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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 24.05.2006
Aktenzeichen: 3 Bs 155/05
Rechtsgebiete: StVZO, HmbRDG
Vorschriften:
StVZO § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 | |
HmbRDG § 14 | |
HmbRDG § 20 Abs. 1 |
2. Ein privater Unternehmer bedarf für den derartigen Einsatz eines Notarzteinsatzfahrzeugs in entsprechender Anwendung des § 14 Satz 2 HmbRDG einer auf das einzelne Fahrzeug bezogenen rettungsdienstlichen Genehmigung.
3. Solange die rettungsdienstliche Genehmigung fehlt, ist ein Notarzteinsatzfahrzeug kein Einsatz-Kraftfahrzeug des Rettungsdienstes im Sinne des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO und darf nicht mit blauem Blinklicht ausgerüstet sein.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Jahnke, Kollak und Niemeyer am 24. Mai 2006 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. April 2005 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, führen nicht zum Erfolg des Rechtsmittels.
1. Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 8. März 2005 abgelehnt; mit dieser Verfügung hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin im Wesentlichen den Betrieb ihres Notarzt-Einsatzfahrzeugs (NEF) mit dem amtlichen Kennzeichen mit der Begründung untersagt, dass das Fahrzeug vorschriftswidrig mit blauem Blinklicht (Rundumlicht) ausgerüstet sei. Zur Begründung seines Beschlusses hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Das Fahrzeug sei zu Unrecht mit Kennleuchten für blaues Blinklicht ausgestattet. Die Voraussetzungen des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 StVZO lägen nicht vor, weil das Fahrzeug, das nicht für den Transport von Patienten eingerichtet sei, nicht als Krankenkraftwagen anerkannt sei. Bei dem NEF der Antragstellerin handle es sich auch nicht um ein Einsatzfahrzeug des Rettungsdienstes im Sinne des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO. Maßgeblich sei hierfür ein konkret-institutioneller (organisatorischer) Begriff des Rettungsdienstes, d.h. die Frage, ob das betreffende Fahrzeug für einen Einsatz im Rettungsdienst nach den dafür geltenden landesrechtlichen Bestimmungen zugelassen sei. Abzulehnen sei ein funktionaler Begriff des Rettungsdienstes, für den es genügen würde, dass das betreffende Fahrzeug für Rettungszwecke eingesetzt werde. Dass sich die Antragstellerin als Rettungsdienst betätige, reiche dementsprechend nicht aus. Entscheidend sei vielmehr, dass das Fahrzeug in der Liste der zum Einsatz im Rettungsdienst zugelassenen Kraftfahrzeuge, die Bestandteil der Genehmigung der Tätigkeit der Antragstellerin als Rettungsdienst sei (Genehmigungsbescheid vom 20.12.2001), nicht enthalten sei. Die Zulassung eines NEF sei nach dem Hamburgischen Rettungsdienstgesetz (HmbRDG) auch nicht vorgesehen. Wie aus §§ 14 und 20 HmbRDG ersichtlich sei, könne für den nicht-öffentlichen Rettungsdienst, und zwar auch für die Notfallrettung, nur der Einsatz von Krankenkraftwagen zugelassen werden, während die öffentlichen Rettungsdienste hinsichtlich Einsatzgegenstand und Einsatzmittel freier seien, wie insbesondere § 6 Abs. 2 - Satz 2 - HmbRDG zu entnehmen sei. Zwar könnte die Betriebsuntersagung rechtswidrig sein, wenn auf der Hand läge, dass der Antragstellerin die von ihr bereits beantragte Ausnahmegenehmigung (Ausnahme von § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO) nach § 70 StVZO erteilt werden müsse. Für einen derartige Anspruch spreche jedoch nichts. Dass das NEF der Antragstellerin seit seiner straßenverkehrsrechtlichen Zulassung nicht verändert worden sei, führe zu keiner anderen Beurteilung, weil etwaiges Vertrauen der Antragstellerin nicht schutzwürdig erscheine. Schließlich überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der - voraussichtlich rechtmäßigen - Betriebsuntersagung gegenüber dem Aussetzungsinteresse.
