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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 3 So 67/05
Rechtsgebiete: JVEG, VwGO


Vorschriften:

JVEG § 4
JVEG § 7
JVEG § 15
VwGO § 30
Ein ehrenamtlicher Richter, dessen Mitwirkung an einem anberaumten Gerichtstermin besonders hohe Entschädigungskosten wegen einer notwendigen beruflichen Vertretung verursachen würde, ist verpflichtet, das Gericht im Vorwege unverzüglich über diese Umstände zu unterrichten.

Vertretungskosten können, wenn sie aus dem Rahmen fallen (hier: 920,-- Euro), die Verhinderung des ehrenamtlichen Richters begründen.


3 So 67/05

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth und Jahnke sowie die Richterin Langenohl am 18. Januar 2006 beschlossen:

Tenor:

Die dem Antragsteller für seine Mitwirkung am Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht vom 22. Februar 2005 zu erstattende Entschädigung wird auf 949,20 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Staatskasse begehrt die gerichtliche Festsetzung einer vom Antragsteller geltend gemachten Entschädigung.

Der Antragsteller ist als Mitgesellschafter und Partner freiberuflich in der Firma & , & Partner GbR - Beratung Management - tätig. Er wirkte als ehrenamtlicher Richter am 22. Februar 2005 an einem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem entscheidenden Senat mit. Am 28. Februar 2005 machte er bei der Kostenbeamtin des Gerichts eine Entschädigung für Zeitversäumnis für viereinhalb Stunden und Fahrtkosten für insgesamt 14 gefahrene Kilometer geltend, daneben die Kosten einer beruflichen Vertretung am Sitzungstag. Insoweit legte er eine Rechnung der Firma + GmbH vom 15. Februar 2005 vor. Diese weist Kosten für einen Tag Unternehmensberatung in Vertretung des Antragstellers in Höhe von 920,-- Euro zuzüglich 147,20 Euro Mehrwertsteuer aus.

Zur Begründung der Notwendigkeit der Vertretungskosten trug der Antragsteller auf Veranlassung des Vertreters der Staatskasse vor, dass am 22. Februar 2005 eine Präsentation eines für sein Unternehmen zentralen Projekts vor einem Kreis von Kooperationspartnern stattgefunden habe. Seine beiden Mitgesellschafter hätten ihn nicht vertreten können, weil einer ortsabwesend und der andere als -Spezialist wegen fehlenden kaufmännischen Wissens für eine derartige Präsentation nicht geeignet gewesen sei. Er habe sich kostenbewusst verhalten, weil der geltend gemachte Tagessatz in einem für Unternehmensberater eher unteren Bereich liege und seine Kollegen und er üblicherweise zu einem höheren Tagessatz arbeiteten. Weder in den ihm überreichten Unterlagen noch in der umfangreichen mündlichen Einführung in das Amt des ehrenamtlichen Richters sei er darauf aufmerksam gemacht worden, dass eine erforderliche berufliche Vertretung dem Grunde oder der Höhe nach vorab zu genehmigen sei. Er sei in diesem Zusammenhang darüber informiert worden, dass die Ausübung dieses Amtes eine hohe Verbindlichkeit darstelle, weiter darüber, dass die Kosten einer berufsbedingten Vertretung übernommen würden. Nach Erhalt der Ladung habe er sich telefonisch an die Geschäftsstelle des Gerichts gewandt und seine Verfügbarkeit mitgeteilt. Dabei habe er auf die Notwendigkeit einer beruflichen Vertretung hingewiesen. Seine Frage, ob die Sitzung einen halben oder ganzen Tag erfordern werde, habe nicht verbindlich beantwortet werden können. Er habe daher eine Vertretung für einen ganzen Tag engagiert.

