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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: 2 Bf 298/02
Rechtsgebiete: DSchG


Vorschriften:

DSchG § 2
DSchG § 6
1. Die Denkmalfähigkeit eines Objekts setzt nicht voraus, dass die den Denkmalwert begründende geschichtliche Bedeutung unmittelbar am Objekt ablesbar sein muss. Der Denkmalwert ist auch dann zu bejahen, wenn sich die geschichtliche Bedeutung eines Objekts nicht unmittelbar aus sich heraus visuell erschließt, es aber zusammen mit anderen Quellen einen optischen Eindruck von historisch bedeutsamen Gegebenheiten vermitteln kann und insoweit geeignet ist, seinem Betrachter die Vergangenheit vor Augen zu führen.

2. Die Feststellung der Denkmalfähigkeit eines Objekts ist nicht nach dem Maßstab eines unbefangenen Durchschnittsbetrachters vorzunehmen, der über die geschichtlichen Zusammenhänge des Objekts nicht unterrichtet ist.

3. Bei der Unterschutzstellung einer Mehrheit von Objekten als Ensemble i.S.v. § 2 Nr. 2 DSchG erfährt dieses seinen Denkmalwert durch die Verbindung der einzelnen Objekte durch eine übergreifende Komponente oder Idee bzw. ein einheitsstiftendes Merkmal, die bzw. das der eigentliche Träger der geschichtlichen Botschaft des Ensembles ist.

4. Ob ein einzelnes Objekt zu einem denkmalfähigen Ensemble gehört, hängt davon ab, ob es einen positiven Beitrag zum Denkmalwert der Gesamtanlage leistet.

5. Ein Ensembledenkmal setzt nach § 2 Nr. 2 DSchG nicht voraus, dass zumindest ein Objekt des Ensembles ein Einzeldenkmal darstellt.

6. Das Tatbestandsmerkmal des öffentliches Interesses an der Erhaltung in § 2 DSchG bezweckt eine Eingrenzung des Kreises denkmalfähiger Objekte, um eine unangemessene Ausweitung des Denkmalbegriffes zu verhindern. Das öffentliche Erhaltungsinteresse ist dabei jedoch nicht darauf beschränkt, lediglich herausragende Beispiele oder besonders typische Vertreter einer Gattung unter Schutz zu stellen.

7. Ob die Erhaltung eines denkmalfähigen Objekts im öffentlichen Interesse liegt, ist vornehmlich anhand des Wissens- und Erkenntnisstands eines breiten Kreises von Sachverständigen oder Interessierter zu beurteilen, sofern sich seine geschichtliche Bedeutung insbesondere bei Denkmälern von nur lokaler oder regionaler Bedeutung nicht bereits einem verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter offenkundig erschließt und sich die Notwendigkeit der Erhaltung aufgrund gewichtiger Besonderheiten des Einzelfalls aufdrängt.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 Bf 298/02

Verkündet am 16.05.2007

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch den Richter Dr. Ungerbieler und die Richterinnen Haase und Sternal sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Sanders und Adler für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die denkmalrechtliche Unterschutzstellung der Wohnsiedlung Rittmeisterkoppel 1a - 18d in Hamburg Volksdorf.

Die Klägerin war bis zu der im Laufe des Rechtsstreits erfolgten Veräußerung Eigentümerin des 48.173 qm großen Grundstücks Rittmeisterkoppel Nr. 1a - 18d (Flurstück 2649 der Gemarkung Volksdorf). Es liegt abseits der übrigen Bebauung des Stadtteils Volksdorf unmittelbar an der nördlichen Stadtgrenze von Hamburg inselartig in einem aus Wald, Wiesen und moorigen Flächen bestehenden Umfeld. Das Rückgrat der Siedlung bildet ein rechtwinklig geknickter Straßenzug, der im Norden als Sackgasse endet. Beiderseits der Straße ist das Grundstück mit 16 Siedlungshäusern bebaut, die im Jahre 1937 von der Klägerin errichtet wurden. Bei den Baukörpern handelt es sich um eingeschossige Putzbauten mit ausgebautem Satteldach. Jedes Haus verfügt über vier - vermietete - Wohneinheiten mit einer Wohnfläche von rund 49 qm. Die Häuser werden durch Stallgebäude ergänzt, die ebenfalls in jeweils vier Segmente unterteilt sind. Sie dienten ursprünglich der Haltung von Kleinvieh und der Lagerung von Vorräten und werden heute als Abstellräume genutzt. Aufgrund der rechtwinkligen Ausrichtung der Straße wie auch aller Gebäude zueinander fügen sich jeweils zwei Häuser mit ihren Stallgebäuden zu einer Hofgemeinschaft zusammen. Zu jeder Wohneinheit gehört außerdem ein rund 500 qm großer Garten im rückwärtigen Bereich. Die Gärten sind durch Hecken von den Höfen abgetrennt und umfassen die Bebauung in der Art eines äußeren Ringes. Sie dienten früher als Nutzgärten der Selbstversorgung der Bewohner der Siedlung und sind heute in unterschiedlicher Weise angelegt. Zur Straße hin sind den Häusern einheitlich gestaltete Rasenflächen ohne Einfriedigungen vorgelagert. Wegen der Belegenheit der Gebäude wird im Übrigen auf den in der Sachakte der Beklagten befindlichen Auszug aus der digitalen Stadtgrundkarte Bezug genommen.

Bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Volksdorf 43 vom 5. September 2005 (HmbGVBl. S. 388) war das Gelände durch den Baustufenplan Volksdorf vom 16. September 1952, erneut festgestellt am 14. Januar 1955 (Amtl. Anz. S. 61), überplant, der es als Wohngebiet mit eingeschossiger offener Bauweise auswies.

Anlässlich der Bestrebungen der Klägerin, die Wohnsiedlung durch den Bau von insgesamt mehr als 50 Reihen- und Doppelhäusern erheblich zu verdichten, erstellte das Denkmalschutzamt der Beklagten durch den wissenschaftlichen Mitarbeiter unter dem 9. Februar 2000 ein Gutachten zur Frage der Denkmaleigenschaft des Areals. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Siedlung um ein Ensemble - bestehend aus der Straße, den Vorfeldern und Freiflächen zwischen den Gebäuden, den Wohngebäuden mit den Ställen, den Gartenflächen und dem Baumbestand an der Zufahrt - handele, das wegen seiner historischen Bedeutung als Siedlungsbauprogramm, wegen seiner dokumentarischen Bedeutung für die Siedlungsarchitektur der 1930er Jahre und wegen der sensiblen städtebaulichen Behandlung, die als besondere Leistung der Klägerin gelten müsse, als Baudenkmal zu werten sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des in der Sachakte der Beklagten befindlichen Gutachtens Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14. April und 5. Mai 2000 gab das Denkmalschutzamt der Klägerin sowie der Finanzbehörde, der Baubehörde, der Stadtentwicklungsbehörde, der Wirtschaftsbehörde, der Umweltbehörde, dem Bezirksamt Wandsbek, dem Ortsamt Walddörfer und der Senatskanzlei als Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit, zur beabsichtigten Unterschutzstellung der Siedlung als Ensemble i.S.d. § 2 Nr. 2 DSchG Stellung zu nehmen.

Die Klägerin trug hierauf mit Schreiben vom 18. Mai 2000 vor: Die Siedlung Rittmeisterkoppel sei nicht geeignet, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen oder zu erforschen, weil sie ihre ursprüngliche Qualität als Heimstatt sog. Selbstversorgerfamilien verloren habe. In der Siedlung lebten mittlerweile Familien, die keiner besonderen Gesellschaftsschicht angehörten. An der Erhaltung der Siedlung bestehe auch kein öffentliches Interesse. Ein solches liege nur vor, wenn die Überzeugung von der Notwendigkeit der Erhaltung eines Objekts entweder in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines breiten Kreises von Sachverständigen eingegangen sei. Dafür sei nichts ersichtlich. Zudem solle mit der Bezugnahme auf das öffentliche Interesse sichergestellt werden, dass nur herausgehobene Werke als Denkmal angesehen würden. Auch diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Die Häuser spiegelten weder das Bild einer besonderen historischen Bauausführung wider noch hätten sie Seltenheitswert. Vielmehr handele es sich um gewöhnliche Wohnhäuser, die keine individuellen, schützenswerten Eigenheiten aufwiesen und auch an anderen Stellen der Stadt anzutreffen seien. Aufgrund der billigen Baumaterialien, mit denen sie errichtet worden seien, und der kleinen Räume hätten sie lediglich den Charakter von Behelfsheimen. Im Übrigen komme der Errichtung der geplanten Reihen- und Doppelhäuser ein öffentliches Interesse zu, welches das Interesse an der Unterschutzstellung der Siedlung überwiege. Dieses Interesse ergebe sich aus der Tatsache, dass Bauland in Hamburg knapp und teuer sei, was insbesondere zur Abwanderung junger Familien führe.

Die Bezirksversammlung Wandsbek (Schreiben vom 9. Mai 2000) und die Baubehörde (Schreiben vom 8. Juni 2000) begrüßten die Unterschutzstellung. Die Stadtentwicklungsbehörde (Schreiben vom 31. Mai 2000) und die Senatskanzlei (Schreiben vom 13. Juni 2000) baten um die Aussetzung des Verfahrens, da man sich eine geringfügige zusätzliche Bebauung des Areals vorstellen könne. In einer Besprechung am 31. Juli 2000, an der Vertreter der Kulturbehörde, der Umweltbehörde, der Baubehörde, der Stadtentwicklungsbehörde und des Bezirksamts Wandsbek teilnahmen, folgten die Teilnehmer einhellig der Argumentation des Denkmalschutzamtes und sprachen sich gegen eine Bebauung der Rittmeisterkoppel aus.

Mit Bescheid vom 14. August 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Siedlung Rittmeisterkoppel 1a - 18d als Ensemble, bestehend aus den Wohngebäuden, den Ställen, den Gartenflächen, dem Baumbestand an der Zufahrt, der Straße, den Vorfeldern und den Freiflächen zwischen den Gebäuden, gemäß §§ 2 Nr. 2, 6 Abs. 1 DSchG unter Denkmalschutz gestellt werde. Zur Begründung berief sie sich im Wesentlichen auf das Gutachten vom 9. Februar 2000.

Mit Schreiben vom 14. September 2000 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und wiederholte ihr bisheriges Vorbringen.

Der der Kulturbehörde der Beklagten beigeordnete Denkmalrat sprach sich in seiner Sitzung vom 21. September 2000 einstimmig für die Schutzwürdigkeit der Siedlung aus und empfahl die Zurückweisung des Widerspruchs.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die historische Bedeutung des Ensembles Rittmeisterkoppel 1a - 18d werde in dem Gutachten des Denkmalschutzamtes vom 9. Februar 2000 überzeugend dargelegt. Die eine eintönige Aufreihung vermeidende Gliederung der Gebäude unterscheide die Siedlung von vielen anderen Wohnsiedlungen aus derselben Zeit. Unterstrichen werde die Einzigartigkeit der Anlage durch die vielen Freiräume zwischen den Bauten und die Vorfelder zwischen den Häusern und der Straße, die gestalterisch den Eindruck einer gewissen Großzügigkeit und Einheitlichkeit erzeugten. Obwohl die Häuser seinerzeit als "Notbauten" errichtet worden seien, handele es sich um gestalterisch qualitätsvolle Bauten, die sich vor allem durch die unterschiedliche Gestaltung der Fassaden zur Straße und zum Hof von anderen zur selben Zeit entstandenen Wohnsiedlungen abhöben. Die hinter den Häusern gelegenen Nutzgärten stellten das funktionale Element dieser Siedlungsform dar. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es unerheblich, dass der Selbstversorgerzweck mittlerweile entfallen sei. Denn die Siedlung sei als wichtiges zeitgeschichtliches Dokument nahezu unverändert erhalten. Das öffentliche Interesse sei daher allein schon in dem Umstand begründet, dass die Anlage die geschichtliche Entwicklung dokumentiere. Eine Anfrage bei den zu beteiligenden Behörden habe auch keine anderen öffentlichen Interessen offenbart, die dem Denkmalschutz entgegenstünden. Das Allgemeininteresse an der Schaffung von Wohnraum trete hinter das Erhaltungsinteresse zurück, zumal eine bauliche Verdichtung in dem von der Klägerin geplanten Ausmaß aller Voraussicht nach aus bauplanungsrechtlichen und naturschutzrechtlichen Gründen ohnehin unzulässig wäre.