2. Diesen Ausführungen hält die Antragstellerin entgegen: Ihr NEF sei durchaus als Einsatz-Kraftfahrzeug des Rettungsdienstes im Sinne des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO anzusehen. Sie verfüge seit über 20 Jahren über Genehmigungen zur Notfallrettung und sei damit dem institutionalisierten Rettungsdienst zuzurechnen. Dass ihr NEF nicht in die der rettungsdienstlichen Genehmigung beigefügte Fahrzeugliste eingetragen sei, sei unbeachtlich. Denn dies beruhe allein darauf, dass ausschließlich Krankenkraftwagen in eine rettungsdienstliche Genehmigung einbezogen werden könnten, wie sich aus den §§ 11 Abs. 2, 14 Satz 2 HmbRDG ergebe. Dies sei deshalb so, weil das Hamburgische Rettungsdienstgesetz den Begriff des NEF überhaupt nicht kenne. Denn zum Zeitpunkt des Erlasses des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes seien in Hamburg Notarzt-Einsatzfahrzeuge noch nicht eingesetzt worden. Bei einem erforderlichen Notarzteinsatz sei der Notarzt mit einem Krankenkraftwagen, und zwar in der Form des Notarztwagens zum betreffenden Patienten befördert worden. Erst ab 1998 habe die hamburgische Feuerwehr ihr bisheriges reines Notarztwagen-System sukzessive auf das sog. Rendezvous-System umgestellt. Bei diesem System fahre der Notarzt nicht im Rettungswagen (Notarztwagen), sondern in einem gesonderten - zumeist schnelleren - Fahrzeug, dem NEF zur Notfallstelle, während der Rettungswagen ohne den Notarzt zur Notfallstelle gelange. Dementsprechend habe auch sie, die Antragstellerin, im selben Jahr ein NEF angeschafft. Das Hamburgische Rettungsdienstgesetz stehe einer solchen Anpassung an das insbesondere auch von der hamburgischen Feuerwehr als besonders fortschrittlich und effizient anerkannte Rendezvous-System auch bei den nicht-öffentlichen Leistungserbringern nicht entgegen. Die fehlende Aufnahme des NEF in das Gesetz stelle eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke dar, die nach Sinn und Zweck und unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu schließen sei. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Einsatz von Notarzt-Einsatzfahrzeugen im öffentlichen Rettungsdienst durch § 6 Abs. 2 Satz 2 HmbRDG gedeckt sei. Denn ausweislich der amtlichen Begründung beziehe sich § 6 Abs. 2 Satz 2 HmbRDG gerade nicht auf die Notfallrettung und den qualifizierten Krankentransport im Sinne von § 3 Absätze 1 und 2 HmbRDG. Die Beförderung des Notarztes zum Einsatzort gehöre jedoch zur Notfallrettung. Gleichwohl denke niemand daran, den Einsatz von Notarzt-Einsatzfahrzeugen durch die Feuerwehr als gesetzeswidrig anzusehen. Dementsprechend gehe es auch nicht an, private Leistungserbringer wie die Antragstellerin im Bereich der Notfallrettung zu benachteiligen, zumal sich die Benachteiligung zu Lasten der Notfallpatienten auswirken würde, was mit Sinn und Zweck des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes, nämlich der Gewährleistung einer hochwertigen Versorgung mit Rettungsdienstleistungen, nicht zu vereinbaren wäre.
Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, dass es sich bei dem NEF der Antragstellerin um ein Einsatz-Kraftfahrzeug des Rettungsdienstes im Sinne des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO handelt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts insoweit nicht entgegentritt, als es ausgeführt hat, maßgeblich sei ein konkret-institutioneller (organisatorischer) und kein lediglich funktionaler Begriff des Rettungsdienstes, so dass es darauf ankomme, ob das NEF der Antragstellerin für einen Einsatz im Rettungsdienst nach den dafür geltenden Bestimmungen des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes zugelassen sei. Gegen die Richtigkeit dieser - eingehend begründeten - Rechtsansicht bestehen im Übrigen auch keine Bedenken.
Zu Unrecht meint die Antragstellerin jedoch, da das Hamburgische Rettungsdienstgesetz eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke enthalte, müsse ihr NEF auch ohne die Erteilung einer Genehmigung als für den Einsatz in der Notfallrettung nach den Bestimmungen des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes zugelassen gelten.