Die von dem Vertreter der Staatskasse um Stellungnahme gebetene Mitarbeiterin der Geschäftsstelle erklärte, dass der Antragsteller dort telefonisch seine Teilnahme am Termin bestätigt und sich nach der Länge der Sitzung erkundigt habe. Eine konkrete Aussage habe sie dazu nicht machen können. Sie erinnere nicht, dass sich der Antragsteller über eine notwendige Vertretung geäußert habe. Ausschließen könne sie, dass über eventuell entstehende Kosten gesprochen worden sei.

Unter dem 7. April 2005 hat der Vertreter der Staatskasse die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung des Antragstellers auf 29,20 Euro beantragt. Diese Kosten seien dem Grunde und der Höhe nach unbestritten und bereits angewiesen worden. Der darüber hinaus gehende Antrag sei zurückzuweisen. Gemäß § 7 Abs. 1 JVEG seien die Kosten für eine notwendige Vertretungsperson grundsätzlich erstattungsfähig. Der Antragsteller habe die geltend gemachten Aufwendungen zwar glaubhaft nachgewiesen, doch habe er nicht hinreichend versucht, die unverhältnismäßig hohen Kosten für seine Heranziehung zu vermeiden. Er habe es versäumt, das Gericht auf das Entstehen der unverhältnismäßig hohen Aufwendungen hinzuweisen und diesem dadurch die Möglichkeit zu geben, eine kostengünstigere Lösung zu veranlassen. Mit der bloßen Erwähnung der Bestellung eines Vertreters, ohne auf Art und Umfang der dadurch entstehenden Kosten spezifiziert hinzuweisen, habe er seiner Obliegenheit nicht genügt.

In Erwiderung auf den Antrag des Vertreters der Staatskasse führt der Antragsteller aus, dass es angesichts der Detailtiefe, mit der die neuen ehrenamtlichen Richter über Rechte und Pflichten informiert worden seien, unbillig erscheine, dass nun eine Regelung gelten solle, über die er unzureichend informiert worden sei. Ferner teilte er mit, dass der Betrag von 1.067,20 Euro um den Betrag der Mehrwertsteuer (147,20 Euro) gekürzt werden müsse, da die Mehrwertsteuer auf dem Wege der Vorsteueranmeldung erstattet werde.

II.

Der Senat versteht das Vorbringen des Antragstellers dahin, dass dieser eine Entschädigung anlässlich seiner Mitwirkung an dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2005 in Höhe von 949,20 Euro begehrt.

Die Entschädigung wird auf 949,20 Euro - also in der vom Antragsteller geltend gemachten Höhe - festgesetzt.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776) - JVEG - erfolgt die Festsetzung der Entschädigung durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder - wie hier - die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt. Zuständig ist das Gericht, bei dem der Berechtigte als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG). Dies ist der 3. Senat des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts gewesen. Das Gericht entscheidet grundsätzlich durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 4 Abs. 7 Satz 1 1. Halbsatz JVEG). Mit Beschluss vom 9. Januar 2006 hat die Einzelrichterin das Verfahren gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache dem Senat übertragen.

Die gerichtliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG ist keine Abänderung der von der Anweisungsstelle vorgenommenen Berechnung, sondern nach dem Wortlaut dieser Vorschrift eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Es ist die gesamte Entschädigung festzusetzen; die gerichtliche Entscheidung darf sich nicht darauf beschränken, eine allgemeine, nicht erschöpfende Richtlinie zu geben (vgl. zum Vorstehenden Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, 23. Aufl., 2005, § 4 Rdnr. 4.12. b und c). Der Senat hat damit alle vom Antragsteller geltend gemachten Positionen zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie zwischen ihm und der Staatskasse strittig sind (vgl. LSG Erfurt, Beschl. v. 27.9.2005 - L 6 SF 408/05, in juris).

Die festgesetzte Entschädigung errechnet sich wie folgt:

1. Der Ersatz der Fahrtkosten ist in der beantragten Höhe zu erstatten. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 JVEG werden bei der Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Benutzung überlassenen Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer 0,30 Euro ersetzt. Der Antragsteller hat Fahrten von insgesamt 14 Kilometern Länge geltend gemacht. Es ergibt sich mithin ein Betrag in Höhe von 4,20 Euro.