Mit ihrer am 11. Dezember 2000 erhobenen Klage hat sich die Klägerin zunächst auf ihr bisheriges Vorbringen berufen und beantragt,

den Bescheid vom 14. August 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 13. November 2000 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf ihren Widerspruchsbescheid bezogen und ergänzend ausgeführt:

Die Siedlung Rittmeisterkoppel sei in besonderem Maße zum Aufzeigen geschichtlicher Entwicklungen geeignet, weil sie einen eigenständigen Typus des Siedlungsbaus in der NS-Zeit repräsentiere. Sie sei in Fortsetzung der Arbeitsmarkt- und Wohnungspolitik der ausgehenden Weimarer Republik entstanden, die auf die Weltwirtschaftskrise und deren Auswirkungen u.a. mit der reichsweit geförderten "Stadtrandsiedlung für Erwerbslose" reagiert habe. Neben der Versorgung der Zielklientel mit Wohnraum und Grabeland habe gleichzeitig eine "Gesundung" der Großstadt durch Entfernung der Klientel aus den Innenbereichen der Städte erreicht werden sollen. Die Wohnungsbautätigkeit jener Zeit habe Mietshäuser mit drei und mehr Geschossen in großstädtischer Lage, zweigeschossige Mietshäuser in randstädtischer Lage, verschiedene Arten von Einfamilienhäusern sowie Volkswohnungen umfasst. Die Siedlung Rittmeisterkoppel sei ein Beispiel für die erstmals im Jahre 1935 erschaffenen Volkswohnungen. Diese seien im Gegensatz zu sonstigen vorstädtischen Kleinsiedlungen nicht zu Eigentum, sondern zur Miete überlassen worden. Die Klientel der Volkswohnungen habe sich von der Klientel des übrigen Siedlungsbaus dadurch unterschieden, dass sie kein Eigengeld und auch keine Befähigung oder Möglichkeit zur Eigenhilfe beim Bau mitgebracht habe. In Hamburg seien nur wenige Volkswohnungen errichtet worden. Dabei handele es sich neben der streitigen Siedlung um die Wohnanlagen Vierbergen in Billstedt aus den Jahren 1937/38, Anemonenweg in Wandsbek aus den Jahren 1937/39 und Herzmoor 3 in Langenhorn aus den Jahren 1939/41.

Die Siedlung Rittmeisterkoppel aus dem Jahre 1937 sei die älteste dieser Volkswohnungsanlagen in Hamburg. Sie dokumentiere, obwohl ihrem Typ nach eine Neuerung der NS-Zeit, zugleich die historische Kontinuität zur Zeit vor 1933. Dies werde in personeller Hinsicht durch die beteiligten Architekten Walter Ahrendt und Carl Brunke deutlich. Auch in architektur- und städtebaugeschichtlicher Hinsicht stellten die Namen eine Brücke zur Ära vor 1933 her und wirkten damit dem Klischee vom "Umbruch 1933" entgegen. Die Siedlung sei außerdem ein wichtiges Zeugnis für die fortschrittliche und anerkennenswerte Bautätigkeit der Klägerin.

Von den übrigen Volkswohnungen setze sich die Siedlung Rittmeisterkoppel in mehrfacher Hinsicht ab. So sei die Siedlung Vierbergen zweigeschossig ausgeführt und als städtische Variante der Volkswohnungen von anderer Struktur. Die Siedlungen Anemonenweg und Herzmoor 3 seien zwar ebenso wie die Siedlung Rittmeisterkoppel eingeschossig konzipiert. Die Siedlung Anemonenweg sei jedoch als Fortführung der bereits im Kaiserreich im Jahre 1910 entstandenen Gartenstadt Wandsbek zu werten, und die Siedlung Herzmoor 3 sei Anfang der 1980er Jahre durch Nachverdichtung stark verändert worden. Eine weitere Besonderheit äußere sich darin, dass der Wohnanlage Rittmeisterkoppel die Struktur einer vorstädtischen Kleinsiedlung aufgeprägt worden sei. Die Wohnhäuser mit Kleinwohnungen, die Stallgebäude und das großzügig bemessene Gartenland seien nach dem Muster von Eigenheimsiedlungen konzipiert, obwohl sie zur Miete überlassen worden seien. Damit handele es sich um ein wohnungsbaugeschichtlich singuläres Konzept, das den Volkswohnungen sonst nicht eigen sei. Hinzu komme die besondere städtebauliche Figuration als in die Landschaft integrierte gruppierte Wohnhausanlage. Der spezifische Charakter der Siedlung liege in der Ungewöhnlichkeit, die den low-level-Charakter der Bauten mit einem sensiblen Umgang der städtebaulichen Einordnung verbinde. Auch durch ihren Erhaltungszustand werde der Seltenheitswert der Siedlung Rittmeisterkoppel unterstrichen. Als einzige Volkswohnungsanlage in Hamburg habe sie ihre Ursprungsstruktur und bauliche Beschaffenheit weitgehend erhalten. Die Abgelegenheit der Siedlung und ihre Entstehung auf landwirtschaftlich ungünstigem Gelände sei noch heute nachvollziehbar. Ferner lasse der geringe bauliche Aufwand sehr wohl einen Schluss auf die damaligen Bewohner zu. Dadurch biete die Siedlung auch heute noch soziologisches und gesellschaftshistorisches Anschauungsmaterial.

Das für die Unterschutzstellung erforderliche öffentliche Interesse ergebe sich aus dem Umstand, dass die Siedlung in der Fachliteratur als herausgehobenes Werk bewertet worden sei. Der namhafte Architekt Rolf Spörhase habe sich bereits 1940 enthusiastisch über die Siedlung Rittmeisterkoppel geäußert. Auch Stellungnahmen zur Siedlung aus jüngerer Zeit seien positiv ausgefallen. H. , Stadtplaner im Bezirksamt Bergedorf, habe die Qualität der Siedlung wie folgt beurteilt: " ... erheblich differenzierter in ihrer städtebaulichen Anlage fielen die Arbeitersiedlungen an der Rittmeisterkoppel und die Siedlung Herzmoor III in Langenhorn aus." B. , wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU-Harburg, habe sich folgendermaßen geäußert: "Die Siedlung ... gehört aufgrund ihrer Lage und städtebaulichen Konzeption zu den bemerkenswertesten während des Dritten Reiches in Hamburg entstandenen (Einfamilienhaus-)Siedlungen". Auch in der Hamburger Bevölkerung habe ein reges Interesse an der Siedlung festgestellt werden können. Anlässlich des "Tages des offenen Denkmals" habe sich eine große Anzahl von Bürgern über die Wohnanlage Rittmeisterkoppel informieren wollen. Dies zeige, dass die Eigenschaft der Siedlung als denkmalschutzwürdiges Objekt längst Einzug in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gefunden habe.

Das Interesse an einer maßvollen Verdichtung sei in die Abwägung der öffentlichen Interessen eingeflossen, wie sich u.a. aus dem Schreiben der Baubehörde vom 8. Juni 2000 und dem Schreiben der Senatskanzlei vom 13. Juni 2000 ergebe. Letztlich hätten aber in der Besprechung am 31. Juli 2000 alle beteiligten Behörden gegen eine bauliche Verdichtung gestimmt.

Die Klägerin hat hierauf ergänzend erwidert:

Es sei weder denkmalschutzwürdig zu zeigen, dass "Erwerbslose zur Gesundung der Großstadt" aus den Innenbereichen der Städte hätten entfernt werden sollen, noch dass die NS-Regierung für finanziell Minderbemittelte Kleinstwohnungen zur Verfügung gestellt habe. Die von der Beklagten zitierten Äußerungen aus der Fachliteratur könnten die geschichtliche Bedeutung der Siedlung nicht belegen. Erst recht verbiete es sich, auf das Interesse der Hamburger Bevölkerung abzustellen, da die Beklagte gerade im Hinblick auf den laufenden Prozess einen "Tag der offenen Tür" veranstaltet habe. Im Übrigen seien die Nutzgärten heute vollständig verschwunden und durch Zier- bzw. Freizeitgärten mit Gerätehäusern, Sitzgruppen, Spielgeräten und Ähnlichem mehr ersetzt. Es sei in keiner Weise mehr erkennbar, dass die Gärten einmal der Selbstversorgung der Bewohner der Siedlung gedient hätten. Ein ehemals typisches Merkmal für die Siedlung sei daher entfallen.

Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2002 die Siedlung Rittmeisterkoppel in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Ortsbesichtigung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Mit Urteil vom selben Tage hat es die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Voraussetzungen des § 2 Nr. 2 DSchG seien nicht erfüllt. Die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass die Erhaltung aller von der Unterschutzstellungsverfügung betroffenen Bereiche der Siedlung wegen ihrer geschichtlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liege.

Allerdings sei dem Kernbereich der Siedlung Rittmeisterkoppel eine sozial- und architekturgeschichtliche Bedeutung beizumessen, die zu einem überwiegenden öffentlichen Interesse an ihrer Erhaltung führe. Dies folge zwar nicht schon aus dem Umstand, dass die Siedlung dem nationalsozialistischen Volkswohnungsbauprogramm zuzurechnen sei und es in Hamburg insgesamt nur vier solcher Siedlungen gebe. Die juristische Umsetzung der Flächenüberlassung an Bedürftige zwischen den Weltkriegen dürfte vielmehr äußerst vielfältig gewesen sein und neben Eigentumsübertragung und Vermietung weitere Mischformen umfasst haben. Die jeweilige juristische Umsetzung des sozialpolitischen Zweckes der Versorgung armer Leute mit Wohnraum und Grabeland sei kein Kriterium, das sich durch Anschauung erschließe. Der Denkmalschutz diene aber gerade der Erhaltung von Anschauungsmaterial. Aufgrund der Inaugenscheinnahme und des insoweit überzeugenden Gutachtens vom 9. Februar 2000 habe das Gericht jedoch den Eindruck gewonnen, dass die Siedlung Rittmeisterkoppel ein besonders aussagekräftiges Beispiel für eine gelungene low-level-Architektur der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts darstelle, die gestalterisch an den hohen Standard aus der Zeit der Weimarer Republik anzuknüpfen vermöge. Die Anordnung der Wohnhäuser zueinander, die einheitliche Gestaltung der Freiflächen vor den Wohngebäuden, die Anordnung der ehemaligen Kleintierställe zu den Wohnhäusern und die gemeinschaftlich zu nutzenden Gartenbestandteile unmittelbar hinter den Wohnhäusern stellten zusammen mit der Straßenfläche und der von der Straße aus sichtbaren Landschaftsgestaltung ein architektonisches Gesamtkunstwerk dar, dessen guter Erhaltungszustand ein weiterer tragender Grund dafür sei, dass Vergleichbares nur noch schwer zu finden sein dürfte. Insoweit stelle die Siedlung in ihrem Kernbereich historisches Anschauungsmaterial dafür dar, dass in der fraglichen Zeit sozialwohnungsbaupolitische Konzepte auch auf gestalterisch hohem Niveau bei sparsamer Bauausführung umgesetzt worden seien.

