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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: 3 Nc 58/07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 161 Abs. 2 Satz 1
Findet im Kapazitätsrechtsstreit eine Beschwerde der Hochschule dadurch ihre Erledigung, dass es zu dem im angefochtenen Beschluss angeordneten Nachrückverfahren nicht kommt, erscheint es verfahrensgerecht, die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufzuheben, weil sich das mit einer solchen Verfahrensgestaltung verbundene Erledigungsrisiko nicht der Sphäre nur des einen oder des anderen Beteiligten zurechnen lässt.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

3 Nc 58/07

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch den Richter Korth als Berichterstatter am 18. Dezember 2007 beschlossen:

Tenor:

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Das Beschwerdeverfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Die Beschränkung der Erledigungserklärung auf das Rechtsmittelverfahren ist zulässig (BVerwG, Beschl. v. 22.4.1994, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 106).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands der Billigkeit, die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufzuheben.

Die Erledigung des Beschwerdeverfahrens ist dadurch eingetreten, dass die Beschwerde der Antragsgegnerin mangels weiterer Beschwer gegenstandslos geworden ist, weil das im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. April 2007 angeordnete Nachrückverfahren nicht zu ihrer Verpflichtung geführt hat, den Antragsteller nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2007 vorläufig zum Studium im Bachelorstudiengang Außenwirtschaft/Internationales Management zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat mit Endbeschluss vom 27. Juni 2007 vielmehr die Kosten des Verfahrens erster Instanz dem Antragsteller auferlegt, weil sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei einem negativen Ausgang des Nachrückverfahrens abgelehnt ist (Ziffern 2 und 3 des Tenors des Beschlusses vom 4.4.2007). Der Antragsteller hatte nach den im Beschluss vom 4. April 2007 aufgeführten Ranglisten für das Nachrückverfahren Platz 4 auf der Rangliste Qualifikation inne; das wegen eines zugewiesenen, aber nicht angenommenen Studienplatzes aus der Quote Qualifikation durchgeführte Nachrückverfahren endete mit dem Nachrücken des Studienbewerbers auf Platz 3 der Rangliste Qualifikation Ende Mai 2007.

Im Blick auf diese Verfahrenssituation beruht die nach billigem Ermessen getroffene Kostenentscheidung auf folgenden Erwägungen:

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht etwa deshalb allein der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil diese zur Erhebung der Beschwerde keinen Anlass und Grund gehabt hätte. Für sie lief die Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO am 30. April 2007 ab. Zu diesem Zeitpunkt war nicht absehbar, ob und in welchem Umfang es zu einem Nachrückverfahren kommen würde. Sich darauf zu beschränken, Beschwerde allein in den Fällen der nach Ziffer 1 des Tenors vom 4. April 2007 im ersten Zugriff erfolgreichen Antragsteller einzulegen, kann der Antragsgegnerin nicht angesonnen werden. Sie liefe dann Gefahr, die für den Fall eines Nachrückverfahrens ausgesprochenen, bereits in dem Beschluss vom 4. April 2007 in Ziffer 2 des Tenors unter Vorbehalt erlassenen einstweiligen Anordnungen gegen sich gelten lassen zu müssen. Die Beschwerde gegen die nach Ziffer 1 erlassenen einstweiligen Anordnungen umschließt nicht zugleich die ihnen korrespondierenden, für den Fall des Nachrückverfahrens erlassenen einstweiligen Anordnungen nach Ziffer 2; nach Ablauf der Beschwerdefrist können diese nicht mehr mit der Beschwerde angegriffen werden. Ein nachrückender Antragsteller ist nicht etwa Rechtsnachfolger eines der nach Ziffer 1 erfolgreichen Antragsteller.

Das Beschwerdegericht hält es wegen der verfahrensmäßigen Besonderheiten eines gerichtlich angeordneten Nachrückverfahrens auch nicht für sachgerecht, die Kostentragung an dem Grundsatz auszurichten, dass die Kostenlast den Beteiligten trifft, der ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich unterlegen wäre, und die Kosten bei offenem Verfahrensausgang zu teilen bzw. sie dann, wenn sich ein Kapazitätsrechtsstreit durch eine anderweitige Zulassung des Studienbewerbers zum gewünschten Studiengang erledigt, dem Studienbewerber aufzuerlegen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 9.5.2007, juris). Die für die Kostentragung zu beachtende Besonderheit liegt darin, dass die Erledigung nicht durch einen außerhalb des Verfahrens liegenden Umstand wie den einer anderweitigen Zulassung zum Studium eintritt, sondern das Risiko der Erledigung in der Anordnung eines Nachrückverfahrens selbst angelegt ist. Das Erledigungsrisiko wegen Nichteintritts des Nachrückens lässt sich nicht der Sphäre nur des einen oder des anderen Beteiligten zurechnen. Erst wenn ein Nachrücken stattgefunden hat, stehen die Beteiligten sich wieder in den typischen Rollen eines Kapazitätsrechtsstreits um die Verfügbarkeit eines weiteren Studienplatzes gegenüber.

Es erscheint dem Beschwerdegericht als verfahrensgerecht, die Kosten eines Beschwerdeverfahrens, das wegen Ausfalls des Nachrückverfahrens zu beenden ist, dergestalt unter den Beteiligten aufzuteilen, dass sie die Gerichtskosten zur Hälfte und ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen haben. Diese Kostenteilung wird am ehesten der Besonderheit gerecht, dass das Erledigungsrisiko aus der über das einzelne Streitverhältnis hinausreichenden allgemeinen Verfahrensgestaltung eines Nachrückverfahrens entsteht und insoweit nicht der Rolle eines der Beteiligten zuzuordnen ist. Das damit verbundene Kostenrisiko kann nicht allein dem jeweiligen Beschwerdeführer aufgebürdet werden. An den Kosten des Beschwerdeverfahrens auch den Studienbewerber zu beteiligen, der den erstinstanzlichen Beschluss selbst nicht angegriffen hat, findet seinen Grund darin, dass dieser Beteiligte mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Streitverfahren in Gang gesetzt hat, zu dem das für beide Beteiligte im Ausgang offene Zwischenstadium eines gerichtlich angeordneten Verteilungsverfahrens mit der Möglichkeit des Nachrückens gehören kann.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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