2. Die Entschädigung für die Zeitversäumnis beträgt 5,-- Euro je Stunde (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 16 JVEG) und für viereinhalb Stunden insgesamt 25,-- Euro, da die letzte bereits begonnene Stunde gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 JVEG voll gerechnet wird.

3. Weiter zu erstatten sind die vom Antragsteller geltend gemachten Aufwendungen für seine berufliche Vertretung am Sitzungstag.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG werden die in §§ 5, 6 und 12 nicht besonders genannten baren Auslagen ersetzt, soweit sie notwendig sind. Dies gilt gemäß Satz 2 dieser Vorschrift insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen.

Die Wahrnehmung der Aufgaben des Antragstellers bei der Präsentationsveranstaltung seines Unternehmens durch einen externen Dritten fällt unter den in § 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG ohne Einschränkung verwendeten Begriff Vertretungen.

Die Vertretung des Antragstellers und die dafür getätigten Aufwendungen sind auch notwendig im Sinne des § 7 Abs. 1 JVEG gewesen. Die Regelung des § 7 Abs. 1 JVEG verlangt mit ihren Sätzen 1 und 2 eine doppelte Notwendigkeitsprüfung (vgl. auch LSG Celle, Beschl. v. 6.1.2000, SozVers 2000, S. 305, dort zu § 11 Abs. 1 ZSEG). Zum einen ist die Notwendigkeit für den Einsatz eines Vertreters zu prüfen, zum anderen die Notwendigkeit der Höhe der geltend gemachten Auslagen.

Die Notwendigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 JVEG fehlt, wenn der Berechtigte nicht alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um die Kosten so gering wie möglich zu halten und schon die Bestellung eines Vertreters überhaupt abzuwenden. Abgewendet werden kann die Beauftragung eines Vertreters, indem versucht wird, die Verlegung oder Aufhebung des beruflichen Termins, für den der Vertreter bestellt werden müsste, zu bewirken. Weiter kann das Gericht auf die Überschneidung der Termine hingewiesen und diesem damit die Gelegenheit gegeben werden, die in seinem Bereich liegenden Möglichkeiten zu prüfen, eine kollidierende Heranziehung zu vermeiden.

a) Für den Antragsteller haben keine zumutbaren betrieblichen Möglichkeiten bestanden, die Beauftragung eines Vertreters zu vermeiden. Der Senat vertraut insoweit den Erklärungen des Antragstellers. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf das Gericht bei den auf gewissenhafte Amtsführung vereidigten ehrenamtlichen Richtern darauf vertrauen, dass sie sich ihrer richterlichen Pflicht nicht ohne zwingenden Grund entziehen, sondern nach pflichtgemäßer Abwägung zu dem Ergebnis gelangen, verhindert zu sein (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 13.5.1976, Buchholz 310 § 30 Nr. 13; Urt. v. 28.2.1984, Buchholz 310 § 30 Nr. 18; Urt. v. 25.4.1991, BVerwGE Bd. 88 S. 159). Gleiches hat im Grundsatz für die Angaben des ehrenamtlichen Richters zu den für seine Entschädigung erheblichen Umständen zu gelten. Dementsprechend geht der Senat vorliegend davon aus, dass der Antragsteller die Möglichkeit, den beruflichen Termin der Präsentation eines für seine Firma wichtigen Projekts vor einem größeren Kreis von Teilnehmern abzusagen oder aufzuschieben, sorgfältig erwogen und erst nach gewissenhafter Prüfung verneint hat. Der Antragsteller hat ferner glaubhaft dargelegt, dass es nicht möglich gewesen ist, sich betriebsintern - und damit kostenfrei - vertreten zu lassen; denn seinen Angaben zufolge hätte keiner seiner Mitgesellschafter und Partner die Vertretung übernehmen können.

