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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 28.07.2009
Aktenzeichen: 2 Bs 67/09
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, BPVO
Vorschriften:
BauGB § 31 Abs. 2 | |
BauNVO 1962 § 22 Abs. 3 | |
BauNVO 1962 § 15 Abs. 1 S. 2 | |
BPVO § 11 Abs. 2 |
2. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot scheidet aus, wenn bei einer nach § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 festgesetzten geschlossenen Bauweise die auf dem Nachbargrundstück bereits vorhandene Bebauung planungsrechtlich eine Abweichung von der geschlossenen Bauweise nicht "erfordert", sondern eine Abweichung allenfalls zulassen oder rechtfertigen würde.
3. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegt nicht schon dann vor, wenn eine Befreiung vom Maß der zulässigen Bebauung den Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht genügt.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch den Richter die Richterin und den Richter am 28. Juli 2009 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 3. April 2009 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich als Eigentümerin der Grundstücke R.-Straße 8 / B.-Straße 16 / F.-Straße 5 - 8 / G.-Straße 21 - 22 in der Gemarkung Hamburg-Altstadt (Flurstück A), auf dem jeweils straßenparallel sowie zusätzlich rückwärtig unmittelbar an der Grundstücksgrenze parallel zur F.-Straße ein fünf- bis siebengeschossiger Komplex von älteren und neueren Büro- und Geschäftsgebäuden steht, gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Grundstücke R.-Straße 6 (Flurstück B) und G.-Straße 20 (Flurstück C). Diese Flurstücke grenzen an das Flurstück der Antragstellerin an und sollen durch ein einheitliches Gebäude jeweils straßenparallel sowie ein im Blockinnern zu errichtendes Gebäudeteil mit einem einheitlichen achtgeschossigen Büro- und Geschäftsgebäude bebaut werden. Das Gebäude soll im Verhältnis zum Grundstück G.-Straße 21 und der sich an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen befindlichen Bebauung grenzständig bzw. mit einem Abstand von 2,5 m errichtet werden. Die Grundstücke der Beigeladenen waren zuvor straßenparallel mit zwei sechs- und siebengeschossigen Büro- und Geschäftshäusern bebaut. Im Blockinnern befand sich über weite Teile beider Grundstücke eine bis an das Grundstück der Antragstellerin heranreichende Bebauung mit eingeschossigen Gebäudeteilen bzw. Nebengebäuden.
Die Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Hamburg-Altstadt 7 vom 18. Juni 1963, der die streitigen Grundstücke als MK-Gebiet mit fünf- und siebengeschossiger Bebauung ausweist sowie für die Grundflächenzahl und die Geschossflächenzahl die Höchstwerte nach der Baunutzungsverordnung vom 26. Juni 1962 - im Folgenden: BauNVO 1962 - festsetzt.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2008 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Baugenehmigung für die Errichtung eines achtgeschossigen Büro- und Geschäftshauses unter Befreiung von der planerischen Festsetzung der Anzahl der zulässigen Vollgeschosse auf den durch eine Baulast verbundenen Flurstücken C und B.
Die Entscheidung wurde der Antragstellerin mit einem dieser am 23. Oktober 2008 zugegangenen Schreiben bekannt gegeben. Diese legte am Montag, den 24. November 2008 Widerspruch ein, mit dem sie umfänglich eine Verletzung von nachbarschützenden Regelungen rügte. Über den Widerspruch hat die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden.
Ferner hat die Antragstellerin den streitigen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gestellt. Diesen hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. April 2009, zugestellt am 15. April 2009, abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung komme dem Interesse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse der Antragstellerin an einem vorläufigen Baustopp zu. Eigene subjektive Rechte der Antragstellerin würden durch die Baugenehmigung voraussichtlich nicht verletzt, da die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt seien oder sich die Antragstellerin nicht auf eine Verletzung berufen könne, weil sie mit ihrem Gebäude die gesetzlichen Anforderungen im Verhältnis zur Beigeladenen selbst nicht einhalte.
Während des erstinstanzlichen Eilverfahrens erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen am 29. Januar 2009 einen Ergänzungsbescheid Nr. 1 mit weiteren Befreiungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB, und zwar für die Überschreitung der zulässigen Grundflächenzahl um 0,4 auf 1,0 und der Geschossflächenzahl um 4,15 auf 6,15 mit der Begründung, dass diese städtebaulich vertretbar seien.
