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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: 1 Bf 34/03
Rechtsgebiete: SGB VII, ASiG


Vorschriften:

SGB VII § 15 Abs. 1 Nr. 6
ASiG § 1
ASiG § 5 Abs. 1
ASiG § 6
ASiG § 7
Die Unfallverhütungsvorschrift Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 1. Dezember 1974 in der Fassung vom 1. Oktober 2001 findet in § 15 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI i.V.m. den Regelungen des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 12. Dezember 1973 (BGBl. I S. 1973 m.spät.Änd.) - AsiG - eine ausreichende gesetzliche Grundlage.
1 Bf 34/03

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Meffert sowie die Richterin Huusmann am 17. Februar 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 12. Dezember 2002 zuzulassen, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 4.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes vom 12. Dezember 2002 ist nicht nach den §§ 124, 124 a Abs. 5 VwGO zuzulassen.

1. Die Klägerin hat sich vor dem Verwaltungsgericht erfolglos gegen ihre Verpflichtung gewendet, in ihrem Betrieb Einsatzzeiten für Fachkräfte für Arbeitssicherheit sicherzustellen. Mit ihrem Zulassungsantrag misst sie der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,

"ob die Unfallversicherungsträger, also auch die Beklagte, berechtigt ist, durch Erlass von Unfallverhütungsvorschriften Kosten für die Klägerin zu verursachen, die diese überhaupt nicht beeinflussen kann, sondern sich allein aus dem autonomen Satzungsrecht der Beklagten ergeben."

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damit eine über den Einzelfall hinausweisende, einer grundsätzlichen Klärung zugängliche Frage im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dargelegt hat, auf die es für die Entscheidung ankommt. Auch wenn man ihrem Vorbringen zu ihren Gunsten die Frage entnimmt, ob die Unfallversicherungsträger auf Grund Satzungsrechtes Unfallverhütungsvorschriften über die Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit erlassen können, die für die betroffenen Unternehmen Kosten auslösen, hat der Antrag keinen Erfolg. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass diese Frage der Klärung bedarf. Sie verweist insoweit lediglich darauf, der Gesetzgeber müsse die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und dürfe diese Entscheidungen nicht mittels Verordnungsermächtigung auf die Berufsgenossenschaften abwälzen . Dies genügt nicht:

Die Rechtsetzungsgewalt der Träger der Unfallversicherung findet insoweit in § 15 Abs. 1 Nr. 6 SGB VII - Gesetzliche Unfallversicherung - vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1254 mit spät. Änd.) ihre gesetzliche Grundlage. Danach erlassen die Unfallversicherungsträger als autonomes Recht Unfallverhütungsvorschriften über die Maßnahmen, die der Unternehmer zur Erfüllung der sich aus dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit ergebenden Pflichten zu treffen hat, wobei diese Unfallverhütungsvorschriften wiederum einer staatlichen Genehmigung nach § 15 Abs. 4 SGB VII unterliegen. Das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 12. Dezember 1973 (BGBl. I S. 1973 mit spät. Änd.) - AsiG - konkretisiert diese Ermächtigungsgrundlage ausreichend. Diese Konkretisierung genügt den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an Regelungen des Gesetzgebers, die die Freiheit der Berufsausübung einschränken. Der Gesetzgeber hat die wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen und diese nicht an die Unfallversicherungsträger delegiert. § 1 Satz 1 ASiG legt den Grundsatz fest, dass der Arbeitgeber nach Maßgabe dieses Gesetzes Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen hat. In Satz 2 des § 1 ASiG beschreibt das Gesetz in drei Ziffern die dabei zu beachtenden Zielsetzungen. § 5 Abs. 1 ASiG schränkt die Verpflichtung des Arbeitgebers ein, Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieure, -techniker, -meister) zu bestellen und ihnen die in § 6 ASiG festgelegten Aufgaben zu übertragen. Danach besteht diese Verpflichtung nur, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf

1. die Betriebsart und die damit für die Arbeitnehmer verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren,

2. die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft,

3. die Betriebsorganisation, insbesondere im Hinblick auf die Zahl und die Art der für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen,

4. die Kenntnisse und die Schulung des Arbeitgebers oder der nach § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 des Arbeitsschutzgesetzes verantwortlichen Personen in Fragen des Arbeitsschutzes.

Darüber hinaus regeln die §§ 6 und 7 ASiG die Aufgaben und die Anforderungen an die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und beinhalten die §§ 8 ff. ASiG weitere Vorschriften über deren Stellung. § 19 ASiG erlaubt dem Arbeitgeber schließlich, seine Verpflichtung zur Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit dadurch zu erfüllen, dass er einen überbetrieblichen Dienst mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Fachkräfte nach § 6 ASiG beauftragt. Damit liegt eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vor, in deren Rahmen sich die von der Beklagten , der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, erlassene Unfallverhütungsvorschrift Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 1. Dezember 1974 in der Fassung vom 1. Oktober 2001 zu halten hat. Dies alles ist bereits in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes geklärt (vgl. BSGE 65, 5/6 ff./; 50, 171, /172/; 50, 107/109ff./; siehe auch BSGE 85, 98/101 ff./) und bedarf keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren.

2. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich auch keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des von dem Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die von ihr erhobene Rüge, die Satzungsautonomie der Beklagten sei verfassungswidrig, greift nicht durch. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. verwiesen.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Das Verwaltungsgericht war nicht verpflichtet, wie der Kläger meint, die genauen Kosten für die Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit zu ermitteln. Eine derartige Aufklärung drängte sich ihm nicht im Rahmen der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) auf. Das Verwaltungsgericht hat sich von der Beklagten das sogenannte Unternehmermodell erläutern lassen, welches es der Klägerin - wenn sie keine andere Lösung wählt - ermöglicht, mit überschaubaren Kosten ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Dies genügte der gerichtlichen Aufklärungspflicht. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass der - zeitlich eng begrenzte - Einsatz einer Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Klägerin zu einer Kostenbelastung führt, die nicht mehr mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar wäre. Im Übrigen hat die anwaltlich vertretene Klägerin auch keinen Beweisantrag zur Aufklärung der Kostenbelastung gestellt.

Die Klägerin hat als Unterlegene die Kosten des Zulassungsverfahrens nach § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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