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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.06.2006
Aktenzeichen: 1 Bs 102/06
Rechtsgebiete: HmbBG
Vorschriften:
HmbBG § 47 Abs. 1 |
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Meffert und E.-O. Schulz am 15. Juni 2006 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 3. April 2006 aufgehoben.
Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, eine Studienrätin an Volks- und Realschulen, ist seit dem 8. August 2005 arbeitsunfähig erkrankt. Die im Januar 2006 vorgesehene Begutachtung durch den Personalärztlichen Dienst der Antragsgegnerin kam nicht zustande, weil die Antragstellerin die Anwesenheit ihres Ehemannes während der Begutachtung für erforderlich hielt, der Gutachter eine solche Notwendigkeit nicht bejahte und die gutachterlichen Untersuchungen nicht in Anwesenheit des Ehemannes durchführen wollte. Unter dem Datum des 1. März 2006 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine dienstliche Weisung, sich zur Untersuchung beim Personalärztlichen Dienst einzufinden. Die dienstliche Weisung war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und enthielt die Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht stattgegeben.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache aus den von ihr dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) Erfolg. Der Antragstellerin ist vorläufiger Rechtsschutz nicht zu gewähren.
Unzweifelhaft besteht, nachdem die Antragstellerin seit August 2005 erkrankt ist, ein dringendes dienstlichen Bedürfnis an der Feststellung der weiteren Dienstfähigkeit der Antragsstellerin und daher ihrer Begutachtung durch den Personalärztlichen Dienst. Dies ist auch nicht im Streit. Ebenso wenig im Streit ist die Notwendigkeit einer alsbaldigen Begutachtung, um die Einsatzfähigkeit der Antragstellerin im kommenden Schuljahr zu ermitteln. Streitig ist allein, ob die Begutachtung in Anwesenheit des Ehemannes erfolgen kann, wie die Antragstellerin es wünscht, oder ob sie verpflichtet ist, sich einer Begutachtung ohne Begleitung zu unterziehen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin vermag der Senat durchaus die von der Antragsgegnerin erklärte Notwendigkeit einer unbegleiteten Begutachtung zu erkennen. Anders als eine ärztliche Untersuchung allein zu Diagnose- oder Therapiezwecken beinhaltet die Begutachtung der Dienstfähigkeit eines Beamten in der Regel nicht nur die eines konkreten Leidens, sondern auch die nach § 47 Abs. 1 HmbBG erforderliche Beurteilung, ob und in welchem Umfang der Beamte den Belastungen des Dienstbetriebes gegenwärtig und in überschaubarer Zukunft gewachsen ist. Hierfür ist es nicht nur erforderlich, Art und Weise der körperliche Erkrankung festzustellen, sondern auch deren Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit des Beamten verlässlich einzuschätzen. Eine solche verlässliche Einschätzung erfordert neben sorgfältiger körperlicher Untersuchung auch ein unmittelbares und unbeeinflusstes ärztliches Gespräch. Anderenfalls kämen zu den ohnehin bestehenden prognostischen Unsicherheiten noch solche hinzu, die auf einen möglichen Einfluss Dritter während der Begutachtung zurückgehen. Eine solche Erhöhung des Prognoserisikos braucht die Antragsgegnerin nicht hinzunehmen, wenn hierfür keine zwingenden Gründe bestehen. Entgegen des Ansicht der Antragstellerin ergeben sich aus der Fürsorgepflicht der Antragsgegnerin keine solch zwingenden Gründe. Denn es liegt nicht nur im öffentlichen Interesse, dass der Begutachtung der Dienstfähigkeit eines Beamten unbeeinflusste Sachverhaltsermittlungen zugrunde liegen. Es liegt auch im wohlverstandenen eigenen Interesse des Beamten, dass dem Gutachten des Personalärztlichen Dienst über seine Dienstfähigkeit nur unverfälschte und zutreffende Umstände zugrundegelegt werden.
Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin, bedingt durch die Chemotherapie, im Januar 2006 zeitweilig und unvorhersehbar unter Hörminderungen litt, die sie mit Hilfe ihres Ehemanns kompensieren konnte und ob daher seine Anwesenheit bei der Untersuchung durch den Personalärztlichen Dienst zur Sicherung einer zutreffenden Einschätzungsgrundlage notwendig war. Denn jedenfalls hat die Antragstellerin nicht vorgetragen und ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Hörminderungen noch anhalten. Die Anwesenheit ihres Ehemannes ist jedenfalls jetzt nicht mehr für die fehlerfreie Ermittlung der Umstände notwendig.
Dies schließt es nicht aus, dass die Antragstellerin nach Abschluss der Untersuchungen für die Mitteilung oder Besprechung des Ergebnisses der Begutachtung ihren Ehemann als Beistand hinzuzieht. Denn dadurch werden die Erkenntnisgrundlagen des Personalärztlichen Dienstes nicht mehr beeinflusst.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 1 VwGO, §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG.
Ende der Entscheidung
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