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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.10.2006
Aktenzeichen: 1 So 96/06
Rechtsgebiete: AufenthG, GG, MRK


Vorschriften:

AufenthG § 25 Abs. 5
AufenthG § 10 Abs. 1
GG Art. 6
MRK Art. 8
Kann ein Ausländer aus Gründen des Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht ohne sein Kind, das ein Asylverfahren betreibt, abgeschoben werden, so erhält er nicht deshalb nach § 25 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis, weil mit einer langen Dauer des Asylverfahrens zu rechnen ist und daher der Wegfall des Ausreisehindernisses ungewiss ist. Anderenfalls würde der Rechtsgedanke des § 10 Abs. 1 AufenthG unterlaufen und der Angehörige ein stärkeres Recht als der Asylbewerber selbst erhalten.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

1 So 96/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Meffert und Schulz am 11. Oktober 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. Juni 2006 erfolgte Ablehnung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger.

Gründe:

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen fehlender Erfolgsaussicht gemäß § 166 VwGO, § 114 ZPO abgelehnt.

Soweit die Kläger Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG wegen der Lage in Afghanistan geltend machen, hat das Verwaltungsgericht mit Recht darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die Entscheidungen in Asylverfahren zum Vorliegen von Abschiebungshindernissen gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (früher § 53 Abs. 2 bis 6 AusG) gebunden ist. Hinsichtlich der Kläger sind im Asylverfahren keine derartigen Abschiebungshindernisse festgestellt worden. Soweit sich der Kläger dagegen mit der Asylklage wendet, ist dies dort zu klären. Gegenüber der Beklagten kann das im vorliegenden Verfahren die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis betreffend abweichend von den negativen Feststellungen im Asylverfahren nicht mit Erfolg geltend gemacht werden.

Soweit die Kläger geltend machen, ihnen stünde ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu, weil ihre Ausreise auf unabsehbarer Zeit aus rechtlichen Gründen unmöglich sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Hinsichtlich des Klägers, dessen Asylklage beim Verwaltungsgericht Hamburg noch anhängig ist (16 A 908/05), steht § 10 Abs. 1 AufenthG vor Abschluss des Asylverfahrens der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG entgegen.

Hinsichtlich der Klägerin fehlt es daran , dass das rechtliche Hindernis für ihre Ausreise, der gemäß § 55 Abs. 1 AsylVfG für die Dauer des Asylverfahrens gestattete Aufenthalt ihres am 4. August 2005 in Hamburg geborenen Sohnes, kein solches ist, mit dessen Wegfall nicht in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Auch wenn ein gerichtliches Asylverfahren tatsächlich einige Zeit, gelegentlich auch erhebliche Zeit bis zu ihrem Abschluss dauert, und damit die Tatbestandkomponente der längeren Zeitdauer erfüllt, fehlt es doch an der weiteren Komponente des Begriffes "in absehbarer Zeit" i.S. des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, nämlich der der unsicheren Prognose und der daran anknüpfenden gesetzlichen Wertung in Fällen dauerhafter rechtlicher oder tatsächlicher Ausreisehindernisse, den aufenthaltsrechtlichen Status zu verfestigen. Für die Dauer der Durchführung von Asylverfahren ist, wie § 10 Abs. 1 AufenthG zeigt, auch in Fällen langwieriger, wiederholter Asylverfahren, die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht, ausgeschlossen. Auch wenn dies nur unmittelbar für den Asylbewerber selbst gilt, ist dem doch die gesetzliche Systematik zu entnehmen, dass sich aus dem Umstand der Asylantragstellung und dem daraus abgeleiteten Bleiberecht allein kein Recht auf ein asylunabhängiges Aufenthaltsrecht entwickeln kann. Dies ist bei der Auslegung des Begriffes "in absehbarer Zeit" des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Kann der Asylbewerber selbst kein davon unabhängiges Bleiberecht, außer bei Vorliegen eines gesetzlichen Anspruches, erhalten, gilt dies erst recht für seine Angehörigen, wenn diese sich im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG auf das anhängige Asylverfahren des Asylbewerbers und dessen daraus abgeleitete Aufenthaltsgestattung als rechtliches Ausreisehindernis berufen. Anderenfalls würde der Rechtsgedanke § 10 Abs. 1 AufenthG, vor Abschluss eines Asylverfahrens, auch wenn es sich um einen Folgeantrag handelt, kein davon unabhängiges Aufenthaltsrecht zu ermöglichen, unterlaufen und den Angehörigen ein stärkeres Recht eingeräumt als dem Asylbewerber selbst.

Keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann die Klägerin aus der Weisung 7/2005 für sich herleiten. Denn sie ist, worauf die Beklagte und das Verwaltungsgericht mit Recht abgestellt haben, im Jahre 2003 zu einer Geldstrafe von siebzig Tagessätzen verurteilt worden, weil sie gestanden hatte trotz Bezuges von Sozialhilfe eine entgeltliche Tätigkeit in der Zeit von Januar bis November 2001 verschwiegen und somit das Sozialamt um 2.607,29 Euro betrogen zu haben. Damit liegt ein der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehender Ausweisungsgrund i.S. der Nr. I.6.2 der Weisung vor. Wenn sie im vorliegenden Verfahren versucht ihr Geständnis zu relativieren und meint, dass der Betrug des Sozialamtes ein nur vereinzelter und geringfügiger sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn der Betrug zog sich über die Dauer von nahezu einem Jahr hin, betraf die die Klägerin unterhaltende Gemeinschaft und ist keineswegs als so lange zurückliegend zu betrachten, dass daraus Schlüsse zu ihren Lasten nicht mehr gezogen werden dürften.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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