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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 02.03.2007
Aktenzeichen: 1 Bs 340/06
Rechtsgebiete: PBZugV, PBefG, Richtlinie 96/26EG


Vorschriften:

PBZugV § 1 Abs. 2
PBefG § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Richtlinie 96/26EG Art. 3 Abs. 2 a
Eine schwere strafrechtliche Verurteilung führt zur Unzuverlässigkeit eines Taxenunternehmens, solange sie gemäß §§ 32, 34 Abs. 1 Nr. 2 BZRG in ein Führungszeugnis nach den §§ 30, 31 BZRG aufzunehmen ist.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

1 Bs 340/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Schulz und die Richterin Huusmann am 2. März 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 7. November 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der 1956 geborene Antragsteller betreibt seit 1988 ein Taxenunternehmen. Zuletzt erteilte ihm die Antragsgegnerin dafür eine Genehmigung bis zum 14. September 2006. Mit seit dem 18. Januar 2002 rechtskräftigem Urteil verurteilte ihn das Landgericht Hamburg wegen einer am 7. Juli 2000 begangenen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Nach Ablauf der Bewährungszeit wurde die Strafe mit Wirkung vom 7. Februar 2005 erlassen. Den Antrag auf Erneuerung einer Genehmigung zur Ausübung des Verkehrs mit einer Taxe lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. September 2006 unter Berufung auf § 1 Abs. 2 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) mit Rücksicht auf die Verurteilung durch das Landgericht wegen fehlender Zuverlässigkeit ab. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsgericht Hamburg abgelehnt.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen, das der Senat nur zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine dem Antragsteller günstigere Beurteilung.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde hat das Verwaltungsgericht mit Recht nur die Tatsache der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde gelegt und deren Richtigkeit nicht selbst geprüft. Denn § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBZugV stellt nach seinem Wortlaut eindeutig auf die Tatsache der rechtskräftigen Verurteilung wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften und nicht darauf ab, ob eine schwerwiegende Straftat tatsächlich begangen worden ist. Mit dieser Vorschrift wird Art. 3 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 96/26/EG vom 29. April 1996 (Amtsblatt L 124 vom 23.5.1996) umgesetzt. Danach legen die Mitgliedsstaaten "die Bedingungen fest, die von den in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen Unternehmen erfüllt werden müssen, um der Voraussetzung der Zuverlässigkeit zu entsprechen. Sie schreiben vor, dass diese Voraussetzung nicht bzw. nicht mehr als erfüllt gilt, wenn die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die gemäß Abs. 1 diese Voraussetzung erfüllen müssen, a) Gegenstand einer schweren strafrechtlichen Verurteilung, auch wegen Verstößen im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung, waren; ...". Im Lichte dieser Richtlinie betrachtet ist § 1 Abs. 2 lit. a PBZugV dahingehend auszulegen, dass bei Vorliegen einer schweren strafrechtlichen Verurteilung nicht nur Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit bestehen, die zu bewerten sind, sondern in einem solchen Falle die Voraussetzung der für die Genehmigung erforderlichen Zuverlässigkeit nicht mehr als gegeben gilt, so lange die Straftat dem Antragsteller entgegen gehalten werden kann. Letzteres ist, wie das Verwaltungsgericht mit Recht bemerkt hat, gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 PBZugV der Fall, wenn die schwere Straftat gemäß §§ 32, 34 Abs. 1 Nr. 2 BZRG in ein Führungszeugnis gemäß §§ 30, 31 BZRG aufzunehmen ist. Darauf, ob andere Umstände für eine Zuverlässigkeit des Antragstellers sprechen, kommt es nicht an. Denn bei Berücksichtigung von Wortlaut (.."gilt"..) und Zweck von Art. 3 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 96/26/EG bei der Auslegung der nationalen Umsetzung in § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBZugV wird das Fehlen der erforderlichen Zuverlässigkeit aufgrund der schweren strafrechtlichen Verurteilung fingiert, ohne dass es einer Abwägung mit anderen Umständen bedarf. Auch kommt es nicht darauf an, ob die Straftat ohne Zusammenhang mit der Tätigkeit des Antragstellers als Taxifahrer begangen worden ist. Bei einer schweren Verurteilung wegen einer Straftat fehlt es an der persönlichen Zuverlässigkeit, die Voraussetzung für den Zugang zu dem Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und dessen Ausübung ist (vgl. die Erwägungsgründe zur Richtlinie 96/26/EG).

Der Antragsteller ist wegen eines Verbrechens, nämlich einer vorsätzlichen sexuellen Nötigung in der Form einer Vergewaltigung, und wegen gleichzeitiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Auch wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, betrifft die Verurteilung einen schweren Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften und stellt sie eine schwere strafrechtliche Verurteilung dar. Dies ergibt sich aus dem vom Landgericht zugrunde gelegten Strafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB von 1 bis 15 Jahren und der konkreten Strafzumessung, die nicht am unteren Rand des Strafrahmens angesiedelt ist. Daran ändert angesichts der Würdigung in dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Hamburg nichts, dass es sich um eine Beziehungstat in einer besonderen Versuchungssituation handelte.

Vorliegend ist die Frist des § 34 Abs. 1 Nr. 2 BZRG, die der Rehabilitierung i.S. des Art. 3 Abs. 2 Satz 3 RL 96/26/EG dient, noch nicht abgelaufen. Die Antragsgegnerin hat daher die Genehmigung mit Recht wegen der strafrechtlichen Verurteilung versagt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 GKG und orientiert sich an Nr. 47.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Ende der Entscheidung

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