b) Entgegen der Ansicht des Vertreters der Staatskasse schadet es dem Antragsteller im Ergebnis nicht, das Gericht nicht davon unterrichtet zu haben, dass voraussichtlich Kosten in Höhe von 920,-- Euro für die Bestellung eines Vertreters entstehen. Der Senat ist allerdings der Auffassung, dass ein ehrenamtlicher Richter grundsätzlich verpflichtet ist, das Gericht unverzüglich auf die Notwendigkeit einer beruflichen Vertretung hinzuweisen, wenn dadurch hohe Kosten entstehen (aa). Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller seiner Mitteilungspflicht in vollem Umfang nachgekommen ist (bb). Selbst wenn es daran mangels Hinweises auf die Kostenhöhe fehlen sollte, sind die geltend gemachten Kosten zu erstatten. Weil der Antragsteller über Inhalt und Reichweite einer solchen Mitteilungspflicht nicht hinreichend aufgeklärt worden ist, darf sich die Unvollständigkeit der Mitteilung nicht zu seinem Nachteil auswirken (cc).

aa) Ein ehrenamtlicher Richter, dessen Mitwirkung an einem anberaumten Gerichtstermin voraussichtlich besonders hohe Vertretungskosten verursachen würde, ist grundsätzlich verpflichtet, das Gericht im Vorwege unverzüglich über diese Umstände zu unterrichten.

In Hinblick auf Zeugen besteht in Rechtsprechung und Literatur die einhellige Auffassung, dass diese verpflichtet sind, das Gericht auf Umstände hinzuweisen, die für den anberaumten Vernehmungstermin ihr Erscheinen besonders kostspielig machen (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.5.1992, MDR 1993, S. 89, dort zu § 11 Abs. 1 Satz 1 ZSEG und im Falle von Kosten für eine Vertretung in Höhe von 2.500,-- bis 3.000,-- DM; OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.11.1999 - 25 U 87/98, in juris, dort zu § 11 Abs. 1 Satz 1 ZSEG bei Kosten in Höhe von 975,-- DM; vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 7 JVEG, Rdnr. 7.4.; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., 2005, § 7 JVEG, Rdnr. 6, dort allgemein formuliert und nicht nur auf Zeugen bezogen). Diese Auffassung teilt auch der Senat. Sie gründet darauf, dass das Gericht aufgrund eines solchen Hinweises grundsätzlich mehrere Möglichkeiten hat, für die an einem bestimmten Tag angesetzte Vernehmung des Zeugen einen kostengünstigeren Weg zu wählen. Neben der Verlegung des Termins der Beweisaufnahme insgesamt oder nur in Bezug auf den betroffenen Zeugen kann eine Beweisaufnahme durch den beauftragten oder ersuchten Richter nach § 375 ZPO oder die Anordnung der schriftlichen Beantwortung der Beweisfragen nach § 377 Abs. 3 ZPO in Betracht kommen.

Von diesen Möglichkeiten, die Heranziehung eines Zeugen kostengünstiger zu gestalten, besteht in Hinblick auf die Mitwirkung eines ehrenamtlichen Richters in erster Linie die der Verlegung des Sitzungstages. Die Verlegung eines Sitzungstages ist indes ihrerseits mit Kosten und Zeitaufwand verbunden. Sie steht im Ermessen des Vorsitzenden und wird sich nach der Art des Sitzungsbetriebes und der terminlichen Beanspruchung der Verfahrensbeteiligten und ihrer Prozessbevollmächtigten nur unter besonderen Umständen anbieten. Ob allein diese eingeschränkte Möglichkeit, die Bestellung eines Vertreters entbehrlich zu machen, die Hinweispflicht des ehrenamtlichen Richters begründen könnte, erscheint nicht zweifelsfrei, kann aber dahinstehen. Für die Mitteilungspflicht des ehrenamtlichen Richters hat - anders als bei Zeugen - ein weiterer Umstand Gewicht: Vertreterkosten können, wenn sie in ihrer Höhe aus dem Rahmen fallen, die Verhinderung des ehrenamtlichen Richters begründen. Ist dies der Fall, zieht das Gericht den im Vertretungsfall berufenen (nächsten) ehrenamtlichen Richter zu dem angesetzten Sitzungstag heran.

