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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.05.2007
Aktenzeichen: 1 Bs 334/06
Rechtsgebiete: HmbJFG, EG Vertrag, VO(EG) Nr. 659/1999


Vorschriften:

HmbJFG § 1 Abs. 3
EG Vertrag Art. 88 Abs. 1
VO(EG) Nr. 659/1999 Art. 20 Abs. 2
§ 1 Abs. 3 Nr. 5 Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz schließt Akten aus einem laufenden Verfahren von dem Recht auf Akteneinsicht aus. Auch ein laufendes beihilferechtliches Prüfungsverfahren der Europäischen Kommission nach Art. 88 Abs. 1 EG-Vertrag hindert die Akteneinsicht.

Zum allgemeinen Anspruch auf Auskunftserteilung.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

1 Bs 334/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Meffert und Schulz am 29. Mai 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. November 2006 wird geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin

1. schriftlich Auskunft über die Frage zu erteilen, lagen die in den indikativen Angeboten der insgesamt sechs Bieter, die nach dem Ausschluss der Antragstellerin weiter am Bieterverfahren beteiligt wurden, für die Gesellschaftsanteile für Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH einerseits sowie für deren betriebsnotwendige Immobilien andererseits gebotenen Kaufpreise über oder unter dem indikativen Angebot der Antragstellerin,

2. schriftlich Auskunft über die Frage zu erteilen, hat die Antragsgegnerin vor der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH sowie ihrer betriebsnotwendigen Immobilien Wertgutachten über den Verkehrswert der Gesellschaftsanteile und der Immobilien eingeholt, falls ja, welcher Wert wurde für die Gesellschaftsanteile und die Immobilien in diesem Wertgutachten festgestellt?

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Von den Kosten des gesamten Verfahrens tragen die Antragstellerin 8/10 die Antragsgegnerin 2/10. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 40.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt umfassende Einsicht in die Akten über das Verfahren zur Veräußerung der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer betriebsnotwendigen Immobilien, hilfsweise Akteneinsicht und Auskunft zu einer Reihe dezidiert gestellter Fragen. Die Antragsgegnerin betrieb im Jahre 2005 den Verkauf der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH einschließlich der dazugehörigen Betriebsgrundstücke in einem strukturierten Bieterverfahren. Hieran nahm die Antragstellerin teil. Erwerbsgegenstand war ausweislich der Aufforderung zur Abgabe eines indikativen Angebotes einerseits der Erwerb der Geschäftsanteile der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH mit gleichzeitigem Erwerb der betriebsnotwendigen Immobilien und andererseits der Erwerb der Geschäftsanteile der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH ohne gleichzeitigen Erwerb der betriebsnotwendigen Immobilien. Die Bieter waren aufgefordert worden, Aussagen zur eindeutigen Kaufpreishöhe für 100% der Anteile an der Gesellschaft und für die betriebsnotwendigen Immobilien zu treffen. Die Antragstellerin gab ein entsprechendes indikatives Angebot für den Erwerb der Geschäftsanteile der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH mit gleichzeitigem Erwerb der betriebsnotwendigen Immobilien ab. Die Antragsgegnerin berücksichtigte das Angebot der Antragstellerin im weiteren Verfahren nicht und führte weitere Verkaufsverhandlungen mit einem Kreis von sechs anderen potentiellen Erwerbern. Nachdem die Antragstellerin aus der Presse erfahren hatte, dass die Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und die dazugehörigen Betriebsimmobilien für einen Gesamtbetrag von 70 Millionen Euro an einen Dritten veräußert werden sollten, bat sie die Antragsgegnerin um Akteneinsicht, die die Antragsgegnerin ablehnte.

Mit Antrag vom 6. September 2006 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin beim Verwaltungsgericht Hamburg gestellt. Sie beabsichtige gegen den Verkauf der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und der Betriebsimmobilien an einen Konkurrenten Rechtsmittel einzulegen. Um die Aussichten eines solchen Rechtsmittels abschätzen zu können, müsse sie vorher in die Sachakten Einblick gewährt bekommen. Darüber hinaus stünde ihr ein Anspruch auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 9. November 2006 abgelehnt. Ein Akteneinsichtsrecht komme der Antragstellerin nicht nach § 29 VwVfG zu, da hier lediglich fiskalische Tätigkeiten der Antragsgegnerin in Rede stünden. § 29 VwVfG betreffe nur Verwaltungsverfahren, die auf den Erlass von Verwaltungsakten oder den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge gerichtet seien. Daran fehle es vorliegend. Ein Anspruch aus § 1 Informationsfreiheitsgesetz ergebe sich deshalb nicht, weil die Veräußerung keine amtliche Aufgabe betroffen habe. Nur für solche gebe das Informationsfreiheitsgesetz ein Akteneinsichtsrecht. Darüber hinaus sei das Verfahren noch nicht abgeschlossen, so dass nach § 1 Abs. 3 Nr. 5 Informationsfreiheitsgesetz kein Anspruch auf Akteneinsicht bestehe.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat nur in dem tenorierten Umfang Erfolg.