Gleichwohl ergebe sich hieraus nicht, dass die Erhaltung des gesamten Areals einschließlich sämtlicher hinter den Häusern, abseits der Straße gelegenen Flächen schutzwürdig sei. Mit der Einbeziehung des äußeren Landschaftsgürtels in die Unterschutzstellung habe die Beklagte den Begriff des Ensembles in § 2 Nr. 2 DSchG überdehnt und mit dem Umgebungsschutz nach § 9 DSchG vermengt. Dem äußeren Landschaftsgürtel, der mit dem ehemaligen Grabeland in etwa identisch sei, lasse sich nicht mehr ansehen, welchen Zweck er ursprünglich besessen habe. Die Gärten dienten weder gegenwärtig der Selbstversorgung noch sei die Wiederaufnahme einer solchen Nutzung in absehbarer Zeit zu erwarten. Der historische Anschauungswert der ehemals ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Fläche sei deshalb nicht mehr vorhanden. Die Fläche sei allenfalls noch geeignet, dem kundigen Betrachter eine Vorstellung von der früheren Ausdehnung des Grabelandes zu vermitteln. Diesen Eindruck könne jedoch nur der über die historische Funktion der Fläche unterrichtete Betrachter gewinnen. Der unbefangene Betrachter erlebe lediglich eine Naherholungsidylle und damit eine Verfälschung historischer Tatsachen, da sich der ursprüngliche Zweck, dem moorigen Boden die für das Leben notwendigen Grundnahrungsmittel abzuringen, nicht mehr erahnen lasse. Schon aus diesem Grunde nähmen die rückwärtigen Flächen an der Denkmalschutzwürdigkeit der Siedlung im Übrigen nicht teil. Denn Denkmalschutz erfolge im öffentlichen Interesse, also primär für jedermann und nicht nur für eingeweihte Sachverständige.

Darüber hinaus stelle die landwirtschaftliche Nutzung einer Fläche für sich genommen auch keinen geschichtlich bedeutsamen Umstand dar. Eine geschichtliche Bedeutung könnten die rückwärtigen Flächen auch nicht dadurch erlangen, dass sie funktionaler Bestandteil der Siedlung Rittmeisterkoppel gewesen seien. Zwar gehöre zu einer Kleinsiedlerstelle notwendig Grund und Boden zur Selbstversorgung, da sie anderenfalls ihrer zentralen Bedeutung und Funktion entledigt wäre. Dieser Umstand sei aber allen Siedlungsbaustrukturen gemein und keinesfalls das herausragende Kriterium, das die Siedlung Rittmeisterkoppel denkmalschutzwürdig erscheinen lasse. Aus dem Gutachten vom 9. Februar 2000 gehe vielmehr hervor, dass der Denkmalschutzwert der Siedlung auf der relativ ausgefallenen, gestalterisch hochwertigen Anordnung der Gebäudegruppen in Gehöftform mit kleineren Innenhöfen, einer torbogenartigen Einfahrt etc., sowie der sensiblen Einordnung dieser Architektur in die Umgebung beruhe. Die Siedlung vermittele von der Straße aus betrachtet den Eindruck einer großzügigen Gepflegtheit. Die relative Enge der Wohnverhältnisse erschließe sich erst durch die vier Wohnungseingänge auf der der Straße abgewandten Seite der Häuser. Dazu aber passe es, dass die Sicht auf das Grabeland von der Straße aus durch Hecken und Bäume weitgehend versperrt sei. Das Grabeland sei daher ein Bereich, den die Anlage selbst eher verstecken als offenbaren wolle. Aus diesem Grunde sei es zugleich heutzutage ohne wesentliche Störung des Gesamteindrucks, wie er sich von der Straße aus biete, möglich, das Grabeland von dem übrigen Ensemble Rittmeisterkoppel abzutrennen und gleichwohl seine die Denkmalschutzwürdigkeit konstituierenden Elemente zu erhalten. Da die Erhaltung der heutigen Ziergartenflächen für die Dokumentation der architektur- und sozialgeschichtlichen Bedeutung des übrigen Ensembles nicht konstitutiv sei, gewännen die öffentlichen fiskalischen und wohnungsbaupolitischen Interessen die Oberhand.

Die Einbeziehung sämtlicher ehemals als Grabeland genutzter äußerer Flächen in den Denkmalschutz nach § 2 DSchG sei schließlich auch nicht geboten, um den prägenden Charakter des Kernbereichs der Siedlung vor Beeinträchtigungen durch Veränderungen in der Umgebung zu schützen. Das Denkmalschutzgesetz sehe nämlich in § 9 eigens einen Umgebungsschutz vor. Damit stelle es ein abgestuftes Schutzkonzept zur Verfügung und regele zugleich die Sachverhalte, bei denen ansonsten eine unangemessene Ausweitung des Denkmalbegriffes zu befürchten wäre.

Da die Unterschutzstellungsverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides sich als ein einheitlicher und einer teilweisen Aufhebung durch das Gericht nicht zugänglicher Verwaltungsakt darstelle, komme nur die Aufhebung der Bescheide insgesamt in Betracht.

Das Urteil, in welchem das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat, ist der Beklagten am 5. August 2002 zugestellt worden. Am 23. August 2002 hat die Beklagte Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 5. November 2002 wie folgt begründet:

Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die äußeren Grünflächen aus dem Begriff des Ensembles i.S.d. § 2 Nr. 2 DSchG ausgeklammert und sich solchermaßen dem untrennbaren funktionalen Zusammenhang zwischen Gartenanlagen, Siedlungskern, gestalterischer Perfektion und sozialpolitischer Konzeption des Areals verschlossen. Schutzwürdig seien nicht nur einzigartige, erstklassige oder hervorragende Objekte, sondern auch solche, die unterhalb der Schwelle kunst- und architekturgeschichtlicher Bedeutung in besonderer Weise Ausdruck der Entwicklung von Land und Leuten seien und insoweit einen nicht unerheblichen Dokumentationswert besäßen. Dafür reiche ein sinnfälliger Bezug zur Geschichte des Menschen, zur Stadt- und Siedlungsentwicklung oder zur Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse aus, der die Sache von anderen abhebe. Der Begriff der Garten- und Parkanlagen in § 2 Nr. 2 DSchG sei auch nicht auf solche Anlagen beschränkt, die auch heute noch der historischen Gestaltung im Wesentlichen entsprächen. Eine Identität zwischen vormaliger und aktueller Nutzung sei nicht erforderlich, um einen Anschauungswert bejahen zu können. Die gegenteilige Auffassung liefe den Zielen des Denkmalschutzes zuwider, der Entwicklungen dokumentieren wolle, die wesensgemäß Geschichte geworden und damit überholt seien.

Ebenso wenig müsse ein Denkmal selbsterklärend sein, um einen Anschauungswert zu besitzen. Naturgemäß entfalte eine Anlage ihren Wert nur für den mit den sozialen, politischen oder kulturellen Verhältnissen einer Epoche vertrauten Betrachter. Die Entfaltung eines Dokumentationswertes setze insofern ein - zumindest punktuell bzw. temporär angeeignetes - Fachwissen voraus. Dies gelte umso mehr, wenn ein Ensemble der Dokumentation sozialpolitischer Gegebenheiten dienen solle, deren Tragweite sich erst durch bereits vorhandenes oder durch Hinzuziehung von Sekundärliteratur zu erwerbendes Sachwissen erschließe. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass ein Objekt nur für denjenigen Anschauungswert besitzen könne, der die Bereitschaft mitbringe, sich mit dem Objekt und der in ihm verkörperten Situation der menschlichen Evolution auseinander zu setzen. Naturgemäß treffe dies gerade nicht auf "jedermann" zu. Abgesehen hiervon belege bereits der Wortlaut des § 2 Abs. 1 DSchG, der u.a. auf die wissenschaftliche Bedeutung eines Objekts abstelle, dass sich das öffentliche Interesse gerade nicht auf den mehr oder weniger unbefangenen Betrachter beziehe und eine gewisse Spezialisierung im Gesetz selbst angelegt sei.

Ferner setze der Ensemblebegriff nach dem Wortlaut des § 2 Nr. 2 DSchG gerade nicht voraus, dass die einzelnen Bestandteile bei isolierter Betrachtung denkmalwürdig sein müssten. Entscheidend sei vielmehr, inwieweit eine Siedlung, die als solche insgesamt unter den Ensemblebegriff fallen könne, bei ganzheitlicher Betrachtung über einen bedeutenden Anschauungswert verfüge. Dabei könne sich der Wert auch aus ideellen, moralischen, politischen oder sozialen Gegebenheiten der jeweiligen Epoche ergeben, die auf eine bestimmte Weise ihre Umsetzung gefunden hätten. Der Aussagewert beziehe sich in diesem Falle vor allem auf die zugrunde gelegte verkörperte Idee. Insoweit habe das Verwaltungsgericht fälschlicherweise ausschließlich auf die architektonischen Aspekte der Siedlung abgestellt. Der Siedlungskern weise zwar zweifelsohne schützenswerte gestalterische Elemente aus. Darin erschöpfe sich der Wert der Anlage jedoch nicht. Vielmehr lege das Ensemble darüber hinaus in seiner Gesamtheit Zeugnis eines im Zeitpunkt seiner Entstehung verbreiteten, in Hamburg selbst indes seltenen, sozialpolitischen Konzepts zur Bewältigung der wohnungs- und wirtschaftspolitischen Folgen der Weltwirtschaftskrise ab. Sein Kernelement sei über die Beschaffung von Wohnraum hinaus die Bereitstellung einer Möglichkeit zur kostengünstigen Selbstversorgung. Dieses prägende - und insoweit einzigartige - Merkmal der Siedlung stelle ein wertvolles Dokument der Geschichte des Menschen im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise und ihren gravierenden Folgen dar. Damit vermittele das Ensemble Anschauungsmaterial zu einer heute weitgehend verloren gegangenen politischen Konzeption der Hilfe zur Selbsthilfe sowie zu der Entwicklung von Versorgungs-, Arbeits- und Produktionsverhältnissen.