Zwar trifft der Ausgangspunkt der Argumentation der Antragstellerin zu. In der Tat ist im Hamburgischen Rettungsdienstgesetz der Einsatz eines NEF auch für den öffentlichen Rettungsdienst nicht vorgesehen. Denn gemäß § 20 Abs. 1 HmbRDG sind für die Notfallrettung und den Krankentransport Krankenkraftwagen einzusetzen. Dies ist, wie die amtliche Begründung zu § 20 Abs. 1 HmbRDG (Bürgerschaftsdrucksache 14/300 S. 18) zeigt, so zu verstehen, dass für Notfallrettung und Krankentransport ausschließlich speziell ausgestattete Fahrzeuge, nämlich Krankenkraftwagen im Sinne des § 2 Nr. 2 HmbRDG verwendet werden müssen. Das NEF ist kein Krankenkraftwagen, weil es nicht zur Krankenbeförderung geeignet und nach dem Fahrzeugschein nicht als Krankenkraftwagen anerkannt ist. Der im Rahmen des Rendezvous-Systems erfolgende Einsatz des NEF ist jedoch der Notfallrettung zuzurechnen (vgl. auch das im angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts in Bezug genommene rechtskräftige Urteil des VG Hamburg vom 28.5.2003 - 15 VG 2819/2002 -, Urteilsabschrift S. 15). Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HmbRDG gehört es nämlich zur Notfallrettung, bei Notfallpatienten, soweit unter den gegebenen Verhältnissen möglich, lebensrettende Maßnahmen durchzuführen und ihre Transportfähigkeit herzustellen. Diese Aufgabe umfasst je nach Erforderlichkeit auch den Einsatz eines Notarztes (§ 21 Abs. 4 HmbRDG) und damit auch dessen - entgeltliche oder geschäftsmäßige (es liegt nahe, dass sich das Hamburgische Rettungsdienstgesetz nur auf die entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung bezieht, wie dies nach § 1 Abs. 1 PBefG beim Personenbeförderungsgesetz, aus dem die qualifizierte Krankenbeförderung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PBefG ausgegliedert worden ist, der Fall ist) - Beförderung zur Notfallstelle in einem NEF. Dass der Gesetzgeber beim Erlass des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Nr. 2 PBefG, wonach die qualifizierte Krankenbeförderung mit Krankenkraftwagen (§ 4 Abs. 6 PBefG) nicht den Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes unterliegt, - nur - das Krankentransportwesen hat regeln wollen (siehe die amtliche Begründung zum Hamburgischen Rettungsdienstgesetz, Bürgerschaftsdrucksache 14/300 S. 8 f.), führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Einsatz eines NEF im Rendezvous-System steht mit einem Krankentransport, der mit einem notarztbesetzten Rettungswagen (einem sog. Notarztwagen) durchgeführt wird, in einem so engen Sachzusammenhang (vgl. die von der Antragstellerin vorgelegte Beschreibung der Funktion und der Ausstattung eines NEF durch den Malteser-Hilfsdienst in Freiburg, wonach NEF und Rettungswagen zusammen einen "Notarztwagen" bilden, Bl. 64 d.A.), dass das NEF als Teil des Krankentransportwesens anzusehen ist. Die Bestimmung des § 20 Abs. 1 HmbRDG gilt gemäß § 4 Abs. 5, § 10 HmbRDG auch für den öffentlichen Rettungsdienst. Aus § 6 Abs. 2 Satz 2 HmbRDG, wonach zu den Aufgaben des öffentlichen Rettungsdienstes auch der Transport von lebenswichtigen Medikamenten, Blutkonserven, medizinischen Geräten und Organen für Transplantationen sowie die Beförderung von medizinischem Personal in Notfällen gehört, folgt nichts anderes. Denn erstens wird in § 6 Abs. 2 Satz 2 HmbRDG nicht geregelt, mit welcher Art von Fahrzeugen die darin genannten Beförderungen durchzuführen sind, und zweitens bezieht sich § 6 Abs. 2 Satz 2 HmbRDG schon nach seinem Zusammenhang nicht auf die in § 6 Abs. 1 Satz 1 HmbRDG genannten Leistungen der Notfallrettung (siehe ebenso die amtliche Begründung zu § 20 Abs. 1 HmbRDG, Bürgerschaftsdrucksache 14/300 S. 18).