A.

Hinsichtlich des Hauptantrages hat die Beschwerde aus den von ihr dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) keinen Erfolg. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin vollständige Akteneinsicht in die Akten des Verfahrens zur Veräußerung der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer betriebsnotwendigen Immobilien zu gewähren. Es fehlt an einem Anordnungsanspruch.

1. Ein solcher ergibt sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht aus § 29 HmbVwVfG. Es fehlt an einem Verwaltungsverfahren im Sinn des § 9 HmbVwVfG. Denn die Veräußerung der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und der dazugehörigen Betriebsimmobilien betraf kein Verfahren, das auf die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet war. Die dagegen vorgebrachte Annahme der Antragstellerin, das strukturierte Bieterverfahren sei gleich zu behandeln mit Vergabeverfahren nach dem GWB, dort sei die Zuschlagsentscheidung als öffentlich-rechtlicher Akt gewertet, so dass auch im vorliegenden Fall des strukturierten Bieterverfahrens der Zuschlag als Verwaltungshandlung anzusehen sei, vermag nicht zu überzeugen. Anders als das Vergabeverfahren ist das strukturierte Bieterverfahren, das hier in Rede steht, nicht gesetzlich geregelt. Selbst wenn, was auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede stellt, mit der Veräußerung auch im öffentlichen Recht angesiedelte Interessen einer optimalen und verlässlichen Versorgung der hamburgischen Bevölkerung mit Pflegedienstleistungen verbunden waren, ändert dies nichts an dem Umstand, dass im Mittelpunkt der Entscheidung die Veräußerung von Fiskalvermögen, nämlich der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH sowie der dazugehörigen Immobilien stand. Ein Verwaltungsverfahren im Sinne des § 9 HmbVwVfG kann darin jedenfalls nicht gesehen werden.

2. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin vermag der Senat auch nicht eine analoge Anwendung des § 29 HmbVwVfG als erforderlich anzusehen. Eine Regelungslücke ist nicht erkennbar, so dass für eine Analogie kein Raum ist.

3. Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf ein Akteneinsichtsrecht aus § 1 Abs. 1 des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes vom 11. April 2006 (HmbGVBl. S. 167) i.V.m. § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722) berufen. Denn gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 5 des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht für Informationen aus laufenden Verfahren. Der Begründung des Entwurfes zu § 1 Abs. 3 Nr. 5 Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz (Bü-Drucks. 18/3909 S. 8, 11) ist zu entnehmen, dass mit dieser Vorschrift der Vorrang der primären Aufgabenerledigung der Verwaltung und ein reibungsloses Verwaltungsarbeiten gewährleistet werden soll. Darüber hinaus soll auch die Möglichkeit der Einflussnahme der Bürgerinnen und Bürger auf laufende Verfahren im Interesse einer Entscheidung der Exekutive auf der Grundlage der Gesetze nicht durch die Schaffung von Akteneinsichtsrechten gefördert werden. Dem ist zu entnehmen, dass Akten, solange sie für ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln und die Aufgabenerledigung der Verwaltung in laufenden Verfahren noch benötigt werden, der allgemeinen Akteneinsicht nach § 1 Abs. 1 Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz i.V.m. § 1 Informationsfreiheitsgesetz nicht zugänglich sein sollen.