Mit ihrer Beschwerde vom 22. April 2009, die sie am 6. Mai 2009 umfänglich begründet hat, führt die Antragstellerin ihr Begehren fort und macht sie die Verletzung zahlreicher nach ihrer Auffassung nachbarschützender Normen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts geltend.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Mit ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügend dargelegt, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in ihrer tragenden Begründung ernstlichen rechtlichen Bedenken unterliegt. Denn sie rügt mit Recht, das Verwaltungsgericht sei im Rahmen seiner Erwägungen zur Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin unzutreffend von der Annahme ausgegangen, die der Beigeladenen für ihr Bauvorhaben erteilten Befreiungen seien mit den Grundzügen der Planung des Bebauungsplans Hamburg-Altstadt 7 (Gesetz vom 18. Juni 1963, HmbGVBl. S. 85) vereinbar, und das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass bei einer objektiv rechtswidrig erteilten Befreiung im Rahmen des Rücksichtnahmegebots den Interessen des durch die Neubebauung beeinträchtigten Grundstücksnachbarn ein größeres Gewicht als bei einer den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechenden Bebauung zukomme (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.10.1989, BVerwGE 82, 343 ff.; OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73, 74). Dahinstehen kann dabei, ob ein Verstoß gegen die Grundzüge der Planung bereits hinsichtlich der Befreiung von der festgesetzten Zahl der Vollgeschosse vorliegt, für die § 2 Nr. 2 des Gesetzes über den Bebauungsplan ausdrücklich festlegt, dass die im Plan festgesetzte Zahl der Vollgeschosse einzuhalten ist und Ausnahmen nur zugelassen werden können, wenn die im Plan festgesetzten Grundflächen- und Geschossflächenzahlen nicht überschritten werden. Die Grundzüge der Planung sind jedenfalls nicht gewahrt, weil dieses Maß der auf dem Baugrundstück zugelassenen Bebauung offensichtlich weit überschritten wird. Denn nach § 2 Nr. 1 des Gesetzes über den Bebauungsplan in Verbindung mit § 17 Abs. 1 BauNVO 1962 darf die Grundflächenzahl maximal 0,6 und die Geschossflächenzahl maximal 2,0 betragen. Insbesondere mit der durch den Ergänzungsbescheid vom 29. Januar 2009 erteilten Befreiung für das Überschreiten der zulässigen Geschossflächenzahl um 4,15 auf 6,15 - und damit auf mehr als das Dreifache der im Bebauungsplan festgesetzten größten zulässigen Geschossfläche - werden die Grundzüge der Planung nicht eingehalten. Mit dem Bebauungsplan sollte keine wesentliche Erweiterung der Bebauung gegenüber dem vorhandenen Bebauungsbestand ermöglicht werden (vgl. Planbegründung III. letzter Absatz, Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Nr. 88 v. 14.5.1963, S. 2). Die den Höchstwerten nach der BauNVO 1962 entsprechende Geschossflächenzahl von 2,0 wurde unter Bezug auf die nach dem Aufbauplan der Antragsgegnerin (als übergeordnete Planung) für Gebiete mit Arbeitsstätten vorgesehene höchstzulässige Geschossflächenzahl von 2,0 festgesetzt (vgl. Absatz 2 der Antragsbegründung des Senats gegenüber der Bürgerschaft, a.a.O., S. 1). In ihrer Gesamtheit lassen die der Beigeladenen erteilten Befreiungen von der festgesetzten Zahl der Vollgeschosse, der Grundflächen- und der Geschossflächenzahl die Festsetzungen in § 2 Nr. 1 und 2 des Gesetzes und die zugehörigen grundlegenden Erwägungen des Gesetzgebers unberücksichtigt. Eine mit den Grundzügen der Planung zu vereinbarende Befreiung kommt jedoch nur in Betracht, wenn von Festsetzungen abgewichen wird, die das jeweilige Planungskonzept nicht tragen oder die für die Verwirklichung der Konzeption nicht ins Gewicht fallen, so dass die im Bebauungsplan zum Ausdruck kommende Konzeption der städtebaulichen Ordnung in ihrem grundsätzlichen Charakter unangetastet bleibt (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 9.3.1990, NVwZ 1990, 873, 874).
Da es sich bei den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Gunsten der Antragstellerin um die das Ergebnis der Entscheidung unmittelbar tragende Begründung handelt, ist das Beschwerdegericht aufgrund der zunächst berechtigten Einwände der Antragsstellerin berechtigt und verpflichtet, das streitige Begehren auf vorläufigen Rechtsschutz ohne Bindung an die mit der Beschwerde dargelegten Gründe umfassend zu prüfen. Diese Prüfung ergibt allerdings, dass eine Änderung des Ergebnisses der angegriffenen Entscheidung nicht gerechtfertigt ist.
Die angegriffene Baugenehmigung wird subjektive öffentliche Rechte der Antragstellerin, auf deren Verletzung es für den Erfolg ihres Begehrens allein ankommt, aller Voraussicht nach nicht verletzen. Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung genießt das durch § 212 a Abs. 1 BauGB zum Ausdruck gebrachte Interesse des Beigeladenen und der Antragstellerin an der Möglichkeit, das Bauvorhaben zu verwirklichen, bevor endgültig über die Rechtsbehelfe der Antragstellerin entschieden ist, in dieser Situation den Vorrang gegenüber dem Interesse der Antragstellerin zu verhindern, dass ihr vor einer Entscheidung über ihre Rechtsbehelfe durch die Ausnutzung der Baugenehmigung Rechtsnachteile entstehen, die möglicherweise nur schwer oder nicht wieder rückgängig zu machen sind.
2. Entgegen aller Rügen der Antragstellerin ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die streitige Baugenehmigung bauordnungsrechtlich voraussichtlich keine subjektiven öffentlichen Rechte der Antragstellerin verletzt.
a) Auch die aktuell geltende Hamburgische Bauordnung vom 14. Dezember 2005 (HmbGVBl. S. 525, 563) - im Folgenden: HBauO - vermittelt aufgrund des ausdrücklichen Willens des Gesetzgebers Nachbarn subjektive Rechte nur in den Grenzen des § 71 Abs. 2 HBauO (vgl. Amtliche Begründung zu § 71 Abs. 2 HBauO; Bü-Drs. 18/2549, wiedergegeben auch bei Alexejew/Niere, Hamburgische Bauordnung, 18. Aufl. 2006; Niere in: Alexejew/Niere, a.a.O. Einführung Ziff. 13). Alle weiteren Regelungen der Bauordnung vermitteln Nachbarn - anders als in zahlreichen anderen Bundesländern - keinen Nachbarschutz. Soweit sich die Antragstellerin auf eine Nichtbeachtung von Abstandsvorschriften der §§ 6 und 7 HBauO beruft, scheidet eine Verletzung subjektiver Rechte deshalb aus.
Zwar wird der Mindestabstand des § 71 Abs. 2 Nr. 1 HBauO von 2,50 m durch das Bauvorhaben an der Grenze zwischen den Häusern G.-Straße 20 und 21 nicht (bzw. in den Obergeschossen teilweise nicht) eingehalten. Die Regelung des § 71 Abs. 2 HBauO findet jedoch nur Anwendung, wenn nach § 6 Abs. 5 HBauO eine Abstandsfläche an der Grundstücksgrenze einzuhalten ist. Dies ist nach § 6 Abs. 1 HBauO nicht der Fall, wenn - wie hier - nach planungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften an der Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Denn der Bebauungsplan Hamburg-Altstadt 7 setzt für den gesamten Baublock der streitbefangenen Grundstücke eine geschlossene Bebauung fest, so dass die zu errichtenden Gebäude nach § 22 Abs. 3 BauNVO ohne seitlichen Grenzabstand zu errichten sind, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung planungsrechtlich eine Abweichung erfordert.
b) Anderes gilt nicht hinsichtlich der in den Jahren 1950 und 1955 begründeten Hofgemeinschaften gemäß § 11 Abs. 2 Baupolizeiverordnung für die Freie und Hansestadt Hamburg vom 8. Juni 1938 - im Folgenden: BPVO - zwischen den Rechtsvorgängern der Antragstellerin und der Beigeladenen, auf die die Antragstellerin ihre Argumentation im Beschwerdeverfahren weithin stützt.