Die besondere Bedeutung der Siedlung und ihre Einzigartigkeit würden durch die vorliegenden sachverständigen Würdigungen bestätigt. So habe das Denkmalschutzamt unter Rekurs auf das Gutachten vom 9. Februar 2000 zwar auch die besonderen städtebaulichen Qualitäten der Siedlung Rittmeisterkoppel hervorgehoben, zugleich jedoch stets die funktionale Einheit von städtebaulich bedeutsamem Siedlungskern und den jeweils einer Familie zugeordneten, ursprünglich der Selbstversorgung dienenden Nutzgärten betont. Der sich aus Fachleuten zusammensetzende Denkmalrat habe sich diese historische Bedeutung auch als integraler Bestandteil eines bereits vor Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft eingeleiteten Siedlungsprogramms zur Linderung der Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu eigen gemacht. Diesen sachkundigen Äußerungen sei ein besonderes Gewicht beizumessen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Juni 2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wie folgt:

Denkmalschutz diene der Erhaltung baulicher Anlagen aus im weitesten Sinne geschichtlichen Gründen. Eine Unterschutzstellung komme insbesondere dann in Frage, wenn es sich um eines der wenigen noch erhaltenen Objekte einer bestimmten Epoche handele. Der Begriff "erhalten" setze denknotwendig voraus, dass das Objekt im ursprünglichen Zustand als dasjenige, was es dokumentieren solle, noch anzutreffen sei. Auch das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Interesses setze voraus, dass eine allgemeine Überzeugung von der Notwendigkeit der Erhaltung einer baulichen Anlage bestehe. Für ein Denkmal sei mithin die optische Wahrnehmbarkeit einer historischen Aussage charakteristisch und unverzichtbar. Dabei sei auf einen mehr oder weniger unbefangenen Betrachter und nicht auf einen eingeweihten Sachverständigen abzustellen. Vorliegend könnten schon die Häuser nicht mehr als Beispiel für eine gelungene low-level-Architektur gelten. Denn der mindere Standard sei aufgrund von Veränderungen und der Anpassung an moderne Anforderungen durchweg nicht mehr feststellbar. Darüber hinaus habe die Siedlung auch deshalb ihren ursprünglichen Charakter verloren, weil die Öffnung zur Landschaft und die Einbettung in das freie Gartenland nicht mehr vorhanden sei. Durch die inzwischen erreichte Höhe der Hecken zwischen den Wohnhöfen und den Gartenparzellen sowie durch vielfältigen dichten Bewuchs auf dem Gartenland selbst gebe es kaum noch Durch- und Einblicke. Die ursprünglichen Raumbeziehungen und die Ausdehnung der Gärten seien nicht mehr erfahrbar. Der Verlust der historischen Aussagekraft werde weiter dadurch verstärkt, dass die heutigen Ziergärten zum Teil mit Lauben, Schuppen und Ähnlichem bebaut seien.

Zutreffend habe das Verwaltungsgericht erkannt, dass allein die Entstehung der Siedlung im Zuge eines nationalsozialistischen Siedlungsbauprogramms eine geschichtliche Bedeutung nicht begründen könne. Dies verdeutliche auch der Umgang der Beklagten mit den übrigen Volkswohnungsanlagen in Hamburg.

Im Übrigen müsse die Denkmaleigenschaft der Siedlung selbst dann verneint werden, wenn es bei der Beurteilung der gesetzlichen Schutzgründe nicht auf die Anschauung eines "gebildeten Durchschnittsmenschen", sondern auf den Wissens- und Erkenntnisstand eines breiten Kreises von Sachverständigen ankommen sollte. Die Siedlung sei nämlich weder Gegenstand zahlreicher Sachverständigengutachten noch werde sie in der Fachliteratur erwähnt. Ebenso wenig werde in allgemeinen Informationen oder in der Tagespresse darauf hingewiesen, dass die Siedlung Rittmeisterkoppel ein besonderes sozialpolitisches Konzept zur Bewältigung der wohnungs- und wirtschaftspolitischen Folgen der Weltwirtschaftskrise aufzeige.

Schließlich komme eine Unterschutzstellung des gesamten als Bauland ausgewiesenen Areals einer Enteignung gleich, da eine spätere bauliche Veränderung gemäß § 8 DSchG nur noch schwer möglich wäre.

Das Berufungsgericht hat die Beklagte mit Verfügung vom 29. November 2006 um eine ergänzende sachverständige Äußerung zum geschichtlichen Wert der Siedlung unter wohnungsbau- und sozialpolitischen Aspekten gebeten. Die Beklagte hat daraufhin eine Stellungnahme der Oberkustodin Dipl. Ing. S. vom 8. Februar 2007 eingereicht, in der es zusammenfassend heißt: Die Siedlung Rittmeisterkoppel dokumentiere in ihrer Gesamtheit (Häuser, Wirtschaftsteile, Gartenland, Erschließung, städtebauliche Anlage) und vor allem auch in der Bemessung von Wohnraum und Gartengröße ein durchdachtes, wohlerhaltenes, qualitätsvolles und in Hamburg einzigartiges, in der Tradition der als Notlagenkonzept entstandenen Siedlerstellen der Weimarer Republik stehendes, und auf den staatlich geförderten Mietwohnungsbau übertragenes Beispiel der in der Folge der Weltwirtschaftskrise ergriffenen staatlichen wohnungsbau- und sozialpolitischen Maßnahmen der NS-Zeit, deren Konzept - niedriger Standard der Hauseinheiten, ausreichend großer Garten zur weitestgehenden Selbstversorgung - dem Konsumverzicht zugunsten der nationalsozialistischen auf die Rüstungsproduktion fokussierten Wirtschaftspolitik unterworfen gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme Bezug genommen.

Die Klägerin erachtet die Stellungnahme der Oberkustodin S. für unschlüssig, weil die Siedlung darin als Beispiel einer Maßnahme der NS-Zeit und Ausdruck der damaligen Ideologie beschrieben werde. Die Wohnanlage gehe vielmehr auf Ideen des Siedlungsbaus aus den 1920er Jahren zurück. Zudem seien die Planungen und die Besiedelung des Geländes bereits Anfang der 1930er Jahre initiiert worden.

Im Übrigen hat die Klägerin ein Sachverständigengutachten des Dipl. Ing. (TU) für Architektur C. vom 26. April 2007 vorgelegt. Dieser kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass zwar ein Ensembleschutz der inneren städtebaulichen Anlage (bestehend aus sämtlichen Wohnhäusern und Stallgebäuden, nicht eingefriedeten Rasenflächen vor den Häusern, Erschließungsstraße, öffentlichen Freiflächen innerhalb des Gebäudebestands, Baumbestand im Straßen- und Gebäudebereich und den auch heute noch einsehbaren Hofabschnitten im Bereich der Hauseingänge und der Stallgebäude) unverzichtbar sei, der heutige Bereich der ursprünglichen Selbstversorgergärten, der sich - durch Hecken abgeschirmt - hinter den Hofbereichen der Häuser bis zur Außengrenze der Siedlung erstrecke, dagegen nicht als schutzwürdig anzusehen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.

Das Berufungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2007 zur Klärung der Frage, ob die Siedlung Rittmeisterkoppel aus tatsächlichen Gründen geeignet ist, ein Ensemble im Sinne des Denkmalschutzrechts zu bilden, die Siedlung und die dazugehörigen Grünflächen in Augenschein genommen. Es hat ferner der Beklagten nachgelassen, zum Gutachten des Sachverständigen C. Stellung zu nehmen, sowie beiden Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern.

Die Beklagte hat daraufhin geltend gemacht: Das Gutachten komme nur deshalb zur Einschätzung, dass das Gartenland nicht schützenswert sei, weil es die Bedeutung der Siedlung allein in ihrer formalen architektonischen und städtebaulichen Beschaffenheit sehe. Das stelle jedoch eine unzutreffende Verkürzung des historischen Aussage- und Anschauungswertes dar. Soweit das Gutachten die ehemals prägende Öffnung zur Landschaft und die Einbettung in das freie Gartenland vermisse, liege es zudem in der Natur der Sache, dass sich der Bewuchs seit Entstehung der Siedlung verändert habe und heute dichter sei. Möglicherweise sei letzteres sogar gewollt. Im Übrigen habe die durchgeführte Inaugenscheinnahme ergeben, dass sich an den Wegen zwischen den Häusern auch heute noch sehr wohl Durch- und Einblicke in die Gärten böten. Gleichermaßen sei die Lage der Siedlung bei Benutzung der an ihrem Rand entlang führenden Wege noch unmittelbar erfahrbar.

Dagegen sieht sich die Klägerin durch die Ortsbesichtigung darin bestätigt, dass die gesamte Struktur der Siedlung wie eine Ansammlung von Behelfsheimen in einem großzügigen Grünbereich anmute. Eine gemeinsame übergreifende Idee, welche den Denkmalwert des Ensembles begründen könnte, sei nicht erkennbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der Sachakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und führt auch in der Sache zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht entsprochen.

I. Der Umstand, dass die Klägerin ihr Grundstück im Laufe des Prozesses verkauft hat, berührt nicht die Zulässigkeit ihrer Klage. Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 ZPO, die hier anzuwenden sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 1.8.2001, NVwZ 2001 S. 1282 und v. 12.12.2000, NVwZ-RR 2001 S. 406), hat die Veräußerung des Grundstücks auf die Prozessführungsbefugnis keinen Einfluss.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2000 und ihr Widerspruchsbescheid vom 13. November 2000 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Unterschutzstellung der Siedlung Rittmeisterkoppel 1a - 18d als Ensemble, bestehend aus den Wohngebäuden, den Ställen, den Gartenflächen, dem Baumbestand an der Zufahrt, der Straße, den Vorfeldern und den Freiflächen zwischen den Gebäuden, findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 6 Abs. 1, 2 Nr. 2 des Denkmalschutzgesetzes - DSchG - vom 3. Dezember 1973 (HmbGVBl. S. 466) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 25. Juni 1997 (HmbGVBl. S. 267). Gemäß § 6 Abs. 1 DSchG wird die Unterschutzstellung durch Verwaltungsakt verfügt, sofern - wie hier - der Denkmalschutz nicht durch Rechtsverordnung festgesetzt wird. Nach § 2 Nr. 2 DSchG werden als Denkmäler (auch) Mehrheiten von unbeweglichen Sachen geschützt, zusammen mit ihrem Zubehör und ihren Ausstattungen und den mit ihnen verbundenen Garten- und Parkanlagen (Ensemble), zu denen auch städtebauliche Einheiten, insbesondere kennzeichnende Straßen-, Platz- und Quartiersbilder gehören können, wobei nicht erforderlich ist, dass jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt. Dabei muss die Erhaltung des Ensembles wegen seiner geschichtlichen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bedeutung oder zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Siedlung Rittmeisterkoppel kommt in ihrer vorbezeichneten Gesamtheit geschichtliche Bedeutung zu (dazu nachfolgend 1.) und ihre Erhaltung liegt im öffentlichen Interesse (dazu nachfolgend 2.).

1. Die Siedlung Rittmeisterkoppel ist in ihrer Gesamtheit als Zeugnis eines in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre verfolgten wohnungsbau- und sozialpolitischen Konzepts zur Bewältigung der Folgen der Weltwirtschaftskrise von geschichtlicher Bedeutung.

a) Die in § 2 DSchG genannten Schutzgründe sind in einem historischen Zusammenhang zu verstehen. Der Denkmalschutz dient nämlich der Erhaltung beweglicher und unbeweglicher Sachen aus historischen Gründen im weitesten Sinne. Es sollen hierdurch kunst- und architekturgeschichtliche Epochen und Entwicklungen, aber auch sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtliche sowie allgemein die Geschichte der Menschheit betreffende Ereignisse und Zeitabschnitte dokumentiert werden. Das Tatbestandsmerkmal der geschichtlichen Bedeutung ist damit als ein die übrigen Tatbestandsmerkmale übergreifendes Kriterium für die Denkmalschutzwürdigkeit aufzufassen (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 14.9.1995, OVG Bf II 60/93, m.w.N.). Die geschichtliche Bedeutung eines Objekts folgt dabei aus seinem Wert für die Dokumentation früherer Bauweisen und der politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse, die in ihm zum Ausdruck gelangen. Das Objekt muss geeignet sein, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen oder zu erforschen. Dies ist dann der Fall, wenn das Objekt für die politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse in bestimmten Zeitepochen einen Aussagewert hat, wenn ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder als Schauplatz historischer Ereignisse ein bestimmter Erinnerungswert beizumessen ist oder wenn es im Sinne eines Assoziationswertes einen im Bewusstsein der Bevölkerung vorhandenen Bezug zu bestimmten politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnissen seiner Zeit herstellt. Entscheidend ist der dokumentarische und exemplarische Charakter des Schutzobjekts als eines Zeugnisses der Vergangenheit (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 10.3.2006, 1 LA 11/06, juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, juris; OVG Münster, Urt. v. 17.12.1999, 10 A 606/99, juris; OVG Bautzen, Urt. v. 12.6.1997, BRS 59 Nr. 232; jew. m.w.N.; Viehbrock in: Martin/Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 2. Aufl. 2006, Teil C Rn. 9).

