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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 20.10.2004
Aktenzeichen: 4 Bf 405/02
Rechtsgebiete: BSHG


Vorschriften:

BSHG § 11 Abs. 1 Satz 2
BSHG § 111 Abs. 2 Satz 2
BSHG § 122
§ 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG ist bei der Kostenerstattung auf die Mitglieder einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht anzuwenden.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

4. Senat

4 Bf 405/02

Beschluß vom 20. Oktober 2004

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, durch die Richter Pradel, Pauly und Wiemann am 20. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. Oktober 2002 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.782,65 Euro festgesetzt.

Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens ist der Beschluss vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen für einen Hilfeempfänger, der aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten zugezogen ist und mit einer weiteren Hilfeempfängerin in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebt. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob auf eine derartige Gemeinschaft § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG anzuwenden ist.

Am 28. Mai 1999 verzog zunächst Frau (im Folgenden Hilfeempfängerin) aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten, die ihr bis dahin Sozialhilfe gewährt hatte, in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin. Diese bewilligte der Hilfeempfängerin ab Juni desselben Jahres laufende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Aufenthaltswechsel beliefen sich die Aufwendungen der Klägerin für die Hilfeempfängerin auf insgesamt 21.159,-- DM.

Am 19. Juli 1999 verzog sodann Herr (im Folgenden Hilfeempfänger), der ebenfalls im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gewohnt und von dieser Sozialhilfe erhalten hatte, in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin. Das Sozialamt der Klägerin gewährte dem Hilfeempfänger, der über nicht bedarfsdeckende Einkünfte verfügte, ab August desselben Jahres bis zum 31. Dezember 2000 ergänzende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (insgesamt 3.486,57 DM). Nach Darstellung der Klägerin lebten beide Hilfeempfänger ab August 1999 bis Mai 2000 - und ab Mai 2001 erneut - in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft im Sinne von § 122 BSHG.

Nach Aufforderung durch die Klägerin lehnte es die Beklagte unter Hinweis auf die Bagatellgrenze nach § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG von seinerzeit 5.000,-- DM (ab 1.1.2002 2.560,-- Euro) ab, die Aufwendungen der Klägerin für den Hilfeempfänger zu erstatten. Die für die Hilfeempfängerin erbrachten Sozialhilfeleistungen von insgesamt 21.159,-- DM hat die Beklagte zwischenzeitlich der Klägerin überwiesen.

