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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 3 Bs 452/04
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 104 Abs. 1
Über die vor dem 1. Januar 2005 gestellten Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch dann weiterhin nach den Vorschriften des Ausländergesetzes zu entscheiden, wenn der Ausländer dadurch schlechter gestellt ist als bei der Anwendung der Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes . Der Gesetzgeber hat keine Übergangsregelung des Inhalts beschlossen, dass auf vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes gestellte Anträge die jeweils für den Ausländer günstigere Regelung des alten oder des neuen Rechts anzuwenden ist.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

3 Bs 452/04

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Kollak und Larsen am 31. Mai 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 17. September 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe:

1. Die zulässige Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg. Die mit dem Beschwerdevorbringen dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ausschließlich zu prüfen hat, rechtfertigen es nicht, den Beschluss des Verwaltungsgerichts nach Maßgabe des mit der Beschwerde gestellten Antrags zu ändern.

a) Der Antragsteller begehrt die Herstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (15 K 3246/04), mit der er die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 AuslG (jetzt: Niederlassungserlaubnis nach dem AufenthG) und hilfsweise zur Verlängerung seiner Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG (jetzt: Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG) sowie die Aufhebung der mit den angegriffenen ablehnenden Bescheiden ebenfalls erlassenen Abschiebungsandrohung begehrt.

Das Verwaltungsgericht hat die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes versagt und zur Begründung ausgeführt: Das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage werde vom öffentlichen Interesse an einer unverzüglichen Aufenthaltsbeendigung überwogen. Die Antragsgegnerin habe den Antrag des Antragstellers offensichtlich zu Recht abgelehnt und damit entspreche auch die Abschiebungsandrohung der Rechtslage. Streitgegenstand der Klage sei allein die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis; darauf hinzuweisen sei, dass auch eine Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis gemäß § 34 Abs. 2 AuslG ausgeschlossen sei, nachdem der Status des Antragstellers nach § 51 Abs. 1 AuslG rechtsbeständig widerrufen worden sei. Für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 AuslG fehle es bereits am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Ermessensbetätigung, weil ein Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 2 AuslG vorliege. Der Antragsteller habe mehrfach gegen Strafgesetze verstoßen und sei rechtskräftig wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Erschleichen von Leistungen verurteilt worden. Der Ausweisungstatbestand des § 46 Nr. 2 AuslG müsse lediglich objektiv vorliegen, ohne dass es auf die hypothetische Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung ankomme. Ob auch der Versagungsgrund des § 8 Abs. 1 Nr. 3 AuslG erfüllt sei, könne dahinstehen.

b) Die mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe führen nicht zum Erfolg. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung hier zur Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers führt, weil das private Interesse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der angegriffenen Abschiebungsandrohung überwöge. Insbesondere ergibt sich nicht, dass der Antragsteller einen Anspruch auf die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (aa) oder (hilfsweise) auf die Verlängerung der ihm zuletzt im Juni 2000 verlängerten Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG (bb) hätte.

aa) Aus den mit der Beschwerde vorgetragenen Gründen ergibt sich nicht, dass der Antragsteller einen Anspruch auf die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis hätte.

