der Einschätzung, ob die Klägerin die erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen nach § 2 Abs. 2 VO erworben hat, kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
Die Beklagte wendet gegen die angefochtene Entscheidung ein, sie sei an die Entscheidung des Prüfungsausschusses, die Klägerin verfüge über keine betriebliche Berufserfahrung und sei deshalb zur Prüfung nicht zuzulassen, gebunden gewesen. Diesem stehe ein Beurteilungsspielraum bei der Bewertung zu, ob die Klägerin die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen aufweise, um zur Prüfung nach § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 VO zugelassen zu werden. Diese Erwägung begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung. Das Verwaltungsgericht ist nicht gehindert, die Entscheidung der Beklagten, im Falle der Klägerin lägen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung nach § 2 VO nicht vor, zu überprüfen. Die tatsächliche Wertung, ob ein Fortbildungsbewerber abweichend von § 2 Abs. 1 VO zur Prüfung auch zugelassen werden kann, weil er Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben hat, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen, ist gerichtlich voll überprüfbar und steht daher nicht im Beurteilungsspielraum der Beklagten:
Ob eine Norm eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilungsermächtigung enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Ermächtigung muss sich auf die Befugnis beziehen, abschließend darüber zu entscheiden, ob die durch einen unbestimmten Gesetzesbegriff gekennzeichneten Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BVerfG, Beschl. v.16.12.1992, EuGRZ 1993, 133, 139; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 114 Rdnr. 307 m.w.N.). Die Ausfüllung unbestimmter Rechts- und Gesetzesbegriffe aufgrund richtungweisend normierter Merkmale ist eine herkömmliche und anerkannte Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane (BVerfGE 13, 153,164; 15, 275), und zwar gerade auch der zur rechtlichen und tatsächlichen "Vollprüfung" berufenen Gerichte. Vorschriften, die für die Aufnahme des Berufs eine bestimmte Vor- und Ausbildung sowie den Nachweis erworbener Fähigkeiten in Form einer Prüfung verlangen, greifen in die Freiheit der Berufswahl ein und müssen deshalb den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügen. Dieser Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken. Das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG garantiert dem Bürger einen Anspruch auf tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Daraus folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, BVerfGE 84, 34, 49), wobei den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt wird (BVerfGE 84, 34, 52). Die den Gerichten verbleibende Kontrolle muss bei berufsbezogenen Prüfungen für einen wirkungsvollen Schutz der Berufsfreiheit zweckgerichtet, geeignet und angemessen sein. Der Beurteilungsspielraum bezieht sich daher nur auf prüfungsspezifische Wertungen von Prüfungsentscheidungen. Ein solcher Sachverhalt, der einen Beurteilungsspielraum eröffnen könnte, ist hier nicht gegeben. Im vorliegenden Fall obliegt der Beklagten (noch) nicht die Bewertung einer Prüfungsleistung, sondern lediglich die Entscheidung über die Zulassung zur Prüfung. Die Beurteilung dieser Zulassungsvoraussetzungen unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Auch für die Bewertung, ob einem Bewerber ausnahmsweise die Bewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle zu erteilen ist, weil dieser die zur Ausübung des Handwerks notwendigen Kenntnisse nachgewiesen hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 HandwO), ist der Behörde kein Beurteilungsspielraum eingeräumt (BVerwG, Urt. v. 29.8.2001, BVerwGE 115, 70). Dies gilt ebenso für die Frage, ob die Leistungen eines Bewerbers dessen (vorzeitige) Zulassung zur Abschlussprüfung rechtfertigen (vgl. zur vergleichbaren Regelung in § 40 BBiG a.F.: Leinemann/Taubert, BBiG (2002), § 40 Rdnr. 20 m.w.N. zur Rspr.; Wohlgemuth, 2. Aufl. 1995, BBiG, § 40 Rdnr. 10; vgl. zu § 45 BBiG n.F.: Herkert/Töltl, BBiG, Stand Dezember 2006, § 45 Rdnr. 6, 26; a.A. wohl VG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.1990 - 15 K 4222/88 - LS zitiert nach: juris). Ebenso unterliegen die Anerkennung (der Gleichwertigkeit) absolvierter Berufsausbildungen (vgl. zur Gleichwertigkeit des Besuchs verschiedener Hochschulen: BVerwGE 92, 340; zur Gleichwertigkeit der Lehrerausbildung: BVerwGE 64, 142) oder die Anerkennung im Ausland erworbener akademischer Grade (vgl. BVerwGE 94, 73, 76f.), die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Prüfungsleistungen (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 3.4.2007 - 3 Bf 64/04 -) sowie die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs aufgrund ausländischer Berufstätigkeit (vgl. BVerwGE 65, 19, 22) der vollen gerichtlichen Überprüfung (vgl. im Überblick: Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 114, Rdnr.. 335 ff. m.w.N.).
