Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 07.08.2007
Aktenzeichen: 1 Bf 65/07.Z
Rechtsgebiete: AuslandsverwendungszuschlagsVO
Vorschriften:
AuslandsverwendungszuschlagsVO § 3 |
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und Schulz sowie die Richterin Walter am 7. August 2007 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Zulassungsverfahren auf 1.929,78 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt für die Zeit vom 15. Mai 2004 bis zum 23. November 2004 einen Auslandsverwendungszuschlag der Stufe 4 nach § 3 Abs. 1 der Auslandsverwendungszuschlagsverordnung in der Fassung vom 27. 3. 2002 (BGBl. I S. 1243) für seinen Einsatz in der European Union Police Mission (EUPM) in Bosnien und Herzegowina.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im wesentlichen ausgeführt: Hohe Belastungen oder erschwerende Besonderheiten im Sinne der Stufe 4 seien noch nicht gegeben, wenn im Einsatzgebiet die regelhaft aufgeführten Merkmale, wie bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen oder Minen vorkämen, sondern erst, wenn es tatsächlich zu einer konkreten Gefahr für Leib und Leben des Beamten komme. Zwar gehöre Bosnien und Herzegowina zu den am stärksten verminten Ländern der Welt. Daraus ergebe sich aber keine hohe Belastung in Form einer Gefährdung von Leib oder Leben. Die im Rahmen der EUPM eingesetzten deutschen Polizeibeamten würden überwiegend beratend tätig und kämen bei Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen in der Regel nicht mit Minen in Berührung. Seelische Belastungen bei Fahrten auf sicheren Straßen durch minenverseuchtes Gebiet rechtfertigten nicht die Annahme einer beachtlichen Gesundheitsgefahr. Soweit sich der Kläger auf außerordentliche Gewaltkriminalität berufe, sei diese nicht gegen die Mitglieder der EUPM gerichtet und sei eine Gefährdung der Gesundheit der Mitglieder dieser Mission nicht erkennbar. Der Kläger habe anschaulich vorgetragen, dass er sich zwar einer erheblichen seelischen Belastung ausgesetzt gefühlt habe. Er habe sich aber nicht in minengefährdetem Gebiet bewegen müssen und sei auf Grund seiner Verwendung auch keiner besonderen Gefahr ausgesetzt gewesen.
II.
Die Berufung ist nicht gemäß §§ 124 Abs. 2, § 124 a Abs. 5 VwGO zuzulassen.
1. Der Kläger hat keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses des erstinstanzlichen Urteils dargelegt (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a. Der Kläger bringt vor, die Annahme des Verwaltungsgerichts treffe nicht zu, zu dem in der Stufe 4 des § 3 Abs. 1 Auslandsverwendungszuschlagsverordnung genannten Regelbeispiel "Minen" für eine gesundheitliche Gefährdung müsse hinzutreten, dass es hierdurch zu einer konkreten Gefahr für Leib und Leben des Beamten komme. Bereits die Stufe 5 des genannten § 3 Abs. 1 mache eine konkrete Gefährdung nicht zum Tatbestandsmerkmal, sondern dort würden Situationen geschildert, die auf Grund ihrer hohen abstrakten Gefährlichkeit zu gesundheitlichen Gefährdungen führen können. Die Stufe 3, die der Kläger erhalten hat, betreffe gesundheitliche Risiken, wie sie auch von Touristen in tropischen Ländern hingenommen würden. Belastungen durch Minen seien aber höher zu bewerten und würden von Touristen regelmäßig nicht in Kauf genommen. Dies stellt die Richtigkeit des Urteils nicht mit schlüssigen Gegenargumentern ernsthaft in Frage:
Zum einen verlangt das Verwaltungsgericht im Ergebnis trotz einer missverständlichen Formulierung nicht, dass - was nicht überzeugen könnte - der Zuschlag der Stufe 4 eine im Sinne des Polizeirechts konkrete Gefahr für Leib und Leben des Beamten voraussetze. Es führt auch aus, der Maßstab für die Annahme einer Gesundheitsgefährdung sei nicht so weit abzusenken, dass jede entfernte Möglichkeit eines Betroffenseins zur Annahme einer hohen Belastung durch minenbedingte Gesundheitsgefahr führe. An anderer Stelle lässt es genügen, dass eine Gefährdung der Gesundheit der Mitglieder der EUPM nicht erkennbar sei.