Die Klägerin bestand auf Erstattung ihrer Aufwendungen für beide Hilfeempfänger und hat daraufhin Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht: Die Bagatellgrenze sei im Fall der Gewährung von Sozialhilfe an Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft auf die Gesamtaufwendungen für die Haushaltsgemeinschaft, die sich hier auf 24.645,57 DM beliefen, zu beziehen. Das ergebe sich aus § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG, dessen Anwendung nach Sinn und Zweck der Regelung nicht auf die Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG beschränkt sei. Denn nach § 122 BSHG dürften Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft lebten, hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als nicht getrennt lebende Ehegatten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.782,65 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen: Im Fall einer eheähnlichen Gemeinschaft bestehe ein Erstattungsanspruch nur, wenn die den Hilfeempfängern gewährten Leistungen jeweils für sich die Bagatellgrenze nach § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG überschritten. Das treffe auf die dem Hilfeempfänger gewährten Leistungen nicht zu. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Satzes 2 dieser Vorschrift könne eine "gemeinsame" Bagatellgrenze nur bei Mitgliedern einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG - also nur bei nicht getrennt lebenden Ehegatten und bei Eltern und minderjährigen unverheirateten Kindern - gebildet werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 22. Oktober 2002 verurteilt, an die Klägerin 1.782,65 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der Klagezustellung zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe nach § 107 Abs. 1 BSHG gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Sozialhilfeleistungen von insgesamt 1.782,55 Euro (entspricht 3.486,57 DM), die sie für den in ihren Zuständigkeitsbereich umgezogenen Hilfeempfänger erbracht habe. Die Beklagte könne diesem Anspruch die Bagatellgrenze aus § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG nicht entgegenhalten, weil der Hilfeempfänger mit einer anderen Person, die ebenfalls Sozialhilfe erhalten habe, in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt habe. Denn abweichend von Satz 1 dieser Vorschrift gelte die Bagatellgrenze, wenn die Kosten für die Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG zu erstatten seien, für die Mitglieder des Haushalts zusammen. Als eine solche Gemeinschaft sei auch eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne von § 122 BSHG anzusehen. Zwar seien in § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG nur Ehegatten genannt. Da § 122 BSHG jedoch vorschreibe, dass Mitglieder einer eheähnlichen Gemeinschaft "wie Ehegatten" zu behandeln seien, seien unter dem Begriff "Ehegatten" im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG sowohl Ehegatten im Sinne des Familienrechts als auch "Ehegatten" im Sinne von § 122 BSHG zu verstehen. Das werde auch dadurch bestätigt, dass § 122 BSHG eine "vor die Klammer gezogene" Vorschrift sei. Deshalb sei davon auszugehen, dass in allen von den Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes erfassten Fällen mit "Ehegatten" auch die Mitglieder einer eheähnlichen Gemeinschaft gemeint seien. Zudem sei es mit dem Zweck der durch Art. 1 Nr. 34 des Reformgesetzes vom 23. Juli 1996 (BGB. I S. 1088) eingeführten Regelung des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG - nämlich bei der Gewährung von Sozialhilfe an Familien bei einer etwaigen Kostenerstattung komplizierte Berechnungen zu vermeiden und so das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen - schwerlich vereinbar, wenn der erstattungsberechtigte Träger der Sozialhilfe bei einer eheähnlichen Gemeinschaft einen etwaigen Kostenerstattungsanspruch für jedes Mitglied getrennt berechnen und geltend machen müsse.

Auf den Antrag der Beklagten hat das Berufungsgericht die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 26. Mai 2004 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zugelassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Mit der Berufungsbegründung wiederholt die Beklagte im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Sie weist insbesondere nochmals darauf hin, dass § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG (nur) auf § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG verweise, dagegen nicht (auch) auf die Vorschrift des § 122 BSHG. Deshalb sei die Ausweitung der fraglichen Kostenerstattungsvorschrift auf die Mitglieder einer eheähnlichen Gemeinschaft vom Gesetz nicht gedeckt. Zu den Haushalten, bei denen nach § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG im Kostenerstattungsverfahren die Sozialhilfeaufwendungen zusammengerechnet werden dürften, zählten ausschließlich zusammenlebende Ehegatten sowie Eltern(-teile) und mit diesen zusammenlebende minderjährige Kinder, nicht jedoch andere Personen, die im Sinne des § 122 BSHG oder des § 16 BSHG zusammenlebten oder "aus einem Topf" wirtschafteten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. Oktober 2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen sowie die Gründe der angefochtenen Entscheidung. Ergänzend macht die Klägerin geltend: Es sei unstreitig, dass im vorliegenden Fall die Personen, denen sie als örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe verschiedene Leistungen gewährt habe, in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammengelebt und die streitigen Aufwendungen insgesamt die Bagatellgrenze nach § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG überschritten hätten. Die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft dürften aber im Sozialhilferecht gegenüber nicht getrennt lebenden Ehegatten nicht bessergestellt werden. Insoweit sei davon auszugehen, dass auch die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft und die für sie aufgewendete Sozialhilfe in die Regelung des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG einzubeziehen seien. Ansonsten werde "mit zweierlei Maß gemessen", wenn einerseits über § 122 BSHG das Einkommen des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft bedarfsmindernd und damit im Ergebnis die Kostenerstattung reduzierend berücksichtigt werde, andererseits aber die Ansprüche der Hilfeempfänger aufgeteilt und so unter die Bagatellgrenze gedrückt würden.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die - vom Verwaltungsgericht - beigezogenen Behördenakten.

II.

Das Berufungsgericht gibt der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts durch Beschluss statt, weil es sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 130 a VwGO). Die Beteiligten sind auf diese Entscheidungsmöglichkeit hingewiesen worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 130 a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Auf die Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der gegenüber dem Hilfeempfänger erbrachten Sozialhilfeleistungen in Höhe von 1.782,65 Euro (entspricht 3.486,57 DM).