Der Antragstellerin ist auch darin zu folgen, dass der öffentliche Rettungsdienst für die Anfahrt des Notarztes zur Notfallstelle im Rahmen des Rendezvous-Systems trotz der Vorschrift des § 20 Abs. 1 HmbRDG ein NEF einsetzen darf, wie dies tatsächlich auch geschieht. Denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit § 20 Abs. 1 HmbRDG etwa hat regeln wollen, dass der Einsatz eines NEF nicht möglich sein soll. Vielmehr hat der Gesetzgeber seinerzeit offenbar keinen Anlass gesehen, die Frage des Einsatzes eines NEF zu regeln, weil NEF damals in Hamburg noch nicht eingesetzt wurden. Demnach ist § 20 Abs. 1 HmbRDG nach seinem Sinn und Zweck einschränkend dahingehend auszulegen, dass für die Notfallrettung Krankenkraftwagen eingesetzt werden müssen, dass dabei jedoch zusätzlich auch NEF im Rendezvous-System eingesetzt werden dürfen. Denn mit § 20 Abs. 1 HmbRDG wird erkennbar das Ziel verfolgt, dass die betreffenden Patienten, insbesondere die Notfallpatienten mit Kraftfahrzeugen befördert werden, die über die nötige spezielle Ausstattung verfügen (siehe auch hierzu die amtliche Begründung zu § 20 Abs. 1 HmbRDG). Auf die Patientenbeförderung hat der Einsatz eines NEF keinen Einfluss. Was die Beförderung des Notarztes betrifft, so kann es von lebensrettender Bedeutung sein, dass der Notarzt zum einen möglichst schnell an die Notfallstelle gelangt und zum anderen dort sogleich die für die Durchführung lebensrettender Maßnahmen erforderlichen Hilfsmittel zur Hand hat, indem die Hilfsmittel zusammen mit ihm zur Notfallstelle transportiert werden. Überwiegendes spricht dafür, dass diese Ziele durch den Einsatz eines NEF im Rendezvous-System nicht nur ökonomischer (vgl. Lippert/Weissauer, Das Rettungswesen, 1984, Rdnr. 224), sondern mindestens ebenso gut, z.T. sogar besser (weil das NEF häufig schneller als ein Krankenkraftwagen ist, vgl. DIN 75079 Nr. 5.2, und wohl auch mehr notärztliche Ausrüstungsgegenstände mitführen kann) als durch den alleinigen Einsatz eines notarztbesetzten Rettungswagens erreicht werden können. Anders ist es schwerlich zu erklären, dass die mit den Aufgaben des öffentlichen Rettungsdienstes in Hamburg betraute Feuerwehr (§ 3 Abs. 1 Buchstabe c Feuerwehrgesetz) ihr bisheriges Notarztwagen-System, wie die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen hat, - ganz oder teilweise - auf das Rendezvous-System umgestellt hat (siehe auch die amtliche Begründung zu § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO - Verkehrsblatt 1988 S. 474 -, wonach im Zuge der Modernisierung des Rettungswesens u.a. das Rendezvous-System als Notarztsystem entwickelt worden ist). Die (Grund-) Ausstattung eines NEF ist eingehend in der - von der Antragstellerin eingereichten (Bl. 68 ff. d.A.) - DIN-Vorschrift 75079 von August 2002 geregelt.
Weiterhin spricht Überwiegendes für die Richtigkeit der Auffassung der Antragstellerin, dass das Hamburgisches Rettungsdienstgesetz den Einsatz eines NEF im Rendezvous-System durch ein privates Rettungsdienstunternehmen, das eine Genehmigung zur Notfallrettung besitzt, nicht schlechthin verhindern will. Wie bereits ausgeführt, hat der Gesetzgeber den Einsatz von NEF nicht geregelt und ist § 20 Abs. 1 HmbRDG einschränkend dahingehend auszulegen, dass für die Notfallrettung Krankenkraftwagen eingesetzt werden müssen, dass dabei jedoch zusätzlich auch NEF im Rendezvous-System eingesetzt werden dürfen. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesse an einer möglichst guten Ausstattung nicht nur des öffentlichen, sondern auch des privatrechtlich organisierten Rettungsdienstes kann § 14 Satz 2 HmbRDG, wonach die nach dem Hamburgischen Rettungsdienstgesetz zu erteilende Genehmigung die Art der einzelnen Krankenkraftwagen enthalten muss, nicht entnommen werden, dass es dem privatrechtlich organisierten Rettungsdienst von vornherein verwehrt sein soll, ein NEF im Rendezvous-System einzusetzen.