Die zwischen den Beteiligten erstinstanzlich streitigen Fragen zur wirksamen Begründung und zum Fortbestehen der Hofgemeinschaften sind für die Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin voraussichtlich ohne rechtliche Bedeutung. Denn auch wenn das Beschwerdegericht zu Gunsten der Antragstellerin unterstellt, dass die Hofgemeinschaften formell bisher nicht aufgehoben sind und auch nicht in anderer Weise obsolet geworden sein mögen, vermitteln sie der Antragstellerin als solche kein subjektives öffentliches Recht, das der Zulassung einer Bebauung im räumlichen Geltungsbereich der Hofgemeinschaft seitens der Antragsgegnerin entgegensteht.
Der Baupolizeiverordnung von 1938 war die Begründung subjektiver Nachbarrechte mit Ausnahme von § 36 Abs. 2 bis 4 BPVO fremd (zum fehlenden Nachbarschutz der bauordnungsrechtlichen Vorschriften vgl. z.B. OVG Hamburg, Urt. v. 9.4.1959, DVBl. 1959, 822 f.; amtl. Begründung zu § 86 HBauO 1969, Bü-Drs. VI/1258; Hambeck/Alexejew, Hamburgische Bauordnung, 1970, Einführung S. XXXII; zum Nachbarschutz der bauplanungsrechtlichen Regelungen vgl. zuletzt z.B. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.4.2009, 2 Bs 40/09, ZfBR 2009, 476 ff.; Beschl. v. 6.6.2007, 2 Bs 97/07). Anderes galt auch nicht für Verhältnisse in bauordnungsrechtlichen Hofgemeinschaften. Zwar war für die Begründung einer Hofgemeinschaft das Einverständnis der beteiligten Grundeigentümer erforderlich. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass dem durch eine Hofgemeinschaft begünstigten Eigentümer, zu dessen Gunsten sich - wie hier - etwa eine bauordnungsrechtliche Abstandsfläche auf ein Nachbargrundstück erstrecken sollte, gegenüber der zuständigen Behörde ein subjektiver Rechtsanspruch vermittelt wurde, dass diese ohne seine Zustimmung gegenüber dem belasteten Nachbarn zwingend und dauerhaft an der Genehmigung eines Bauvorhabens im Geltungsbereich der Hofgemeinschaft gehindert war. Es entsprach dem Verständnis des Verordnungsgebers, dass die zuständige Bauaufsichtsbehörde im Rahmen der gesetzlichen Regelungen über die Frage der bauordnungsrechtlichen Zulassung eines Bauvorhabens allein im öffentlichen Interesse entschied und die Berücksichtigung nachbarlicher Interessen nur in diesem Rahmen erfolgte.
Dass weitergehende subjektive Rechte des Begünstigten nicht begründet wurden, zeigt sich nicht zuletzt am Rechtsinstitut der Baulast, die mit Schaffung der HBauO 1969 die Hofgemeinschaft ablöste. § 112 Abs. 3 HBauO 1969 knüpfte die Aufhebung einer Baulast nicht an die zwingende Zustimmung des durch sie Begünstigten. Vielmehr konnte die Bauaufsichtsbehörde nach § 112 Abs. 3 HBauO 1969 bzw. kann sie nunmehr nach § 79 Abs. 3 HBauO auch eine Baulast nach Anhörung, aber ohne Zustimmung des Begünstigten aufheben, wenn ein öffentliches Interesse am Fortbestand nicht (mehr) besteht. Dies stand und steht in Einklang mit dem gesetzgeberischen Willen, bauordnungsrechtlichen Regelungen nur in sehr begrenztem Umfang nachbarschützende Wirkungen zuzumessen.
3. Aus den Festsetzungen des Bebauungsplans Hamburg-Altstadt 7 kann die Antragstellerin ebenfalls keine Verletzung eigener subjektiver Rechte herleiten.
a) Zunächst ist in keiner Weise erkennbar, dass der Plangeber den Planbetroffenen gegenüber über die bundesrechtlichen bauplanungsrechtlichen Vorschriften, die Nachbarn subjektive öffentliche Rechte vermitteln, hinausgehend Rechte begründet hat. Die Festsetzungen in § 2 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über den Bebauungsplan, deren Begründung und die Art und Weise der Festsetzungen geben keinerlei Hinweise auf eine entsprechende Absicht (vgl. auch zur fehlenden Absicht des Gesetzgebers, OVG Hamburg, Beschl. v. 15.4.2009, 2 Bs 40/09, in juris; Beschl. v. 6.6.2007, 2 Bs 97/07).
b) Soweit die Antragstellerin einen Verstoß des Vorhabens gegen § 2 Nr. 3 des Gesetzes geltend macht, werden subjektive Rechte der Antragstellerin ebenfalls nicht verletzt. Dabei kann offen bleiben, ob diese Regelung, die voraussichtlich bauordnungsrechtlicher Natur sein dürfte, vom Gesetzgeber (auch) zum Schutz der Nachbarn vor einer zu dichten Bebauung in rückwärtigen Grundstücksbereichen benachbarter Grundstücke in das Gesetz aufgenommen worden ist. Dies ist nicht von vornherein auszuschließen, da der Plangeber vor allem in anderen Teilen des Plangebiets eine insoweit problematische Grundstücksstruktur mit schmalen und tiefen Grundstücken vorgefunden hatte, zu deren Bewältigung die Vorschrift möglicherweise dienen sollte. Von den Anforderungen dieser Vorschrift weicht die Baugenehmigung im Ergebnis nicht ab.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin folgt aus dieser Vorschrift zum einen nicht, dass vor (i.S. von gegenüber) Fenstern mindestens ein Raum in Höhe der Wandhöhe unbebaut bleiben muss, der insgesamt der Summe der Wandhöhen jener Geschosse entspricht, die über Fenster verfügen. Für eine derartige Ergänzung bzw. Korrektur der bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften bestand kein erkennbarer Anlass. Aus der Forderung, dass nicht nur senkrecht vor Fenstern ein Raum im Mindestumfang der Höhe der Wand unbebaut bleiben muss, sondern dies zugleich auch in der Breite vor dem jeweiligen Fenster erforderlich ist, ergibt sich unmittelbar, dass dieser Mindestabstand stets nur auf das jeweilige Geschoss bezogen ist. Die Regelung trifft somit eine Regelung, die vornehmlich die Mindestgröße von kleinen Lichthöfen bestimmt.
Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen diese Maßanforderungen jedenfalls vor dem nordöstlichsten Fenster jedes Obergeschosses in der ihm gegenüberliegenden Seitenwand des Gebäudes der Antragstellerin nicht erfüllt. Das der Beigeladenen genehmigte Gebäude wird in diesem Bereich lediglich einen Abstand von maximal ca. 2,5 m zum Gebäude der Antragstellerin einhalten, während die Wandhöhe in dessen Geschossen 3,2 m beträgt. Bei dem betroffenen Fenster (und seinen beiden Nachbarfenstern) handelt es sich jedoch nicht, wie nach § 2 Nr. 3 als Voraussetzung für den Mindestabstand festgelegt, um "notwendige Fenster" von "Aufenthaltsräumen".
Dies folgt aus der der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin für die aktuelle Bebauung erteilten Baugenehmigung vom 13. Oktober 1994. Nach der als Bestandteil der Baugenehmigung genehmigten Bauvorlage 258/19 (Gebäudeschnitt A-A) dienen die Fenster vom 1. bis zum 7. Obergeschosses lediglich der Belichtung eines Flures. Zugleich - und in Widerspruch hierzu - hat zwar die Antragsgegnerin auch die Bauvorlagen 258/64, 258/66, 258/68 und 258/70 mit den Grundrissen des 4. bis 7. Obergeschosses genehmigt, die in diesem aufgrund der Genehmigung neu errichteten Bauteil einen nicht abgeteilten Büroraum mit offenem Durchgang vorsehen, während die genehmigten Grundrisse des 1. bis 3. Obergeschosses in Übereinstimmung mit der Bauvorlage 258/19 entlang der streitigen Fassade einen Flur enthalten (Bauvorlagen 258/58, 258/60, 258/62). Selbst wenn das Beschwerdegericht jedoch insoweit zu Gunsten der Antragstellerin unterstellt, dass nach der Genehmigungslage im 4. bis 7. OG eine umfassende Nutzung des hinter den streitigen Fenstern liegenden Raums als Büroraum zulässig ist, handelt es sich insoweit nicht um notwendige Fenster eines Aufenthaltsraums. Denn um notwendige Fenster handelt es sich nur, wenn sie der Sicherung der bauordnungsrechtlich ausreichenden Belichtung eines Aufenthaltsraums i.S.v. § 44 Abs. 2 HBauO (bzw. zum Zeitpunkt der Erteilung jener Baugenehmigung des inhaltsgleichen § 44 Abs. 2 HBauO 1987) dienen. Die ausreichende Belichtung der betroffenen Büroräume im vorgeschriebenen Umfang von 1/8 der Nettogrundfläche des jeweiligen Raumes wird durch die auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes vorhandenen Fenster ausreichend sichergestellt. Nach den Vermaßungen der genehmigten Bauvorlagen verfügen die jeweiligen Räume über eine Grundfläche von ca. 114 m². Zur Belichtung sind auf der anderen Raumseite jeweils 6 im Rohbaumaß 2,32 m breite und 1,95 m hohe Fenster vorhanden. Deren Fläche von 27,1 m² überschreitet die nach § 44 Abs. 2 HBauO erforderliche Mindestfläche von 14,25 m² deutlich, so dass es bauordnungsrechtlich der dem Grundstück der Beigeladenen zugekehrten drei Fenster jeweils nicht bedarf und sie damit keine "notwendigen Fenster" sind.
Hinsichtlich der weiter südwestlich gelegenen Fenster in der dort grenzständigen Außenwand des Gebäudes der Antragstellerin handelt es sich zwar - jedenfalls überwiegend - um notwendige Fenster von Aufenthaltsräumen. Da das genehmigte Gebäude der Beigeladenen insoweit einen Abstand von jedenfalls ca. 13 m vor diesen Fenstern einhält, ist § 2 Nr. 3 des Gesetzes über den Bebauungsplan nach den vorangegangenen Ausführungen zur Reichweite der Vorschrift nicht betroffen.
4. Soweit sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung auf nach ihrer Auffassung weiterhin geltende und Nachbarschutz vermittelnde Vorschriften der hamburgischen Baupolizeiverordnung und Festsetzungen des zugehörigen früheren Baustufenplans beruft, sind diese Erwägungen bereits im Ansatz unzutreffend.
Für das Verhältnis eines neu zu errichtenden Gebäudes zum vorhandenen Gebäude der Antragstellerin gelten ungeachtet des für ihr Gebäude ggf. bestehenden Bestandsschutzes die zum Zeitpunkt der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung geltenden bauordnungsrechtlichen und bauplanungsrechtlichen Vorschriften.
Ungeachtet der Frage des Nachbarschutzes gilt seit Inkrafttreten des Bebauungsplans Hamburg-Altstadt 7 der zuvor bestehende Baustufenplan im Plangebiet nicht mehr. Dementsprechend gelten auch die planungsrechtlichen Vorschriften der hamburgischen Baupolizeiverordnung von 1938 im Plangebiet nicht fort. Für die Auslegung und Anwendung des Bebauungsplans Hamburg-Altstadt 7 findet nach § 25 BauNVO 1962 ausschließlich die Baunutzungsverordnung in ihrer seit 1. August 1963 geltenden Fassung Anwendung, weil der Entwurf des Bebauungsplans erst nach deren Inkrafttreten aufgrund der Bekanntmachung vom 22. November 1962 (Amtl.Anz. 1962, S. 1135 - vgl. auch S. 2 der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Nr. 88 vom 14.5.1963) öffentlich ausgelegen hat.
