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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 3 So 166/06
Rechtsgebiete: AufenthG, Weisung Nr. 1/2005


Vorschriften:

AufenthG § 5 Abs. 3
AufenthG § 25 Abs. 5
Weisung Nr. 1/2005 der Behörde für Inneres vom 17. Dezember 2004 (in der Fassung vom 4. Oktober 2005)
1. Ob die Soll-Regelung des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG durch § 5 Abs. 3 Halbsatz 2 AufenthG zu einer reinen Ermessensregelung herabgestuft oder - umgekehrt - die Kann-Bestimmung des § 5 Abs. 3 Halbsatz 2 AufenthG durch die Soll-Regelung des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG als einer spezielleren Vorschrift modifiziert wird, ist eine offene Frage.

Die Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg hat das gegebenenfalls nach § 5 Abs. 3 Halbsatz 2 AufenthG bestehende Ermessen durch die Weisung Nr. 1/2005 dahin gelenkt, dass in den Fällen des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG grundsätzlich auch von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG abzusehen ist.

2. Dem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG dürfte der Umstand nicht entgegenstehen, dass die mit dem gerichtlichen Verpflichtungsausspruch verbundene Aufhebung des Versagungsbescheids rückwirkend zugleich die Ausreisepflicht des Ausländers beseitigt, deren vollziehbares Bestehen aber gerade zu den Anspruchsvoraussetzungen gehört.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

3 So 166/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke und Niemeyer am 30. Januar 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Oktober 2006 geändert. Den Klägern wird im Hinblick auf das Klageverfahren in erster Instanz (9 K 49/06) in vollem Umfang Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M bewilligt.

Gründe:

Die zulässige, insbesondere fristgemäß erhobene Beschwerde hat Erfolg. Den Klägern ist vollen Umfangs Prozesskostenhilfe zu bewilligen und der Klägervertreter insoweit beizuordnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2, 1. Alt. ZPO).

1. Die Kläger haben mit ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und dem dort beigefügten Leistungsbescheid des Bezirksamts Hamburg-Nord glaubhaft gemacht, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen können (§§ 166 VwGO, 114 ZPO).

2. Die mit der Klage beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet im Sinne von § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO in vollem Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Klägerin zu 1) als auch bzgl. des Klägers zu 2).

a) Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussichten im Sinne des Prozesskostenhilferechts genügt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Rechtsverfolgung. Die Prüfung der Erfolgsaussichten im Prozesskostenhilfeverfahren darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung für eine unbemittelte Partei unverhältnismäßig zu erschweren und die Gewährung der Prozesskostenhilfe von einem schon hoch wahrscheinlichen oder gar sicheren Prozesserfolg abhängig zu machen, denn damit würde die Rechtsverfolgung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.1.1994, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 33). Der dem Gericht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten zukommende Entscheidungsspielraum wird durch Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG begrenzt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.2.2004, NJW 2004 S. 1789). Diese Grenze wird überschritten, wenn dem Unbemittelten durch überspannte Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht der weitgehend gleiche Zugang zu Gericht ermöglicht wird wie dem Bemittelten (vgl. BVerfG, a.a.O.).

b) Bei der Klägerin zu 1) sprechen im o.g. Sinne hinreichende Erfolgsaussichten dafür, dass ihr gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (und nicht bloß auf diesbezügliche Neubescheidung) zusteht.

aa) Die Klägerin zu 1) ist, wie § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG dies voraussetzt, vollziehbar ausreisepflichtig. Denn sie ist (laut ihren Angaben, vgl. die Anhörung vom 7.4.2000) im November 1999 entgegen der durch ihre Abschiebung im August 1998 begründeten Sperrwirkung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG) eingereist. Damit hat sie seinerzeit den Tatbestand der unerlaubten Einreise verwirklicht, wodurch sie vollziehbar ausreisepflichtig ist (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG bzw. §§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 3, 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).

bb) Es spricht nach derzeit erkennbarer Sach- und Rechtslage auch einiges dafür, dass ihre Ausreise im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall dieses Hindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, weil ihre Aids-Erkrankung in Ecuador nicht hinreichend behandelt werden könnte.