Gemessen an dieser Intentionalität der Vorschrift steht § 1 Abs. 3 Nr. 5 Hamburgisches Informationsfreiheitsgesetz dem Anspruch auf Akteneinsicht der Antragstellerin entgegen. Die Akten des Verfahrens zur Veräußerung der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer betriebsnotwendigen Immobilien gehören zu einem laufenden Verfahren. Dies ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin der Kommission der Europäischen Gemeinschaft Mitteilung über mutmaßlich rechtswidrige Beihilfen der Freien und Hansestadt Hamburg im Zusammenhang mit dem Verkauf der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer betriebsnotwendigen Immobilien gemäß Art. 20 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 des Rates vom 22.3.1999 (Amtsbl. Nr. L 83/1) gemacht hat. Das führt gemäß Art. 88 Abs. 1 des EG-Vertrages i.V.m. mit Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 dazu, dass die Kommission diese Informationen unverzüglich prüft und gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung von dem betreffenden Mitgliedsstaat Auskünfte erlangt. Da diese Auskünfte gemäß Art. 2 Abs. 2 und Art. 5 Abs. 1 und 2 der Verordnung alle sachdienlichen Auskünfte umfassen, befindet sich das Verfahren zur Veräußerung der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer Betriebsnotwendigen Immobilien derzeit im Stadium des beihilferechtlichen Prüfungsverfahrens und damit in einem Verfahren, das nach der Intention des § 1 Abs. 3 Nr. 5 Informationsfreiheitsgesetz von der Akteneinsicht durch Dritte freigestellt ist, um die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung der Verwaltung zu gewährleisten. Die Antragstellerin, der gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 die Entscheidungen der Kommission mitgeteilt werden, hat nicht dargelegt, dass das von ihr angeregte Kontrollverfahren der Kommission bereits abgeschlossen sei.

4. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, ob die Antragstellerin unabhängig davon einen Anspruch auf ermessensfehlerfreier Entscheidung über ihren Antrag auf Gewährung von vollständiger Akteneinsicht hat. Denn jedenfalls wäre im Falle eines solchen Anspruchs das Ermessen der Antragsgegnerin nicht auf die begehrte Akteneinsicht geschrumpft. Mit Recht macht die Antragsgegnerin geltend, dass sie bei ihrer Entscheidung über den Akteneinsichtsantrag die wirtschaftlichen Geheimhaltungsinteressen der Konkurrenten der Antragstellerin in dem strukturierten Bieterverfahren zu berücksichtigen habe und dass eine uneingeschränkte Akteneinsicht der Antragstellerin die Möglichkeit gäbe, Geschäftsgeheimnisse der Mitbewerber zu erfahren. Es ist nicht erkennbar, dass eine Ablehnung des Akteneinsichtsgesuches mit dieser Begründung ermessensfehlerhaft wäre. Daher kann von einer Nullreduktion des Ermessens der Antragsgegnerin auf die Gewährung der Akteneinsicht keine Rede sein.

B.

Soweit die Antragstellerin mit ihrem hilfsweise gestellten Antrag die Einsichtnahme in die ihr eigenes Gebot betreffenden Unterlagen des Verfahrens zur Veräußerung der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer betriebsnotwendigen Immobilien begehrt, kann der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenfalls keinen Erfolg haben.

1. Hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche aus § 29 HmbVwVfG sowie § 1 des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes gilt das oben unter A. zum Hauptantrag Gesagte gleichermaßen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf verwiesen.

2. Ein etwaiger Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Akteneinsichtsbegehren der Antragstellerin hat sich nicht auf die Gewährung der begehrten Einsicht reduziert. Die Antragsgegnerin hat sich zur Begründung der Ablehnung des Begehrs darauf berufen, dass auch die Akten das eigene Gebot der Antragsstellerin betreffend Unterlagen und Angaben zu den Angeboten der Mitbewerber enthalten. Damit hat sich die Antragsgegnerin auf zulässige Erwägungen zum Schutze von Geschäftsgeheimnissen der anderen Bieter berufen. Deren Interesse daran, dass ein Konkurrent keine Einsichtnahme in das eigene Gebot erhält, kann der Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei dem Begehr der Antragstellerin entgegenhalten. Damit fehlt es an dem erforderlichen Anordnungsanspruch für die begehrte Akteneinsicht auch insoweit.

C.

1. Soweit die Antragstellerin von der Antragsgegnerin unter 5. die Frage beantwortet wissen will, ob die Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer betriebsnotwendigen Immobilien als potentielle Beihilfe bei der europäischen Kommission notifiziert worden sei, und wenn nein, warum nicht, hat die Antragsgegnerin im Laufe des Verfahrens hinreichend deutlich gemacht, dass sie die streitige Veräußerung ihrer Auffassung nach nicht mit einer Beihilfe versehen habe und deshalb keinen Anlass gesehen habe, die Veräußerung gegenüber der Europäischen Kommission zu notifizieren. Ist die Frage mithin erschöpfend beantwortet, bedarf es der begehrten einstweiligen Anordnung nicht. Es fehlt der Antragstellerin an dem nötigen Rechtsschutzinteresse dafür.