Dagegen ist der Antragstellerin nicht zuzustimmen, soweit sie der Auffassung ist, sie dürfe auf Grund der ihr für die Notfallrettung erteilten rettungsdienstlichen Genehmigung ebenso wie der öffentliche Rettungsdienst ohne weiteres ein NEF im Rendezvous-System einsetzen, weil private Unternehmer, die identische Leistungen wie der öffentliche Rettungsdienst erbrächten, gegenüber diesem nicht benachteiligt werden dürften, zumal sich diese Benachteiligung zu Lasten der Notfallpatienten auswirke. Dieser Rechtsansicht ist entgegenzuhalten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers private Unternehmer (§ 1 Abs. 1 HmbRDG) für die Ausübung rettungsdienstlicher Beförderungen mit Kraftfahrzeugen einer auf die einzelnen Kraftfahrzeuge bezogenen Genehmigung bedürfen (§ 1 Abs. 1, §§ 4, 11 und 14 HmbRDG), während der öffentliche Rettungsdienst von der Genehmigungspflicht ausgenommen ist (§ 4 Abs. 4 HmbRDG). Dies beruht auf der plausiblen Erwägung des Gesetzgebers, dass bei privaten Unternehmern im Gegensatz zum öffentlichen Rettungsdienst eine vorbeugende Verwaltungskontrolle erforderlich sei, um sicherzustellen, dass die nötige Sorgfalt bei Auswahl und Einsatz von Personal und Ausstattung sowie bei der Gestaltung des Betriebsablaufs gewährleistet sei (so die amtliche Begründung zu § 4 HmbRDG, Bürgerschaftsdrucksache 14/300 S. 12). Insofern wirkt sich die Genehmigungspflicht auch nicht zu Lasten, sondern zu Gunsten der Notfallpatienten aus. Da § 20 Abs. 1 HmbRDG nach dem oben Ausgeführten einschränkend dahin auszulegen ist, dass der Einsatz eines NEF im Rahmen des Rendezvous-Systems nicht ausgeschlossen ist, ist § 14 Satz 2 HmbRDG entsprechend erweiternd dahin auszulegen, dass das betreffende NEF eines privaten Unternehmers ebenso wie ein Krankenkraftwagen der Genehmigung bedarf. Zu dieser Auslegung führt der in § 14 Satz 2 HmbRDG zum Ausdruck gekommene Grundsatz der vorbeugenden Verwaltungskontrolle und das unabweisbare Bedürfnis, auch hinsichtlich eines NEF, das im Rendezvous-System ähnlich wie ein sog. Notarztwagen (entsprechend der inzwischen außer Kraft getretenen DIN-Vorschrift 75080) eingesetzt wird, die in § 13 HmbRDG vorgesehenen Nebenbestimmungen erlassen zu können (vgl. auch die amtliche Begründung zu § 4 Abs. 1 HmbRDG, Bürgerschaftsdrucksache 14/300 S. 12, wonach das Genehmigungserfordernis für jede Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport gilt, und zwar unabhängig von der Art der verwendeten Fahrzeuge). Dementsprechend ist für das NEF der Antragstellerin eine rettungsdienstliche Genehmigung erforderlich, weil die Antragstellerin zur Teilnahme am öffentlichen Rettungsdienst nicht berechtigt ist (vgl. Nr. 2 des Genehmigungsbescheids vom 20.12.2001). Solange eine derartige Genehmigung nicht vorliegt, kann das NEF der Antragstellerin nicht als Einsatz-Kraftfahrzeug des Rettungsdienstes im Sinne des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO angesehen werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der von der Antragstellerin geltend gemachte Umstand, dass das NEF in der Vergangenheit teilweise in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr im Rahmen des Rendezvous-Systems als NEF eingesetzt worden ist. Dadurch ist das NEF nicht etwa konkludent - von der dafür zuständigen Feuerwehr - rettungsdienstlich genehmigt worden, zumal weder ein entsprechender Antrag gestellt worden ist noch eine entsprechende Prüfung der rettungsdienstlichen Voraussetzungen stattgefunden hat. Ein Bestandsschutz mit der Folge, dass die Voraussetzungen des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO als erfüllt zu betrachten wären, scheidet demnach aus.