Aus dem mit der Klagebegründung vom 22. August 2006 vorgelegten Attest vom 7. August 2006 und den Stellungnahmen verschiedener ecuadorianischer Einrichtungen ergibt sich hinreichend plausibel, dass die Klägerin zu 1) nach gegenwärtiger Sachlage bei einer Rückkehr nach Ecuador in eine erhebliche gesundheitliche, möglicherweise sogar tödliche Gefährdung geriete, weil sie die in Deutschland begonnene (und angesichts der vorherigen Komplikationen offenbar notwendige, vgl. das Attest vom 7.8.2006) Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten der sog. zweiten Generation in Ecuador nicht fortsetzen könnte. Wie insbesondere die Auskunft des Gesundheitsministeriums von Ecuador vom 15. August 2006 (Anl. K 5) zeigt, würde auch das dortige nationale Aidsprogramm eine derartige Behandlung nicht ermöglichen, weil es bisher und auf absehbare Zeit ausschließlich Medikamente der sogenannten ersten Generation einbezieht, deren Zuteilung im Übrigen bereits für die in Ecuador lebenden HIV-Infizierten nur nach Aufnahme in Wartelisten erfolgt. Die von der Beklagten erwirkte Stellungnahme des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 20. Oktober 2005 und der dort (S. 2) enthaltene Hinweis auf das nationale Aidsprogramm genügen angesichts der o.g. Stellungnahmen ecuadorianischer Einrichtungen jedenfalls nicht, um bereits im jetzigen Verfahrensstadium eine erhebliche Gefährdung der Klägerin zu 1) im Fall ihrer Rückkehr nach Ecuador mit hinreichender Gewissheit auszuschließen.

Die somit hinreichend wahrscheinliche Gefährdung der Klägerin zu 1) würde voraussichtlich jedenfalls die Voraussetzungen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllen (zu krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Gefahren vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 29.10.2002, DVBl. 2003 S. 463 ff., bzgl. der identischen Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG). Auch derartige zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote werden von dem Begriff der rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise in § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.6.2006, InfAuslR 2007 S. 4, 6). Somit kann hier offen bleiben, ob eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise außerdem nach Maßgabe des Grundrechts der Klägerin auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG anzunehmen sein könnte (zu den diesbezüglich strengeren Maßstäben vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 2.4.2003, NordÖR 2003 S. 414, 416).

Sollten die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bei der Klägerin zu 1) erfüllt sein, so wäre sie unter den gegebenen Umständen auch unverschuldet an der Ausreise gehindert (vgl. § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG).

cc) Es spricht schließlich auch eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass das nach § 25 Abs. 5 AufenthG an sich eröffnete Ermessen der Beklagten dahin reduziert wäre, der Klägerin zu 1) die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen (und nicht etwa zu versagen).

Da die Klägerin zu 1) nicht sämtliche allgemeine Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG erfüllt, stünde es nach § 5 Abs. 3 Hs. 2 AufenthG im Ermessen der Beklagten, von der Anwendung dieser Bestimmungen abzusehen. Nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG allerdings soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung - wie dies bei der Klägerin zu 1) der Fall sein dürfte - seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Es kann hier dahin stehen, ob generell - wie das Verwaltungsgericht es annimmt - die Soll-Regelung des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG gemäß § 5 Abs. 3 Hs. 2 AufenthG in den dort erfassten Fällen zu einer reinen Ermessensregelung herabgestuft wird, oder ob nicht vielmehr - umgekehrt - die Kann-Bestimmung des § 5 Abs. 3 Hs. 2 AufenthG durch die Soll-Regelung in § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG als einer in diesen Fällen spezielleren Vorschrift modifiziert wird. Denn jedenfalls hat die Beklagte das ihr ggf. nach § 5 Abs. 3 Hs. 2 AufenthG zustehende Ermessen selbst durch ihre mit der Weisung 1/2005 (vom 17.12.2004, in der Fassung vom 4.10.2005) gesteuerte Praxis dahin gelenkt, dass in den Fällen, in denen "nach § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG ein Aufenthaltstitel erteilt werden soll, ... grundsätzlich auch von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG abzusehen (ist)" ("2. Sonderregelungen für Aufenthaltstitel aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (§§ 22 bis 26 AufenthG)", Seite 9. f.). Dieser Grundsatz wird nach der Weisung (a.a.O., S. 10) lediglich für die Fallgruppe modifiziert, dass Ausweisungsgründe vorliegen: Dann "ist zu prüfen, ob diese auch eine Ausweisung tatsächlich rechtfertigen. Ist dies zu bejahen, ist eine Ausweisung zu verfügen mit der Folge der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG; ist dies zu verneinen, ist die Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich zu erteilen".

