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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.04.2002
Aktenzeichen: 3 So 69/01
Rechtsgebiete: GKG
Vorschriften:
GKG § 20 Abs. 3 | |
GKG § 13 Abs. 1 Satz 1 |
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT
3. Senat
Beschluss vom 29. April 2002
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Dr. Müller-Gindullis, Korth und Kollak
am 29. April 2002 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. August 2001 festgesetzte Streitwert geändert. Der Streitwert wird auf 2000,-- DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Die angefochtene Streitwertfestsetzung betrifft ein Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis auf Probe wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat dem mit der Klagerhebung gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage entsprochen und den Streitwert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf 4.000,-- DM festgesetzt. Die Antragsgegnerin greift die Streitwertfestsetzung unter Berufung auf die ständige Spruchpraxis des Beschwerdesenats an, der den Streitwert nur mit einem Viertel des im Hauptsacheverfahren anzusetzenden Werts bemisst, wenn das Widerspruchsverfahren bereits durchgeführt ist und die Gewähr vorläufigen Rechtsschutzes allein noch das Klageverfahren betrifft. Das Verwaltungsgericht hat seine abweichende Festsetzung in dem Nichtabhilfebeschluss vom 10. Oktober 2001 näher begründet. Es hält die im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung vom Januar 1996, NVwZ 1996 S. 563, Nr. I 7) vorgeschlagene Bemessung mit der Hälfte des im Hauptsacheverfahren anzusetzenden Werts für angemessen, allerdings im Hinblick auf die eingehende Prüfung der Sache bereits im Eilverfahren ohnehin eher für zu niedrig, und vermisst eine plausible Begründung des Beschwerdesenats für die weitere Halbierung, die die anderen Senate des Beschwerdegerichts so nicht vornähmen. Auf die unterschiedliche Dauer der Wirkung eines Eilbeschlusses könne nicht überzeugend abgestellt werden, weil in der Regel nicht absehbar sei, wie schnell das Widerspruchsverfahren bzw. das Klageverfahren jeweils abgeschlossen würden.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 25 Abs. 3 Sätze 1 und 3 GKG, § 146 Abs. 1 VwGO zulässig. Die Beschwerdesumme ist erreicht. Maßgebend ist der in § 25 Abs. 3 Satz 1 GKG speziell für die Streitwertbeschwerde bestimmte Wert des Beschwerdegegenstandes von 100,-- DM (zur Anwendbarkeit des bisherigen Rechts vgl. § 73 Abs. 1 Satz 1 GKG), nicht die Wertgrenze für Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen nach § 146 Abs. 3 VwGO.
Die Beschwerde hat auch Erfolg. Der Streitwert ist gemäß §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1, 73 Abs. 1 Satz 1 GKG - ausgehend von einem Wert der Hauptsache nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG von 8.000,-- DM - auf nur 2.000,-- DM festzusetzen. Der Beschwerdesenat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit einem Viertel des für die Hauptsache anzusetzenden Werts zu bemessen ist, wenn vorläufiger Rechtsschutz nach dem Abschluss des Widerspruchsverfahrens allein noch für das Klageverfahren begehrt wird (Beschl. v. 25.8.1999 - 3 So 53/99 - m.w.N.; v. 28.1.1993 - OVG Bs VII 23/93 -; v. 23.7.1992 - OVG Bs VII 103/91 -; vgl. ferner Beschl. des I. Senats v. 25.8.1988, HmbJVBl. 1989 S. 45).
Gemäß §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Bedeutung der Sache zu bestimmen, die diese für den Rechtsschutzsuchenden nach dem von ihm gestellten Antrag hat. Die Bedeutung eines vorläufigen Rechtsschutzbegehrens bemisst sich im Verhältnis zur Hauptsache vor allem in zwei Hinsichten: In der Sachdimension hat Gewicht, welche Regelung vorläufig bestehen soll und wie nah sie dem Klageziel im Hauptsacheverfahren kommt. In der Zeitdimension ist die Dauer des erstrebten vorläufigen Zustands von Belang. Dagegen ist der vom Verwaltungsgericht angesprochene Gesichtspunkt der Intensität der Prüfung der Hauptsache schon im Eilverfahren und deren mögliche streitbeendende Wirkung für die Streitwertbemessung nach Ansicht des Senats unerheblich (Beschl. v. 25.8.1999 - 3 So 53/99 -): Weil maßgebend die Bedeutung der Sache ist, wie sie sich nach dem Antrag des Rechtsschutzsuchenden für diesen ergibt, kommt es auf den Grad der Schwierigkeit der Rechtssache, das Maß des gerichtlichen Prüfungsaufwands oder die Tragweite einer schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erreichten Aufklärung des Sachverhalts für eine endgültige Streitbeendigung nicht an. Zu bemessen ist der Wert des Streitgegenstandes selbst, nicht der Aufwand, der für eine gerichtliche Entscheidung über ihn erforderlich ist. Diesen zu berücksichtigen ist Aufgabe des Gebührenrechts.