Zum anderen genügt für die genannte Stufe 4 nicht, dass Bosnien und Herzegowina 2004 zu den am stärksten verminten Ländern der Welt zählte. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 4 Auslandsverwendungszuschlagsverordnung lässt es nicht zu, allein aus dem Vorhandensein von Minen auf die durch die Gewährung eines Zuschlages nach der Stufe 4 auszugleichenden hohen Belastungen und erschwerenden Besonderheiten des Auslandseinsatzes zu schließen (vgl. VGH Kassel, Beschl. vom 8.2.2007, 1 ZU 1493/06). Die die Stufe 4 rechtfertigenden hohen Belastungen müssen vielmehr auf tatsächlichen Gefährdungen beruhen. Dies zeigt, dass der Verordnungsgeber die Liste der Regelbeispiele für hohe Belastungen in § 3 Abs. 1 Nr. 4 Auslandsverwendungszuschlagsverordnung, nämlich "bei bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, terroristischen Handlungen, außerordentlicher Gewaltkriminalität, Piraterie und Minen" um die "vergleichbaren gesundheitlichen Gefährdungen" erweitert und damit klargestellt hat, dass es auch in den anderen Regelbeispielen um Gefährdungen der Beamten geht. Der Blick auf die Definition der im Einsatzgebiet und am Einsatzort zu berücksichtigenden Belastungen und erschwerenden Besonderheiten in § 2 Auslandsverwendungszuschlagsverordnung bestätigt das Erfordernis einer tatsächlichen Gefährdung. § 2 differenziert zwischen den in seiner Nr. 1 aufgeführten allgemeinen physischen und psychischen Belastungen und den in seiner Nr. 2 aufgeführten Beispielen einer "Gefahr für Leib und Leben", zu der insbesondere ein "minenverseuchtes Gebiet" gezählt wird. Der Verwendungszuschlag der Stufe 4 ist danach erst zu zahlen, wenn der Polizeibeamte auf Grund seiner Einsatzbedingungen den typischerweise mit minenverseuchten Gebieten bzw. dem möglichen Vorhandensein von Minen verbundenen Gefährdungen ausgesetzt ist bzw. ausgesetzt sein kann. Nur die auf einem derartigen tatsächlichen Gefährdungskern beruhenden Belastungen rechtfertigen es, statt des Zuschlags der Stufe 3 den Zuschlag der Stufe 4 zu zahlen. Denn schon für die Stufe 3 werden besondere gesundheitliche Risiken oder ein hohes Potential an Waffen in der Zivilbevölkerung und eine davon ausgehende Gefährdung, insbesondere bei eingeschränkter Gebietsgewalt des Staates verlangt. Die Stufe 4 stellt höhere Anforderungen. Eine subjektiv verständliche, aber nicht aus der Sicht eines verständigen Beobachters durch eine tatsächliche Gefährdung verursachte hohe Belastung reicht deshalb für die Stufe 4 nicht. Das durch die Regelbeispiele der Stufe 4 beschriebene erforderliche Maß der tatsächlichen Gefährdung liegt zwischen den besonderen Risiken und den von dem hohen Waffenpotential ausgehenden Gefährdungen der Stufe 3 und den Gefährdungen bei einer Verwendung unter Bürgerkriegsbedingungen durch organisierte bewaffnete Aktionen oder Terrorakte, die zu den sehr hohen Belastungen nach der Stufe 5 führen.