Unter diesen Umständen könnte die Verfügung der Antragsgegnerin vom 8. März 2005 im Hinblick auf das Fehlen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 3 StVZO allenfalls dann als rechtswidrig angesehen werden, wenn die Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die - bisher nicht beantragte - Erteilung einer notfallrettungsdienstlichen Genehmigung für das NEF hätte. Dies hat die Antragstellerin schon nicht dargelegt. Es ist auch nicht erkennbar. Insbesondere ist ungewiss und bedarf eingehender Klärung, ob die Vorschrift des § 12 Abs. 3 HmbRDG der Genehmigungserteilung entgegensteht. Danach ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen öffentlichen Rettungsdienst beeinträchtigt wird, wobei die flächendeckende Vorhaltung und Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes, insbesondere die Einsatzzahlen und die Einsatzdauer, die Eintreffzeit und die Entwicklung der Kosten- und Ertragslage zu berücksichtigen sind. Vor allem ist nicht geklärt, wie sich die Zulassung des NEF der Antragstellerin auf die Kosten- und Ertragslage des öffentlichen Rettungsdienstes auswirken würde. Das Vorbringen der Antragstellerin, der öffentliche Rettungsdienst habe keinen Nachteil, weil nur der Transport der Patienten, nicht aber der Einsatz eines NEF vergütet werde (siehe hierzu § 2 Satz 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes v. 11.6.2003, GVBl. S. 167), überzeugt nicht ohne Weiteres. Denn es erscheint durchaus möglich, dass die Antragstellerin mehr und der öffentliche Rettungsdienst entsprechend weniger Aufträge zur Krankenbeförderung im Rahmen der Notfallrettung erhält und durchführen kann, wenn die Antragstellerin zusätzlich zu ihren Rettungswagen noch ein NEF einsetzen darf, und dass dies die Ertragslage des öffentlichen Rettungsdienstes beeinträchtigt. Die Antragstellerin darf die bei ihr eingehenden Aufträge zur Notfallrettung in der Regel auch ausführen, sofern sie die geforderte - fünfminütige - Eintreffzeit (vgl. Nr. 18 des Genehmigungsbescheids v. 20.12.2001) einhalten kann und kein anderes Rettungsmittel günstiger steht (vgl. Nr. 14 des Genehmigungsbescheids i.V.m. dem der Beschwerde beigefügten Schreiben der Feuerwehr an die Antragstellerin v. 17.12.2004). Zu berücksichtigen ist auch, dass das Rendezvous-System als ökonomischer beschrieben wird, weil der Notarzt beim Einsatz eines NEF unter Umständen mehrere Rettungswagen betreuen könne (vgl. Lippert/Weissauer, Das Rettungswesen 1984, Rdnr. 224).
3. Zu Unrecht macht die Antragstellerin geltend, ihr stehe ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO zu. Nach dieser Bestimmung können die höheren Verwaltungsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller Ausnahmen u.a. von der Vorschrift des § 52 StVZO genehmigen. Die Darlegungen der Antragstellerin zeigen nicht auf, dass sie mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Satz 1 StVZO dahingehend beanspruchen kann, dass ihr NEF mit blauem Blinklicht ausgerüstet sein darf. Denn nach dem oben Ausgeführten lässt sich nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf die Erteilung der benötigten notfallrettungsdienstlichen Genehmigung für ihr NEF hat; insbesondere ist ungeklärt, ob einer derartigen Genehmigung die Vorschrift des § 12 Abs. 3 HmbRDG entgegensteht. Wenn dies der Fall ist, darf die Antragstellerin das NEF im Rahmen der Notfallrettung nicht einsetzen (vgl. das oben erwähnte Urteil des VG Hamburg vom 28.5.2003, Urteilsabschrift S. 13) und scheidet dementsprechend die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO für einen solchen Zweck von vornherein aus. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Gesichtspunkt des Bestandsschutzes oder des Vertrauensschutzes führt auch hier zu keinem anderen Ergebnis.
4. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Betriebsuntersagung überwiege das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Es geht hier darum, ob das NEF der Antragstellerin, das jedenfalls derzeit mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht mit einer Kennleuchte für blaues Blinklicht ausgerüstet sein darf, einstweilen weiterhin - bis zu dem in § 80 b Abs. 1 VwGO genannten Zeitpunkt - mit einer Kennleuchte für blaues Blinklicht soll betrieben werden dürfen. Diese Frage hat das Verwaltungsgericht zu Recht unter Heranziehung der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 1999 (Buchholz 442.16 § 52 StVZO Nr. 1) und vom 21. Februar 2002 (VRS Bd. 103 S. 311) aus Gründen der Verkehrssicherheit verneint. Das Verwaltungsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass die zum Schutz von Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer bestimmte Verkehrssicherheit von hohem Gewicht sei und bei jeder Inanspruchnahme von Sonderrechten nach § 38 StVO auf Grund der Kennleuchte für blaues Blinklicht erheblich eingeschränkt werde (vgl. zu den Unfallgefahren bei Blaulichteinsätzen auch Petersen, Ausrüstung von Fahrzeugen mit Blaulicht und Einsatzhorn zur Rettung von Menschenleben, NZV 1997 S. 249, 254). Nach den vom Verwaltungsgericht im Wesentlichen wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts muss die Zahl der mit blauem Blinklicht ausgestatteten Fahrzeuge möglichst gering bleiben, um - erstens - die Wirkung blauer Blinklichter nicht dadurch zu beeinträchtigen, dass die mit einer Inflationierung von Fahrzeugen mit Blaulichtgebrauch verbundene verminderte Akzeptanz von Blaulichteinsätzen in der Bevölkerung in der Tendenz sogar noch verstärkt wird, und weil - zweitens - mit jedem genehmigten Vorhandensein einer Blaulichtanlage die Gefahr des Fehl- und sogar des Missbrauchs und damit die Gefahr schwerster Unfälle vergrößert wird. Insbesondere die Gefahr des Fehlgebrauchs der Blaulichtanlage ist durch den von der Antragstellerin geltend gemachten jahrelangen beanstandungsfreien Einsatz ihres NEF nicht als entscheidend gemindert anzusehen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das NEF der Antragstellerin jedenfalls derzeit mangels rettungsdienstlicher Genehmigung nicht mit blauem Blinklicht ausgerüstet sein darf. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Betrieb des NEF nicht in gleicher Weise wie der Betrieb der genehmigten Krankenkraftwagen von der Antragsgegnerin überwacht worden sein dürfte. Außerdem ist zu besorgen, dass das NEF der Antragstellerin zum Teil auch für andere, nicht zur Notfallrettung zählende und eine Blaulichtanlage nicht rechtfertigende Zwecke, z.B. für die im Schreiben der Feuerwehr an den Landesbetrieb Verkehr vom 20. Januar 2005 genannten dringenden Materialtransporte (Bl. 4 der Sachakte) eingesetzt worden ist und dass es dabei auch zum Einsatz von blauem Blinklicht gekommen ist und auch zukünftig kommen würde, wenn das NEF der Antragstellerin mit blauem Blinklicht ausgestattet wäre. Unter diesen Umständen ist der Antragstellerin auch nicht darin zu folgen, dass ihr NEF nicht zu einer Zunahme, sondern zu einer Verringerung der Blaulichtfahrten führen würde. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich auch nicht etwa, dass ein - dem oben dargestellten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 8. März 2005 entgegenstehendes - öffentliches Interesse an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vorliegt. Dass das NEF der Antragstellerin "in der Vergangenheit eine Vielzahl von Einsätzen in der Notfallrettung übernommen hat", belegt nicht, dass die NEF der Feuerwehr - und der in § 7 Satz 2 HmbRDG erwähnten Hilfsorganisationen - die NEF-Einsätze der Antragstellerin im Rahmen der Notfallrettung nicht ohne weiteres hätten übernehmen können, sondern dass das NEF der Antragstellerin im Bereich der Notfallrettung benötigt wird.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (DVBl. 2004 S. 1525, 1530).
Ende der Entscheidung
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