Maßgeblich ist insoweit auch nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG; in der Fassung des Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I S. 1949) am 1. Januar 2005 die ansonsten außer Kraft getretene Vorschrift des § 35 Abs. 1 AuslG (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 7.1.2005, - 19 B 2439/04 -, Juris). Denn nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist über vor dem 1. Januar 2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht zu entscheiden. Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 35 Abs. 1 AuslG vor, wird sie als Niederlassungserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt, §§ 104 Abs. 1 Satz 2, 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 AuslG liegen - wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - bereits deshalb nicht vor, weil ein Ausweisungsgrund im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 AuslG i.V.m. §§ 24 Abs. 1 Nr. 6 , 46 Nr. 2 AuslG vorliegt. Die Voraussetzungen eines nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG sind gegeben. Aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift und ihrem systematischen Zusammenhang mit den §§ 47 und 48 AuslG ergibt sich, dass nach ihr ein Rechtsverstoß nur dann unbeachtlich sein soll, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, also immer bereits dann beachtlich ist, wenn er entweder vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig, aber nicht vereinzelt ist (BVerwG, Urt. v. 24.9.1996, BVerwGE Bd.102 S. 63; Urt. v. 18.11.2004, BVerwGE Bd. 122 S. 193). Dabei handelt es sich (auch) bei dem Tatbestandsmerkmal "geringfügig" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der gerichtlichen Auslegung und Anwendung im Einzelfall unterliegt (OVG Münster, a.a.O.). Der Antragsteller ist mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 26. April 2001 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt worden. Ferner wurde gegen ihn mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 13. Juni 2002 wegen (vorsätzlicher) Beförderungserschleichung in drei Fällen eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen festgesetzt. Vorsätzliche Straftaten sind grundsätzlich nicht als geringfügig im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG anzusehen (BVerwG, Urt. v. 24.9.1996, a.a.O.; Urt. v. 18.11.2004, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschl. v. 6.3.2002, - 3 Bf 205/01 -, Juris). Nach den mit der Beschwerdebegründung nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts Hamburg lag der Verurteilung vom 26. April 2001 zugrunde, dass der Antragsteller einem Auszubildenden, über den er sich schon mehrfach geärgert hatte, im Streit - jedoch ohne von diesem körperlich bedroht worden zu sein - mit der flachen Hand so stark ins Gesicht geschlagen hat, dass dieser Kopfschmerzen erlitt, sein rechtes Auge kurzfristig geschwollen war und die Schmerzen rund zwei Tage anhielten. Auch wenn sich die verhängte Geldstrafe von 15 Tagessätzen noch am unteren Rand des Strafrahmens bewegt, spricht einiges dafür, dass eine derartige vorsätzliche Körperverletzung nicht mehr als geringfügiger Rechtsverstoß im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG einzustufen ist. Dies bedarf hier jedoch ebenso wenig einer Entscheidung wie die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels ohne gültigen Fahrausweis im Sinne der zitierten Rechtsprechung einen Ausnahmefall darstellt und trotz der vorsätzlichen Begehung als geringfügig angesehen werden kann. Denn jedenfalls kann bei dreimaliger vorsätzlicher Beförderungserschleichung und einer vorsätzlichen Körperverletzung nicht mehr von einem vereinzelten Rechtsverstoß gesprochen werden.

Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, dass der Ausweisungsgrund nicht mehr verwertbar wäre und dem Antragsteller nicht mehr entgegengehalten werden dürfte. Ein Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG besteht weder hinsichtlich der vorsätzlichen Körperverletzung, die dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 26. April 2001 zugrunde lag, noch hinsichtlich der mit dem Strafbefehl vom 13. Juni 2002 geahndeten Beförderungserschleichungen. Erst dann, wenn eine Verurteilung im Bundeszentralregister getilgt worden oder zu tilgen ist, dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht mehr zu seinem Nachteil verwertet werden. Die Bestrafung vom 13. Juni 2002 ist (sofern keine weiteren Verurteilungen hinzukommen) gemäß §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 Nr. 1 a BZRG nach 5 Jahren, beginnend mit dem Tag des Erlasses des Strafbefehls, §§ 47 Abs. 1, 36 Satz 1 BZRG, zu tilgen, mithin also am 13. Juni 2007. Gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG gilt dasselbe dann für die Verurteilung vom 26. April 2001, die sonst gemäß §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 Nr. 1 a BZRG bereits am 26. April 2006 zu tilgen gewesen wäre. Es liegen auch keine Umstände vor, aufgrund derer der Antragsteller darauf hätte vertrauen dürfen, mit seinen strafrechtlichen Verfehlungen nicht mehr konfrontiert zu werden. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Ausweisungsgründe - zumal in der Form eines Erlaubnisversagungsgrundes - in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch "aktuell" und nicht "verbraucht" sind bzw. die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" hat (BVerwG, Urt. v. 15.3.2005, BVerwGE Bd. 123 S. 114 m.w.N.). Ein solcher Sachverhalt liegt hier aber offensichtlich nicht vor. Der seit dem 31. Oktober 2002 rechtskräftige Strafbefehl vom 13. Juni 2002 ist der Antragsgegnerin am 19. November 2002 bekannt geworden. Mit Schreiben vom 10. Juni 2003 hat sie dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag vom 29. Mai 2002 wegen fehlenden Besitzes eines Nationalpasses abzulehnen. Dass sie in diesem Schreiben und in ihren Stellungnahmen zu einer Eingabe des Antragstellers unerwähnt gelassen hat, dass der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (auch) bereits das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes entgegenstand, rechtfertigt nicht die Annahme eines schützenswerten Vertrauens auf Seiten des Antragstellers. Auch Tatsachen, aus denen sich ergäbe, dass der Ausweisungsgrund bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls mit zunehmendem Zeitabstand so sehr an Bedeutung verloren hätte, dass er bei der Anwendung des § 24 Abs. 1 Nr. 6 AuslG nicht mehr herangezogen werden könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.1.2002, BVerwGE Bd. 115 S. 352), sind mit der Beschwerdebegründung nicht vorgetragen. Auch bei Berücksichtigung der eher geringen Geldstrafen von 15 und 20 Tagessätzen ergibt sich dies noch nicht allein daraus, dass bei Erlass des ablehnenden Bescheides vom 18. Februar 2004 seit der Verurteilung vom 26. April 2001 fast drei Jahre und seit dem Strafbefehl vom 13. Juni 2002 mehr als anderthalb Jahre vergangen waren.