Eine derartige tatsächliche Gefährdung lag in dem fraglichen Zeitraum 2004 bei dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass sich der Kläger nach seinem anschaulichen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung nicht in minengefährdetem Gebiet bewegen musste. Bei den Übungen und Einsätzen, an denen er - abgesehen von seinen Fahrten zu den internationalen Dienststellen der Kantone und seiner etwa während der Hälfte seiner Arbeitszeit zu erledigenden Büroarbeit - einige Male teilgenommen habe, habe er sich teilweise in unbefestigten, aber minengeräumten Gelände bewegt (so der Tatbestand des Urteils). Die im Rahmen der EUPM eingesetzten deutschen Polizeibeamten würden überwiegend beratend tätig und kämen bei Einhaltung der Sicherheitsvorschriften in der Regel nicht mit Minen in Berührung. Die deutschen Beamten würden besonders geschult und dementsprechend sei auch noch kein Beamter in Bosnien und Herzegowina Opfer einer Mine geworden. Seelische Belastungen bei Fahrten auf sicheren Straßen durch minenverseuchtes Gebiet rechtfertigten für sich genommen ebenfalls nicht die Annnahme einer beachtlichen Gesundheitsgefahr.
Dem Zulassungsantrag ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger doch der erforderlichen tatsächlichen, typischerweise mit Minen verbundenen Gefährdung ausgesetzt gewesen sein könnte. Der Hinweis, dass Touristen Länder mit Minenvorkommen in der Regel mieden, besagt nichts über eine tatsächliche Gefährdung des Klägers. Auch genügt der Darlegungspflicht die bloße Überlegung nicht, dass bei Fahrten durch gekennzeichnete Gebiete die - wenn auch entfernte - Gefahr schwerster Verletzung bzw. Tötung bestehen soll. Ebenso reicht die Erwägung nicht aus, dass Minen fortgespült werden könnten und längere Fahrten auf schmalen Straßen, die zu beiden Seiten durch vermintes Gebiet führten, psychisch belastend seien. Damit ist nicht dargelegt, dass die Einsätze den Kläger außerhalb sicherer Straßen in minengefährdete Gebiete geführt haben und er deshalb in dem fraglichen Zeitraum vom 15. Mai bis 23. November 2004 in Bosnien und Herzegowina hohen Belastungen ausgesetzt gewesen sein könnte.
b. Der Kläger rügt ferner, das Verwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit dem weiteren Tatbestandsmerkmal der außerordentlichen Gewaltkriminalität befasst und es mit dem Hinweis abgetan, diese sei jedenfalls nicht gegen deutsche Polizisten gerichtet. Auch damit vermag der Kläger nicht durchzudringen. Zwar trifft die Überlegung des Klägers zu, der Zuschlag nach der Stufe 4 setze nicht voraus, dass sich die außerordentliche Gewaltkriminalität gezielt gegen die deutschen Dienstleistenden richten müsse. Jedoch hat das Verwaltungsgericht lediglich darauf abgestellt, dass sich die außerordentliche Gewaltkriminalität nach seiner Einschätzung nicht gegen die Mitglieder der EUPM richte und deshalb eine Gefährdung der Missionsmitglieder nicht erkennbar sei. Diese Einschätzung einer fehlenden Gefährdung zieht der Zulassungsantrag nicht in Zweifel. Dem Darlegungserfordernis entspricht insoweit ein bloßer Hinweis auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen nicht.
2. Der Kläger hat auch keine Frage grundsätzlicher Bedeutung dargelegt, die der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzliche Bedeutung geben kann.
a. Die Frage der gerichtlichen Nachprüfbarkeit der Voraussetzungen für den Zuschlag nach der Stufe 4 würde sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen. Die Darlegungen ergeben nichts für die Annahme, dass es hierauf ankommen würde.
b. Die weitere Frage, " welche Bedeutung dem Tatbestandsmerkmal "Minen" zukommt", ist nicht ausreichend konkret. Sie würde in dieser Weite in einem Berufungsverfahren nicht zu beantworten sein.
III.
Als Unterlegener hat der Kläger die Kosten des Zulassungsverfahrens nach § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.