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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.05.2007
Aktenzeichen: 3 Bs 390/05
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 16
Die an den Wechsel des Aufenthaltszwecks anknüpfende Sperrwirkung des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG gilt nicht nur in den Fällen, in denen der Ausländer aktuell eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG besitzt.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht

Beschluss

3 Bs 390/05

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke und Niemeyer am 30. Mai 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. November 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die mit dem Beschwerdevorbringen dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ausschließlich zu prüfen hat, rechtfertigen es nicht, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern. Es ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller vorläufiger Rechtsschutz im Hinblick auf sein Aufenthaltserlaubnisverfahren zu gewähren wäre.

1. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses (u. a.) ausgeführt, der Antragsteller könne sein Begehren nicht auf § 16 Abs. 1 AufenthG stützen. § 16 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sei nicht einschlägig, weil diese Bestimmung voraussetze, dass eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums erteilt werden solle, der Antragsteller aber zu dem angestrebten Bachelorkursus "Bachelor of Arts - Recording Arts" noch keinen Zugang erhalten könne, weil er die Zugangsvoraussetzungen noch nicht erfülle. Es komme daher nicht darauf an, ob der insoweit von dem Antragsteller betriebene Studienfachwechsel als Wechsel des Aufenthaltszwecks im Sinne von § 16 Abs. 2 AufenthG zu werten sei. Der weitere Aufenthalt des Antragstellers sei auch nicht deswegen zu erlauben, weil er im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 AufenthG der Vorbereitung auf den Bachelorkursus dienen solle und damit gleichsam als studienvorbereitende Maßnahme erlaubnisfähig sei. Eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der Vorschrift ergebe nämlich, dass eine studienvorbereitende Maßnahme in diesem Sinne am Anfang des studienbezogenen Aufenthalts stehen müsse; davon könne im Fall des Antragstellers nicht die Rede sein, nachdem dieser im zehnten Jahr seines Aufenthalts nach drei abgebrochenen Studienanläufen nunmehr Vorbereitungen für einen weiteren neu in Aussicht genommenen Studiengang unternehme. Auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten sei die Lage nicht anders zu bewerten. Abgesehen davon, dass dem bereits entgegenstehe, dass die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien, habe der Antragsteller ein schutzwürdiges Vertrauen unter den gegebenen Umständen nicht aufbauen können; die ihm zuvor erteilten Aufenthaltsbewilligungen seien jeweils an den Besuch bestimmter Ausbildungsstätten und Ausbildungsgänge geknüpft gewesen, und auch in der Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG (vom 7.10.2003) sei er darauf hingewiesen worden, dass ihm ein Aufenthaltstitel für den neuen Ausbildungsgang voraussichtlich versagt werden würde. Schließlich sei auch nach § 16 Abs. 5 AufenthG keine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen; abgesehen davon, dass es zweifelhaft erscheine, das SAE-Institut als Schule einzustufen, liege jedenfalls kein Ausnahmefall im Sinne dieser Bestimmung vor. Die außerdem von der Antragsgegnerin verfügte Abschiebungsandrohung begegne keinen Bedenken.

2. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe (vgl. den Schriftsatz vom 13.12.2005) vermögen die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern.

a) Der Antragsteller trägt vor, ihm stehe vorläufiger Rechtsschutz im Zusammenhang mit seiner Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Teilnahme an einer Ausbildung zu. Nach § 16 AufenthG könne die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Er nehme seit mehr als zwei Jahren an der Ausbildung (zum Toningenieur) am SAE-Institut teil. Ein Zwischenabschluss hätte zeitlich bereits erreicht werden können, doch habe nach seiner Einschätzung die psychische Belastung mit dem vorliegenden Verfahren dazu geführt, dass er sich nicht hinreichend habe konzentrieren können und er deshalb den Abschluss in einigen Fächern nicht geschafft habe. Er werde dies nachholen und in Kürze den Abschluss erreichen, um anschließend den zwölfmonatigen Ausbildungsteil "Bachelor of Arts Recording Arts" zu beginnen, der in einen staatlich anerkannten Abschluss münde. Es solle nicht geleugnet werden, dass er bei Beginn seines Aufenthalts im Bundesgebiet zunächst nicht den für ihn geeigneten Ausbildungszweig gefunden habe; er habe erkennen müssen, dass für seine Veranlagung ein strenges, schulartiges System erforderlich sei, um bestimmte Leistungen zu erbringen. Er habe ein schutzwürdiges Interesse daran, die im Herbst 2003 begonnene Ausbildung zu Ende zu bringen. Eine Versagung der Aufenthaltserlaubnis mit der Folge des Abbruchs der bereits weit gediehenen Ausbildung, deren Finanzierung über die Tante gewährleistet sei, sei unverhältnismäßig.

b) Diese Gründe vermögen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage zu stellen. Sie setzen der Begründung des Verwaltungsgerichts, dass bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 16 Abs. 1 Satz 1 AufenthG schon deshalb nicht vollständig erfüllt seien, weil der Antragsteller bisher für den Bachelor-Studiengang "Recording Arts" keine Zugangsberechtigung erlangt habe und die Wiederholung der dafür erforderlichen Ausbildungs- und Prüfungsteile im zehnten Jahr seines Aufenthalts zu Studienzwecken auch nicht mehr als "studienvorbereitende Maßnahme" im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 AufenthG angesehen werden könne, nichts Erhebliches entgegen. Der Antragsteller hat auch im weiteren Verlauf des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht mehr (gleichsam zur Bestätigung und Vertiefung seiner Beschwerdebegründung) dargelegt, die noch fehlenden Vorprüfungen bestanden und dann mit dem genannten Bachelor-Studiengang begonnen zu haben. In diesem Zusammenhang erscheint es im Übrigen etwas erstaunlich, dass der Antragsteller einerseits vorgetragen hat, ein strenges, schulartiges System zu benötigen, während andererseits der genannte Bachelor-Studiengang von dem Anbieter (dem SAE-Institut) wie folgt beschrieben wird: "Das Degree ist ein sogenanntes Research Degree. Dies bedeutet, dass innerhalb der Vorlesungen Grundlagen und Anregungen zu den jeweiligen Themen vermittelt werden. Die Ausarbeitung der Prüfungen und die Wissensvertiefung ist eigenverantwortlich von den Studenten durchzuführen." (www2.sae.edu/de/hamburg/kursinfo/degree_programm.php).