Der danach vorliegende und auch noch zu verwertende Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 2 AuslG steht gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 AuslG i.V.m. § 24 Abs. 1 Nr. 6 AuslG der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zwingend entgegen. Zwar hat der Gesetzgeber nunmehr in § 26 Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9, Satz 2 bis 6 AufenthG eine Regelung getroffen, nach der im Anschluss an den siebenjährigen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes (und bei Vorliegen aller weiteren Erteilungsvoraussetzungen) eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen ist, wenn der Ausländer in den letzten drei Jahren nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugend- oder Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt worden ist; Verurteilungen zu Geldstrafen unter 180 Tagessätzen stehen danach der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht mehr entgegen. Diese - für den betroffenen Ausländer in dieser Hinsicht günstigere - Regelung, nach der für die Erlangung eines unbefristeten Aufenthaltstitels hinsichtlich eines straffreien Lebenswandels deutlich weniger strenge Anforderungen an die erfolgreiche Integration gestellt werden als nach altem Recht, ist jedoch vorliegend gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht anwendbar, da der Antragsteller seinen Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis bereits vor dem 1. Januar 2005 gestellt hatte. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 15/420 S. 100) soll die Übergangsregelung des § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG es Ausländern, die vor Inkrafttreten des Gesetzes einen Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung gestellt haben, ermöglichen, einen unbefristeten Aufenthaltstitel (in Form der Niederlassungserlaubnis) nach dem alten Recht zu erhalten, "um Rechtsnachteile in der Umstellungszeit zu vermeiden". Die gesetzgeberische Motivation zielte also auf die Vermeidung von Rechtsnachteilen und nicht darauf, die betreffenden Ausländer nicht in den Genuss etwaiger Vorteile der gesetzlichen Neuregelung kommen zu lassen. Gleichwohl hat der Gesetzgeber jedoch keine Übergangsregelung verabschiedet mit dem Inhalt, dass auf vor Inkrafttreten des Gesetzes gestellte Anträge die jeweils für den Ausländer günstigere Regelung des alten oder des neuen Rechts anzuwenden wäre. Dies kann in einzelnen Fällen dazu führen, dass der Ausländer im Ergebnis schlechter gestellt wird, als es ohne die Übergangsregelung der Fall wäre. Ein solcher Fall tritt ein, wenn die Anwendung des neuen Rechts hinsichtlich sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen für ihn günstiger wäre, er aber bei Rücknahme des alten und Stellen eines neuen Antrags die neuen gesetzlichen Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt. Einer Auslegung, mit der diese Konsequenz vermieden würde, ist § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG jedoch wegen seines klaren und eindeutigen Wortlauts nicht zugänglich.

bb) Aus den mit der Beschwerde vorgetragenen Gründen ergibt sich auch nicht, dass der Antragsteller einen Anspruch auf eine weitere Verlängerung der ihm letztmalig am 13. Juni 2000 befristet bis zum 31. Mai 2002 verlängerten Aufenthaltsbefugnis (jetzt als Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 25 AufenthG) hätte. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend erwähnt hat, steht dem bereits entgegen, dass die der Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers entgegenstehenden Gründe zwischenzeitlich entfallen sind (§ 34 Abs. 2 AuslG nach altem bzw. § 26 Abs. 2 AufenthG nach jetzt geltendem Recht). Dem Antragsteller, einem albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo, war die Aufenthaltsbefugnis seinerzeit erteilt und dreimal verlängert worden, weil das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 8. März 1994 in Bezug auf ihn festgestellt hatte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich (Rest-) Jugoslawiens vorlagen. Diese Feststellung ist zwischenzeitlich mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. Februar 2001 unter Bezugnahme auf die veränderte Lage im Kosovo widerrufen worden. Da somit eine Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis nach dem Gesetz zwingend ausgeschlossen ist, kommt es entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht darauf an, ob im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Möglichkeit einer Verlängerung trotz Vorliegens eines Ausweisungsgrundes zu prüfen wäre.