Der Beschwerdesenat bemisst den Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung vom Januar 1996, NVwZ 1996 S. 563, Nr. I 7) in der Regel mit der Hälfte des Werts der Hauptsache, nimmt aber im Hinblick auf besondere Umstände in der Sachdimension (in Fällen etwa der "Vorwegnahme der Hauptsache") und in der Zeitdimension Abstufungen vor. Auch in zeitlicher Hinsicht können Umstände Gewicht haben, die in der "Regel" der Werthalbierung nicht angemessen berücksichtigt sind. Dies gilt nach Ansicht des Senats gerade für die Dauer des erstrebten Rechtsschutzes nach §§ 80 und 80 a VwGO in der Gestalt der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfech-tungsklage. Solange das Beschwerdegericht zu § 80 Abs. 1 VwGO die Auffassung vertrat, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs kraft Gesetzes mit dem Abschluss des Widerspruchs-verfahrens endete, lag es für die Streitwertfestsetzung auf der Hand, Anträge zur aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs in ihrer Bedeutung deutlich geringer zu bewerten als entsprechende Anträge in Bezug auf die Anfechtungsklage, bei der die mögliche lange Dauer eines über mehrere Instanzen gehenden Rechtsstreits zu berücksichtigen war (vgl. OVG Hamburg, Beschl. des I. Senats v. 25.8.1988, HmbJVBl. 1989 S. 45, 46). Die Abstufung erfolgte im Wege der Halbierung des Werts für einen Antrag zur aufschie-benden Wirkung der Klage, der seinerseits noch mit einem Drit-tel des Werts einer Klage angenommen wurde. Für den Rechts-schutzsuchenden kann es weiterhin ungeachtet des gesetzlich bestimmten Endes der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (vgl. nunmehr § 80 b Abs. 1 VwGO) sachgerecht und zweckmäßig sein, die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs begrenzt auf den Zeitraum bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zu beantragen. Der Beschwerdesenat berücksichtigt in diesen Fällen die in der Zeitdimension verminderte Bedeutung der Sache in Anknüpfung an die vorgenannte Entscheidung mit einer Halbierung des für den Regelfall anzusetzenden Werts. Eine gleiche Abstufung erscheint dem Senat dann folgerichtig und angemessen, wenn der Rechts-schutzsuchende diesen zeitlichen Abschnitt der regelmäßigen Dauer des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 1 VwGO aus-spart und erst einen Antrag zur aufschiebenden Wirkung der Kla-ge stellt. In dem einen wie in dem anderen Fall kann es aus Gründen der Praktikabilität für das Maß der Abstufung nicht näher auf die tatsächliche Dauer des Widerspruchsverfahrens und ihr Verhältnis zur mutmaßlichen Dauer des Klageverfahrens ankommen. Die Streitwertbemessung bleibt insoweit auf Typisie-rungen angewiesen, die es erlauben, die Festsetzungspraxis für die Beteiligten überschaubar zu halten. Im vorliegenden Zusam-menhang bietet es sich an, zur Typisierung die zweiteilige Struktur des Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf-zunehmen und den beiden Hauptphasen des Rechtsschutzes, wie sie in der Wirkung der Rechtsbehelfe des Widerspruch und sodann der Anfechtungsklage bestehen, in zeitlicher Hinsicht jeweils das gleiche Gewicht beizumessen. Diese Gewichtung erscheint auch im Hinblick auf die in § 80 b Abs. 1 VwGO bestimmte Dauer der aufschiebenden Wirkung vertretbar. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet nicht in jedem Fall erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des mehrinstanzlichen Gerichtsverfahrens. Wird die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen, endet die aufschiebende Wirkung bereits drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des Rechtsmittels.
Eine Kostenentscheidung erübrigt sich (§ 25 Abs. 4 GKG).
Ende der Entscheidung
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