Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 12.09.2007
Aktenzeichen: 1 Bs 79/07
Rechtsgebiete: BGleiG, VwGO


Vorschriften:

BGleiG § 22 Abs. 3
VwGO § 123
1.) Die in § 22 Abs. 3 BGleiG abschließend geregelten Gründe für die Anrufung des Gerichts beziehen sich auf in der Vergangenheit liegende Sachverhalte, so dass in die Zukunft gerichtete Feststellungen weder im Hauptsacheverfahren noch im Verfahren der einstweiligen Anordnung Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sein können.

2.) War die Maßnahme, durch die die Gleichstellungsbeauftragte ihre Rechte als verletzt ansieht, im Zeitpunkt der Erhebung von Klage und Eilantrag bereits erledigt, ist eine gerichtliche Prüfung nur im Wege einer (Fortsetzungs-) Feststellungsklage zulässig. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weder unmittelbar noch analog Anwendung.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

1 Bs 79/07

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Schulz, Engelhardt und Dr. Kränz am 12. September 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500.-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin erstrebt eine Klärung der Frage, ob ihr Zugang zu Besprechungen mit den Personalsachbearbeitern und -sachbearbeiterinnen und den Leitungen der Sachgebiete A der Hauptzollämter zu gewähren ist. Zu diesem Zweck betreibt sie ein Klageverfahren, das sich nach Abweisung der Klage derzeit im Berufungsverfahren befindet. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat ihren einstweiligen Rechtsschutzantrag mit Beschluss vom 21. März 2007 abgelehnt und zur Begründung unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Urteil vom 19. Januar 2007 (20 K 2375/06) darauf abgestellt, dass die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht habe; es könne daher dahinstehen, ob überhaupt ein Anordnungsgrund vorliege.

Im Beschwerdeverfahren begehrt die Antragstellerin weiterhin, im Wege einer einstweiligen Anordnung (vorläufig) festzustellen,

- dass die Antragstellerin als Gleichstellungsbeauftragte durch die Weigerung der Dienststellenleitung, ihr Zugang zu Besprechungen mit den Personalsachbearbeiter/innen und den Leitungen der Sachgebiete A der Hauptzollämter zu gewähren, in ihren Rechten verletzt ist,

- dass der Antragstellerin im Rahmen ihrer Beteiligungsrechte Zugang zu den Besprechungen mit den Personalsachbearbeiter/innen und den Leitungen der Sachgebiete A der Hauptzollämter sowie den Vorbesprechungen hierzu bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens in der Hauptsache zu gewähren ist.

Die Antragstellerin setzt sich mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Aufgaben und Befugnissen von Gleichstellungsbeauftragten gemäß §§ 19, 20 BGleiG auseinander und weist darauf hin, dass bislang Besprechungen der in ihren Anträgen genannten Art nur ein- bis zweimal jährlich stattgefunden hätten, nunmehr aber aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen in einem Rhythmus von drei bis fünf Wochen stattfänden. Die Antragsgegnerin verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Unabhängig von den Darlegungen in der Beschwerdebegründung erweist sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts aus den nachfolgenden Erwägungen im Ergebnis als richtig.

Das Begehren der Antragstellerin, die eine Klärung ihrer Rechte im Rahmen von bestimmten Besprechungen erstrebt, gliedert sich in zwei Teile. Zum einen will die Antragstellerin die gerichtliche Feststellung erreichen, dass ihre Rechte dadurch verletzt worden sind, dass sie zu der für den 24. April 2006 geplanten Dienstbesprechung und dem Vorgespräch hierzu am 18. April 2006 nicht eingeladen wurde (2.). Zum anderen begehrt sie die Feststellung, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, sie zu künftigen Besprechungen bestimmter Art einschließlich der Vorbesprechungen einzuladen (1.).

1. Für das in die Zukunft gerichtete Feststellungsbegehren hat die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch. Ihr Begehren überschreitet die in § 22 Abs. 3 BGleiG durch Verwendung des Wortes "nur" abschließend geregelten Anrufungsgründe. Nach der hier allein in Betracht kommenden Nr. 1 kann die Anrufung des Gerichts nur darauf gestützt werden, dass die Dienststelle Rechte der Gleichstellungsbeauftragten verletzt hat. Die Verwendung des Perfekts ("verletzt hat") bedeutet, dass die behauptete Rechtsverletzung in der Vergangenheit liegen muss und nicht erst künftig droht. Hierfür spricht auch das vor Erhebung der Klage gemäß §§ 21, 22 Abs. 1 BGleiG zu durchlaufende Einspruchs- und Einigungsverfahren (ebenso VG Köln, Urt. v. 12.10.2006, 15 K 326/05, juris, Rn. 39 f.).

Kann aber schon mit der Hauptsacheklage eine in die Zukunft gerichtete Feststellung nicht erreicht werden, ist für eine darauf gerichtete einstweilige Anordnung kein Raum, da eine einstweilige Anordnung nur auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sein kann, der auch im Rahmen einer Hauptsacheklage erreicht werden könnte (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 123 Rn. 9).