Dem Antragsteller könnte auch nicht in entsprechender Anwendung der Weisung 3/2001 der Behörde für Inneres vom 5. Juni 2001 eine Aufenthaltbefugnis erteilt werden. Ohne Erfolg macht der Antragsteller insoweit mit der Beschwerde geltend, dass er nach seinem langjährigen Aufenthalt in Deutschland in den Genuss der Altfallregelung der - auf der Grundlage von § 32 AuslG erlassenen - Weisung 2/2001 (gemeint ist offensichtlich die Weisung 3/2001) gekommen wäre, wenn er nicht, als Flüchtling anerkannt, sondern lediglich geduldet worden wäre, er jetzt also schlechter gestellt werde als Kosovo-Albaner, deren Asylanträge abgelehnt und denen dann nach der Weisung Aufenthaltsbefugnisse erteilt worden seien. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller abgesehen von der fehlenden Ausreisepflicht (Nr. 1 der Weisung) die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach der Weisung 3/2001 erfüllt hätte und lediglich keinen Anlass zur Stellung eines fristgemäßen Antrags hatte. Denn eine entsprechende Anwendung der Weisung, nach der u.a. kosovarische Ausreisepflichtige bei Antragstellung bis zum 30. September 2001 unter bestimmten Bedingungen eine Aufenthaltsbefugnis erhalten konnten, auf Kosovo-Albaner, die seinerzeit im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels waren und daher weder zum definierten Kreis der Begünstigten zählten noch Veranlassung hatten, innerhalb der Antragsfrist die Erteilung nach der Weisung zu beantragen, ist nicht möglich. Maßgeblich dafür, wie ein Ausländer zu behandeln ist, der keine Veranlassung zur fristgerechten Antragstellung hatte, weil er bei Fristablauf am 30. September 2001 noch im Besitz eines später weggefallenen anderweitigen Aufenthaltsrechts war, ist nicht eine analoge Anwendung der Weisung, sondern allein die mit dem Willen der obersten Landesbehörde in Einklang stehende Ermessenspraxis der Antragsgegnerin (BVerwG, Urt. v. 19.9.2000, BVerwGE Bd. 112 S. 63,67; OVG Hamburg, Beschl. v. 28.10.2002, - 3 Bs 223/01 -; OVG Münster, a.a.O.). Die Weisung ist nicht wie eine Rechtsvorschrift aus sich heraus, sondern als Willenserklärung der obersten Landesbehörde unter Berücksichtigung des wirklichen Willens des Erklärenden und ihrer tatsächlichen Handhabung, d.h. der vom Urheber gebilligten oder geduldeten Verwaltungspraxis auszulegen und anzuwenden. Den von der Anordnung erfassten Personenkreis bestimmt die oberste Landesbehörde. Sie kann positive Kriterien (Erteilungsvoraussetzungen) und negative Kriterien (Ausschlussgründe) aufstellen. Ein Anspruch des einzelnen Ausländers, von der Regelung erfasst zu werden, besteht nicht (BVerwG, a.a.O., S. 66). Ein solcher Anspruch kann auch nicht abweichend von der landeseinheitlichen Handhabung aus Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG hergeleitet werden. Der Anwendungsbereich der Weisung unterliegt grundsätzlich keiner gerichtlichen Überprüfung (BVerwG, a.a.O.). Art. 3 Abs. 1 GG spielt im Hinblick auf die Weite des der obersten Landesbehörde eröffneten Ermessens, insbesondere im Hinblick auf das Merkmal "Wahrung politischer Interessen" (vgl. BVerwG, a.a.O., S. 66) von vornherein als Überprüfungsgrund keine Rolle (OVG Hamburg, a.a.O.). Dass es der von der obersten Landesbehörde gebilligten oder geduldeten Verwaltungspraxis in Hamburg entsprechen würde, die Weisung 3/2001 nachträglich auch auf Kosovo-Albaner anzuwenden, deren Aufenthaltsbefugnis wegen des Widerrufs der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht mehr verlängert werden kann, wird mit der Beschwerde nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG. Dabei bewertet der Senat das Begehren des Antragstellers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis in Anlehnung an den Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004 S. 1327 ff., Ziffer 8.1) in der Hauptsache mit dem Auffangwert. Für das vorliegende Eilverfahren ist dieser Wert wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung zu halbieren, so dass sich ein Streitwert von 2.500,- Euro ergibt.

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