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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: 1 Bs 281/06
Rechtsgebiete: SpielV


Vorschriften:

SpielV § 9
§ 9 Abs. 2 SpielV deckt das Verbot von Jackpot-Systemen in Spielhallen, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

1 Bs 281/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und Dr. Meffert sowie die Richterin Walter am 18. Januar 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 24. August 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter gleichzeitiger Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2006 für die erste und zweite Instanz auf jeweils 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin betreibt eine Spielhalle, in der zehn Geldspielgeräte und drei sog. "Fun Games" aufgestellt sind. Außerdem betreibt die Antragstellerin die Jackpot-Systeme ""Cherry's Supercash" und "Fun City Jackpot". Mit Verfügung vom 19. April 2006 ordnete die Antragsgegnerin an, die in der Spielhalle aufgestellten Jackpot-Systeme stillzulegen und zu entfernen. Sie ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an.

Das Jackpot-System wird ausweislich der ausgehängten "Teilnahmebedingungen" des Cherry's Supercash" zufällig ausgelöst und gewährt Extragewinne bis 10.000 Euro. Die Teilnahme ist nach den Bedingungen nicht davon abhängig, dass in der Spielothek bereitgestellte Automaten entgeltlich bespielt werden. Sie erfolgt durch Drücken einer der in der Spielothek befindlichen Gewinnspiel-Tasten. Alternativ kann die Teilnahme auch über die Abgabe einer bereitgestellten Teilnahmekarte erfolgen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt.

II.

Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung im Beschwerdeverfahren sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 24. August 2006.

Die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, einstweiliger Rechtsschutz sei der Antragstellerin nicht zu gewähren, weil die Antragsgegnerin zu Recht die Stilllegung und Entfernung der beiden Jackpot-Systeme nach § 3 SOG iVm. § 9 Abs. 2 SpielV verlangt haben dürfte, wird mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Maßnahme auf § 9 Abs. 2 SpielV (vom 6.2.1962 i.d.F. der Bekanntmachung vom 27.1.2006, BGBl. I S. 280) gestützt werden kann. Nach dieser Vorschrift darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spiels dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß den §§ 33c und 33d der GewO zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen oder sonstige finanziellen Vergünstigungen gewähren. Diese Regelung lässt sich auf eine gesetzliche Ermächtigung zurückführen (1.) und die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Untersagung der in der Spielhalle der Antragstellerin betriebenen Jackpot-Systeme nach § 9 Abs. 2 SpielV liegen vor (2).

1. Es bedarf im vorliegenden Eilverfahren keiner Aufklärung und Entscheidung, ob die beiden eingesetzten Jackpot-Systeme tatsächlich technisch von den einzelnen (Geld-) Spielgeräten entkoppelt betrieben werden. Sollte dies nicht der Fall sein und eine technische Verbindung bestehen, würde es sich rechtlich um eine Manipulation des Geldspielgerätes selbst mit dem Ziel der (zufälligen) Erhöhung der durch die Bauartzulassung festgelegten (Höchst-)Gewinne handeln. In diesem Falle wäre, wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 23. November 2005 (- 6 C 8.05 -, GewArch 2006, 123 = NVwZ 2006, 600) ausgeführt hat, ein Rückgriff auf § 9 der SpielV nicht erforderlich, weil nach § 33 c GewO Geldgewinnspielgeräte nur entsprechend der dafür erteilten Bauartzulassung aufgestellt werden dürfen. Der Senat geht vielmehr zugunsten der Antragstellerin davon aus, dass die Jackpot-Systeme von den 10 betriebenen Geldspielgeräten und den Fun-Games, wie dies in den "Teilnahmebedingungen" ausgeführt ist, tatsächlich entkoppelt sind und nicht nur während oder anlässlich eines Spiels an einem der Geldspielgeräte aktiviert werden können.