Ehrenamtliche Richter sind bei der Ausübung des ihnen übertragenen Amtes zwar verpflichtet, wenn und soweit es zumutbar ist, ihre beruflichen und privaten Interessen zurückzustellen und zum Termin zu erscheinen (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1976, NJW 1977, S. 443, dort zu § 54 Abs. 1 GVG). Sie dürfen nicht ohne triftigen Grund von einer Sitzung fernbleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 30 VwGO können berufliche oder geschäftliche Verpflichtungen grundsätzlich einen Hinderungsgrund darstellen (BVerwG, Urt. v. 22.10.1985, NVwZ 1986, S. 1010, m.w.N.; Kopp, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 30 Rdnr. 6). Dieser Grundsatz, dem sich der Senat anschließt, gilt insbesondere, wenn ein ehrenamtlicher Richter in der Zeit, für die er zur Mitwirkung geladen ist, berufliche Angelegenheiten erledigen muss, die er nicht ohne erheblichen Schaden aufschieben und bei denen er sich auch nicht durch einen anderen vertreten lassen kann (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.1966, NJW 1967, S. 165). Dieser Grundsatz hat jedenfalls für die ehrenamtlichen Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit, für die § 30 VwGO und nicht § 54 Abs. 1 GVG mit seinen möglicherweise strengeren Anforderungen anzuwenden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.5.1976, Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 13) auch zu gelten, wenn die berufliche Vertretung nur unter Aufwendung hoher, aus dem Rahmen fallender Kosten möglich ist.

Gegen diese Auffassung spricht nicht, dass die für eine notwendige Vertretung aufgewendeten Kosten nach § 7 Abs. 1 JVEG ohne eine ausdrücklich bestimmte Höchstgrenze erstattungsfähig sind. Das Fehlen einer Höchstgrenze für die Entschädigung bedeutet nicht, dass der ehrenamtliche Richter ungeachtet der entstehenden Kosten nicht als verhindert angesehen werden darf, wenn er sich beruflich vertreten lassen kann. Zwar ist es dem betroffenen ehrenamtlichen Richter dann nicht tatsächlich unmöglich, an dem Sitzungstermin mitzuwirken. Damit allein entfällt ein Verhinderungsgrund aber nicht. Die Pflicht des ehrenamtlichen Richters, zum anberaumten Termin zu erscheinen, kann nicht isoliert betrachtet werden. Sie steht in einem Spannungsverhältnis zu dem Erfordernis, die Kosten eines Rechtsstreits im Rahmen des Verständigen nach Möglichkeit niedrig zu halten. Dieses Spannungsverhältnis darf bei der Entscheidung über die Frage der Verhinderung berücksichtigt werden. Auch wenn die Kosten für die Mitwirkung eines ehrenamtlichen Richters von der Allgemeinheit getragen werden und nicht zu den Kosten des Rechtsstreits zählen, die allein von den Verfahrensbeteiligten zu tragen sind, besteht ein gewichtiges - öffentliches - Interesse daran, diese Kosten gering zu halten. So hat der Gesetzgeber die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter ausdrücklich auf Fahrtkosten, Aufwand, Zeitversäumnis und Verdienstausfall sowie auf Nachteile bei der Haushaltsführung beschränkt und damit nicht alle Kosten, die den Betroffenen entstehen können, so etwa betriebliche Vorhaltekosten, berücksichtigt. Im Interesse der Kostenminimierung sind insbesondere für die Entschädigungsleistungen für Verdienstausfall Höchstsätze bestimmt. Der Gesetzgeber mutet damit Bürgern, die zu ehrenamtlichen Richtern berufen werden, nach den Umständen ihrer beruflichen Tätigkeit sogar finanzielle Einbußen zu, um die Prozesskosten insgesamt niedrig zu halten. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass hinter der Regelung des § 7 Abs. 1 JVEG die Auffassung des Gesetzgebers steht, auch besonders hohe Aufwendungen im Falle einer beruflichen Vertretung könnten keinen Verhinderungsgrund darstellen. Dass Kostengesichtspunkte die Verhinderung eines ehrenamtlichen Richters begründen können, ist auch sonst nicht ausgeschlossen. Die allgemeine Praxis, Urlaub grundsätzlich als Hinderungsgrund nach § 30 Abs. 2 VwGO anzusehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.5.1976, Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 13; Kopp, VwGO, § 30 Rdnr. 6; strenger BGH, Urt. v. 8.12.1976, NJW 1977, S. 443, dort zu § 54 GVG) trägt, wenn nicht allein, aber so doch auch dem Umstand Rechnung, dass anderenfalls erhebliche Stornierungs- oder Fahrtkosten entstehen könnten. Stornierungskosten fielen unter den Begriff bare Auslagen in § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 29.3.1990, JurBüro 1990, S. 1048, dort zu § 11 Abs. 1 Satz 1 ZSEG) und auch die Fahrtkosten wären grundsätzlich - nach § 5 Abs. 5 JVEG - erstattungsfähig.