Wenn in § 2 Nr. 6 des Gesetzes zum Bebauungsplan ausgeführt ist, soweit der Bebauungsplan keine besonderen Bestimmungen treffe, würden die Baunutzungsverordnung und die Baupolizeiverordnung für die Freie und Hansestadt vom 8. Juni 1938 gelten, vermag dies nicht zur pauschalen ergänzenden Fortgeltung von planungsrechtlichen Regelungen der Baupolizeiverordnung zu führen, da insoweit eine bundesrechtliche abschließende Regelung besteht (vgl. z.B. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 25 Rn. 5). Wie sich aus dem ergänzenden Verweis in § 2 Nr. 6 des Gesetzes, insbesondere finde § 33 BPVO für Gebäude mit mehr als vier Vollgeschossen Anwendung, ergibt, war die Verweisung auf die Baupolizeiverordnung vermutlich nur auf deren bauordnungsrechtliche Regelungen bezogen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Bebauungsplans weiterhin galten. Hinsichtlich dieser stellt die Regelung das Vorrangverhältnis der Vorschriften des Bebauungsplans klar. Die bauordnungsrechtlichen Regelungen der BPVO sind jedoch nach § 117 Abs. 1 Nr. 23 der Hamburgischen Bauordnung vom 10. Dezember 1969 (HmbGVBl. S. 249) außer Kraft getreten.
5. Bundesrechtlich begründete subjektive öffentliche Rechte der Antragstellerin werden durch die Baugenehmigung voraussichtlich ebenfalls nicht verletzt.
a) Der bundesrechtliche nachbarschützende Gebietserhaltungsanspruch hinsichtlich der Art der Nutzung wird durch die streitige Baugenehmigung entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht berührt. Dieser bezieht sich nur auf die Art der Nutzung i.S.d. Regelungen der §§ 2 bis 14 BauNVO 1962. Von der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung "Kerngebiet" gemäß § 7 BauNVO 1962 wird mit dem genehmigten Vorhaben nicht abgewichen.
b) Die Festsetzungen und Vorschriften über das Maß der zulässigen Bebauung gemäß §§ 17 bis 20 BauNVO 1962, hinsichtlich derer die Antragsgegnerin Befreiungen erheblichen Umfangs erteilt hat, vermitteln Nachbarn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 23.6.1995, BRS 57 Nr. 209; Beschl. v. 19.10.1995, BRS 57 Nr. 219), der das Beschwerdegericht folgt (zuletzt Urt. v. 14.7.2008, 2 Bf 277/03, in juris; Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73), selbst keine subjektiven Rechte.
c) Auch aus der Regelung des § 22 Abs. 3 BauNVO zur Festsetzung der geschlossenen Bauweise, von der trotz entsprechender Festsetzung im Bebauungsplan, kraft Bundesrechts Abweichungen in Betracht kommen, wenn dies die vorhandene Bebauung auf dem Nachbargrundstück erfordert, folgt unmittelbar kein Nachbarschutz für die Antragstellerin (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.1.1995, NVwZ-RR 1995, 310, 311; Fickert/Fieseler, a.a.O., § 22 Rn. 9.1 und 2).
Allerdings würde der Anspruch der Antragstellerin aus § 71 Abs. 2 HBauO auf Einhaltung eines Mindestabstands von 2,50 m von der Grundstücksgrenze nicht bundesrechtlich durch § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 verdrängt, wenn die Festsetzung der geschlossenen Bauweise im Bebauungsplan die mit der Genehmigung zugelassene Tiefe der geschlossenen Bauweise des Vorhabens der Beigeladenen per se nicht zuließe. Dies ist voraussichtlich allerdings nicht der Fall.
Da der Bebauungsplan für die Bebauung der Baublöcke keine rückwärtige Baugrenze oder Baulinie gemäß § 23 BauNVO 1962 festsetzt, ist die rückwärtige Tiefe der Grenzbebebauung planerisch nicht beschränkt und kann grundsätzlich die gesamte Tiefe des Grundstücks G.-Straße 21(Flurstück C) erfassen. Dem steht nicht entgegen, dass § 2 Nr. 1 des Gesetzes über den Bebauungsplan i.V.m. § 17 Abs. 1 BauNVO 1962 eine Grundflächenzahl von 0,6 festsetzt, die (ohne Befreiung) eine vollständige grenzständige Bebauung des Grundstücks nicht zulässt. Aus dem Maß der zulässigen Bebauung kann nicht auf eine rückwärtige Baugrenze des Grundstücks geschlossen werden (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 23 Rn. 1.1), wie auch hier auf der dem Grundstück G.-Straße 19 zugekehrten Grundstücksseite keine bis an die rückwärtige Grenze des Flurstücks C heranreichende Grenzbebauung vorgesehen ist. Nach § 30 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben insoweit grundsätzlich zulässig, das den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht.
Nichts Anderes gilt, soweit die grenzständige Bebauung zum Grundstück der Antragstellerin noch um ca. 1,6 m über die rückwärtige Grundstücksgrenze des Flurstücks C in das Flurstück B der Beigeladenen hineinführt. Der auch § 22 BauNVO zugrundeliegende planungsrechtliche Begriff des Baugrundstücks ist nicht zwingend auf ein Buchgrundstück beschränkt, wenn auf mehreren zusammenhängenden Buchgrundstücken desselben Eigentümers ein einheitliches Bauvorhaben errichtet wird (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 19 Rn. 2, 3; § 22 Rn. 1).