Als gesetzliche Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen ermöglicht § 33 f Abs. 1 GewO Beschränkungen für den Betrieb der Spielhalle der Antragstellerin. § 33f Abs. 1 GewO ermächtigt zur Durchführung der §§ 33c, 33d, 33e und 33i GewO zum Erlass von Rechtsverordnungen zur Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs, zum Schutz der Allgemeinheit und der Spieler und im Interesse des Jugendschutzes. Gegenstand einer Rechtsverordnung können nach § 33f Abs. 1 Nr. 2 GewO Vorschriften über den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen bei der Ausübung des Gewerbes sein. Die Bezugnahme der gesetzlichen Ermächtigung auf § 33i GewO macht deutlich, dass das erlaubnispflichtige Betreiben einer Spielhalle durch eine Rechtsverordnung geregelt werden kann. § 33i Abs. 1 GewO, auf den § 33f Abs. 1 GewO verweist, macht das gewerbsmäßige Betreiben einer Spielhalle oder eines ähnlichen Unternehmens, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 oder der gewerbsmäßigen Aufstellung von Unterhaltungsspielen ohne Gewinnmöglichkeit dient, von einer Erlaubnis abhängig. Der Betrieb einer solchen Spielhalle kann somit durch eine Rechtsverordnung, die Vorschriften über den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen bei der Ausübung des Gewerbes festlegt, inhaltlich bestimmt oder beschränkt werden. Dabei ist es unerheblich, welche Art von Geräten in der Spielhalle aufgestellt werden sollen, solange der Antragsteller das Betreiben einer Spielhalle beabsichtigt (vgl. zum Umfang der Erlaubnis abhängig von den Spielgeräten: BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, a.a.O.). Diese das Betreiben der Spielhalle betreffenden Regelungen finden sich in Abschnitt III (§§ 6-10) der SpielV. Die dem Aufsteller und Veranstalter in Abschnitt III bei der Ausübung des Spielgewerbes auferlegten Verpflichtungen zielen darauf ab, dem Spieler und den Überwachungsbehörden die Feststellung zu ermöglichen, ob es sich um ein zugelassenes Spielgerät oder um ein für unbedenklich erklärtes Spiel handelt, sowie die Spieler vor Übervorteilung und ungezügelter Betätigung ihres Spieltriebs zu schützen (Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Bd. I, Stand Juni 2006, § 33f, Rdnr. 1). Werden in der Spielhalle Vergünstigungen gewährt, so ist dies ein Element der Betriebsführung (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, a.a.O.)

Dass die gesetzliche Ermächtigung im Hinblick auf die Bestimmung des Zwecks der Regelung in § 33f Abs. 1 GewO den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht genügen könnte (vgl. dazu Landmann/Rohmer, a.a.O., § 33f, Rdnr. 1), ist weder ersichtlich noch geltend gemacht worden.

2. Die von der Antragstellerin in ihrer Spielhalle betriebenen zwei Jackpot-Systeme sind nach § 9 Abs. 2 SpielV nicht zulässig.

Dieser Regelung unterliegt die Antragstellerin bereits deshalb, weil sie Geldspielgeräte im Sinne des § 9 Abs. 1, 2 SpielV betreibt. Denn in ihrer Spielhalle befinden sich mindestens 10 Geldspielgeräte.

Dem Regelungszusammenhang der Absätze 1 und 2 des § 9 SpielV kann entnommen werden, dass es sich bei den Regelungen des § 9 Abs. 2 SpielV um einen Auffangtatbestand für die von § 9 Abs. 1 SpielV nicht erfassten Umgehungsmöglichkeiten der mit der Bauartzulassung festgeschriebenen Gewinn- und Verlustmöglichkeiten von Geldspielgeräten handelt. Während Absatz 1 sich noch auf eine Reihe von konkret benannten Leistungen bezieht, die für weitere Spiele nicht gewährt werden dürfen, regelt Abs. 2 in generell-abstrakter Weise, dass neben der Ausgabe von Gewinnen über zugelassene Spielgeräte selbst keine sonstigen Gewinnchancen eingeräumt und Zahlungen oder sonstige finanzielle Vergünstigungen gewährt werden dürfen (OVG Hamburg, Beschl. v. 28.9.2006 - 1 Bs 278/06 -). Damit ist bewusst ein Auffangtatbestand geschaffen worden, der nach seinem Regelungsgehalt die Fälle des Abs. 1 mit umfasst. Denn die in Abs. 1 konkret benannten Tatbestände stellen keine erschöpfenden Regelungen dar. Nach der Entstehungsgeschichte des Abs. 1 werden lediglich besonders hervorzuhebende Regelbeispiele für Vergünstigungen, die an Spieler nicht gewährt werden dürfen, eingefügt (BR-Drucks. 655/05 vom 30.8.2005, S. 21).