2. Gleiches gilt für die unter 4. hilfsweise gestellte Frage, auf welche Tatsachenfeststellungen sich die Annahme der Antragsgegnerin gründe, die Antragstellerin hätte als Erwerber der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer Immobilien eine geringere Akzeptanz bei den Arbeitnehmern der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH gefunden und es sei bei einer Veräußerung an die Antragstellerin daher infolge der mit den Arbeitnehmern vereinbarten Rückkehrrechte mit auch finanziellen Belastungen der Antragsgegnerin zu rechnen gewesen. Wie dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 10. Mai 2007 (Bl. 14 = 538 d.A.) zu entnehmen ist, hält sie die Frage 4 ebenfalls für in der Tat beantwortet und knüpft daran die weitere Frage, wie ihre eigene angeblich mangelnde Akzeptanz bei der der Bewertung der Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt vorliegenden indikativen Angebot rechnerisch berücksichtigt worden sei. Damit fehlt es hinsichtlich der unter Nr. 4 gestellten Frage des Hilfsantrages ebenso am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Die von der Antragstellerin daran anknüpfende weitere Frage nach der rechnerischen Bewertung hat sie erst nach Ablauf der Darlegungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO gestellt. Sie sieht der Senat nicht als ergänzenden Hilfsantrag an. Ein solcher Antrag würde keinen Sinn machen. Denn die Beantwortung der Frage dürfte auf etwas Unmögliches gerichtet sein. Die Antragsgegnerin hat im Zuge des Verfahrens mehrfach betont, dass die Bewertung der Gebote im gesamten strukturierten Verfahren jeweils im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung erfolgt sei. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin nichtmonetäre Gesichtspunkte im Zuge ihrer Entscheidungsfindung monetarisiert hat, um sie anschließend bei der Berechnung eines rechnerischen Höchstgebotes berücksichtigen zu können. Auch findet sich keinerlei Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Antragsgegnerin in einem sonstigen rechnerischen Verfahren die verschiedenen Gebote hinsichtlich der einzelnen Entscheidungsgesichtspunkte mit einem Punktwert versehen oder sonst ihre Entscheidung auf eine rechnerische Basis gestellt hätte. Die Antragsgegnerin hat mehrfach betont, dass der Entscheidungsfindung jeweils eine wertende Betrachtung unter Berücksichtigung der Veräußerungsziele, die der Antragstellerin durch den Text der Veröffentlichung der Aufforderung zum Interessenbekundungsverfahren bekannt waren, zu Grunde lag. Bei dieser Sachlage würde die Antragstellerin mit einem Begehr, Auskunft darüber zu geben, wie die angebliche mangelnde Akzeptanz der Antragstellerin bei der Bewertung der der Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt vorliegenden indikativen Angebote rechnerisch berücksichtigt worden sei, etwas Unmögliches verlangen.

3. Hinsichtlich der dritten hilfsweise gestellten Frage, anhand welcher Kriterien die Antragsgegnerin die in den indikativen Angeboten enthaltenen Aussagen zur Standortsicherung, zu Investitionen und zur Optimierung der Pflegequalität in den Einrichtungen der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH verglichen habe und in welchen Punkten das indikative Angebot der Antragstellerin hierbei hinter den nach Ausschluss der Antragstellerin im Bieterverfahren verbleibenden sechs Bietern zurückgeblieben sei, fehlt es an dem erforderlichen Anordnungsanspruch. Das Ermessen der Antragsgegnerin ist hinsichtlich dieser Frage nicht in dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die die Vorwegnahme der Hauptsache beinhaltet, erforderlichen hohem Maß an Wahrscheinlichkeit dahin gebunden, die Frage zu beantworten.

