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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.06.2006
Aktenzeichen: 1 Bf 61/05
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 43 |
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und Dr. Meffert sowie die Richterin Huusmann am 9. Juni 2006 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2004 zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstand wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beklagte hat den ..... geborenen Kläger im in den Ruhestand versetzt. Nachdem es seit 1998 zu erheblichen Konflikten zwischen dem Kläger und seinen Dienstvorgesetzten sowie mehrfachen längeren Krankschreibungen gekommen war, beauftragte das Personalreferat der Beklagten den Personalärztlichen Dienst mit Schreiben vom 29. August 2002 ein Gutachten zu der Frage zu erstellen, wann mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Klägers zu rechnen sei. Dieses Schreiben nahm die Beklagte zu seiner Personalakte und entfernte es im Juni 2003 daraus mit der Begründung eines Formfehlers. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass dieses Schreiben mit der darin enthaltenen Beschreibung seiner Persönlichkeitsmerkmale rechtswidrig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, der Rechtsstreit sei erledigt und es fehle an einem berechtigten Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Aus den von dem Kläger dargelegten Gründen ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (vgl. §§ 124 Abs. 2 Nr. 1; 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 43 VwGO erhobene Feststellungsklage zutreffend als unzulässig abgewiesen.
1. Der Kläger macht geltend, ein schutzwürdiges Rehabilitationsinteresse bestehe dann, wenn der Dienstherr seinen Beamten in Verletzung seiner Fürsorgepflicht bloßstelle. So liege es hier, weil die Beklagte das ihn diskriminierende Auftragsschreiben vom 29. August 2002 zu seiner Personalakte gegeben habe. Statt es sogleich entsprechend seiner Forderung aus der Personalakte zu entfernen, habe sie erst mit Schreiben vom 25. Juni 2003 mitgeteilt, dass sie das Schreiben wegen eines Formfehlers aus der Personalakte entnommen und vernichtet habe. Dieses Vorbringen überzeugt nicht:
Allerdings enthält das Schreiben vom 29. August 2002 Formulierungen, die grundsätzlich geeignet sind, den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht zu verletzen. Auf der anderen Seite steht nicht in Frage, dass die Beklagte Anlass hatte, ein Gutachten zu der Frage der Dienstfähigkeit des damals seit dem 22. April 2002 durchgängig dienstunfähig krank geschriebenen Klägers in Auftrag zu geben, der inzwischen in den Ruhestand versetzt ist. Dies zeigt schon das Gutachten des Personalärztlichen Dienstes vom 25. September 2002, in dem ausgeführt wird, dass zunächst der Erfolg einer vorgesehenen ambulant-psychoanalytischen Behandlung abgewartet werden solle, bevor seine Dienstfähigkeit endgültig beurteilt werde. Die Beklagte durfte ihrem Personalärztlichen Dienst konkrete Anhaltspunkte an die Hand geben, um diesem eine sachgemäße Befunderhebung und Begutachtung zu ermöglichen. Dass mit einem solchem Gutachtenauftrag, der eine Gesundheitsstörung aus dem psychiatrischen Fachbereich betraf und Auffälligkeiten des Beamten in den Blick nehmen musste, der Achtung des Betroffenen abträgliche Behauptungen verbunden sind, wird sich vielfach nicht vermeiden lassen. Dagegen wendet sich letztlich auch der Kläger nicht, der nicht den Gutachtenauftrag selbst sondern die in der Tat sehr krassen Formulierungen in dem Auftragsschreiben vom 29. August 2002 kritisiert.
Soweit dieses Schreiben den Mitarbeitern des Personalärztlichen Dienstes im Rahmen ihrer Begutachtung bekannt geworden ist, war es aber trotz seiner - was hier nicht zu klären ist - möglicherweise in unverhältnismäßiger Weise übertriebenen und fürsorgewidrigen Formulierungen nicht geeignet, den Kläger in der Achtung der Öffentlichkeit oder seiner Kollegen herabzusetzen und dadurch ein Rehabilitationsinteresse zu begründen (vgl. BVerwG, Urt. vom 15.2.1989, Buchholz 236.1 § 59 SG Nr. 3; BVerwGE 53, 134, 138). Denn der Vorgesetzte des Klägers hatte dem Personalärztlichen Dienst sein Auftragsschreiben mit der möglicherweise fragwürdigen Schilderung der Persönlichkeit des Klägers mit der Bitte um Vertraulichkeit übersandt. Anders als dies in Fällen einer Rüge oder eines Verweises der Fall ist (vgl. dazu BVerwG, Beschl. vom 17.12.2001, NVwZ-RR 2002, 232-235) zielte der Gutachtenauftrag nicht darauf, dem Kläger sein Verhalten bzw. seine Persönlichkeit vorzuwerfen, und hat sich der Vorgang endgültig erledigt, nachdem die Beklagte das Schreiben endgültig aus der Personalakte entfernt hat (insoweit lag der von dem VGH Mannheim mit Urteil vom 21.10.1975 - VerwRspr 27, 949 - entschiedene Fall anders).