b) Hinsichtlich der Fragen, auf welche Weise sich der so verstandene Denkmalwert eines Objekts erschließen muss und auf welchen Betrachter dabei abzustellen ist, enthält das Denkmalschutzgesetz keine ausdrücklichen Vorgaben.

aa) Zutreffend weist die Beklagte zunächst darauf hin, dass die Denkmalfähigkeit eines Objekts nicht voraussetzt, dass die historische und die gegenwärtige Nutzung identisch sind. Es macht gerade das Wesen des Denkmals aus, dass es Ereignisse und Entwicklungen dokumentiert, die Geschichte geworden sind und damit der Vergangenheit angehören. Ebenso wenig muss ein Denkmal entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Klägerin selbsterklärend sein, um einen Aussagewert zu besitzen. Zwar dient Denkmalschutz gerade der Erhaltung von Anschauungsmaterial. Für ein Denkmal ist deshalb die optische Wahrnehmbarkeit einer historischen Aussage charakteristisch. Diese Feststellung darf jedoch nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, dass die den Denkmalwert begründende geschichtliche Bedeutung unmittelbar, d.h. ohne dass es einer Erläuterung der geschichtlichen Zusammenhänge bedarf, am Objekt selbst ablesbar sein muss (ebenso OVG Koblenz, Urt. v. 27.9.1989, NJW 1990 S. 2018; a.A. VGH Mannheim, Urt. v. 27.5.1993, ESVGH 43, 267). Eine andere Auffassung würde der Vielschichtigkeit denkmalschutzrelevanter Sachverhalte nicht gerecht und müsste - konsequent angewendet - auch solche Objekte vom Denkmalschutz ausnehmen, deren geschichtliche Bedeutung allgemein anerkannt und nicht ernstlich zweifelhaft ist. Insoweit seien z.B. nur Gebäude erwähnt, in denen eine namhafte Person der Zeitgeschichte geboren ist oder gewirkt hat oder sich ein historisch bedeutendes Ereignis zugetragen hat, und denen der daraus abzuleitende historische Wert allein aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Gestaltung regelmäßig nicht anzusehen ist. Ein Aussagewert ist deshalb auch dann zu bejahen, wenn sich die geschichtliche Bedeutung eines Objekts nicht unmittelbar aus sich heraus visuell erschließt, es aber zusammen mit anderen Quellen sehr wohl einen optischen Eindruck von historisch bedeutsamen Gegebenheiten vermitteln kann und insoweit geeignet ist, seinem Betrachter die Vergangenheit vor Augen zu führen.

bb) Die Frage, wem sich der Aussagewert eines Objekts erschließen muss, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner grundlegenden Klärung.

Unzutreffend ist allerdings die Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Klägerin, es sei auf den Maßstab des "unbefangenen", über die geschichtlichen Zusammenhänge nicht unterrichteten Betrachters abzustellen. Gegen diesen Maßstab spricht bereits, dass zahlreiche Denkmäler ihren Aussagewert regelmäßig nur für denjenigen entfalten werden, der mit den in Rede stehenden politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnissen der jeweiligen Epoche zumindest ansatzweise vertraut ist. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die Entfaltung eines Aussagewertes in der Regel die Bereitschaft des Betrachters voraussetzt, sich mit dem Objekt und den in ihm verkörperten historischen Gegebenheiten auseinander zu setzen und insofern ein zumindest punktuell bzw. temporär angeeignetes Fachwissen erforderlich ist. Dies gilt umso mehr, wenn die geschichtliche Bedeutung nicht unmittelbar am Objekt selbst ablesbar ist, sondern erst im Zusammenwirken mit anderen Quellen sichtbar wird.

Der Maßstab eines unbefangenen Durchschnittsbetrachters lässt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht damit begründen, dass Denkmalschutz im öffentlichen Interesse, also "primär für jedermann" erfolge (ebenso Grasedieck, NordÖR 2000 S. 443, 444). Mit dieser Ableitung wird der Gehalt des in § 2 DSchG normierten Tatbestandsmerkmals des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Objekts unzutreffend verkürzt. Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Interesses hat die Aufgabe, aus dem Kreis der in Betracht kommenden Objekte eine eingrenzende Auswahl zu treffen und solchermaßen eine unangemessene Ausweitung des Denkmalbegriffs zu verhindern. Es bezieht seinen Gehalt nicht daraus, ob ein mehr oder minder großer Personenkreis die Erhaltung des Objekts aus denkmalpflegerischen Gründen für wünschenswert hält, sondern ist vielmehr als ein Merkmal zur Ausgrenzung u.a. rein individueller Vorlieben und privater Liebhaberinteressen zu verstehen (zu Näherem siehe unten 2 a). Die Beurteilung, ob die Erhaltung eines Objekts im öffentlichen Interesse liegt, ist deshalb im Interesse der gebotenen Objektivierung anhand des Wissens- und Erkenntnisstands eines breiten Kreises von Sachverständigen oder jedenfalls Interessierter zu beantworten, sofern die Erhaltungswürdigkeit des Objekts nicht bereits allgemein in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 3.5.2006, NordÖR 2006 S. 304; OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, a.a.O.; OVG Berlin, Urt. v. 31.10.1997, OVGE 23, 5; OVG Bautzen, Urt. v. 12.6.1997, a.a.O.; VGH München, Urt. v. 21.2.1985, BRS 44 Nr. 125; jew. m.w.N.).

In Bezug auf den Aussagewert eines Objekts kann dann aber kein wesentlich anderer Maßstab gelten. Offen bleiben kann, ob das Vorliegen eines Aussagewertes ausschließlich an dem Urteil eines sachverständigen Betrachters zu messen ist oder auf den verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter abzustellen ist. Beide Maßstäbe werden zwar nicht zwangsläufig, aber häufig zum selben Ergebnis führen. Das ist - wie im Folgenden noch dargelegt wird - auch hier der Fall, weshalb die Frage des Maßstabs keiner weiteren Vertiefung bedarf.

c) Steht - wie hier - die Unterschutzstellung einer Mehrheit von Objekten nach § 2 Nr. 2 DSchG in Rede, kommt es darauf an, ob sie ein Ensemble bilden und dieses als solches von geschichtlicher Bedeutung ist. Dabei reicht die schlichte räumliche Ansammlung mehrerer Objekte - selbst wenn sie ihrerseits als Denkmal anzusehen sein sollten - zur Begründung eines Ensembles nicht aus. Schon im umgangssprachlichen Sinne ist das Wesen des Ensembles dadurch gekennzeichnet, dass einzelne Elemente zusammenwirken und sich dadurch zu einem einheitlichen Ganzen fügen. Zu dem räumlichen Aspekt muss deshalb ein qualitativer Aspekt hinzutreten. So verstanden ist der Ensembleschutz auf die Erhaltung denkmalwerter Zusammenhänge gerichtet, d.h. auf die Bewahrung objektübergreifender, geschichtlich wertvoller Strukturen als solcher (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 24.3.1998, DÖV 1998 S. 653; Grasedieck, a.a.O., S. 444; Leidinger, BauR 1994 S. 1). Um als Ensemble gelten zu können, muss eine Mehrzahl von Objekten miteinander im Zusammenhang stehen und gerade wegen dieses Zusammenhangs in ihrer Gesamtheit schützenswert sein (vgl. Grasedieck, a.a.O., S. 444). Das Ensembledenkmal erfährt seinen Denkmalwert damit durch das Einander-Zugeordnetsein der Einzelobjekte selbst, aus deren spezifischem Zusammenhang sich der Wert des Ganzen erschließt (vgl. Leidinger, a.a.O., S. 3). Entscheidend ist die Verbindung der einzelnen Objekte durch eine übergreifende Komponente oder Idee bzw. ein einheitsstiftendes Merkmal, die bzw. das der eigentliche "Träger der geschichtlichen Botschaft" des Ensembles ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 8.6.1998, NVwZ-RR 1999 S. 230; VGH Mannheim, Urt. v. 24.3.1998, a.a.O.).

aa) Dabei gibt § 2 Nr. 2 DSchG einen inhaltlichen Standard für die Art des erforderlichen Zusammenhangs zwischen den einzelnen Objekten nicht vor. Die Vorschrift erwähnt Straßen-, Platz- und Quartiersbilder lediglich exemplarisch und lässt durch ihre im Übrigen offene Formulierung einem weiten Verständnis Raum. Der Ensemblebegriff erfasst demzufolge nicht nur solche Sachmehrheiten, die in ihrer Erscheinung aufeinander bezogen sind, sondern z.B. auch solche, die durch einen funktionellen Zusammenhang oder eine einheitliche Planung und Errichtung gekennzeichnet sind (a.A. offenbar Grasedieck, a.a.O., S. 444). Auch das Wesen des Ensembleschutzes gebietet insoweit keine einschränkende Deutung.

bb) Ob ein einzelnes Objekt zu einem so verstandenen Ensemble gehört, hängt davon ab, ob es einen positiven Beitrag zum Denkmalwert der Gesamtanlage leistet (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 8.6.1998, a.a.O. und v. 2.10.1987, NVwZ 1988 S. 1143). Ein Objekt, das innerhalb eines Ensembles liegt, aber für dessen Denkmalwert belanglos ist oder sogar beeinträchtigend wirkt, gehört nicht dazu. Erforderlich ist mithin, dass das einzelne Objekt seinen Teil zu der übergreifenden Komponente oder Idee beiträgt, welche die einzelnen Objekte zu einem einheitlichen Ganzen verbindet und der eigentliche "Träger der geschichtlichen Botschaft" des Ensembles ist. Hieraus ergibt sich zugleich die Abgrenzung zu dem in § 9 DSchG normierten Umgebungsschutz, der es untersagt, die unmittelbare Umgebung eines Denkmals, soweit sie für dessen Erscheinungsbild oder Bestand von prägender Bedeutung ist, ohne Genehmigung der zuständigen Behörde durch Errichtung, Änderung oder Beseitigung baulicher Anlagen, durch die Gestaltung der unbebauten öffentlichen oder privaten Flächen oder in anderer Weise dergestalt zu verändern, dass die Eigenart und das Erscheinungsbild des Denkmals wesentlich beeinträchtigt werden. Auch die Umgebung zeichnet sich danach zwar nicht nur durch einen räumlichen Zusammenhang mit dem Ensemble aus, sondern durch ihre prägende Bedeutung für dessen Bestand oder Erscheinungsbild. Veränderungen können deshalb geeignet sein, z.B. Maßstäbe und Proportionen zu verzerren. Der Umgebung i.S.d. § 9 DSchG fehlt es im Unterschied zu den einzelnen Bestandteilen eines Ensembles aber an dem spezifischen Merkmal, das die Bestandteile des Ensembles zu einem einheitlichen Ganzen verbindet. Zu der übergreifenden Komponente oder Idee trägt sie nichts Positives bei.

cc) Schließlich setzt die geschichtliche Bedeutung eines Ensembles nicht voraus, dass zumindest einem seiner Bestandteile für sich genommen diese Eigenschaft zuerkannt werden kann. Dies kommt im Wortlaut des § 2 Nr. 2 DSchG dadurch zum Ausdruck, dass "nicht erforderlich ist, dass jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt". Zwar könnte diese Formulierung im Umkehrschluss (nicht jeder, also mindestens einer) auch anders verstanden werden (so offenbar Martin in: Martin/Krautzberger, a.a.O., Teil C Rn. 33). Ein solches Verständnis würde aber Sinn und Zweck der Vorschrift bzw. dem Wesen des Ensembles nicht gerecht. Da das Ensemble seinen Denkmalwert gerade nicht daraus bezieht, dass einige Anlagen um ein Einzeldenkmal angeordnet sind, sondern aus dem Einander-Zugeordnetsein der Einzelobjekte selbst, aus deren spezifischem Zusammenhang sich dann der Zeugniswert des Ganzen erschließt, wäre es widersprüchlich gleichwohl zu verlangen, dass zumindest ein Einzeldenkmal im Ensemble vorhanden sein muss.

