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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.10.2006
Aktenzeichen: 1 Bs 306/06
Rechtsgebiete: GewO


Vorschriften:

GewO § 56
GewO § 60d
Zur Abgrenzung des Reisegewerbes (Aufkauf von Luxuswaren in Hotels).
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

1 Bs 306/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Meffert, E. - O. Schulz sowie die Richterin Huusmann am 17. Oktober 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18. September 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, eine britische Gesellschaft mit Sitz in London, kauft in Europa während jeweils nur einige Tage dauernder Ankaufsveranstaltungen Luxusuhren, Schmuck, Edelsteine und Antiquitäten, darunter auch antikes Silber auf und wirbt dafür jeweils in den örtlichen Tageszeitungen. Ende März 2006 zeigte ihr Bevollmächtigter bei der Antragsgegnerin an, dass sie beabsichtige in Hamburg während einiger Tage in einem Hotel den Ankauf von antiken Uhren zu veranstalten und hierfür in der Tagespresse zu werben. Beim letzten Mal sei die Veranstaltung von der Polizei mit der Begründung untersagt worden, es handle sich um eine erlaubnispflichtige Veranstaltung. Sie bitte um Bestätigung, dass weder eine Erlaubnis- noch eine Anzeigepflicht bestehe. Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 28. März 2006 mit, dass in Deutschland nur der Ankauf, kein Verkauf erfolge, daher keine Anzeigepflicht bestehe. Mit Verfügung vom 31. Mai 2006 untersagte die Antragsgegnerin die vom 30. Mai bis 1. Juni 2006 betriebene Ankaufsveranstaltung sowie die Verlängerung der Veranstaltung oder die Durchführung weiterer Veranstaltungen dieser Art, ordnete die Beendigung spätestens am 1. Juni 2006 20.00 Uhr an und erklärte die Verfügung für sofort vollziehbar. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin zurück. Den Antrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, die das Gericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur prüft, führen nicht zu einer Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

1) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass sich die angefochtene Verfügung hinsichtlich der Ankaufsveranstaltung im Mai/Juni 2006 wegen Zeitablaufs erledigt hat und einem etwaige Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der Rechtmäßigkeit insoweit durch eine Fortsetzungsfeststellungsklage genügt werden könne, für eine Eilentscheidung daher kein Raum sein. Die Beschwerde hat hiergegen nicht erinnert.

2) Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die angefochtene Verfügung, soweit sie das Verbot zukünftiger Ankaufsveranstaltungen betrifft, rechtmäßig ist und dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung überwiegt.

a) Die Ansicht der Antragstellerin, sie betreibe mit den Ankaufsveranstaltungen kein Reisegewerbe, überzeugt nicht. Unstreitig will sie außerhalb ihrer gewerblichen Niederlassung in London in Hamburg im Rahmen ihres Gewerbes tätig werden. Unstreitig ist auch, dass sie weder ihre Kunden aufsucht, noch auf deren vorherige Bestellung tätig wird. Vielmehr wirbt die Antragstellerin damit, für kurze Zeit in Hotels ihr angebotenen Schmuck, Diamanten, Perlen, Edelsteine, Luxusuhren, Antikes Silber und sonstige Antiquitäten und Kunstwerke aufkaufen zu wollen. Auch wenn die Kunden sie daraufhin aufsuchen, beruht die gewerbliche Tätigkeit der Antragstellerin in Hamburg nicht auf einer vorherigen Bestellung der Kunden und unterscheidet sich hinsichtlich der gewerberechtlichen Einordnung nicht von der eines sonstigen Händlers, der seine temporäre An- oder Verkaufsstelle außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung öffentlich und allgemein bekanntmacht. Damit wird nicht temporär eine gewerbliche Niederlassung gegründet, sondern die typische Tätigkeit eines Reisegewerbes ausgeübt. Der Gewerbeanzeige vom 27. März 2006 ist auch nicht zu entnehmen, dass die Antragstellerin beabsichtige in Hamburg eine gewerbliche Niederlassung anzumelden.

Vielmehr wird ausdrücklich der Firmensitz in London genannt und betont, dass die gewerbliche Betätigung der Antragstellerin in Hamburg nur wenige Tage dauern solle. Von der Anmeldung einer gewerblichen Niederlassung in Hamburg kann daher keine Rede sein.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ergibt sich aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 28. März 2006 auch keine Zusicherung, nicht gegen die Antragstellerin einzuschreiten. Abgesehen davon, dass sich das Schreiben nur auf die Anzeige der Antragstellerin über den Ankauf von antiken Uhren, nicht auf die später tatsächlich beworbene und durchgeführte Ankaufsveranstaltung bezog, die wesentlich Edelmetalle, Edelsteine und Perlen zum Gegenstand hatte, kann dem Schreiben bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des Erklärungsempfängers nicht die Zusicherung entnommen werden, eine unerlaubte gewerbliche Betätigung der Antragstellerin unbeanstandet zu lassen. Allenfalls ist daraus ersichtlich, dass die Antragsgegnerin den der Ankauf antiker Uhren für nicht anzeigepflichtig hielt. Zwar mag das Schreiben die Antragstellerin, wie es die Antragsgegnerin sieht, von dem Vorwurf ordnungswidrigen Verhaltens entlasten, da es keinerlei Hinweise auf die Erlaubnispflichtigkeit der beabsichtigen Verkaufsveranstaltung enthält. Es hindert die Antragsgegnerin allerdings nicht, in den angefochtenen Bescheiden darauf hinzuweisen, dass die Durchführung weiterer derartiger Veranstaltungen unzulässig sei, und sie angesichts der Ankündigung der Antragstellerin vorsorglich zu untersagen. Damit macht die Antragsgegnerin, wie der Widerspruchsbescheid mit Recht ausführt, von der Ermächtigungsgrundlage des § 60d GewO Gebrauch. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin dabei ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Denn neben dem Fehlen der Erlaubnis kommt hier hinzu, dass die Ankaufsveranstaltung der Antragstellerin in dem beworbenen und durchgeführten Umfang gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 2 GewO verboten ist, und die Antragstellerin keinerlei Umstände vorgetragen hat, die für eine ausnahmsweise Erlaubnis gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 GewO sprechen. Es bleibt der Antragstellerin unbenommen, bei der Antragsgegnerin eine Reisegewerbekarte gemäß § 55 Abs. 2 GewO und eine Ausnahmebewilligung gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 GewO zu beantragen. Solange eine solche Genehmigung nicht erteilt ist, stellt sich die angefochtene Verfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides als rechtmäßig dar.

b). Bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Untersagung und dem privaten Interesse der Antragstellerin überwiegt das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des gewerberechtlichen Verbotes gemäß § 56Abs. 1 Nr. 2 GewO zum Zwecke des Verbraucherschutzes. Abgesehen von dem geltend gemachten wirtschaftlichen Interesse an der Fortsetzung der in Hamburg nach ihrem Vortrag getätigten guten Geschäfte, die reziprok schlechte Geschäfte für die verkaufenden Verbraucher gewesen sein dürften, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, worin ihr besonderes privates Interesse besteht, ohne die erforderliche Reisegewerbekarte und ohne die erforderliche Ausnahmebewilligung ihr verbotenes Tun fortzusetzen. Bei dieser Sachlage überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Einhaltung der im Interesse der Allgemeinheit erlassenen gewerberechtlichen Vorschriften, so dass es bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbleiben muss.

III. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO, §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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