Die Antragsgegnerin verweist insoweit auf ihren wiederholten Vortrag, dass der Vergleich der Angebote unter Einbeziehung sämtlicher Privatisierungsziele durch eine Gesamtbetrachtung des jeweiligen Angebotes zu Stande gekommen sei. Die von der Frage betroffenen ausgewählten drei Privatisierungsziele ermöglichten nicht den Rückschluss auf die Gesamtqualität des jeweiligen Angebotes. Bei Auskunftserteilung werde nur ein verzerrtes Bild im Hinblick auf die Einschätzung der Angebote der verbleibenden sechs Bieter einerseits und des Angebots der Antragstellerin andererseits entstehen. Wenn die Antragstellerin demgegenüber geltend macht, mit der Frage 3 bezwecke sie die Offenlegung weiterer Entscheidungskriterien neben den durch die Bieter angebotenen Kaufpreisen, was eine sinnvolle Ergänzung der Frage 1 darstelle, überzeugt dies den Senat nicht. Da, wie die Antragsgegnerin wiederholt und unwiderlegt vorgetragen hat, die Auswahl der Bieter anhand aller zehn Privatisierungsziele auf Grund einer Gesamtbetrachtung erfolgt ist, ist das Interesse der Antragstellerin an der Beantwortung dieser Frage nicht von solchem Gewicht, dass aus diesem Grunde mit der für das einstweilige Anordnungsverfahren erforderlichen Deutlichkeit von einer Ermessensreduzierung auf die begehrte Entscheidung ausgegangen werden kann. Die Antragsgegnerin könnte zur Beantwortung der Frage nicht auf die vorhandenen Unterlagen zurückgreifen und daraus die Frage beantworten. Sie müsste, da sie bisher die Auswahl unter den Bietern im Zuge einer jeweiligen Gesamtbetrachtung durchgeführt hat, nunmehr hinsichtlich der in der Frage 3 angesprochenen Kriterien Standortsicherung, Investition und Optimierung der Pflegequalität einen neuen Vergleich zwischen dem Angebot der Antragstellerin einerseits und, sofern die Gebote der im Bieterverfahren verbleibenden sechs Bieter hierzu überhaupt Aussagen enthalten, deren Angaben andererseits erstmalig hypothetisch erstellen. Da dieser Vergleich für die Antragsgegnerin nicht entscheidungsrelevant war, ist nicht erkennbar, dass das Interesse der Antragstellerin an der Beantwortung dieser Frage das Interesse der Antragsgegnerin, einen solchen möglicherweise nicht unerheblichen Bewertungsaufwand nicht betreiben zu müssen, überwiegt. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin die Beantwortung der Frage 3 lediglich als sinnvolle Ergänzung der Frage 1 bezeichnet hat, nicht aber dargelegt hat, aus welchen Gründen sie zur Verfolgung ihrer Rechte auf eine hypothetische Bewertung der in Frage 3 angesprochenen Teilaspekte bei der Bieterbewertung angewiesen sein soll.

D.

Hinsichtlich der hilfsweise gestellten Fragen 1 und 2 sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch ist auch mit Rücksicht auf die Tatsache, dass mit der einstweiligen Anordnung die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird, mit dem erforderlichen hohen Maß an Wahrscheinlichkeit gegeben.

1. Die Antragstellerin hat zur Begründung des Anordnungsgrundes geltend gemacht, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der begehrten Auskünfte benötige, um die Erfolgsaussichten eines eventuell erforderlichen Antrages gemäß Art. 230 Abs. 4 EGV an den Europäischen Gerichtshof abschätzen zu können. Sie hat darüber hinaus geltend gemacht, dass angesichts der Zweimonatsfrist des Art. 230 Abs. 5 EGV für eine solche Klage weder ein Hauptsache- noch ein Eilverfahren auf die begehrte Akteneinsicht in dieser Frist geführt werden könne. Letzteres ist angesichts der Dauer des vorliegenden Verfahrens augenfällig. Für den Fall, dass ihr Hinweis an die Kommission der Europäischen Gemeinschaft vom 1. Dezember 2006 über "unerlaubte staatliche Beihilfen durch die Freie und Hansestadt Hamburg (als Land Hamburg der Bundesrepublik Deutschland)" nicht den gewünschten Erfolg der Durchführung eines Verfahrens wegen unerlaubter Beihilfe hat, liegt es auf der Hand, dass die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Interessen als Konkurrentin vor einem eventuellen Klageverfahren beim EuGH die Erfolgsaussichten eines solchen Verfahrens angesichts der zu erwartenden Kosten abschätzen muss. Deshalb ist sie berechtigter Weise daran interessiert, hierzu möglichst umfassend alle ihr zugänglichen Informationen zu erlangen.

