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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.11.2003
Aktenzeichen: 1 Bs 566/03
Rechtsgebiete: HmbVwfG, VwVfG
Vorschriften:
HmbVwfG § 3 Abs. 1 Nr. 3 a | |
HmbVwfG § 3 Abs. 1 Nr. 4 | |
VwVfG § 3 Abs. 1 Nr. 3 a | |
VwVfG § 3 Abs. 1 Nr. 4 |
1 Bs 566/03
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Raecke und E.-O.Schulz am 26. November 2003
beschlossen:
Tenor:
Der vorläufige Beschluss vom 12. November 2003 wird aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 31.Oktober 2003 aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine Duldung zu erteilen, bis sie über seinen entsprechenden Antrag in der Sache entschieden hat. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
Die Beteiligten tragen die Kosten des gesamten Verfahrens je zur Hälfte.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat das vorläufige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, das auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin gerichtet ist, ihm eine Duldung in Hamburg zu erteilen, mit der Begründung abgelehnt, die Antragsgegnerin sei für dieses Begehren nicht die örtlich zuständige Ausländerbehörde. Zur Sache hat das Gericht dementsprechend - ebenso wie die Antragsgegnerin selbst - nicht entschieden. Dies wird mit der Beschwerde zu Recht angegriffen.
Die örtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin folgt im vorliegenden Fall, wie vom Antragsteller zutreffend dargelegt, aus § 3 Abs.1 Nr.4 HmbVwVfG. Die Antragsgegnerin ist im Sinne dieser Vorschrift diejenige Behörde, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt, von der nämlich eine Duldung für deren räumlichen Bereich verlangt wird. Dem steht nicht entgegen, dass § 3 Abs.1 Nr.4 nach seinem Wortlaut nur anzuwenden ist in Angelegenheiten, bei denen sich die Zuständigkeit nicht (bereits) aus den Nummern 1 bis 3 ergibt.
Dabei kann offen bleiben, ob diese Voraussetzung hier schon deshalb erfüllt ist, weil die für eine anderweitige Zuständigkeit allein in Betracht kommende Vorschrift des § 3 Abs.1 Nr.3a beim Antragsteller nicht eingreift. Das wäre dann der Fall, wenn der Antragsteller, der durch Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 16.Mai 2003 (inzwischen rechtskräftig) ausgewiesen worden ist, über gar keinen "gewöhnlichen Aufenthalt" im Bundesgebiet mehr verfügt, an den § 3 Abs.1 Nr.3a die behördliche Zuständigkeit für eine natürliche Person anknüpft. Hierfür könnte möglicherweise die Auslegung der Legaldefinition des "gewöhnlichen Aufenthalts" in § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I durch das Bundessozialgericht in seinem (allerdings eine andere Fallkonstellation) betreffenden Urteil vom 31.1.1980 (BSGE Bd.49 S.254) sprechen.
Auf jeden Fall muss die eine vorrangige Zuständigkeit nach den Nr.1 bis 3 festlegende Klausel in § 3 Abs.1 Nr.4 HmbVwVfG schon im Hinblick auf Art.19 Abs.4 GG so ausgelegt werden, dass hierdurch nicht eine Rechtsschutzlücke entsteht, indem die Durchsetzung möglicher materieller Rechte an einer fehlenden örtlichen Behördenzuständigkeit scheitert. Das wäre jedoch der Fall, wenn eine örtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin hier verneint würde. Denn über die Erteilung der vom Antragsteller begehrten Duldung für Hamburg kann keine andere Ausländerbehörde als die der Antragsgegnerin entscheiden, auch nicht die Ausländerbehörde im Bereich Karlsruhe, die dem Antragsteller aufgrund des am 10.September 2003 vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe geschlossenen Vergleichs bereits eine Duldung erteilt hat, die aber räumlich auf das Gebiet des Landes Baden - Württemberg beschränkt ist ( § 56 Abs.3 Satz 1 AuslG). Hiervon geht sinngemäß auch die Verwaltungsvorschrift zum AuslG aus, wenn sie unter Nr.56.3.1 bestimmt, dass eine länderübergreifende Änderung des räumlichen Geltungsbereichs einer Duldung nur im Einvernehmen der Ausländerbehörden der betreffenden Länder zulässig ist; sie nennt außerdem selbst einen Beispielsfall, in dem eine Änderung der räumlichen Beschränkung in Betracht kommen kann (dringende familiäre Gründe - Hilfsbedürftigkeit).
Fehlt es hier somit nicht an der örtlichen Zuständigkeit der Antragsgegnerin, so wird diese nunmehr nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden haben, ob dem Antragsteller eine Duldung für Hamburg erteilt werden kann. Einem solchen Ermessen steht im Hinblick auf den bereits erwähnten gerichtlichen Vergleich die Vorschrift des § 55 Abs.4 AuslG nicht entgegen. Für eine Beschränkung des danach eröffneten Ermessens auf Null bestehen weder in der einen noch in der anderen Richtung Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin wird jedoch der Frage nachzugehen haben, ob die Bewährungsauflage des Amtsgerichts Adelsheim, die dem Antragsteller (ohne dass dies ausländerrechtlich bindend wäre) die Wohnsitznahme in Hamburg aufgegeben hat, und etwaige erfolgreiche Bemühungen des Antragstellers um einen Arbeits- und/oder Ausbildungsplatz ein öffentliches Interesse daran begründen, dem Antragsteller den Aufenthalt in Hamburg im Wege der Duldung zu ermöglichen.
Bis zur Entscheidung der Antragsgegnerin hierüber in der Sache ist es geboten, diese zur Erteilung einer Duldung zu verpflichten. Denn dem Antragsteller ist es nicht zuzumuten, sich bis dahin illegal in Hamburg aufzuhalten oder seiner Bewährungsauflage zuwider zu handeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs.1 Satz 1 VwGO, die Wertfestsetzung auf §§ 20 Abs.3, 13 Abs.1 Satz 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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