Die von der Beklagten zu treffende Ermessensentscheidung würde sich, sofern das Klagverfahren ergeben sollte, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG vorliegen, also - sofern dieses Ermessen nicht bereits unmittelbar durch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG gelenkt sein sollte - danach zu bemessen haben, ob die Klägerin zu 1) angesichts möglicherweise gegebener Ausweisungsgründe tatsächlich ausgewiesen werden könnte und sollte. Ob der Sozialhilfebezug der Kläger (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG) unter den hier gegebenen Umständen eine Ausweisung der Klägerin zu 1) rechtfertigen könnte, erscheint nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als zumindest zweifelhaft. Dies gilt auch im Hinblick auf das Berücksichtigungsgebot gemäß § 55 Abs. 3 AufenthG, bei dem auch die gesundheitlichen Gefahren in Ecuador einzubeziehen wären (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.1996, NvwZ 1997 S. 685, 686 f., zur identischen Regelung in § 45 Abs. 2 AuslG). Somit spricht viel dafür, dass das ggf. eröffnete Ermessen der Beklagten jedenfalls nach Maßgabe ihrer durch die Weisung 1/2005 gesteuerten Praxis dahin reduziert wäre, der Klägerin zu 1) nach § 25 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Somit kann hier offen bleiben, ob ein Erteilungsermessen der Beklagten nach § 5 Abs. 3 Hs. 2 AufenthG auch unabhängig von der Bestimmung des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG aus den in der Beschwerde vom 9. November 2006 (Seite 2 oben und unten) genannten Gründen dahin reduziert wäre, die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

c) Auch die von dem Kläger zu 2) erhobene Klage hat nach den o.g, im Prozesskostenhilferecht geltenden Maßstäben hinreichende Erfolgsaussicht. Dies gilt zwar nicht im Hinblick auf die Bestimmungen in § 29 und § 25 Abs. 3 AufenthG, wohl aber gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG.

aa) Die Regelungen über den Familiennachzug (§§ 27 ff., insbes. § 29 AufenthG) vermögen dem Kläger zu 2) voraussichtlich bereits deshalb nicht zu helfen, da die Klägerin zu 1) "nur" nach § 25 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erhalten könnte; in den Fällen des § 25 Abs. 5 AufenthG ist ein Familiennachzug aber ausgeschlossen (§ 29 Abs. 3 Satz 2 AufenthG).

bb) Aus § 25 Abs. 3 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf gesundheitliche Risiken in Ecuador dürfte der Kläger zu 2) ebenfalls keinen Anspruch haben.

Es ist nicht ersichtlich, dass seine Fehlbildung am rechten Arm in Ecuador zu einer erheblichen konkreten Gefahr für seine Gesundheit führen würde; auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss (Seite 4) wird Bezug genommen.

cc) Es besteht aber auch im Fall des Klägers zu 2) eine hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit nach Maßgabe des § 25 Abs. 5 AufenthG.

aaa) Seine Ausreise ist gemäß Art. 6 GG im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG rechtlich unmöglich, falls die Ausreise der Klägerin zu 1) aus den o.g. Gründen rechtlich unmöglich sein sollte. Sollte die Klägerin zu 1) nach § 25 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, dürfte zudem ein ggf. eröffnetes Ermessen der Beklagten gegenüber dem Kläger zu 2) erst recht auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis beschränkt sein.