Dieses Verständnis der Verhinderung eines ehrenamtlichen Richters widerspricht nicht verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Für die Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) wie auch für die vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts im Sinne von § 138 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist entscheidend, dass die Besetzung nicht unter sachfremden Einflüssen zustande kommt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.12.1982, Buchholz 310 § 138 Nr. 1 VwGO Nr. 24). Der Verdacht einer Manipulation liegt jedoch fern, wenn ein Ersatzrichter deshalb herbeigerufen wird, weil der zunächst berufene ehrenamtliche Richter wegen besonders hoher Kosten einer beruflichen Vertretung als verhindert angesehen wird.

Ab welcher Höhe die Kosten einer beruflichen Vertretung so hoch sind, dass eine Mitteilung darüber an das Gericht geboten ist, weil ein Verhinderungsgrund vorliegen kann, braucht hier nicht generell entschieden zu werden. Denn jedenfalls mit dem hier aufzuwendenden Betrag von 920,-- Euro ist eine solche Höhe erreicht gewesen. Dieser Betrag liegt um ein Vielfaches höher als der Betrag, der gemäß § 18 Satz 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 JVEG höchstens als Entschädigung für einen erlittenen Verdienstausfall gewährt wird, wenn der ehrenamtliche Richter - wie hier - für einen einzelnen Sitzungstag herangezogen wird. Dieser Höchstbetrag liegt bei 20,-- Euro je Stunde und, da gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 JVEG eine nach Stunden bemessene Entschädigung für nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt wird, bei 200,-- Euro je Tag. Weil eine berufliche Vertretung gerade dem Ziel dienen kann, einen Verdienstausfall zu vermeiden, bieten die vom Gesetzgeber festgelegten Höchstbeträge, die wegen Verdienstausfalls gewährt werden können, einen Anhalt dafür, welche Kosten für die Bestellung einer Vertretung aus dem Rahmen fallen. Bei einer Überschreitung des hier heranzuziehenden Anhaltswertes um mehr als das Vierfache ist nach Ansicht des Senats in jedem Falle eine Größenordnung erreicht, bei der die Kosten der Vertretung eine Mitteilung an das Gericht erfordern und in Betracht kommt, einen ehrenamtlichen Richter als verhindert anzusehen.