Auch soweit die Beklagte dieses Schreiben trotz seiner besonderen Vertraulichkeit für die Dauer von 10 Monaten zu der Personalakte des Klägers gegeben hatte, ist nicht ersichtlich, dass es das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit und/oder seiner Kollegen herabgesetzt hat. Personalakten sind grundsätzlich vertraulich zu behandeln und es nichts dafür ersichtlich, dass dies im Falle des Klägers nicht geschehen ist. Hieran ändert nichts, dass möglicherweise anlässlich von 2 Bewerbungen des Klägers auch Mitarbeiter des Strafvollzugsamtes im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Bearbeitung seiner Bewerbung von dem Schreiben Kenntnis genommen haben. Auch diese unterliegen der Verschwiegenheitspflicht und es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass sich die Formulierungen des angegriffenen Schreibens auf diese Weise "herum gesprochen" haben könnten, oder sie einem relevanten Teil der Bediensteten bekannt geworden sein könnten.
Insoweit ergibt sich auch kein Rehabilitationsinteresse des Klägers daraus, dass zwei seiner Bewerbungen wegen dieses Schreibens ohne Erfolg geblieben sein sollen. Für diese Annahme des Klägers spricht nichts. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Bewerbungen des Klägers auch unabhängig von den von ihm beanstandeten Formulierungen in dem Gutachtenauftrag vom 29. August 2002 keine Aussichten auf Erfolg hatten. So ging unabhängig von diesem Schreiben aus der Personalakte hervor, dass bereits am 6. Oktober 1999 ein Gutachten zu der Dienstunfähigkeit des Klägers angefordert worden war und er seit dem 22. April 2002, dem Tag seines von ihm nicht hingenommenen Wechsels in das Regionalbüro Wandsbek, krankgeschrieben war, die Krankschreibung anschließend bis mindestens Januar 2003 andauerte, es in seiner Dienststelle erhebliche Konflikte mit ihm gab und seine Dienststelle erneut ein Gutachten zur Frage seiner Dienstfähigkeit einholte. Dieses Gutachten vom 25. September 2002 empfahl sodann, zunächst den Erfolg einer ambulant-psychoanalytischen Behandlungsmaßnahme abzuwarten und gab keinen Termin an, zu dem mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Klägers gerechnet werden konnte.
2. Das Verwaltungsgericht hat auch richtig eine Wiederholungsgefahr verneint. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine Gefahr der Wiederholung auch nicht daraus, dass die Beklagte behauptet, das Schreiben vom 29. August 2002 enthalte einen wahren Tatsachenkern. Der Kläger ist inzwischen im Ruhestand und es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte den Kläger mit vergleichbaren Formulierungen entgegentreten würde, wenn sie ihn - wofür zur Zeit nichts ersichtlich ist - wieder in den aktiven Dienst übernehmen sollte.
3. Der Kläger trägt ferner vor, das Gericht müsse das Schreiben der Beklagten aus Gründen der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) inhaltlich überprüfen. Insoweit bringt er vor, es handele sich um eine Maßnahme, die sich typischerweise kurzfristig erledige, bevor der Betroffene gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen könne. Dem folgt der Senat nicht. Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte ein für ihn nachteiliges Schreiben seiner Auffassung nach zu Unrecht zur Personalakte gegeben habe. Derartige Streitigkeiten erledigen sich nicht typischerweise kurzfristig, bevor gerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden kann. Deshalb kommt es nicht auf die von dem Kläger aufgeworfene Frage an, ob in den Fällen einer typischerweise kurzfristigen Erledigung einer hoheitlichen Maßnahme nur dann ein Feststellungsinteresse gegeben ist, in denen es um tiefgehende Grundrechtseingriffe geht.
Nach allem hat der Kläger kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO daran, die Rechtmäßigkeit der Art und Weise der Beauftragung des Gutachtens des Personalärztlichen Dienstes mit Schreiben vom 29. August 2002 feststellen zu lassen, nachdem die Beklagte dieses Schreiben aus seiner Personalakte entfernt und dessen Vernichtung nach Beendigung des von dem Kläger dagegen geführten Verfahrens angekündigt hat. Der Anlass für das vorliegende Verfahren hat sich erledigt. Deshalb ist auch in diesem Verfahren nicht zu klären, ob die massiven Arbeitsplatzkonflikte, die zu der Dienstunfähigkeit des Klägers beigetragen zu haben scheinen, auch mit dem Verhalten seiner Vorgesetzten und Kollegen zusammengehangen haben.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahren gemäß § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen, da er unterlegen ist. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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