bbb) Den hinreichenden Erfolgsaussichten eines mit der vorliegenden Klage durchsetzbaren Anspruchs des Klägers zu 2) aus § 25 Abs. 5 AufenthG steht auch nicht die in § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG normierte Voraussetzung entgegen, dass der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig sein muss. Der Kläger zu 2) ist derzeit vollziehbar ausreisepflichtig, weil die Beklagte seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels durch den Bescheid vom 8. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Dezember 2005 abgelehnt hat (vgl. §§ 58 Abs. 2 Satz 2, 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Diese Situation wird auch zu dem für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauern.

Zu einem anderen Ergebnis führt hier nicht der Umstand, dass die vollziehbare Ausreisepflicht des Klägers zu 2) allein auf dem Erlass der genannten Versagungsbescheide beruht, nachdem er im Bundesgebiet geboren ist und sich hier bis zum Erlass des Bescheids vom 8. November 2002 sogar erlaubt aufgehalten hat (vgl. § 69 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 AuslG), und dass sich die vorliegende Klage gerade gegen die genannten Bescheide richtet. Würden diese Bescheide auf die Klage hin aufgehoben, so entfiele allerdings für den Kläger zu 2) rückwirkend die Ausreisepflicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.2.1998, InfAuslR 1998 S. 220, 221). Damit wäre er in dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen hätte, entgegen dieser Vorschrift nicht mehr vollziehbar ausreisepflichtig; die Rechtskraft des mit einem stattgebenden Urteil verbundenen Aufhebungstenors würde zugleich dazu führen, dass eine für den Verpflichtungstenor notwendige Tatbestandsvoraussetzung rückwirkend nicht mehr vorläge.

Es kommt aber jedenfalls in Betracht, dass diese "Paradoxie" einem aus § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG abgeleiteten Anspruch des Klägers zu 2) nicht entgegensteht. Zu dem für das Verwaltungsgericht im dortigen Klagverfahren maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung stünde eine stattgebende Entscheidung im Einklang mit dem Wortlaut von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, da der Kläger zu 2) dann noch vollziehbar ausreisepflichtig sein wird; dass der mit der Entscheidung ab dem Eintritt ihrer Rechtskraft verbundene Wegfall der vollziehbaren Ausreisepflicht vorwirkend berücksichtigt werden müsste, erscheint nicht unbedingt als zwingend. Dies würde im Übrigen zu dem wenig praxisnahen Ergebnis führen, dass der Kläger zu 2) - angenommen, dass der Klägerin zu 1) eine Aufenthaltserlaubnis zusteht - ohne weiteres einen Anspruch aus § 25 Abs. 5 AufenthG i. v. m. Art. 6 GG erlangen würde, den er allerdings mit einem neuen Antrag geltend zu machen hätte, falls die mit seiner Klage angegriffenen Bescheide (etwa durch Rücknahme seiner Klage) bestandskräftig werden sollten und er damit für ein neues aufenthaltsrechtliches Verfahren vollziehbar ausreisepflichtig bliebe. Unter der Geltung von § 30 Abs. 3 und 4 des Ausländergesetzes 1990, wo eine unanfechtbare Ausreisepflicht Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis war (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. v. 3.6.1997, InfAuslR 1997 S. 391, 393), waren derartige Verlagerungen aufenthaltsrechtlicher Streitigkeiten in neue Verfahren häufig nicht zu vermeiden, wenn erst die erfolglose Beendigung des laufenden Verfahrens erforderlich war, um die Unanfechtbarkeit der Ausreisepflicht zu begründen und auf dieser Grundlage den bisherigen Streit sogleich in einem neuen Verfahren fortzusetzen. Es dürfte eine zumindest offene Frage sein, ob solche Verfahrensweisen auch nach Maßgabe von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG geboten sein sollen, wenn der betreffende Ausländer in dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt noch vollziehbar ausreisepflichtig ist.

3. Eine Kostenentscheidung für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist im Hinblick auf § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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