Der Umstand, dass der Plangeber von der Festsetzung einer rückwärtigen Baugrenze für die straßenparallele Bebauung trotz der festgesetzten vorderen Baulinie gänzlich abgesehen hat, führt auch nicht dazu, dass dem streitigen Plan etwa die Qualität eines Bebauungsplans gemäß § 30 Abs. 1 BauGB fehlt und gemäß § 30 Abs. 3 BauGB ergänzend auf § 34 BauGB und darauf abzustellen wäre, ob sich die geschlossene Bebauung in ihrer Tiefe in die Umgebungsbebauung ohne Begründung einer bodenrechtlichen Spannung einfügt. Bei Plänen, die unter Geltung des BBauG/BauGB erlassen worden sind, ist - ohne hier fehlende Anhaltspunkte im Einzelfall - grundsätzlich davon auszugehen, dass die Festesetzungen von Baulinien und Baugrenzen abschließend sind, auch wenn sie überbaubare Flächen nicht nach allen Seiten begrenzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.1.1968, BVerwGE 29, 49, 51; Fickert/Fieseler, a.a.O., § 23 Rn. 10).
d) Bauplanungsrechtlich sind subjektive Rechte der Antragstellerin vielmehr nur dann verletzt, wenn das genehmigte Vorhaben hinsichtlich der Grenzbebauung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 sowie hinsichtlich der erteilten Befreiungen zum Maß der Bebauungen nach § 31 Abs. 2 BauGB zu Lasten der Antragstellerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies wird voraussichtlich nicht der Fall sein.
aa) Hinsichtlich der zugelassenen Grenzbebauung auf der Grundstücksgrenze zwischen den dem G.-Straße zugekehrten Gebäudeteilen der Beteiligten wird die Antragstellerin jedenfalls nicht in einer mit dem Rücksichtnahmegebot nicht mehr zu vereinbarenden Weise vom streitigen Bauvorhaben nachteilig betroffen. Das Rücksichtnahmegebot beinhaltet nicht, jede Beeinträchtigung eines Nachbarn zu vermeiden. Ein Nachbar kann lediglich solche Nutzungsstörungen abwehren, die als rücksichtslos zu werten sind. Davon kann erst die Rede sein, wenn die mit dem genehmigten Bauvorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks bei einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit der Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, billigerweise unzumutbar erscheint (vgl. BVerwG , Urt. v. 5.8.1983, BVerwGE 67, 334; OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73 f. m.w.N.).
Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot scheidet dabei aus, wenn nach § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 die vorhandene Bebauung eine Abweichung von der geschlossenen Bebauung planungsrechtlich nicht "erfordert", sondern eine Abweichung allenfalls zulassen oder rechtfertigen würde (vgl. z.B. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 22 Rn. 9.1 m.w.N.). Rein städtebauliche Erwägungen zur Gestaltung der Bebauung, die in Frage stehen könnten, finden hierbei in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot keine Berücksichtigung. Maßgeblich sind für zu berücksichtigende, rechtlich geschützte Interessen des Nachbarn nur die Schutzgüter, die durch eine über die vorhandene Nachbarbebauung hinausgreifende Grenzbebauung auf dessen Grundstück beeinträchtigt wären.
Nach den von der Antragstellerin geltend gemachten Beeinträchtigungen ist lediglich die unmittelbare Beeinträchtigung der Belichtung jeweils eines Fensters im 1. bis 7. Obergeschoss zu erwarten, das der Abschlusswand, wie ausgeführt, im Abstand von lediglich ca. 2,5 m gegenüber liegt. Andere Belange der Antragstellerin von Gewicht sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere für die rückwärtige Zugänglichkeit dieses Bereiches im Brandfall oder für Unterhaltungsarbeiten am Gebäude. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch das Grundstück der Antragstellerin im Erdgeschoss im streitigen Bereich durchgehend grenzständig bebaut ist und die ab dem 1. Obergeschoss um ca. 2,1 bis 2,5 m von der Grenze zurückgesetzte Fassade bereits bisher nur über das Dach des Erdgeschosses und diesem vorgelagerte eingeschossige Bauten auf dem Grundstück der Beigeladenen zugänglich war. Eine derartige eingeschränkte Zugänglichkeit bleibt erhalten, da die Grenzbebauung des Beigeladenen auch zukünftig nicht zu einem allseits umschlossenen Lichthof führt. Zusätzliche vom Gebäude der Beigeladenen im Rahmen der Grenzbebauung entstehende Gefahren sind nicht ersichtlich.
Die Beeinträchtigung jeweils eines Fensters pro Geschoss erfordert keine Abweichung von der geschlossenen Bebauung, da es sich insoweit, wie ausgeführt, nicht um notwendige Fenster des Gebäudes der Antragstellerin handelt und die Antragstellerin durch das geringe Ausmaß der Überdeckung keinen zwingenden Anlass hat, die Fenster zu verschließen (zum fehlenden "Erfordern" bei nicht notwendigen Fenstern vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.1.1997, BRS 59 Nr. 74; BayVGH, Urt. v. 20.5.1985, BRS 44, Nr. 104; Fickert/Fieseler, a.a.O., § 22 Rn. 9.2). Vielmehr ist in den unteren, tendenziell stärker belasteten 1. bis 3. Obergeschosse ohnehin nur ein Flur genehmigt, der baurechtlich keiner natürlichen Belichtung bedarf. Ferner ist die von § 2 Nr. 3 des Plangesetzes verfolgte Zielsetzung einer Mindestbelichtung von kleinen Innenhöfen zugekehrten Räumen für die Gesamtheit der drei jeweils eng beieinander liegenden Fenster im 4. bis 7. Obergeschoss mehr als gewahrt, da bei zweien der drei Fenster weiterhin ein Abstand von mehr als 5 m zur Gebäudewand des Vorhabens der Beigeladenen verbleibt.
bb) Die Grenzsituation zwischen den Grundstücken R.-Straße 6 und R.-Straße 8 erfordert ebenfalls keine planungsrechtliche Abweichung von der geschlossenen Bauweise nach § 22 Abs. 3 BauNVO. Zwar verfügt das der Beigeladenen genehmigte Gebäude (einschließlich der Balkone im 2. bis 7. Obergeschoss) über eine um ca. 3 m größere Gebäudetiefe als das benachbarte Gebäude der Antragstellerin und soll im Erdgeschoss auf voller Länge der Grundstücksgrenze eine grenzständige Bebauung erfolgen. Die vorhandene Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin erfordert jedoch keine Abweichung von der geschlossenen Bebauung im rückwärtigen Grundstücksbereich. Gegen die Bebauung auf der Erdgeschossebene erhebt die Antragstellerin selbst keine Einwände, obwohl das Gebäude auf ihrem Grundstück einen Grenzabstand einhält, soweit dieses als Eckgebäude zugleich eine Gebäudefront zur B.-Straße aufweist und die Grundstücksgrenze für sie insoweit auch eine rückwärtige Grundstücksgrenze darstellt. Der zukünftige teilweise einseitige Grenzbau auf dem Grundstück der Beigeladenen im Bereich der Obergeschosse hat für die Bebauung der Antragstellerin angesichts seines geringen Umfangs keine negativen Auswirkungen von Gewicht.
