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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.04.2004
Aktenzeichen: 3 Bs 71/04
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 44 Abs. 1 Nr. 3
Auf die Gründe, aus denen der Ausländer gehindert war, innerhalb von sechs Monaten in das Bundesgebiet zurückzukehren, kommt es für den Eintritt der gesetzlichen Folge des Erlöschens der Aufenthaltsgenehmigung nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG nicht an.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

3. Senat

Beschluss vom 27. April 2004

3 Bs 71/04

In der Verwaltungsrechtssache

1.

2.

3.

4.

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke und Kollak am 27. April 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 27. Januar 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, geben zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung keinen Anlass.

1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Auffassung der Antragsgegnerin bestätigt, dass die Aufenthaltsberechtigung der Antragstellerin zu 1) und die Aufenthaltserlaubnisse ihrer Kinder, der Antragsteller zu 2) bis zu 4), gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG erloschen sind. Es steht nach Aktenlage fest, dass die Antragsteller im Jahr 1999 aus dem Bundesgebiet ausgereist und erst im August 2002 wieder eingereist sind. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, den Eintritt der gesetzlichen Erlöschensfolge begründet in Zweifel zu ziehen.

Die Antragsgegnerin hatte zugunsten der Antragsteller keine von der gesetzlichen Frist von sechs Monaten abweichende längere Frist bestimmt (§ 44 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 AuslG). Selbst wenn dem mit der Beschwerde vorgelegten Schreiben vom 15. Oktober 1999 an die Einbürgerungsbehörde der Antragsgegnerin mit der Bitte um Benachrichtigung der Ausländerbehörde davon, dass die Antragsteller vor einer Neuerteilung des von der Antragstellerin zu 1) verlorenen (israelischen) Personalausweises nicht aus Palästina nach Deutschland zurückkehren könnten, ein hinreichend bestimmtes Verlängerungsbegehren zu entnehmen gewesen wäre, fehlt die erforderliche positive Entscheidung der Antragsgegnerin über eine verlängerte Frist zur Rückkehr. Eine solche Entscheidung hätte vor Ablauf von sechs Mona-ten nach der Ausreise der Antragsteller getroffen sein müssen, um den Eintritt der gesetzlichen Erlöschensfolge nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG verhindern zu können (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 16.3.1999, InfAuslR 1999 S. 454, m.w.N.; OVG Münster, Beschl. v. 16.1.2002, EZAR 019 Nr. 14, zu den Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 a AuslG).

Die Beschwerde macht ohne Erfolg weiter geltend, die Antragsteller seien nicht in der Lage gewesen, eher zurückzukehren und hätten darauf vertrauen können, dass ihre erzwungene Abwesenheit vom Bundesgebiet ohne aufenthaltsrechtliche Folgen bleiben würde. Auf die Gründe, aus denen der Ausländer gehindert war, innerhalb von sechs Monaten in das Bundesgebiet zurückzukehren, kommt es für den Eintritt der gesetzlichen Erlöschensfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG nicht an (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 1.7.1998 - 8 N 32.98 -, Juris, m.w.N.). Der Wortlaut der Vorschrift lässt für die Einbeziehung subjektiver Umstände oder die Anknüpfung an besondere Hinderungsgründe keinen Raum. Ausnahmen wie im Falle der Fristüberschreitung wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat (§ 44 Abs. 2 AuslG) sind im Gesetz selbst ausdrücklich bestimmt. Ausdrücklich und der Systematik der Vorschrift nach abschließend geregelt sind auch die Einschränkungen der Erlöschensfolge bei bestehender unbefristeter Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung (§ 44 Abs. 1 a und 1 b AuslG). Die Erlöschensfolge soll kraft Gesetzes eintreten, soweit keine normierten Ausnahmen eingreifen. In der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 11/3621 S. 71 f.) heißt es dazu:

"Hinsichtlich der Frage, ob ein Ausländer eine Aufenthaltsgenehmigung besitzt oder nicht, muss Rechtsklarheit herrschen. Das Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung kann deshalb nicht allein durch unbestimmte Rechtsbegriffe angeordnet werden. Aus diesem Grund ergänzt Nummer 3 den Erlöschensgrund der Nummer 2. Wenn sich ein Ausländer länger als sechs Monate außerhalb des Bundesgebiets aufhält, steht grundsätzlich unwiderruflich fest, dass er aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausgereist ist und dass seine Aufenthaltsgenehmigung damit erloschen ist. Um jedoch unbeabsichtigte Härten zu vermeiden, wird den Ausländern die Möglichkeit eröffnet, dass die Ausländerbehörde eine längere, für den Bestand der Aufenthaltsgenehmigung unschädliche Frist bestimmen kann."

Die erstrebte Rechtsklarheit in Fragen des Aufenthaltsstatus würde bei einer auf die individuellen Hinderungsgründe abstellenden Prüfung des Einzelfalls verfehlt.

2. Für die von den Antragstellern hilfsweise erstrebte Duldung fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Abschiebungshindernisses nach § 55 Abs. 2 AuslG. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Antragsteller bis August 2002 im Westjordanland bei dem Ehemann der Antragstellerin zu 1) und Vater der Antragsteller zu 2) bis zu 4) sowie dessen Eltern gelebt hätten und nicht erkennbar sei, weshalb ihnen heute eine Rückkehr dorthin oder nach Jordanien unmöglich sein soll (BA S. 5). Die Beschwerde hält dieser Begründung lediglich allgemein die Fortdauer von Angriffshandlungen im Westjordanland entgegen und setzt sich mit der Erwägung, andernorts in Jordanien leben zu können, nicht auseinander.

Nicht glaubhaft gemacht ist weiter, dass wegen der Sprachstörung (Stottern) des neun Jahre alten Antragstellers zu 2) ein Abschiebungshindernis besteht. Die Beschwerde legt nicht dar, dass die in der Bescheinigung des Jugendpsychiatrischen Dienstes vom 1. April 2004 empfohlene Sprachtherapie über 10 Einheiten in Jordanien nicht durchgeführt werden kann. Ohne diese Voraussetzung dürfte auch für die in der Beschwerde angesprochene Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 3 AuslG aus humanitären Gründen kein Anlass bestehen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.



Ende der Entscheidung

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