Ein Beurteilungsspielraum ist auch im vorliegenden Fall nicht deshalb anzunehmen, weil für die Zulassung zu Fortbildungsprüfungen nach § 56 Abs. 1 BBiG § 46 Abs. 1 Satz 2 BBiG entsprechend Anwendung findet. Danach entscheidet der Prüfungsausschuss über die Zulassung, wenn - wie hier - die zuständige Stelle die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben hält. Allerdings ist in dem Fall, dass die Beklagte die Zulassungsvoraussetzungen selbst für gegeben hält, eine Beteiligung des Prüfungsausschusses nicht vorgesehen. Die Systematik dieser Regelung weist aus, dass grundsätzlich eine spezifische fachbezogene, nur von einem sachverständig besetzten Gremium zu leistende wertende Einschätzung, ob die Zulassungsvoraussetzungen bei den Prüflingen erfüllt sind, vom Gesetzgeber gerade als nicht notwendig angesehen wurde. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Prüfungsausschuss nicht um ein sachverständig zusammengesetztes und dabei nach besonderen Grundsätzen gebildetes Kollegialorgan, das auf breite Repräsentation aller beteiligten Gruppen gerichtet ist und dem gerade deshalb die letztverbindliche Entscheidung über die Eignung des Antragstellers zukommt (vgl. in diesem Sinne zur Beurteilungsermächtigung zur Zulassung zum Börsenhandel: BVerwG, Urt. v. 7.11.1985, BVerwGE 72, 195).
c) Die Klägerin hat die erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen, die die Zulassung zur Prüfung gemessen an den Prüfungsinhalten des § 1 Abs. 2 VO rechtfertigen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, hat die Klägerin im Rahmen ihrer fast 20-jährigen Vollzeit-Tätigkeit als Dozentin für Rechnungswesen, Wirtschafts- und Bürowirtschaftslehre, Lohn- und Gehaltsbuchhaltung und -abrechnung ausweislich der Tätigkeitsbescheinigung und des Zeugnisses ihres früheren Arbeitgebers, der Stiftung ........-Schule, die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen erworben, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen. Sie hat in mehreren Ausbildungslehrgängen diejenigen Fächer unterrichtet und dafür Modellfirmen geführt, die Gegenstand der Fortbildungsprüfung sind. Dass es sich dabei nicht um "reale Firmen" mit noch breiter gelagerten, praxisbezogenen organisatorischen und fachlichen Fragestellungen und damit nicht um die von der Beklagten geforderte "vollberufliche kaufmännische Praxiserfahrung" gehandelt hat, hindert die Anerkennung ihrer Berufspraxis als "Erfahrung" nicht. § 2 Abs. 2 VO als Ausnahmeregelung verlangt nicht, dass die einschlägigen Erfahrungen in einer betrieblichen Berufspraxis erworben wurden. Die beruflichen Erfahrungen der Klägerin waren an der betrieblichen Praxis orientiert, wie die Einrichtung und Betreuung der "Modellfirmen" zeigen. Diese über eine lange Zeit ausgeübte berufliche Tätigkeit ist ausreichend.
Der Verweis der Beklagten auf die Entscheidungen des OVG Münster (Beschl. v. 10.9.1987 - 21 B 2208/89 -, LS nach juris), des VG Stade (Urt. v. 13.12.2002 - 6 A 25/02 -) und des VG Hannover (Urt. v. 28.10.1977 - III D 155/77 - LS nach juris) vermag nicht zu überzeugen. Die dort vorliegenden Sachverhalte betrafen entweder Fälle, in denen die berufliche Praxis nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 VO fehlte oder die Kläger nur geringe praktische Tätigkeiten in für die Prüfung des Bilanzbuchhalters nicht einschlägigen Berufsbereichen aufwiesen. Die fast 20-jährige einschlägige Berufstätigkeit der Klägerin ist mit diesen Sachverhalten nicht vergleichbar.