Die Historie des Denkmalschutzgesetzes bestätigt diese Auslegung. Die Ursprungsfassung des § 2 DSchG vom 3. Dezember 1973, die zwischen Gebäudegruppen und Gesamtanlagen unterschied, enthielt weder die hier in Rede stehende noch eine vergleichbare Formulierung. In der Begründung des damaligen Gesetzentwurfs (Bü-Drucks. VII/2883 S. 9) wurde ausdrücklich ausgeführt, dass die Unterschutzstellung von Gebäudegruppen und Gesamtanlagen unabhängig davon sei, ob sich unbewegliche Denkmäler darin befänden. Mit der durch das Gesetz zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 25. Juni 1997 bewirkten Neugliederung der Gegenstände des Denkmalschutzes in § 2 DSchG bezweckte der Gesetzgeber eine Orientierung an der Systematik und an den Begriffsbestimmungen des BGB, eine Vereinfachung der Definitionen und eine Vermeidung zuvor aufgetretener Abgrenzungsschwierigkeiten (vgl. Bü-Drucks. 15/7398 S. 8). Anhaltspunkte dafür, dass zugleich die Voraussetzungen für den Ensembleschutz verschärft werden sollten, sind den Materialien indes nicht zu entnehmen.

d) In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Berufungsgericht aufgrund des Gutachtens des wissenschaftlichen Mitarbeiters des Denkmalschutzamtes R. vom 9. Februar 2000 und der Stellungnahme der Oberkustodin S. vom 8. Februar 2007 sowie aufgrund der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Siedlung Rittmeisterkoppel in ihrer Gesamtheit als Ensemble ein bedeutendes Beispiel für den Volkswohnungsbau in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre und die ihm innewohnende sozialpolitische Idee darstellt. Für den daraus abzuleitenden Denkmalwert ist gerade das Miteinander der einzelnen Elemente, d.h. der Wohngebäude, der Ställe, der Gartenflächen, des Baumbestands an der Zufahrt, der Straße, der Vorfelder und der Freiflächen zwischen den Gebäuden, entscheidend. Sie sind aufeinander bezogen und abgestimmt und können nicht hinweggedacht werden, ohne dass die städtebauliche Gesamtkonzeption oder die übergreifende ideelle Konzeption der Anlage und ihr daraus resultierender Wert tangiert wird. Diese Beurteilung wird im Übrigen zu einem guten Teil durch das von der Klägerin selbst vorgelegte Gutachten des Sachverständigen C. vom 26. April 2007 gestützt. Soweit darin den Gartenflächen ein historischer Anschauungswert und damit ein positiver Beitrag zum Gesamtwert des Ensembles abgesprochen wird, wird es durch die Stellungnahme der Oberkustodin S. und das Ergebnis der Ortsbesichtigung widerlegt.

aa) Nach den übereinstimmenden Darlegungen des wissenschaftlichen Mitarbeiters des Denkmalschutzamtes R. , der Oberkustodin S. und des Sachverständigen C. führt die Entstehungsgeschichte der Siedlung in die frühen 1930er Jahre zurück, die durch eine massenhafte Arbeitslosigkeit und die Verarmung und Verelendung von mehr als sechs Millionen Menschen infolge der Weltwirtschaftskrise geprägt waren. Zahlreiche Erwerbslose, die das Geld für ihre Unterkunft und Ernährung nicht mehr aufbringen konnten, verließen die Städte und errichteten sich auf unbebautem Land primitive Behausungen. Zugleich bauten sie dort Kartoffeln und Gemüse an, um sich mit dem zum Leben Nötigsten selbst zu versorgen. Auch das seinerzeit noch nicht erschlossene Gelände der Rittmeisterkoppel war sog. Grabeland, welches die Gemeinde Volksdorf - die vormalige Grundeigentümerin - Bedürftigen zur Bewirtschaftung überlassen hatte. Dieser Wohnungsnot und Armut suchte man staatlicherseits durch die Förderung von Kleinsiedlungen für Erwerbslose und Kurzarbeiter Herr zu werden. Dabei griff man auf das bereits nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zur Minderung der Wohnungsnot propagierte Prinzip der Stadtrandsiedlung - mit einfachsten Mitteln errichtete Heimstätten mit Nutzgärten - zurück. Das zur weitgehenden Selbstversorgung beigegebene Land hatte einen immens hohen Stellenwert, was z.B. auch daran deutlich wurde, dass die Siedler in der Gartenarbeit geschult wurden und die Bauträger ihnen Gartengeräte und sogar Kleinvieh zur Verfügung stellten. Die sog. produktive Erwerbslosenfürsorge sah vor, Heimstatt, Existenzsicherung und nutzbringende Tätigkeit zu vereinen. Damit verfolgten die Siedlungsbauprogramme nicht nur wohnungsbaupolitische, sondern auch sozial- und allgemeinpolitische Ziele. Sie dienten der Beseitigung des Wohnungselends und zugleich der Verselbstständigung und Sesshaftmachung des Arbeitslosen, der sich nun mit der Gartenarbeit beschäftigen konnte, der gemeindlichen Wohlfahrtskasse weniger zur Last fiel und als Eigentümer eines Häuschens mit Land weniger anfällig für politische Radikalisierungen war.

Nach der Machtübernahme führte die nationalsozialistische Regierung die pragmatische Weimarer Krisenpolitik der Kleinsiedlung am Stadtrand fort. Die ab 1933 verfolgten Siedlungsbauprogramme unterschieden sich von den früheren Programmen zwar hinsichtlich der Zielgruppe, indem nicht länger der Erwerbslose, sondern der Arbeiter in den Genuss des staatlich geförderten Eigenheims kommen sollte, nicht jedoch in der aus Haus, Wirtschaftsteil und Garten bestehenden Struktur der Siedlungen. Gerade in der "Blut und Boden"-Polemik der NS-Zeit erlangte die Landzulage zur Förderung und Rückgewinnung der Bodenständigkeit des "entwurzelten" Deutschen und zur Stärkung der Unabhängigkeit des Deutschen Reichs in den Siedlungsbauprogrammen zusätzliche Bedeutung. Neben der als Staatsdoktrin aufrecht erhaltenen Forderung nach Siedlungsbau mit Grunderwerb sah sich der NS-Staat ab 1935 jedoch zunehmend gezwungen, auch den Mietwohnungsbau zu fördern, um dem anhaltenden Wohnungsnotstand zu begegnen. Daraus entstand der Typus der "Volkswohnungen", dem die Siedlung Rittmeisterkoppel zuzurechnen ist. Er stellte insofern ein Novum dar, als die staatliche Förderung erstmals auf Mietwohnungen mit Nutzgärten zur Selbstversorgung ausgedehnt wurde. Dieses Siedlungsbauprogramm war nicht mehr auf den mit Eigenkapital ausgestatteten Siedler ausgerichtet, der die Siedlungsstelle zu Eigentum erwarb, sondern auf die minderbemittelten Teile der Bevölkerung, die trotz wirtschaftlichen Aufschwungs und verbesserter Arbeitsmarktlage über ein nur geringes Lohneinkommen verfügten und Konsumverzicht üben mussten. Damit die Bewohner die Miete tragen konnten, musste die Bauausführung mit geringsten finanziellen Mitteln auskommen. Erst mit diesem Modell erfolgte eine adäquate Reaktion auf den immer noch bestehenden Wohnungsnotstand, mit der zugleich die Versorgung der Mieter mit Nahrungsmitteln und damit deren allgemeine Lebenslage verbessert sowie die Volkswirtschaft entlastet werden sollte.

bb) Soweit es den Kernbereich der Siedlung betrifft, ist den vorliegenden sachverständigen Stellungnahmen - einschließlich jener des Gutachters C. - übereinstimmend zu entnehmen, dass die Siedlung Rittmeisterkoppel ein besonders aussagekräftiges Beispiel für diese spezifische Form des nationalsozialistischen Wohnungsbaus und das ihm innewohnende sozialpolitische Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe darstellt. Bei seiner Ortsbesichtigung hat sich das Berufungsgericht zudem davon überzeugen können, dass nach dem Maßstab eines verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachters nichts anderes gilt.

Die Siedlung ist im Jahre 1937 als erste von insgesamt vier Volkswohnungsanlagen in Hamburg errichtet worden und rekrutierte ihre Mieterschaft aus dem Kreis der Bedürftigen, die dort zuvor das Grabeland bewirtschaftet hatten. Sie ist in ihrer ursprünglichen Bebauung und - jedenfalls was den Kernbereich betrifft - auch in ihrer ursprünglichen städtebaulichen Struktur nahezu unverändert erhalten. Die Anlage besteht aus 16 eingeschossigen Wohngebäuden, von denen jedes vier Wohneinheiten aufnimmt. Jedem Wohngebäude ist ein ebenfalls in vier Segmente unterteiltes Stallgebäude für die Kleintierhaltung zugeordnet, jeder Wohnung außerdem ein etwa 500 qm großer Mietergarten. Die Wohnungen sind klein, und die Architektur ist bescheiden, wenngleich funktional. Im Erdgeschoss sind das Elternschlafzimmer und die Wohnküche, im Dach zwei Kinderzimmer und das WC untergebracht. Der Keller bietet Platz zum Wäschewaschen, für die Lagerung von Gartenprodukten und zur Verrichtung handwerklicher Tätigkeiten. Die Eingänge zu den Wohnungen liegen gartenseitig zum Hof, wohin auch die Wohnküche orientiert ist, die den Familien als Hauptraum der Wohnung nicht nur zum Kochen, sondern auch als Wohn- und Aufenthaltsraum dienen sollte. Nebenher erlaubte ihre Lage den schnellen Zugang zum Hof, zum Stall und zum Garten, die Beaufsichtigung der Kinder und bei entsprechender Witterung die einfache Verlagerung hauswirtschaftlicher Tätigkeiten ins Freie.

Auch wenn an den Einzelbauten in den vergangenen Jahrzehnten einige bauliche Veränderungen vorgenommen worden sind, haben alle Bauten in der Kubatur und der Erscheinung der Fassaden ihre historische Gestalt bewahrt. Die Gleichartigkeit und das Typenhafte der Bauten sind nach wie vor sehr gut erfahrbar. Soweit die Klägerin geltend macht, der mindere Standard sei aufgrund der Anpassung an moderne Verhältnisse nicht mehr erkennbar, hat das Berufungsgericht bei seiner Ortsbesichtigung dergleichen nicht feststellen können. Mit der einfachen Putzbauweise, den überkommenen historischen Grundrissen, dem gedrängten Raumprogramm, den kleinen Wohneinheiten und den Stallgebäuden sowie der im Kernbereich unstreitig erhaltenen städtebaulichen Struktur vermag die Siedlung bis heute ihren sozialgeschichtlichen Zusammenhang nicht zu verbergen. Der Eindruck einer Stadtrandsiedlung aus den 1930er Jahren wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass die Siedlung nach wie vor inselartig in einem aus Wald, Wiesen und moorigen Flächen bestehenden Umfeld fernab jeder anderen Bebauung gelegen ist. Sie stellt solchermaßen ein typisches und exemplarisches Beispiel einer Volkswohnungsanlage aus der NS-Zeit dar, das - wie es insbesondere in dem Gutachten des Sachverständigen C. zutreffend heißt - gleich mehrere Facetten dieser Epoche in besonderem Maße anschaulich werden lässt: die staatliche Förderung billiger Mietwohnungen mit möglichst weitgehender Selbstversorgung der "Volksgenossen" zur Entlastung der Volkswirtschaft, die zielgerichtete Verwendung von Elementen des Heimatschutzstils, der bereits seit der Wende in der Politik der Weimarer Republik um 1930 und noch unbedingter ab 1933 als Träger konservativer Werte für den Wohnungsbau verbindlich wurde, die Vermittlung von Idealen wie "Blut und Boden", Heimatscholle", "Volksgemeinschaft" und Erziehung zu Konsumverzicht sowie das rationelle und extrem wirtschaftliche Bauen mit kontingentierten Baustoffen als Kehrseite der angespannten Aufrüstung des NS-Staats.

Dieser historische Zusammenhang wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dadurch erschüttert, dass die Wohnanlage auf Ideen des Siedlungsbaus aus den 1920er Jahren zurückgeht und erste Planungen schon vor 1933 eingeleitet worden sein mögen. Wie den Ausführungen des Sachverständigen C. zu entnehmen ist, tragen die genannten Umstände im Gegenteil dazu bei, die Siedlung zu einem historischen Zeugnis des NS-Siedlungsbaus zu machen, weil viele der damals realisierten Siedlungsprojekte entgegen aller zeitgenössischen Propaganda auf weitreichende Vorarbeiten in der Weimarer Republik zurückzuführen sind. Dass die heutigen Mieter mit der Zielklientel des nationalsozialistischen Volkswohnungsbauprogramms nichts mehr gemein haben, vermag den dokumentarischen Wert der Anlage nicht zu erschüttern. Es ist bereits oben (II 1 b aa) dargelegt, dass der geschichtliche Aussagewert eines Objekts nicht voraussetzt, dass es auch heute noch in historischer Art und Weise genutzt wird.

cc) Mit einer Reduktion des Ensembles auf den Kernbereich der Siedlung wird ihre geschichtliche Bedeutung indes nicht hinreichend erfasst.

In der Stellungnahme der Oberkustodin S. ist aus sachverständiger Sicht überzeugend dargelegt, dass auch und gerade das den Kernbereich der Siedlung umschließende Gartenland einen positiven Beitrag zum Denkmalwert der gesamten Anlage leistet. Die gegenteilige Auffassung des Sachverständigen C. kann nicht überzeugen, weil er in seinem Gutachten die Bedeutung der Gartenflächen allein unter städtebaulichen Gesichtspunkten thematisiert. Insoweit betont das Gutachten die ursprünglich prägende Einbettung der Bebauung in das freie Gartenland mit wechselvollen Durch- und Einblicken und bemängelt, dass diese historischen Raum- und Sichtbeziehungen aufgrund der starken Überformung des Areals durch dichten Bewuchs und einzelne zusätzliche Bauten nicht mehr erfahrbar seien. Diese Argumentation erscheint schon deshalb fragwürdig, weil die vegetationsbedingte Überformung der Flächen kein unabänderlicher Zustand, sondern mit einfachen Mitteln rückgängig zu machen ist. Zudem hat die Inaugenscheinnahme ergeben, dass zwischen den Häusern auch heute noch Einblicke in und zum Teil auch Durchblicke durch die Gärten möglich sind. Ob deshalb schon in städtebaulicher Hinsicht von einem positiven Beitrag der Gartenflächen zum Denkmalwert der Gesamtanlage auszugehen ist, bedarf jedoch keiner Vertiefung. Denn die Siedlung bezieht ihre geschichtliche Bedeutung nicht allein aus städtebaulichen Gesichtspunkten, wie auch das Gutachten des Sachverständigen C. in anderem Zusammenhang nicht verkennt. Ihre einzelnen Teile sind - die städtebaulichen Gesichtspunkte gleichsam überlagernd - auch durch die in ihr verkörperte wohnungsbau- und sozialpolitische Idee eines Notlagenkonzeptes zur Bewältigung der Folgen der Weltwirtschaftskrise verbunden. Die ehemals der Selbstversorgung dienenden Nutzgärten sind für dieses Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe schlechterdings elementar.

Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung ist der funktionale Beitrag der Gartenflächen zur übergreifenden wohnungsbau- und sozialpolitischen Idee auch heute noch ohne Weiteres erkennbar. Dem steht nach den oben dargelegten Maßstäben nicht entgegen, dass die Gärten ihre frühere Funktion eingebüßt haben und heute in unterschiedlicher Weise weit überwiegend als Ziergärten angelegt sind. Da die Tatsache, dass die Gärten ursprünglich der Selbstversorgung der Bewohner der Siedlung gedient haben, durch andere Quellen zweifelsfrei belegt ist, können sie dem verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter auch heute noch unschwer einen optischen Eindruck von ihrer historischen Bedeutung vermitteln. Für den sachverständigen Betrachter gilt dies allemal.

Die Gärten sind nicht in einem Maße verfremdet, als dass selbst der geschichtlich aufgeklärte Betrachter keine Vorstellung mehr von der Bewirtschaftung der Nutzgärten gewinnen könnte, die für das Leben in der Siedlung prägend war. Soweit sich vereinzelte Bauten finden, handelt es sich durchweg um Schuppen oder Lauben und somit um Elemente, die für Gärten nicht untypisch sind. Soweit im Gutachten des Sachverständigen C. davon die Rede ist, dass die historischen Parzellengrenzen und die Ausdehnung der Gärten teilweise unkenntlich seien, hat die Ortsbesichtigung dies nicht bestätigt. Die strenge und egalitäre Parzellierung, die aus einem (aus der Dokumentation von Spörhase aus dem Jahre 1940 stammenden) in der Sachakte der Beklagten enthaltenen Lageplan ersichtlich ist, ist auch heute noch gut zu erkennen. Die Parzellen sind durchweg durch Zäune getrennt oder durch Bäume und Sträucher an ihren jeweiligen Grenzen von den Nachbarparzellen abgesetzt. Auf diese Weise sind ihre Größe und ihr Zuschnitt, die für beigegebenes Nutzgartenland charakteristisch sind, unschwer wahrzunehmen. Dieses Bild ergibt sich zwar nicht unbedingt von der Erschließungsstraße aus, von der aus aufgrund der Bebauung und der Vegetation nur teilweise Einblicke in die rückwärtigen Gärten möglich sind. Der Weg am östlichen Rand der Siedlung hat aber bei der Ortsbesichtigung trotz jahreszeitlich fortgeschrittener Vegetation überwiegend gute Einblicke in die Gärten eröffnet. Ebenso hat die Inaugenscheinnahme ergeben, dass in einigen Gärten teilweise noch Obst und Gemüse angepflanzt werden. Auf andere Weise zeugen einige aufgelassene, verwilderte Gärten von einer Nutzung, die durch den Lauf der Zeit offenkundig überholt worden ist. Die insgesamt wenig homogene Gestaltung der Gärten wirkt dem Eindruck entgegen, dass sie schon immer als Ziergärten genutzt worden sind und fördert die optische Wahrnehmbarkeit ihres ursprünglichen Charakters und einstigen Zwecks. Auch die Tatsache, dass den Bewohnern der Siedlung das Gartenland nicht zu Eigentum überlassen worden ist, lässt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unschwer durch Anschauung erschließen. Während die Nutzgärten beim Kleinsiedlungsbau mit Grunderwerb in aller Regel unmittelbar an die Wohnhäuser - seien es Einzel-, Doppel- oder Reihenhäuser - angrenzen, sind die Gärten hier von den Wohnhäusern abgesetzt und umrahmen sie in der Art eines äußeren Ringes. Sie bieten solchermaßen das Bild einer "parzellierten Allmende", was dem über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter anschaulich den Eindruck von "Mietergärten" vermittelt.

2. Die Erhaltung der Siedlung Rittmeisterkoppel als Ensemble liegt - wie es § 2 DSchG weiter erfordert - auch im öffentlichen Interesse.

a) Wie bereits oben (II 1 b bb) ausgeführt, hat das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Erhaltungsinteresses die Aufgabe, aus dem Kreis der in Betracht kommenden Objekte eine eingrenzende Auswahl zu treffen und solchermaßen eine unangemessene Ausweitung des Denkmalbegriffs zu verhindern. Neben der Ausgrenzung rein individueller Vorlieben und privater Liebhaberinteressen greift es vor allem dann als Korrektiv ein, wenn zahlreiche vergleichbare Objekte noch vorhanden sind. Die Erhaltungswürdigkeit setzt damit zwar keine Einmaligkeit voraus. Das öffentliche Interesse an der Einstufung eines Objekts als Denkmal wird aber um so schwieriger zu begründen sein, je mehr vergleichbare Exemplare es in der Nähe gibt. Neben dem Seltenheitswert sind weiter der dokumentarische und exemplarische Wert von Bedeutung. Auch insoweit bezweckt das Merkmal des öffentlichen Interesses indes nicht, lediglich herausragende Beispiele oder besonders typische Vertreter einer Gattung unter Schutz zu stellen. Es können auch solche Objekte denkmalwürdig sein, die unterhalb dieser Schwelle Ausdruck geschichtlicher Epochen und Entwicklungen sind. Ferner spielen das Alter, das Maß der Originalität und der Integrität eine Rolle. Je älter das Objekt, je höher der Anteil noch vorhandener Originalsubstanz und je besser der Erhaltungszustand ist, desto eher ist es als denkmalwürdig anzusehen (vgl. zu allem nur OVG Hamburg, Urt. v. 14.9.1995, a.a.O.; OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, a.a.O.; OVG Bautzen, Urt. v. 12.6.1997, a.a.O.; Viehbrock in: Martin/Krautzberger, a.a.O., Teil C Rn. 19 ff.; jew. m.w.N.).

b) Gemessen hieran unterliegt es keinen Zweifeln, dass die Siedlung Rittmeisterkoppel erhaltungswürdig ist.

Hierfür ist zum einen ausschlaggebend, dass die Siedlung in ihrer Architektur und städtebaulichen Struktur ein in Hamburg einzigartiges Ensemble darstellt. Im gesamten Stadtgebiet existieren nur noch drei weitere Kleinsiedlungen vom Typus der Volkswohnungen, von denen sich die Siedlung Rittmeisterkoppel indes in mehrfacher Hinsicht abhebt. So ist die Siedlung Vierbergen nicht nur zweigeschossig ausgeführt, sondern hat als städtische Variante der Volkswohnungen vor allem auch eine andere Struktur. Die Siedlung Anemonenweg ist im Unterschied zur Siedlung Rittmeisterkoppel als Fortführung einer bereits im Kaiserreich im Jahre 1910 entstandenen Siedlung - der Gartenstadt Wandsbek - zu werten, und die Siedlung Herzmoor 3 ist Anfang der 1980er Jahre durch Umbauten und Nachverdichtung stark verändert worden. Dass die Beklagte jene Siedlungen bislang nicht unter Denkmalschutz gestellt hat und - wie die Klägerin geltend macht - gegenwärtig im Begriff ist, die Siedlung Vierbergen abzureißen, erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf die Erhaltungswürdigkeit des hier streitigen Ensembles. Im Übrigen hat der von der Klägerin beauftragte Sachverständige C. in seinem Gutachten vom 26. April 2007 die Unterschutzstellung der Siedlung Anemonenweg als Bauensemble dringend empfohlen.

Hinzu kommt, dass die Siedlung Rittmeisterkoppel in ihrer Bebauung und städtebaulichen Struktur weitgehend unverändert erhalten ist, was durch die inselartige Lage am äußersten Stadtrand noch betont wird. Das hohe Maß an Originalität und Integrität wird in den vorliegenden fachlichen Stellungnahmen übereinstimmend hervorgehoben und hat sich bei der Inaugenscheinnahme bestätigt. Damit geht zugleich ein bemerkenswerter exemplarischer und dokumentarischer Wert einher.

Ein weiteres Argument für die Erhaltungswürdigkeit der Siedlung sind schließlich ihre besonderen architektonischen und städtebaulichen Qualitäten, die sowohl in dem Gutachten des wissenschaftlichen Mitarbeiters des Denkmalschutzamts R. als auch dem Gutachten des Sachverständigen C. betont werden und von denen sich das Berufungsgericht bei seiner Ortsbesichtigung ebenfalls hat überzeugen können. Danach stellt die Siedlung ein aussagekräftiges Beispiel für eine gelungene low-level-Architektur der dreißiger Jahre dar, die gestalterisch an den hohen Standard zur Zeit der Weimarer Republik anzuknüpfen vermag und durch die beteiligten namhaften Architekten auch in personeller Hinsicht eine Brücke zu jener Zeit schlägt. Die Auffassung der Klägerin, die Siedlung mute lediglich wie eine Ansammlung von Behelfsheimen an, entbehrt jeder Grundlage. Trotz der Sparsamkeit der Bauweise sind keine Notbauten entstanden und wirkt die Bauausführung in keiner Weise grobschlächtig. Die Siedlung vermeidet den Eindruck von Ärmlichkeit und Enge. Die Wohnhäuser bieten zur Straße hin eine Fassade, die Einheitlichkeit und Geschlossenheit sowie eine gewisse Großzügigkeit signalisiert. Auf den Betrachter wirken sie aus dieser Perspektive wie ein Doppelhaus oder gar ein großzügiges Einfamilienhaus. Die gedrängte Zusammenfassung vier kleinster Wohneinheiten erschließt sich erst durch die vier Wohnungseingänge auf der Rückseite der jeweiligen Gebäude. Der bewusst hergestellte Dualismus zwischen zurückhaltender Straßenfront und privater Rückseite mit den durch die Anordnung der Wohnhäuser und der Ställe erzeugten und durch Hecken abgegrenzten Höfen stellt ein weiteres ästhetisches Qualitätsmerkmal dar. Dasselbe gilt für die Anordnung der Erschließungsstraße und der Wohngebäude in einem orthogonalen Raster. Dabei kann dahinstehen, ob die Anordnung durch eine Zusammenfassung der Gebäude zu mehreren unterschiedlichen Gruppen geprägt wird oder eher dem Motiv eines Straßendorfes mit einer klaren, wenn auch rhythmisierten Aufreihung folgt. Denn auch wenn der wissenschaftliche Mitarbeiter des Denkmalschutzamts R. und der Sachverständige C. diese Frage unterschiedlich beurteilen, stimmen sie jedenfalls im Ergebnis darin überein, dass die Anordnung der Wohngebäude zu den ästhetischen Vorzügen des Ensembles gehört. Die Freiflächen vermitteln ebenfalls den Eindruck einer gewissen Großzügigkeit und zeugen von einer sensiblen Einordnung der Architektur in die Landschaft. Besonders erwähnenswert sind insoweit das angerartige Gelände im südlichen Bereich der Siedlung, die Freiräume zwischen den Wohngebäuden, welche die Situation von Plätzen andeuten, sowie die ungeteilten Vorfelder. Aufgrund dieser architektonischen und städtebaulichen Qualitäten unterscheidet sich die Siedlung Rittmeisterkoppel deutlich und vorteilhaft von vielen anderen Siedlungen, die in der NS-Zeit entstanden sind.

c) Die an das öffentliche Erhaltungsinteresse zu stellenden Anforderungen sind auch im Übrigen gegeben.

Wie bereits oben (II 1 b bb) ausgeführt, setzt das öffentliche Erhaltungsinteresse grundsätzlich voraus, dass die Notwendigkeit der Erhaltung eines Objekts in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines breiten Kreises von Sachverständigen oder Interessierten eingegangen ist.

Das Interesse der Fachöffentlichkeit und der Bevölkerung lässt sich in der Regel durch Fachpublikationen und Presseberichte dokumentieren (vgl. Moench/Otting, NVwZ 2000 S. 146, 150). Ob dies der Fall ist, kann im Ergebnis dahinstehen. Insoweit kann zweifelhaft sein, ob das anlässlich des "Tages des offenen Denkmals" im Jahre 2001 an der Siedlung Rittmeisterkoppel gezeigte Interesse einer Vielzahl von Bürgern ausreicht, um die Feststellung zu treffen, dass in der Öffentlichkeit bereits eine allgemeine Überzeugung von der Erhaltungswürdigkeit der Anlage besteht. Es erscheint auch fraglich, ob die - als sachverständige Erkenntnisquellen im vorliegenden Verfahren uneingeschränkt verwertbaren - Äußerungen des Mitarbeiters des Denkmalschutzamtes R. und der Oberkustodin S. sowie das Votum des aus zwölf Fachleuten bestehenden Denkmalrates (vgl. § 4 DSchG) bereits zum Beleg dafür genommen werden können, dass in sachverständigen Kreisen ein "breiter" Konsens über die Notwendigkeit der Erhaltung der Siedlung herrscht. Das darüber hinaus vorliegende Gutachten des Sachverständigen C. stützt das öffentliche Erhaltungsinteresse nur hinsichtlich des Kernbereichs der Siedlung, und die von der Beklagten zitierten Äußerungen des Mitarbeiters der TU-Harburg B. und des Stadtplaners im Bezirksamt Bergedorf H. haben wenig Substanz. Andererseits hat mit Ausnahme des Sachverständigen C. - und auch dieser nur soweit die Mietergärten betroffen sind - keine sachverständige Erkenntnisquelle die geschichtliche Bedeutung der Siedlung und das öffentliche Erhaltungsinteresse in Frage gestellt.

Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung. Denn angesichts der Vielzahl der in Hamburg vorhandenen Objekte - das von der Beklagten geführte Gesamtverzeichnis der in die Denkmalliste eingetragenen oder erkannten Denkmäler weist rund 5.000 Objekte aus - würde es die Anforderungen an die Unterschutzstellung überspannen, wenn man stets verlangen würde, dass die Notwendigkeit der Erhaltung eines Objekts bereits in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen ist. Nicht selten wird überhaupt erst die Unterschutzstellung oder - seit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 4. April 2006 (HmbGVBl. S. 143) - die Aufnahme in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler gemäß § 7a Abs. 2 DSchG die öffentliche Aufmerksamkeit auf ein Objekt lenken. Ebenso kann insbesondere bei Denkmälern, die - wie hier - nur von lokaler oder regionaler Bedeutung sind, nicht ausnahmslos erwartet werden, dass sich bereits ein breiter Kreis von Sachverständigen zu ihnen in Fachveröffentlichungen oder auf sonstige Weise ausführlich geäußert hat. Nach Auffassung des Berufungsgerichts muss deshalb das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Objekts auch dann bejaht werden, wenn sich seine geschichtliche Bedeutung dem verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter offenkundig erschließt und sich die Notwendigkeit der Erhaltung aufgrund gewichtiger Besonderheiten des Einzelfalles aufdrängt (ebenso OVG Berlin, Urt. v. 31.10.1997, a.a.O. und v. 25.7.1997, OVGE 22, 180).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die erforderliche Evidenz ergibt sich aus der Tatsache, dass die Siedlung in ihrer Gesamtheit - wie dargelegt - in ganz besonderem Maße den Volkswohnungsbau in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre und die ihm innewohnende sozialpolitische Idee eines Notlagenkonzeptes zur Bewältigung der Folgen der Weltwirtschaftskrise anschaulich macht. Gewichtige Besonderheiten sind gegeben, weil die Siedlung aufgrund ihrer Einzigartigkeit, ihres hohen Maßes an Originalität und Integrität sowie ihrer architektonischen und städtebaulichen Qualitäten die Anforderungen an die Zuerkennung eines öffentlichen Erhaltungsinteresses in mehrfacher Hinsicht gleichsam übererfüllt. Auch dies ist bereits oben dargelegt.

d) Schließlich sind auch keine öffentlichen Interessen ersichtlich, die einer Unterschutzstellung der Siedlung Rittmeisterkoppel entgegenstehen.

Bei der Bewertung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Objekts sind nicht nur die Belange des Denkmalschutzes, sondern auch andere öffentliche Belange abwägungserheblich. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 2 DSchG. Die Gesetzesmaterialien zur Novellierung des Denkmalschutzgesetzes im Jahre 1997 weisen jedoch eindeutig in diese Richtung. Insoweit ist der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes zu entnehmen, dass auch nach Abschaffung des der zuständigen Behörde bis dahin eingeräumten Ermessens eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Denkmalschutz und allen übrigen öffentlichen Interessen zu erfolgen habe und dass damit die Möglichkeit erhalten bleibe, aus entgegenstehenden Gründen des öffentlichen Interesses im konkreten Einzelfall auf eine Unterschutzstellung durch Eintragung in die Denkmalliste zu verzichten (Bü-Drucks. 15/7398 S. 3, 8).

Gegen die Unterschutzstellung sprechende öffentliche Belange liegen jedoch nicht vor. Soweit einige der im Verwaltungsverfahren beteiligten Behörden zunächst zu bedenken gegeben haben, dass ein öffentliches Interesse an einer baulichen Verdichtung der Siedlung Rittmeisterkoppel bestehe, haben sie hieran im Ergebnis nicht festgehalten. Zudem wäre im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im November 2000 eine nennenswerte weitergehende Bebauung aus planungsrechtlichen Gründen ohnehin nicht genehmigungsfähig gewesen. Zu jenem Zeitpunkt galt noch der Baustufenplan Volksdorf, der das Grundstück zwar als Wohngebiet auswies, jedoch keine Festsetzungen über die überbaubaren Grundstücksflächen enthielt. Nach dem Maßstab des deshalb ergänzend heranzuziehenden § 34 Abs. 1 BauGB wäre eine bauliche Verdichtung der Siedlung unzulässig gewesen, da sie sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung eingefügt hätte. Dies hat das Berufungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 22. Dezember 2003 (2 Bs 468/03) dargelegt, mit dem es einen Antrag der Klägerin abgelehnt hat, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von insgesamt 54 Reihen- und Doppelhäusern zu verpflichten. Zur weiteren Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt, dass die durch eine aufgelockerte straßenparallele Bebauung mit großzügigen Freiflächen geprägte Struktur der Siedlung durch eine bauliche Verdichtung in Bewegung gebracht und wesentlich geändert würde und deshalb Spannungen zur Folge hätte, die sachgerecht nur mit den Mitteln der Bauleitplanung gelöst werden können. Hieran hält das Berufungsgericht fest. Schon aus diesem Grunde ist auch der Einwand der Klägerin unzutreffend, dass eine Unterschutzstellung des gesamten als Bauland ausgewiesenen Areals einer Enteignung gleichkomme.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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