bb) Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller dieser Mitteilungspflicht in vollem Umfang nachgekommen ist. Der Antragsteller hat in seinem Telefonat mit der Geschäftsstelle nicht auf die anfallenden Kosten und deren Höhe, aber möglicherweise hinreichend deutlich auf die von ihm für erforderlich gehaltene berufliche Vertretung hingewiesen. Der sich daraus ergebenden Frage, ob schon ein Hinweis auf die Erforderlichkeit einer Vertretung zur Erfüllung der Mitteilungspflicht genügt, weil damit die Pflicht des Gerichts ausgelöst wird, den ehrenamtlichen Richter nach den Kosten einer solchen Vertretung zu fragen, braucht der Senat nicht nachzugehen. Die geltend gemachten Kosten sind unabhängig von dieser Frage zu erstatten. Weil der Antragsteller über die Mitteilungspflicht nicht aufgeklärt worden ist, darf sich auch eine Unvollständigkeit der Mitteilung nicht zu seinem Nachteil auf die Entschädigung auswirken.

cc) Der Antragsteller ist über die Pflicht, sich im Falle vorhersehbarer hoher Aufwendungen für eine berufliche Vertretung an das Gericht zu wenden, nicht hinreichend aufgeklärt worden. Dies wäre aber erforderlich gewesen. Denn eine solche Pflicht ergibt sich nicht ausdrücklich aus dem Gesetz. Da § 7 Abs. 1 JVEG die Höhe der Entschädigung für Vertretungskosten nicht begrenzt, musste sich der Antragsteller nach dem Gesetzestext nicht veranlasst sehen, wegen der Erstattungsfähigkeit der Kosten vorab an das Gericht heranzutreten. Weiter liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller im Rahmen der Einführungsveranstaltung im Hamburgischen Oberverwaltungsgericht über eine solche Pflicht informiert worden ist. Die ihm in schriftlicher Form ausgehändigten Hinweise besagen nichts über eine Pflicht zur Mitteilung an das Gericht im Falle von Vertretungskosten. Der Leitfaden für ehrenamtliche Richter widmet sich der Pflicht der ehrenamtlichen Richter, das Ehrenamt gewissenhaft auszuüben und rechtzeitig zur Sitzung zu erscheinen, sowie den möglichen Folgen der Verletzung dieser Pflicht - nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts und Festsetzung eines Ordnungsgeldes -. Wenn in dem Leitfaden zu Fragen der Entschädigung (Abschnitt V 4), und zwar ohne dass insoweit eine Einschränkung formuliert ist, ausgeführt wird, dass dem ehrenamtlichen Richter auch sonstige Auslagen, insbesondere die Kosten einer notwendigen Vertretung erstattet werden, bestand für den Antragsteller kein Anlass, seine Verhinderung in Betracht zu ziehen oder sich zur Klärung dieser Frage an das Gericht zu wenden. Er hat seine Pflicht, zum Sitzungstag zu erscheinen, zu Recht sehr ernst genommen. Zweifel an der Erstattungsfähigkeit der Vertreterkosten mussten sich ihm bei dieser Informationslage nicht allein wegen der Kostenhöhe von 920,-- Euro aufdrängen.

c) Die vom Antragsteller verauslagten Kosten sind schließlich notwendig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG. Der Senat hat keinen Anlass, an den Angaben des Antragstellers zu zweifeln, der verneint hat, dass er für die Wahrnehmung seiner geschäftlichen Verpflichtungen am 22. Februar 2005 einen Vertreter für einem geringeren Tagessatz als 920,-- Euro hätte bestellen können. Dass er einen Vertreter für einen ganzen Tag und nicht etwa für kürzere Zeit engagiert hat, ist nicht zu beanstanden. Denn über die mögliche Dauer des gerichtlichen Termins hat ihm das Gericht keine zuverlässige Auskunft geben können, so dass er für den Fall einer ganztägigen Mitwirkung Vorsorge treffen musste.

III.

Einer Entscheidung über die Kosten dieses Verfahrens bedarf es nicht, da es gemäß § 4 Abs. 8 JVEG gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.

Nach § 4 Abs. 4 Sätze 2 und 3 JVEG findet eine Beschwerde an das - nächsthöhere - Bundesverwaltungsgericht nicht statt.

Ende der Entscheidung

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