c) Im Übrigen dürfte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des genannten Bachelor-Studiums an dem SAE-Institut auch deshalb aus Rechtsgründen ausgeschlossen sein, weil es sich bei dieser Ausbildung - verglichen mit den bisherigen Studienbemühungen des Antragstellers in anderen Studiengängen an verschiedenen staatlichen Hochschulen - um einen aufenthaltsrechtlich ausgeschlossenen anderen Aufenthaltszweck im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG handelt, für den auch nicht etwa ausnahmsweise eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte. Der Wechsel der Fachrichtung im Studium nach einem Fehlschlagen der zunächst gewählten Fachrichtung ist als Wechsel des Aufenthaltszwecks anzusehen (vgl. Hailbronner, AuslR, § 16 AufenthG Rdnrn. 38 f.; GK-AufenthG, § 16 Rdnr. 18; Renner, AuslR, 8. Aufl., § 16 AufenthG Rdnr. 17); gleiches gilt etwa für den Wechsel von einem fehlgeschlagenen Studium zu einer andersartigen Berufsausbildung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.3.1994, InfAuslR 1994 S. 251, 252, zur Vorgängerregelung in § 28 Abs. 3 Satz 1 AuslG) oder für den Wechsel von einem Universitäts- zum Fachhochschulstudium in demselben Fach (vgl. Hailbronner, a. a. O., Rdnr. 41). In solchen Fällen ist regelmäßig vor der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (sofern nicht nach anderen Bestimmungen ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht) die Ausreise des Ausländers erforderlich (vgl. GK-AufenthG, a. a. O., Rdnr. 17).

Der Anwendbarkeit von § 16 Abs. 2 AufenthG dürfte auch im Hinblick auf die dort formulierte Voraussetzung "während des Aufenthalts nach Absatz 1" nicht der Umstand entgegen stehen, dass der Antragsteller derzeit nicht über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG verfügt; die Beschränkung des § 16 Abs. 2 AufenthG gilt nicht nur in den Fällen, in der Ausländer (aktuell) eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG besitzt (so aber offenbar die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 22. Dezember 2004, Rdnr. 16.2.1, Satz 1). Die an den Wechsel des Aufenthaltszwecks anknüpfende Sperrwirkung des § 16 Abs. 2 AufenthG ist durch den Ablauf oder das Erlöschen der dem Antragsteller zuletzt bis zum 3. Oktober 2003 erteilten Aufenthaltsbewilligung nicht (gleichsam von vornherein) entfallen. Unabhängig davon, wie die Wendung "während des Aufenthalts nach Absatz 1" generell zu verstehen sein mag, dürfte diese Voraussetzung jedenfalls hier gegeben sein: Der Antragsteller hat noch vor dem 3. Oktober 2003 das Studium an der Fachhochschule Hannover abgebrochen und (ab dem 4.7.2003) die Ausbildung am SAE-Institut in Hamburg begonnen (vgl. die dort ausgestellte Bestätigung der Einschreibung vom 1.7.2003). Jedenfalls bei einem Wechsel des Aufenthaltszwecks vor Ablauf der Gültigkeit des zu Studienzwecken nach § 16 Abs. 1 AufenthG (bzw. § 28 AuslG) erteilten Aufenthaltstitels kann die nach § 16 Abs. 2 AufenthG (bzw. § 28 Abs. 3 Satz 1 AuslG) eingetretene Sperrwirkung nicht - ausgerechnet - durch den Wegfall des zuvor erteilten Aufenthaltstitels entfallen.

Es ist desweiteren nicht ersichtlich, dass hier ein (durch besondere, atypische Umstände gekennzeichneter) Ausnahmefall vorläge, wie dies etwa bei einem frühen Fachrichtungswechsel in einer Orientierungsphase anzunehmen sein kann (vgl. Hailbronner, a. a. O., Rdnr. 38). Soweit die o. g. Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz (Rdnr. 16.2.5) die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei einem Wechsel der Ausbildung für möglich halten, "wenn das Studium innerhalb einer Gesamtaufenthaltsdauer von zehn Jahren abgeschlossen werden kann", dürfte dies hier schon deshalb zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen können, weil der Antragsteller das betreffende Bachelor-Studium (im Falle seiner Aufnahme) nicht innerhalb dieses (inzwischen ohnehin abgelaufenen) Zeitraums hätte abschließen können: Sein Aufenthalt im Bundesgebiet zu Studienzwecken und diesbezüglichen Vorbereitungen begann im Mai 1996. Bis zum Mai 2006 konnte er das zwölfmonatige Bachelor-Studium nicht abschließen, da er noch im Dezember 2005 nicht einmal die diesbezügliche Zugangsberechtigung erworben hatte, sondern dafür zunächst einmal Kurse wiederholen und Wiederholungsprüfungen bestehen musste.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.



Ende der Entscheidung

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