Zwar ist die Klägerin nach §§ 107 Abs. 1 und 2 Satz 1, 111 Abs. 1 BSHG im Grundsatz berechtigt, als nach dem Umzug des Hilfeempfängers nunmehr zuständiger Träger der Sozialhilfe von der Beklagten als dem Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes die Erstattung der unmittelbar nach dem Zuzug erforderlich gewordenen Hilfe (im Wesentlichen ergänzende laufende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt) zu verlangen. Insoweit ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die dem Hilfeempfänger gewährten Leistungen dem Gesetz entsprochen haben (§ 111 Abs. 1 BSHG). Gegen den Erstattungsanspruch hat die Beklagte aber zu Recht eingewandt, dass nach der im hier fraglichen Erstattungszeitraum anzuwendenden Fassung des § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG Kosten unter 5.000,-- DM (bezogen auf einen Zeitraum der Leistungsgewährung von bis zu 12 Monaten) nicht zu erstatten sind. Diese Regelung über den Umfang der Kostenerstattung greift hier ein, da die dem Hilfeempfänger von Juni 1999 bis Dezember 2000 insgesamt gewährte Sozialhilfe sich (nur) auf 3.486,57 DM belief.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist auf das Erstattungsbegehren der Klägerin die (Ausnahme-)Regelung in § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht anzuwenden. Danach gilt die Begrenzung auf 5.000,-- DM, wenn die Kosten für die Mitglieder eines Haushalts im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG zu erstatten sind, abweichend von Satz 1 für die Mitglieder des Haushalts zusammen. "Mitglieder des Haushalts im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG" sind jedoch ausschließlich die dort aufgeführten Personen. Das sind "nicht getrennt lebende Ehegatten" und minderjährige unverheiratete Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören. Nur wenn und soweit der Träger der Sozialhilfe diesen Personen Sozialhilfe leistet und hierfür von einem anderen Sozialhilfeträger Kostenerstattung verlangt, sind die gewährten Leistungen zusammenzurechnen.

Dagegen sind in § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht genannt. Für diese Personen bestimmt § 122 BSHG nur, dass sie hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Eheleute, d.h. im Leistungsverhältnis insbesondere Einkommen der Partner jeweils wechselseitig bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Voraussetzungen der Sozialhilfe und den Umfang der Hilfegewährung. Streitig ist allein das Erstattungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten in ihrer Eigenschaft als (ggf. erstattungsberechtigter und erstattungspflichtiger) Träger der Sozialhilfe. Für dieses Rechtsverhältnis sieht § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG die Erfassung einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. sonstiger Personen, die in einem Haushalt zusammenleben und dort gemeinsam wirtschaften, nicht vor (vgl. auch OVG Koblenz, Beschl. v. 12.2.2002, FEVS Bd. 53 S. 456, dort für eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 16 BSHG; ebenso Fichtner, BSHG, § 111 Rdnr. 18; a.A. Schoch in LPK-BSHG, § 111 Rdnr. 28). Deshalb bleibt es bei einer Kostenerstattung für die Partner der eheähnlichen Gemeinschaft bei dem in § 111 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BSHG vorgesehenen Grundsatz, dass ein Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers ausscheidet, soweit die Hilfe für den einzelnen Hilfeempfänger die dort festgelegte Bagatellgrenze nicht erreicht, auch wenn die Hilfeempfänger Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft sind.

Die vom Verwaltungsgericht und der Klägerin für die Anwendung des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG (auch) auf die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft vorgebrachten Gründe überzeugen nicht. Die Ausweitung der Norm auf diesen Personenkreis lässt sich nicht mit dem Wortlaut der dort in Bezug genommenen Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG in Einklang bringen. Sie ist auch nicht aus rechtssystematischen Gründen oder zur Vermeidung sachwidriger, mit Sinn und Zweck der Norm unvereinbarer Ergebnisse geboten.