Angesichts dessen kann dahinstehen, ob der in die Zukunft gerichtete Teil des einstweiligen Rechtsschutzantrags nicht schon aus dem Grund unzulässig ist, weil sich der am 18. April 2006 erhobene Einspruch der Antragstellerin allein dagegen richtete, dass sie nicht zu der Besprechung am 24. April 2006 und der Vorbesprechung hierzu am 18. April 2006 eingeladen worden war (vgl. zum Erfordernis, auch vor Anrufung des Verwaltungsgerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das Einspruchs- und Einigungsverfahren nach den §§ 21, 22 Abs. 1 BGleiG durchzuführen, mit beachtlichen Gründen VG Chemnitz, Beschl. v. 14.5.2007, 3 K 1597/06, juris, Rn. 20 ff.).

2. Die Antragstellerin kann auch nicht verlangen, dass im Wege einer einstweiligen Anordnung (vorläufig) festgestellt wird, die Antragsgegnerin habe durch die Nichteinladung der Antragstellerin zur Besprechung am 24. April 2006 und der Vorbesprechung am 18. April 2006 deren Rechte verletzt. Dabei mag dahinstehen, inwieweit für eine solche Feststellung überhaupt noch ein Rechtsschutzinteresse bestehen kann, nachdem die für den 24. April 2006 geplante Besprechung ohne Vereinbarung eines neuen Besprechungstermins abgesagt worden war (Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 18. August 2006).

Die Maßnahme, bei der die Antragsgegnerin nach Ansicht der Antragstellerin deren Rechte verletzt hat, war bei Erhebung der Klage und des Eilantrags bereits erledigt. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Maßnahme ist indes nur im Rahmen einer (Fortsetzungs-)Feststellungsklage möglich. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO jedoch weder unmittelbar noch analog Anwendung (BVerwG, Beschl. v. 27.1.1995, NVwZ 1995, 586/587; VGH Mannheim, Beschl. v. 22.4.1992, NVwZ-RR 1992, 442; VGH Kassel, Beschl. v. 29.6.1989, DÖV 1990, 160; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, Rn. 390, 981). Das Feststellungsinteresse, das einen solchen Antrag allein rechtfertigt, kann in einem Eilverfahren nicht befriedigt werden. Die aufgrund summarischer Prüfung ergehende einstweilige Anordnung dient der Sicherung eines Rechts oder der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; sie führt jedoch nicht zu einer rechtskräftigen Klärung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der begehrten oder beanstandeten Maßnahme. Eine verbindliche Entscheidung über diese Frage trotz zwischenzeitlicher Erledigung der Hauptsache herbeizuführen ist aber gerade Sinn der Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO; sie ist daher nur in einem Hauptsacheverfahren möglich.

Das Beschwerdegericht ist sich bewusst, dass im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren auch nach Erledigung des Streitfalls die dem Vorgang zugrunde liegende personalvertretungsrechtliche Streitfrage unter Umständen noch der Klärung durch eine gerichtliche Feststellung zugeführt werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.1.1996, ZfPR 1996, 153 ff. m.w.N.). Auch bestehen gewisse Gemeinsamkeiten zwischen dem Status, den Aufgaben und Befugnissen von Personalräten und Gleichstellungsbeauftragten (vgl. nur von Roetteken, ZfPR 2005, 48 ff.). Andererseits bestehen aber auch gewichtige Unterschiede (vgl. von Roetteken, aaO.). Von besonderer Bedeutung erscheint aber in diesem Zusammenhang, dass im Gesetzgebungsverfahren die dem § 83 Abs. 2 BPersVG entsprechende Regelung des ursprünglich vorgesehenen § 22 Abs. 4 BGleiG (entsprechende Anwendung des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren) gestrichen wurde mit der Folge, dass die Verwaltungsgerichtsordnung uneingeschränkt anwendbar sein sollte und eine mit der Einarbeitung in eine weitere Verfahrensordnung verbundene Belastung der Verwaltungsgerichte vermieden werden sollte; Gründe, die die Anwendung der Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren als zwingend geboten erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich (BT-Drs. 14/6898, S. 24 f.). Dann besteht aber kein Grund, von der zur Rechtslage nach der Verwaltungsgerichtsordnung einhelligen Auffassung abzugehen, wonach im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren nicht zulässig ist. Dies gilt umso mehr, als es beim Rechtsstreit einer Gleichstellungsbeauftragten mit ihrer Dienststelle um einen Binnenrechtsstreit innerhalb einer Behörde (siehe § 18 Abs. 1 BGleiG) geht und Grundrechte oder das grundrechtsgleiche Recht des Art. 19 Abs. 4 GG nicht tangiert sind (vgl. auch VG Cottbus, Beschl. v. 30.3.2006, 5 L 73/06, juris, Rn. 20).

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück