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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: 2 Bs 148/06
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 52 Abs. 1
Bei Baunachbarklagen richtet sich der Streitwert nicht nach etwaigen Wertminderungen des nachteilig betroffenen Grundstücks.

In Fortführung der bisherigen Rechtsprechung (vgl. z.B. Beschl. v. 26.6.1991, NVwZ-RR 1991 S. 671) entnimmt das Gericht den Streitwert unter Berücksichtigung des Umfangs der nachteiligen Wirkungen im Regelfall einem Streitwertrahmen von 7.500 bis 30.000 €. Soweit der Rechtsstreit das nachbarliche Verhältnis zweier großer, gewerblich genutzter Grundstücke mit großer Baumasse betrifft, kann eine begrenzte Überschreitung dieses Rahmens in Betracht kommen, die den Streitwertrahmen eines Normenkontrollverfahrens gegen einen Bebauungsplan nicht übersteigt.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

2 Bs 148/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch den Richter Dr. Ungerbieler, die Richterin Haase und den Richter Probst am 29. November 2006 beschlossen:

Tenor:

Unter Abänderung der Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Mai 2006 wird der Streitwert für das gesamte Verfahren auf 22.500 € festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren auf jeweils 22.500 € beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nrn. 1 und 2, 63 Abs. 2 und 3 GKG.

Eine Herabsetzung des vom Verwaltungsgericht für das erstinstanzliche Verfahren festgesetzten Streitwerts von 500.000 € ist veranlasst, weil die der Festsetzung zugrunde liegende Bemessung des Streitwertes - eine von der Antragstellerin behauptete Wertminderung des Grundstücks durch geringere zu erzielende Mieteinnahmen im Umfang von ca. 1.000.000 € - nicht mit der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts in Einklang steht. Dabei kann dahin stehen, ob die von der Antragstellerin angegebene Summe, die zudem offen lässt, ob es sich um einen Jahresbetrag, einen über einen längeren Zeitraum aufaddierten Mietbetrag oder um eine angenommene dauerhafte Minderung des Bodenwerts des Grundstückes handelt, als solche zutreffend wäre.

Das Beschwerdegericht hat den Streitwert in baurechtlichen Streitigkeiten, in denen sich Grundstückseigentümer gegen eine Baugenehmigung für die Bebauung eines Nachbargrundstücks wenden, bisher je nach dem objektiven Ausmaß der drohenden bzw. eingetretenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks einem Streitwertrahmen von 10.000 bis 40.000 DM für das Hauptsacheverfahren entnommen (vgl. z.B. Beschl. v. 26.6.1991, NVwZ-RR 1991 S. 671; Beschl. v. 22.3.1995, Bs II 179/95, juris; Beschl. v. 1.10.1996, Bs II 168/96, juris) und diesen Betrag bei in Euro festzusetzenden Streitwerten halbiert. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist in Übereinstimmung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit jeweils die Hälfte des Wertes der Hauptsache zu Grunde gelegt worden. Diese Streitwertpraxis war dabei dadurch gekennzeichnet, dass in der Regel Beeinträchtigungen der Wohnnutzung oder kleinerer gewerblicher Nutzungen Gegenstand der Verfahren waren.

Die in der Fassung 2004 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgesehene Bemessung des Streitwerts einer Baunachbarklage mit nunmehr 7.500 € bzw. mindestens dem Betrag der Grundstückswertminderung (Ziff. 9.7) - zuvor 10.000 DM - gibt dem Beschwerdegericht Anlass, seinen Rahmen für die Bemessung des Streitwerts in diesen Sachen der Erhöhung des Basiswerts anzupassen, die durch die Anhebung des sog. Auffangwerts in § 52 Abs. 2 GKG ausgelöst worden ist. Das Beschwerdegericht wird daher bei Klagen von Grundstückseigentümern gegen eine Baugenehmigung für die Bebauung eines Nachbargrundstücks zukünftig grundsätzlich von einem Streitwertrahmen von 7.500 bis 30.000 € ausgehen, in diesem Rahmen aber weiterhin auf das objektive Maß der Beeinträchtigungen abstellen (vgl. Beschl. v. 26.6.1991, a.a.O.; Beschl. v. 22.3.1995, a.a.O.). Der Senat hält es nicht zuletzt mit Blick auf die Kalkulierbarkeit des Streitwerts für alle Verfahrensbeteiligten und das Verhältnis zu den im Streitwertkatalog vorgeschlagenen Werten in anderen baurechtlichen Streitigkeiten weiterhin nicht für gerechtfertigt, den Streitwert nach einer zumeist schwierig zu ermittelnden und von subjektiven Einschätzungen abhängigen Wertminderung des Grundstücks und - im Ergebnis - mit einem nach oben offenen Streitwertrahmen zu bemessen. Insbesondere letzteres wäre kaum mit dem Streitwertrahmen für Normenkontrollverfahren gegen Bebauungspläne von höchstens 60.000 € (Ziff. 9.8 des Streitwertkatalogs) zu vereinbaren. Auch im vorliegenden Verfahren waren die Einwendungen der Antragstellerin in erster Linie gegen die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für das Bauvorhaben der Beigeladenen und einen während des Verfahrens in Kraft getretenen Bebauungsplan für deren Grundstück gerichtet, die Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens hätten sein können.

Ein den Höchststreitwert eines möglichen Normenkontrollantrags übersteigender Streitwert ist deshalb im Rahmen einer baurechtlichen Nachbarklage auch dann nicht gerechtfertigt, wenn - wie vorliegend - ausschließlich das nachbarliche Verhältnis zweier großer gewerblich genutzter Grundstücke mit einer großen Baumasse und dabei möglicherweise intensive Nutzungsbeeinträchtigungen Gegenstand eines Rechtsstreits sind. Ein derartiger vom Regelfall abweichender Umstand mag es rechtfertigen, die Obergrenze des regelmäßigen Streitwertrahmens in diesen Fällen zu überschreiten. Das Beschwerdegericht sieht jedoch keine Rechtfertigung, diesen Rahmen in einem Hauptsacheverfahren über den Höchstwert des Streitwerts für einen Normenkontrollantrag hinaus auszudehnen.

Im vorliegenden Eilverfahren hält das Beschwerdegericht im Ergebnis lediglich einen Streitwert von 22.500 € für angemessen. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Beeinträchtigungen die Nutzung ihres Grundstücks in seiner Gesamtheit nach den anzuwendenden rechtlichen Maßstäben nicht wesentlich beeinträchtigen, wie sich aus dem Beschluss des Beschwerdegerichts vom 16. Oktober 2006 und dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Mai 2006 ergibt. Dies rechtfertigt es nicht, einen Streitwert von 30.000 € in einem Hauptsacheverfahren zu überschreiten, der im Eilverfahren auf 15.000 € zu halbieren ist. Im Hinblick auf den ergänzenden, selbstständigen Antrag der Antragstellerin zum Abschluss eines Folgekostenvertrags ist eine Erhöhung dieses Wertes um weitere 7.500 € angemessen. Die Beteiligten haben im Rahmen der ihnen eingeräumten Äußerungsmöglichkeit keine Gesichtspunkte geltend gemacht, die eine andere, insbesondere eine höhere Streitwertbemessung veranlassen könnten.

Ende der Entscheidung

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