d) Der weitere Vortrag der Beklagten, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei deshalb fehlerhaft, weil das Gericht unzulässigerweise von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen sei, vermag die Richtigkeit des Urteils ebenfalls nicht in Zweifel zu ziehen. Zwar stellt § 2 Abs. 2 VO bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen die Zulassung zur Fortbildungsprüfung grundsätzlich in das Ermessen der Beklagten (vgl. zu § 45 Abs. 2 Satz 2 BBiG: Herkert/Töltl, BBiG, § 45 Rdnr. 6, 15 m.w.N.; Leinemann / Taubert, BBiG, § 40 a.F., Rdnr. 32; Wohlgemuth, BBiG, § 40 a.F., Rdnr. 11, ). Im konkreten Fall sind aber keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine andere als die vom Verwaltungsgericht hilfsweise angenommene Entscheidung, das der Beklagten nach § 2 Abs. 2 VO zustehende Ermessen sei auf Null reduziert, rechtfertigen könnten.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, der vollständige Verzicht auf betriebliche Erfahrungen führe dazu, dass die Klägerin die fehlenden betrieblichen Erfahrungen auf Kosten des zukünftigen Arbeitgebers wegen des zusätzlichen Einarbeitungsaufwandes nachholen müsse. Dieser Vortrag stellt keine zulässige Erwägung im Rahmen der Ermessensbetätigung der Beklagten dar, die es rechtfertigen könnte, die Klägerin nicht zur Prüfung zuzulassen. Denn die Ermessensbetätigung der Beklagten ist am Zweck der Regelung des § 2 Abs. 2 VO unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG auszurichten (vgl. zum Begriff des pflichtgemäßen Ermessens: BVerfGE 18, 353; 51, 115, 129; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 114 Rdnr. 76). Dabei kann dahinstehen, ob hier ein Fall vorliegt, in dem der unbestimmte Rechtsbegriff derart auf die Ermessensnorm einwirkt, dass er den Zweck der Ermessensermächtigung prägt und so das Steuerungsprogramm für das Ermessen bestimmt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.7.1998, BVerwGE 107, 164, 167; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 114 Rdnr. 79 m.w.N.). Vorliegend geht der Verordnungsgeber jedenfalls davon aus, dass eine Zulassung zur Prüfung ohne eine betriebliche Berufspraxis möglich ist, um auch "Außenseitern" die Fortbildungsprüfung und damit den Zugang zum Beruf des Geprüften Bilanzbuchhalters zu ermöglichen. Hat ein Zulassungsbewerber nachgewiesen, dass er über die (nicht auf dem Weg des § 2 Abs. 1 VO erworbenen) erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen verfügt, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen, darf ihm im Rahmen ihrer Ermessensausübung die Beklagte die Zulassung jedenfalls nicht allein deshalb versagen, weil er seine Erfahrungen nicht in einer betrieblichen Berufspraxis erworben hat. Andere Aspekte, die es im Falle der Klägerin sachgerecht erscheinen ließen, von der Zulassung zur Prüfung abzusehen, sind von der Beklagten nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich.
2. Der weiter von der Beklagten geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor.
Hierunter sind Schwierigkeiten zu verstehen, die bei Bewertung der Begründung der angefochtenen Entscheidung das Maß des in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten Üblichen erheblich übersteigen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 14.3.2006 - 3 Bf 325/01 -; vgl. zum Maßstab: BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000, 1163). Diese Voraussetzungen sind nicht dargelegt worden. Der bloße Hinweis auf die aus Sicht der Beklagten bereits die Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigenden fehlerhaften Ausführungen des Verwaltungsgerichts rechtfertigt die Zulassung wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten nicht.
3. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist ebenfalls nicht dargelegt worden (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Frage, die für die Berufungsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Der Zulassungsantrag muss daher erläutern, dass und inwiefern die Berufungsentscheidung zur Klärung einer bisher von der Rechtsprechung nicht beantworteten fallübergreifenden Frage führen kann (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 14.5.1997 - 1 B 93.97 -; Beschl. v. 19.8.1997, BayVBl 1998 S. 507).
Der Begründung des Zulassungsantrags ist nicht mit hinreichender Eindeutigkeit zu entnehmen, welche konkrete Frage die Beklagte im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts als klärungsbedürftig ansieht. Der Vortrag, eine durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts drohende Änderung der Zulassungspraxis der Beklagten führe zu erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Betriebe, begründet eine solche übergreifende klärungsbedürftige Frage nicht. Erst nach Ablauf der Frist für die Begründung des Zulassungsantrages hat sie die Frage als klärungsbedürftig bezeichnet, ob ihr bei Anwendung der Öffnungsklausel ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehe.
4. Auch die Zulassung wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht dargelegt worden.
Die Beklagte führt dazu aus, das Verwaltungsgericht habe eigenes Ermessen an die Stelle des von ihr auszuübenden Ermessens gesetzt und ihren Beurteilungs- und Ermessensspielraum verkannt. Dieser Vortrag begründet einen Verfahrensfehler nicht. Solche Fehler sind Rechtsfehler, die den Weg zum Urteil oder die Art und Weise seines Erlasses betreffen. In Betracht kommen Fehler des gerichtlichen Verfahrens (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 132 Rdnr. 21; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 124 Rdnr. 187). Die Frage, ob eine Rechtsvorschrift der Behörde einen Beurteilungsspielraum einräumt, ist eine Frage materiellen Rechts (BVerwG, Urt. v. 13.12.1975, BVerwGE 59, 215; Kopp/Schenke, § 132 Rdnr. 21 m.w.N.). Ein diesbezüglicher Rechtsfehler oder die Frage der möglichen Verkennung des Ermessensspielraums der Behörde kann im Rahmen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - wie hier geschehen - gerügt werden. Insoweit ist auf die Ausführungen unter 1. zu verweisen.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, 47 Abs. 3 GKG. Der Senat bewertet das Interesse der Klägerin an der Zulassung zur Prüfung in Übereinstimmung mit der Festsetzung durch das Verwaltungsgericht mit 7.500,- Euro.
Ende der Entscheidung
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