Es kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht angenommen werden, § 111 Abs. 1 Satz 2 BSHG erfasse schon nach seinem Wortlaut (auch) die eheähnliche Gemeinschaft, weil unter "Ehegatten" im Sinne des dort in Bezug genommenen § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG (auch) die Partner einer Gemeinschaft nach § 122 BSHG zu verstehen seien. Insoweit fehlen ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme des Verwaltungsgericht, die letztgenannte Vorschrift enthalte eine - für den gesamten Anwendungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes verbindliche - gesetzliche Definition des Begriffs der "Ehegatten" (§ 122 BSHG sei eine "vor die Klammer gezogene Vorschrift"), und darunter seien stets (auch) die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft zu verstehen sind. Der Gesetzgeber unterscheidet vielmehr im Bundessozialhilfegesetz in § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG einerseits und § 122 BSHG andererseits ausdrücklich zwischen diesen verschiedenen Formen des Zusammenlebens zweier Personen. Dass er im Leistungsrecht die Mitglieder einer eheähnlichen Gemeinschaft Ehegatten gleichstellt - sie dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser stellt werden als verheiratete Personen (§ 122 BSHG ) - , kann nicht für andere Bereiche verallgemeinert werden. Die vom Gesetzgeber an anderer Stelle für die Kostenerstattung zwischen den Trägern der Sozialhilfe ausdrücklich getroffene Unterscheidungen zwischen beiden Personengruppen bzw. die ausdrückliche Bezugnahme auf (nur) eine dieser Personengruppen - hier in § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG auf im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten - ist deshalb zu beachten.

Die vom Gesetzgeber für das Erstattungsverhältnis vorgenommene Unterscheidung zwischen nicht getrennt lebenden Ehegatten und Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft führt auch nicht zuErgebnissen, die mit der Regelungssystematik des Bundessozialhilfegesetzes unvereinbar sind und die insoweit ggf. durch eine erweiternde Auslegung der hier streitigen Norm vermieden werden müssten. Insbesondere wird durch die Beschränkung der Anwendung des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG auf nicht getrennt lebende Ehegatten und die Haushaltsgemeinschaft von Eltern und minderjährigen unverheirateten Kindern die Anwendung des § 122 BSHG nicht berührt. Durch die nach den jeweiligen Hilfeempfängern getrennte Durchführung des Kostenerstattungsverfahrens beim Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft wird der Zweck der genannten Regelung, die Partner dieser Gemeinschaft hinsichtlich der Voraussetzung und des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser als Eheleute zu stellen, nicht eingeschränkt. Denn für das Bestehen und die Höhe des individuellen Hilfeanspruchs der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft ist es unerheblich, ob und inwieweit nach Gewährung der Hilfe zwischen den (hier nach § 107 Abs. 1 BSHG beteiligten) Trägern der Sozialhilfe ggf. eine Kostenerstattung stattfindet. Der genannte Zweck des § 122 BSHG setzt sich in jedem Fall unabhängig von einer nachfolgenden Kostenerstattung durch. Das gilt insbesondere für den Fall, dass "überschießendes" Einkommen eines Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft auf den sozialhilferechtlichen Bedarf des anderen Partners anzurechnen und deshalb Sozialhilfe in geringerem Umfang zu gewähren (und ggf. zu erstatten) ist.

Soweit die Anwendung des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG in Einzelfällen dazu führen kann, dass die einem Partner dieser Gemeinschaft gewährte Hilfe wegen Nichterreichens der Bagatellgrenze nicht zu erstatten ist, werden die Träger der Sozialhilfe hiervon wechselseitig begünstigt bzw. belastet. Dass der Gesetzgeber durch die Einfügung dieser Vorschrift des Erstattungsrechts insoweit bestimmte Träger etwa von übermäßigen Kosten durch die Aufnahme bestimmter Hilfeempfänger entlasten wollte und dieser Zweck bei einer Beschränkung auf nicht getrennt lebende Ehegatten bzw. auf Haushalte von Eltern und minderjährigen Kindern verfehlt würde (vgl. insoweit etwa § 97 Abs. 2 BSHG: Entlastung der Sozialhilfeträger der Anstaltsorte), ist insoweit nicht ersichtlich. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch darauf hingewiesen, dass der Zweck des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG im Wesentlichen darin besteht, die an einem Kostenerstattungsverfahren beteiligten Träger der Sozialhilfe in Familienfällen (lediglich) durch Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens zu entlasten und ihnen insoweit ggf. langwierige Berechnungen zu ersparen (vgl. BT-Drucksache 13/3904 S. 47).