cc) Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Antragstellerin scheidet im Ergebnis auch aus, soweit die Antragsgegnerin weitreichende Befreiungen von dem nach dem Bebauungsplan höchstzulässigen Maß der Bebauung erteilt hat. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Interessen des Bauherrn im Rahmen der Abwägung unter Berücksichtigung der Interessenbewertung des § 31 Abs. 2 BauGB tendenziell ein geringeres Gewicht haben als bei der Beurteilung einer plankonformen Bebauung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.8.1983, BVerwGE 67, 334; OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73, 74). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot besteht auch dann nicht allein deshalb, weil die Tatbestandsvoraussetzungen einer rechtmäßigen Befreiung nicht erfüllt sind. Maßgeblich ist auch in derartigen Fällen stets, inwieweit das genehmigte Bauvorhaben zu tatsächlichen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des benachbarten Grundstücks führt. Beeinträchtigungen von Gewicht, die nicht auch bei einer plangemäßen Bebauung typischerweise eintreten würden, sind insoweit entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht ersichtlich.
Die Befreiung von der festgesetzten Zahl von 5 Vollgeschossen und die Zulassung eines zum Blockinnenbereich durchgängig achtgeschossigen Gebäudes führt nicht zu einer gewichtigen, nicht hinzunehmenden Beeinträchtigung der Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin. Die nach § 6 Abs. 5 HBauO erforderlichen Abstandsflächen werden von dem genehmigten Gebäude sowohl durch den parallel zur R.-Straße errichteten Teil des Gebäudes als auch durch den im Blockinnern errichteten Gebäuderiegel in Bezug auf die Bebauung entlang der B.-Straße auf dem eigenen Grundstück der Beigeladenen eingehalten. Bei einer Gebäudehöhe von ca. 28 m beträgt die (seit 2006) nach § 6 Abs. 5 HBauO auf dem eigenen Grundstück einzuhaltende Abstandsfläche von 0,4 H 11,2 m. Die rückwärtige Fassade des an der R.-Straße liegenden Gebäudeteils weist im 1. bis 7. Obergeschoss zur rückwärtigen Grundstücksgrenze einen Abstand von jedenfalls ca. 12,8 m auf, zwischen der rückwärtigen Fassade des im Blockinnern errichteten Gebäudeteils und der gegenüberliegenden Grundstücksgrenze zur B.-Straße beträgt der Abstand jedenfalls ca. 14,8 m. Da der Bebauungsplan keine Festsetzungen zur maximalen Gebäudehöhe und zu Dachformen enthält, weicht die absolute Höhe des Neubaus auch nicht entscheidend von einem die Zahl der Vollgeschosse weitestgehend einhaltenden, mit einem Satteldach versehenen Gebäude ab, wie dies bei dem Gebäude der Antragstellerin entlang der R.-Straße , B.-Straße und F.-Straße der Fall ist. Dass die Grundfläche des Grundstücks der Beigeladenen unter Abweichung vom Bebauungsplan vollständig bebaut ist, moniert die Antragstellerin selbst nicht als rücksichtslos. Die Verschattung der grenzständigen Fassade des Gebäudes der Antragstellerin durch den straßenparallelen Teil des Neubaus überschreitet nicht das in einem dicht bebauten Innenstadtbereich hinzunehmende Maß (vgl. auch OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73, 74).
Rücksichtslos wird die Bebauung auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht dadurch, dass die Neubebauung entlang der R.-Straße für die gegenüberliegende Grenzbebauung des Grundstücks der Antragstellerin der Anforderung des § 6 Abs. 3 HBauO nicht genügt, wonach sich Abstandsflächen einander gegenüberliegender Fronten nicht überdecken dürfen. Diesem Umstand konnte bereits in der Vergangenheit bei einer Beibehaltung der Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin nicht Rechnung getragen werden. Sie wird aber auch von der Bebauung auf dem eigenen Grundstück im Verhältnis zu ihrem Gebäude R.-Straße 8 nicht eingehalten. Die Antragstellerin kann von einem benachbarten Grundstückseigentümer nicht mehr Abstand als Ausfluss nachbarlicher Rücksichtnahme verlangen als sie selbst bei der Bebauung auf dem eigenen Grundstück einhält.
Eine nachteilige Veränderung, der unter Berücksichtigung der nachbarlichen Verhältnisse wesentliches Gewicht zukommt, tritt für die Antragstellerin schließlich nicht dadurch ein, dass das genehmigte Gebäude in seinem Mittelteil auf etwa 7 m unmittelbar an der gemeinsamen Grenze und auf weiteren ca. 9 m ab dem 1. Obergeschoss lediglich in einem Abstand von nur 2,50 m zum Grundstück der Beigeladenen errichtet werden darf. Soweit das Gebäude als Grenzbau errichtet worden und als Teil der straßenparallelen Randbebauung der G.-Straße anzusehen ist, ergibt sich bereits aus den vorangegangen Ausführungen, dass ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht vorliegt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen das Maß der zugelassenen Bebauung erheblich übersteigt. Denn auch bei einem hinsichtlich des Maßes der Bebauung weitestgehend plangemäßen Gebäude hätte die Beigeladene einen entsprechenden Grenzbau errichten dürfen. Der anschließende, nach Südosten abknickende Teil des Gebäudes dürfte nach seiner gesamten Gestaltung - auch im Verhältnis zum Nachbargrundstück G.-Straße 19 - mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zwar nicht mehr als Teil der straßenparallelen Randbebauung der G.-Straße angesehen werden können. Auch wenn das Beschwerdegericht zu Gunsten der Antragstellerin jedoch insoweit unterstellt, dass die erteilten bauplanungsrechtlichen Befreiungen den Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB widersprechen und es zudem - weiterhin - an einer dann erforderlichen bauordnungsrechtlichen Abweichung gemäß § 69 Abs. 1 HBauO von der erforderlichen Abstandsfläche des § 6 Abs. 5 HBauO fehlen dürfte, liegt in der Sache kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor. Denn die von der Antragstellerin als rücksichtslos geltend gemachten Nachteile für die Bebauung ihres Grundstücks beruhen auch insoweit im Wesentlichen darauf, dass sie entweder selbst mit ihrem Gebäudekomplex in diesem Bereich die bauplanungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Anforderungen mit Teilen ihres entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze verlaufenden Gebäuderiegels nicht einhält oder § 2 Nr. 3 des Gesetzes über den Bebauungsplans die Nachteile jedenfalls nicht als rücksichtslos erscheinen lässt.