§ 9 Abs. 1 SpielVO ist hier zwar nicht gegeben, weil die zusätzlichen Gewinnchancen nach den "Teilnahmebedingungen" durch die Jackpot-Systeme mit Drücken einer Gewinntaste oder durch eine Teilnahmekarte ausgelöst werden und keine auf konkrete Spiele bezogene Vergünstigungen für weitere Spiele darstellen. Mit Abs. 2 werden aber auch das In-Aussicht-Stellen von Gewinnchancen und Zahlungen sowie sonstige Vergünstigungen verboten, die neben der Ausgabe von Gewinnen über nach §§ 33c, 33d GewO zugelassene Spielgeräte oder sonstige Spiele gewährt werden. Um eine solche sonstige Gewinnchance, die nicht für ein weiteres Spiel mit den vorhandenen Geldspielgeräten angeboten wird, handelt es sich aber bei dem Jackpot-System. Denn mit der Teilnahme am Jackpot-Verfahren der Antragstellerin durch Drücken der Gewinntaste oder durch eine Teilnahmekarte erwirbt der Spieler, der sich in der Spielhalle befindet (vgl. dazu OVG Münster, Beschl v. 18.12.2006 - 4 B 1019/06 -, zitiert nach juris), die Chance, u.U. zusätzlich zu den Gewinnmöglichkeiten an den Spielgeräten einen Geldbetrag bis 10.000 Euro zu gewinnen, der nach dem Zufallsprinzip bezogen auf den einzelnen "Teilnehmer" ermittelt wird. § 9 Abs. 2 SpielV bezweckt aber gerade das Verbot von Jackpot-Spielen und Sonderzahlungen in Spielhallen, weil diese die Spielanreize steigern. Denn Jackpots erwecken bei den Spielern den Eindruck, dass für die Geldspielgeräte die Gewinn- und Verlustbegrenzungen der SpielV nicht mehr gelten (vgl. BR-Drucks. 655/05 (Beschluss) vom 14.10.2005, S. 2, 3).

3. Da die Antragsgegnerin zu Recht die angefochtene Verfügung vom 19. April 2006 auf § 9 Abs. 2 SpielV stützen durfte, wird der Bescheid aller Voraussicht nach Bestand haben. Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung und die Festsetzungen von Zwangsgeld hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nichts eingewandt.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2 VwGO, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 63 Abs. 3 GKG.

Für die Festsetzung des Streitwertes bemisst der Senat das Interesse der Antragstellerin in Anlehnung an die Streitwertbemessung für die Aufstellung von Geldspielgeräten. Der Senat bewertet dieses finanzielle Interesse mit 2.000 Euro, nachdem das Bundesverwaltungsgericht für Hauptsacheverfahren 4.000,-- DM je Gerät angenommen hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.10.1991 - 1 C 1.91 = GewArch. 1992 S. 62; OVG Hamburg, Beschl. v. 31.3.2004 - 1 Bs 47/04 - ). Da hier (lediglich) zusätzliche Jackpotsysteme im Streit sind, die die Attraktivität der aufgestellten Geldspielgeräte verbessern sollen, werden diese mit der Hälfte dieses Wertes bemessen (vgl. OVG Hamburg, Beschl v. 28.9.2006 -1 Bs 278/06 -). Bei 10 Geldspielgeräten ergibt sich daraus für das Hauptsacheverfahren ein Streitwert in Höhe von 10.000,- Euro, der wegen der Vorläufigkeit des Rechtsschutzes im Eilverfahren zu halbieren ist. Insoweit ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2006 abzuändern.

Die gleichzeitig mit der Stilllegung und Untersagung erfolgte Festsetzung von Zwangsgeld wertet der Senat, weil die Antragstellerin insoweit keine eigenständige Angriffe vorgetragen hat, als unselbständige, den Streitwert nicht erhöhende Regelung.

Ende der Entscheidung

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