Soweit die Klägerin vorträgt, durch die getrennte Berücksichtigung der für jedes einzelne Mitglied einer eheähnlichen Gemeinschaft aufgewendeten Hilfe im Rahmen der Kostenerstattung (sie bezeichnet dies in ihrer Berufungserwiderung als "Aufteilung der Ansprüche der Hilfeempfänger") werde "mit zweierlei Maß gemessen" und eine Besserstellung eheähnlicher Gemeinschaften widerspräche der "gesetzlichen Logik", ist dem nicht zu folgen. Der Gesetzgeber war (etwa zur Vermeidung systemwidriger bzw. unsachlicher Folgen) nicht gehalten, auch im Erstattungsrecht die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft Ehegatten gleichzustellen. Insbesondere verbleibt es - wie bereits oben dargelegt - auch bei getrennter Anwendung der Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG bei der - von § 122 BSHG (nur) für das Leistungsrecht geforderten - Gleichstellung der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft mit nicht getrennt lebenden Ehegatten. Schließlich führt die Anwendung des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG - allein - auf die Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten und Eltern mit minderjährigen unverheirateten Kindern nicht zu Ergebnissen, die mit dem vom Gesetzgeber durch Einfügung dieser (Ausnahme-)Regelung in das Kostenerstattungsrecht beabsichtigten Gesetzeszweck schlechterdings nicht vereinbar sind und die von daher eine erweiternde Auslegung gebieten könnten. Der Verfahrensvereinfachungszweck dieser Norm bleibt für die von ihr erfassten Haushalte ebenso unberührt, wie die im Einzelfall gegebene Möglichkeit des Sozialhilfeträgers, bei Sozialhilfeleistungen an die Mitglieder einer (Kern-)Familie einen Anspruch auf Erstattung der Hilfe durch Anwendung einer "gemeinsamen" Bagatellgrenze zu erreichen. Allein der Umstand, dass eine Ausdehnung des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG auf die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft im Hinblick auf die genannten Zwecke ggf. sinnvoll bzw. sachgerecht sein könnte, ist kein ausreichender Grund für eine gerichtliche Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung und einer insoweit eindeutigen Erstattungsregelung.

Im Übrigen sprechen auch Gründe dafür, dass der Gesetzgeber die Partner eheähnlicher Gemeinschaften im Kostenerstattungsrecht Ehegatten nicht gleichgestellt und nicht in den Anwendungsbereich des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG einbezogen hat. Zwar wäre bei der Bildung einer "gemeinsamen" Bagatellgrenze eine Auflistung der für jeden Partner gewährten Leistungen nicht notwendig und würden sich insoweit sonst bei einer getrennten Berechnung ggf. auftretende Schwierigkeiten nicht stellen. Dafür würde aber ein Zusammenrechnen der Hilfen für beide Partner bei Anwendung des § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG zwingend die Feststellung voraussetzen, dass tatsächlich eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne von § 122 BSHG vorliegt, d.h. dass die Hilfeempfänger im Erstattungszeitraum nicht lediglich zusammengelebt und in gewissem Umfang aus einem Topf gewirtschaftet, sondern darüber hinaus eine sog. Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft gebildet haben. Für eine derartige (im Einzelfall ggf. umfangreiche) Prüfung der persönlichen Verhältnisse zusammenlebender Personen besteht für den Träger der Sozialhilfe aber häufig - wie auch hier - kein Anlass, weil beide Personen hilfebedürftig sind und "überschießendes" Einkommen eines Partners, das bei Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft auf den Bedarf des anderen Partners anzurechnen wäre, nicht vorhanden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten des Verfahrens auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 i.V.m. § 130 a Satz 2 und § 125 Abs. 2 Satz 4 VwGO ist nicht gegeben.



Ende der Entscheidung

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