Bei der Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin, die dem problematischen Mittelteil des Vorhabens der Beigeladenen gegenüberliegt, handelt es sich jedenfalls im Bereich des 3. bis 7. Obergeschosses um einen Neubau, der von ihrer Rechtsvorgängerin erst aufgrund einer Baugenehmigung aus dem Jahre 1994 neu errichtet worden ist und dem Bestandsschutz nicht unterfällt. Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Geschossfläche ihres Gebäudekomplexes habe sich im Zuge jener Baumaßnahmen aufgrund vorgenommener Entkernungen in seinem Innenbereich nicht nennenswert erweitert und die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe seinerzeit dem grenznahen Erweiterungsbau zugestimmt, ändert dies hieran nichts. Dabei kann dahinstehen, ob die Veränderungen in der Baumasse planungsrechtlich vom Gesichtspunkt des Bestandsschutzes noch gedeckt waren.
Wenn sich die Bebauung im 1994/96 aufgestockten Bereich nach Anordnung und Funktion der Gebäudeteile noch als Bestandteil der straßenparallelen Randbebauung der G.-Straße darstellen sollte, hätte auch in den Obergeschossen - und nicht nur im Erdgeschoss - planungsrechtlich an der Grenze gebaut werden müssen und wären Fenster in der seitlichen Gebäudeabschlusswand, deren zukünftig eingeschränkte Belichtung die Antragsstellerin als rücksichtslos ansieht, nicht zulässig. Wenn die Bebauung demgegenüber (nur) als rückwärtige Bebauung des an der F.-Straße gelegenen Gebäudeteils anzusehen sein sollte, hätte sie angesichts der Höhe des aufgestockten Gebäudeteils bei diesem gegenüber der Grundstücksgrenze grundsätzlich einen Grenzabstand einzuhalten gehabt, der deutlich über den vorhandenen Umfang von im Mittel ca. 2,5 m hinauszugehen hätte. Eine Erstreckung des Grenzabstands auf das Grundstück der Beigeladenen ist seinerzeit aber anscheinend nicht erfolgt und eine entsprechende Baulast ist nach allen aus den Akten ersichtlichen Umständen nicht begründet worden. Auf darauf beruhende Nachteile einer Neubebauung des Nachbargrundstücks kann sie sich deshalb nunmehr nicht berufen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73, 75). Die 1950 und 1955 begründeten Hofgemeinschaften haben im Genehmigungsverfahren für die Rechtsvorgänger der Beteiligten und die Antragsgegnerin keine Rolle gespielt und könnten eine fehlende Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen für die Aufstockung nicht sichern.
Sollten die Rechtsvorgänger der Beteiligten und die Antragsgegnerin bereits im Jahre 1994 davon ausgegangen sein, dass kein Fall der geschlossenen Bauweise vorliegt und es einer Einhaltung des vollen Grenzabstands im Falle einer Neubebauung auf den Grundstücken der Beigeladenen im Hinblick auf die Sondervorschrift in § 2 Nr. 3 des Gesetzes über den Bebauungsplan nicht bedürfe und deshalb der Einbau von Fenstern im streitigen Gebäudeteil der Antragstellerin genehmigt worden ist, fehlt es, wie bereits dargelegt, insoweit ebenfalls an einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.
6. Soweit sich die Antragstellerin auf eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG beruft, weil der Beigeladenen eine Überschreitung der planungsrechtlichen Festsetzungen in einem Umfang genehmigt worden sei, der ihrer Rechtsvorgängerin im Rahmen des Gebäudeumbaus in den Jahren 1994/96 trotz entsprechender Anträge unter Hinweis auf die planungsrechtlichen Vorgaben verweigert worden sei, ist insoweit keine Rechtsverletzung der Antragstellerin ersichtlich.
Sollte die Antragsgegnerin der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu Unrecht eine Befreiung von den planungsrechtlichen Vorgaben verweigert haben, wofür nichts Konkretes ersichtlich ist, hätte diese seinerzeit um Rechtsschutz nachsuchen können, und böte dieser Umstand im Übrigen keine rechtliche Grundlage, eine rechtmäßige Baugenehmigung der Antragsgegnerin zu Gunsten der Beigeladenen zu verhindern. Sind die der Beigeladenen erteilten planungsrechtlichen Befreiungen mit der objektiven Rechtslage nicht vereinbar, ergibt sich aus den Grundrechten der Antragstellerin kein Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung, weil die Antragsgegnerin der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin keine vergleichbare Befreiung erteilt hat. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt nicht nur kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht, sondern auch kein Anspruch auf Einhaltung der materiellen Rechtslage in anderen Rechtsbeziehungen ohne Rücksicht auf eigene Beeinträchtigungen. Eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG scheidet aus, weil das einfachrechtliche bundesrechtliche Nachbarrecht abseits der Grenzen einer enteignenden Wirkung eine verfassungskonforme Ausformung von Inhalt und Schranken des Eigentums darstellt (BVerwG, Urt. v. 26.9.1991, ZfBR 1992, 79, 82 f.; OVG Hamburg, Beschl. v. 8.1.2007, 2 Bs 332/06, in juris).
7. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO sowie hinsichtlich des Streitwerts aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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