2. Es kann dahinstehen, ob der geltend gemachte Auskunftsanspruch als minus des im Ermessen der Behörde stehenden allgemeinen Akteneinsichtsrechts anzusehen ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 30.12.1982, NJW 1983 S. 2405) oder sich der Auskunftsanspruch angesichts des strukturierten Bieterverfahrens, an dem die Antragstellerin teilgenommen hat, sich aus dem allgemeinen Rechtssatz von Treu und Glauben herleiten lässt (vgl. hierzu OVG Koblenz, Urt. v. 2.10.1991, NVwZ 1992 S. 384). Denn der Antragstellerin steht ein gewichtiges Interesse an den begehrten Auskünften zur Seite, demgegenüber das Interesse der Antragsgegnerin an der Vermeidung der begehrten Auskünfte als nachrangig einzustufen ist.

a) Hinsichtlich der Frage 1 des Hilfsantrages, "lagen die in den indikativen Angeboten der insgesamt sechs Bieter, die nach dem Ausschluss der Antragstellerin weiter am Bieterverfahren beteiligt wurden, für die Gesellschaftsanteile der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH einerseits sowie für deren betriebsnotwendigen Immobilien andererseits gebotenen Kaufpreise über oder unter dem indikativen Angebot der Antragstellerin", hat die Antragstellerin ein gewichtiges rechtliches Interesse dargelegt, das auf andere Weise nicht befriedigt werden kann. Durch eine Antwort hierauf kann sie ihre Erfolgsaussichten einer eventuellen Klage beim Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 230 Abs. 4 EGV abschätzen und gleichzeitig Argumentationsmaterial für die Durchführung des Verfahrens gewinnen, das ihr anders nicht zur Verfügung steht. Angesichts des Verdachtes der Antragstellerin, dass mit dem Verkauf der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH einschließlich der betriebsnotwendigen Immobilien eine Subventionierung des Erwerbers erfolgt ist, gebietet es die Konkurrenzsituation der Antragstellerin zu dem Erwerber, diesem Verdacht nachzugehen. Hierbei ist sie auf Auskünfte der Antragsgegnerin angewiesen. Diesem anderweitig nicht zu deckenden Auskunftsinteresse der Antragstellerin stehen keine gewichtigen Interessen der Antragsgegnerin, die Auskünfte nicht zu erteilen, entgegen. Soweit die Daten zur Erteilung der begehrten Auskunft zu Frage 1 vorhanden sind, dürften sie sich unschwer aus den Unterlagen des strukturierten Bieterverfahrens entnehmen lassen. Geschäftsgeheimnisse der anderen Bieter werden nicht tangiert. Die Frage zielt weder auf den Namen der Bieter noch auf die Höhe der Gebote, sondern beschränkt sich auf die Relation der gebotenen Kaufpreise zu dem Angebot der Antragstellerin.

Die hiergegen vorgebrachten Bedenken der Antragsgegnerin überzeugen nicht. Die Frage kann ohne die Möglichkeit des Rückschlusses darauf beantwortet werden, welcher der Bieter ein Angebot über oder unter dem indikativen Angebot der Antragstellerin abgegeben hat und welche konkrete Höhe die Angebote hatten. Auch wenn, worauf die Antragsgegnerin hinweist, der Kaufpreis nicht das allein ausschlaggebende Kriterium für die Auswahl des besten Bieters war, sondern sie vielmehr die Auswahl nach einer Gesamtwertung anhand des Maßstabes der benannten Privatisierungsziele durchgeführt hat, lässt sich die Höhe des Preisgebotes doch von der Bewertung der übrigen Privatisierungsziele trennen. Während letztere sich typischerweise einer messbaren Wertung entziehen und notwendigerweise auch subjektive Einschätzungselemente enthalten, so dass der Vergleich der Angebote insofern ein nicht messbarer Akt wertender Erkenntnis sein dürfte, stellt sich dies für den Vergleich der Kaufpreisangebote anders dar. Bei ihnen ist ein Zahlenvergleich einfach möglich. Die Kenntnis des Verhältnisses des Angebotes der Antragstellerin zu denen des übrigen Bieterfeldes gibt ihr einen nicht unwesentlichen Anhaltspunkt für die Einschätzung der Erfolgsaussichten einer eventuellen Klage vor dem EuGH gemäß Art. 230 Abs. 4 EGV. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass das indikative Angebot der Antragstellerin schon betragsmäßig unter den indikativen Angeboten der insgesamt sechs Bieter, die nach dem Ausschluss der Antragstellerin weiter im Bieterverfahren beteiligt wurden, gelegen haben sollte. Angesichts des Umstandes, dass die Antragstellerin anders als durch die begehrte Auskunft der Antragsgegnerin hierzu keine Erkenntnisse erlangen kann, erscheint jede andere Entscheidung als die Erteilung der Auskunft ermessensfehlerhaft.

