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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.12.2008
Aktenzeichen: 3 AS 15/08
Rechtsgebiete: VwGO, BGB


Vorschriften:

VwGO § 22 Nr. 5
VwGO § 24
BGB §§ 1896 ff
Der nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 1896 ff BGB bestellte Betreuer von Volljährigen ist von der Berufung zum ehrenamtlichen Richter in der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht ausgeschlossen; er gehört nicht zu den Personen, die im Sinne von § 22 Nr. 5 VwGO "fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgen".
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

3 AS 15/08

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke und Kollak am 6. Dezember 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Hamburg, den ehrenamtlichen Richter Herr X gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 22 Nr. 5 VwGO von seinem Amt als ehrenamtlicher Richter bei dem Verwaltungsgericht Hamburg zu entbinden, wird abgelehnt.

Der Wahl von Herrn X zum ehrenamtlichen Richter hat der Hinderungsgrund in § 22 Nr. 5 VwGO, wonach Rechtsanwälte, Notare und Personen, die fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgen, nicht zu ehrenamtlichen Richtern berufen werden können, nicht entgegengestanden.

Herr X ist weder zugelassener Rechtsanwalt noch zugelassener Notar; dass er über eine Berufsausbildung als Jurist verfügt, hinderte seine Wahl nicht.

X gehört wegen seiner Tätigkeit als ein durch das Vormundschaftsgericht bestellter Betreuer von Volljährigen nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 1896 ff BGB auch nicht zu den Personen, die im Sinne des § 22 Nr. 5 VwGO "fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgen". § 22 Nr. 5 VwGO stellt mit dieser Formulierung auf die Merkmale einer rechtsberatenden und -besorgenden Tätigkeit ab, die nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 Rechtsberatungsgesetz (v. 13.12.1935, RGBl. I S. 1478 m.Änd. - RBerG) die Erlaubnispflicht begründet haben (vgl. zu dieser Bezugnahme BVerwG, Urt. v. 1.7.1968, DVBl. 1970, 283; Albers, MDR 1984, 888). Demgemäß sind von dem Amt eines ehrenamtlichen Richters jedenfalls die Personen ausgeschlossen, denen eine Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG erteilt worden ist. Zu ihnen gehört Herr X nicht. Das Rechtsberatungsgesetz hat auf der anderen Seite in §§ 3, 5 und 6 bestimmt, welche Fälle der Erledigung von Rechtsangelegenheiten von seinen Vorschriften nicht berührt werden. Soweit damit die Merkmale einer geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten konkretisiert sind, ist diese Wertung des Gesetzes auch bei der Auslegung von § 22 Nr. 5 VwGO zu beachten (in diesem Sinne auch Albers, a.a.O., S. 889 zu Art. 1 § 5 RBerG). Dies gilt für die in Art. 1 § 3 Nr. 5 RBerG aufgeführten Tätigkeiten als Zwangsverwalter, Insolvenzverwalter oder Nachlasspfleger und "sonstiger für ähnliche Aufgaben behördlich eingesetzter Personen"; zu letzteren gehört unter anderen auch der durch das Vormundschaftsgericht bestellte Betreuer von Volljährigen nach §§ 1896 ff BGB (Chemnitz/Johnik, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl. 2003, Rn. 435). Der Gesetzgeber sieht in diesen Fällen, in denen die Rechtsmacht zur Vertretung und Wahrnehmung der Rechtsangelegenheiten eines Dritten kraft Gesetzes besteht, in der Tätigkeit der Amtswalter keine Besorgung "fremder" Rechtsangelegenheiten (vgl. auch Chemnitz/Johnigk, a.a.O., Rn. 82). - Mit dem Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes (v. 12.12.2007, BGBl. I S. 2840 - RDG) ist für die Auslegung von § 22 Nr. 5 VwGO in Bezug auf die Tätigkeit eines gerichtlich bestellten Betreuers keine entscheidende Rechtsänderung verbunden. Nach § 3 RDG ist die "selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen" - Rechtsdienstleistung definiert § 2 RDG als jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert - nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird; § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubt Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören; nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 sind Rechtsdienstleistungen erlaubt, die gerichtlich oder behördlich bestellte Personen im Rahmen ihres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs erbringen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Sie ist unanfechtbar (§ 24 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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