b) Auch hinsichtlich der zweiten Frage des Hilfsantrags, "hat die Antragsgegnerin vor der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH sowie ihre betriebsnotwendigen Immobilien Wertgutachten über den Verkehrswert der Gesellschaftsanteile und der Immobilien eingeholt? Falls ja, welcher Wert wurde für die Gesellschaftsanteile und die Immobilien in diesem Wertgutachten festgestellt", sieht der Senat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte als gegeben an. Dies beruht zum einen darauf, dass wie oben unter a) ausgeführt, die Antragstellerin zur Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Klage gemäß § 230 Abs. 4 EGV wegen unzulässiger Subventionierung des Erwerbers eine Antwort auf diese Frage benötigt und sie damit anderweitig nicht beschaffbare Informationen zur Verfolgung ihrer wettbewerbsrechtlichen Position im Verhältnis zum erfolgreichen Erwerber der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH erhält. Zum anderen ergeben sich aus den Erklärungen der Antragsgegnerin keine Ermessenserwägungen, die dem Begehr der Antragstellerin entgegengehalten werden könnten. Zwar mag die Antragsgegnerin mit Recht geltend machen, dass letztlich der Marktwert der veräußerten Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH und ihrer betriebsnotwendigen Immobilien sich erst in einem strukturierten Bieterverfahren bildet. Dies setzt jedoch voraus, dass mit dem Verkauf keine (versteckten) Subventionierungen verbunden sind. Um die Klärung dieser, von der Antragstellerin behaupteten Subventionierung des Käufers geht es aber gerade in dem von der Antragstellerin angestoßenen Überprüfungsverfahren gemäß Art. 88 EGV. Im Rahmen dieses Verfahrens, das die Antragstellerin möglicherweise im Wege einer Klage gemäß Art. 230 Abs. 4 EGV durchsetzen will, kann als Indiz ein vor der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Pflegen und Wohnen Betriebs GmbH sowie ihrer betriebsnotwendigen Immobilien erstelltes Wertgutachten dienen. Es ist daher für eine mögliche Rechtsverfolgung ihrer Interessen durch die Antragstellerin von gravierender Bedeutung, die Frage zu 2 des Hilfsantrages von der Antragsgegnerin beantwortet zu bekommen. Daher vermag der Senat der Ansicht der Antragsgegnerin nicht zu folgen, dass die Beantwortung der Frage kein geeignetes Mittel zur Wahrung etwaiger rechtlicher Interessen der Antragstellerin sei und daher nicht erforderlich. Andere entgegenstehende Interessen der Antragsgegnerin hat sie nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere für ein von der Antragsgegnerin auch nicht geltend gemachtes Geheimhaltungsinteresse.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Dabei hat sich der Senat von der Erwägung leiten lassen, dass die Antragstellerin zwar hinsichtlich ihres Hauptantrages keinen Erfolg gehabt hat, der Hilfsantrag allerdings in zwei gewichtigen Punkten erfolgreich war. Diesen Erfolg schätzt der Senat auf 2/10 des Umfanges des gesamten Antrages. Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung (§ 63 Abs. 3 GKG) gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 40.000 Euro geschätzt. Wegen der begehrten Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine Ermäßigung vorzunehmen. In der Hauptsache schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin auf 40.000 Euro. Dies beruht auf der Überlegung, dass die Antragsgegnerin eine wettbewerbswidrige Subventionierung des erfolgreichen Bieters von mindestens 19 Millionen Euro behauptet. Auch wenn im vorliegenden Verfahren lediglich die vorbereitende Akteneinsicht für ein Konkurrentenverfahren oder ein Verfahren gemäß Art 230 Abs. 4 EGV in Rede steht, ist angesichts des Umfangs der von der Antragstellerin geltend gemachten dahinterstehenden wirtschaftlichen Interessen und der Bedeutung der begehrten Akteneinsicht zur Durchsetzung dieser Interessen von einem deutlich höheren Streitwert als dem Regelstreitwert auszugehen.

Ende der Entscheidung

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