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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.10.2005
Aktenzeichen: 4 Bs 215/05
Rechtsgebiete: AsylVfG


Vorschriften:

AsylVfG § 14 Abs. 1
AsylVfG § 14 Abs. 2
AsylVfG § 14 a Abs. 1
AsylVfG § 19 Abs. 1
AsylVfG § 20 Abs. 1
AsylVfG § 56 Abs. 3 Satz 1
1. Sofern ein Ausländer bei einer Ausländerbehörde oder bei der Polizei ein Asylgesuch angebracht hat, aber einer Weiterleitungsanordnung einer dieser Stellen nach § 19 Abs. 1 AsylVfG nicht Folge leistet und bei der Außenstelle des Bundesamtes keinen Asylantrag stellt, bleibt - wie auch sonst bei einem abgelehnten Asylbewerber - eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Ausländers auf den Bezirk der Ausländerbehörde, in dem die für die Aufnahme zugewiesene Aufnahmeeinrichtung liegt, auch nach Erlöschen der Aufenthaltserhaltsgestattung bestehen.

2. Die sich aus § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG ergebende räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines Kindes auf den Bezirk der Ausländerbehörde, in dem es sich aufhält, wird nicht schon allein dadurch hinfällig, dass seine Eltern bzw. ein Elternteil später ein Asylgesuch anbringt oder einen Asylantrag stellt. Das gilt auch, sofern der Antrag nach § 14 a Abs. 1 AsylVfG für weitere Kinder des Ausländers als gestellt gilt.

3. Soweit durch ein Asylgesuch nach § 19 Abs. 1 AsylVfG und eine bereits davor erfolgte Asylantragstellung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG unterschiedliche räumliche Beschränkungen für den Ausländer und ein lediges Kind begründet werden, ist im Fall der Führung einer familiären Lebensgemeinschaft die Familieneinheit ggf. durch eine länderübergreifende Verteilungsentscheidung nach § 51 Abs. 1 AsylVfG zu gewährleisten.


4 Bs 215/05

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, durch die Richter Pradel, Pauly und Wiemann am 19. Oktober 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 23. Juni 2005 geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragsteller bis zur Bekanntgabe einer Entscheidung über eine länderübergreifende Verteilung nach § 51 AsylVfG zu dulden und ihnen hierüber eine Bescheinigung nach § 60 a Abs. 4 AufenthG zu erteilen.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des gesamten Verfahrens je zur Hälfte. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die aus Guinea stammende Antragstellerin zu 1) - im Folgenden Antragstellerin - und ihre im Bundesgebiet geborenen Söhne - die Antragsteller zu 2) und zu 3) - begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihnen Duldungsbescheinigungen auszustellen.

Die Antragstellerin ist im August 2001 ohne Sichtvermerk eingereist. Nach bestandskräftiger Ausweisung hat die Antragsgegnerin ihr und ihren im Oktober 2001 und Mai 2003 geborenen Kindern wegen fehlender Ausweispapiere jeweils befristete Duldungsbescheinigungen erteilt. Für den Antragsteller zu 2), der aufgrund einer Rötelnembryopathie mehrfach behindert und in ständiger ärztlicher Behandlung ist, hat die Antragstellerin unter dem 13. April 2005 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt. Diesen Antrag hat das Bundesamt im Lauf des Beschwerdeverfahrens mit Bescheid vom 29. Juni 2005 abgelehnt und darin zugleich festgestellt, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Guinea vorliegt. Bei der Anhörung zu diesem Asylantrag hatte die Antragstellerin u. a. angegeben, der Asylantrag werde zunächst nur für ihren Sohn, den Antragsteller zu 2), gestellt. Sie selbst werde später "weitersehen".

Nach Vorladung erklärte die Antragstellerin bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin am 25. April 2005 sodann u. a. , auch sie stelle einen Asylantrag. In ihrem Heimatstaat habe man sie zur Hochzeit mit dem Vater ihres ältesten Kindes, des Antragstellers zu 2), zwingen wollen. Dieser sei politisch aktiv und dessen dritte Frau sei von politischen Gegnern ermordet worden.

Die Antragsgegnerin zog daraufhin die Duldungsbescheinigung ein und händigte der Antragstellerin statt dessen eine "Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende" aus, in der auch die Antragsteller zu 2) und 3) aufgeführt sind. Zugleich wurden die Antragsteller aufgefordert, sich unverzüglich, spätestens bis zum 27. April 2005, bei der für sie zuständigen Aufnahmeeinrichtung in Düsseldorf zu melden. Des weiteren wies die Antragsgegnerin die Antragsteller (gegen Empfangsbekenntnis) auf die gesetzlichen Folgen der Nichtbefolgung der Meldeauflage hin.

Die Antragstellerin hat nach Rücksprache mit ihrem Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 13. Juni 2005 gegenüber der Antragsgegnerin ihr Asylgesuch vom 25. April 2005 zurückgenommen: Für die "Anhörung" am selben Tag habe keine Veranlassung bestanden. Die Antragsgegnerin habe sie gedrängt, das Asylgesuch anzubringen, um sie nach Düsseldorf umverteilen zu können. Zugleich haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin und dem Antragsteller zu 3) weiterhin Duldungsbescheinigungen und dem Antragsteller zu 2) eine Aufenthaltsgestattung auszustellen: Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 3) seien widerrechtlich als Asylbewerber registriert und nach Düsseldorf "umverteilt" worden. Lediglich der Antragsteller zu 2) habe einen Asylantrag gestellt. Er sei dem Wohnort seiner Mutter in Hamburg "zuzuweisen", und hier erfahre er auch die wegen seiner Behinderung dringend nötige ärztliche Behandlung.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag im Wesentlichen mit folgender Begründung abgelehnt: Die Antragstellerin habe nach ihrer eindeutigen und von ihr unterzeichneten Erklärung ebenfalls für sich um Asyl nachgesucht. Sie und die übrigen Antragsteller hätten deshalb keinen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin ihnen auch weiterhin Duldungsbescheinigungen bzw. eine Aufenthaltsgestattung ausstelle. Dass der "Asylantrag" nicht beim Bundesamt, sondern bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin gestellt worden sei, sei unbeachtlich, da dieser Antrag nach § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG dem Bundesamt zuzuleiten sei. Der "Asylantrag" könne auch nicht angefochten werden, da die Antragstellerin weder einem Erklärungs- noch Inhaltsirrtum unterlegen sei. Der Antragsteller zu 2) sei ebenfalls zu Recht in das "Verteilungsverfahren" seiner Mutter - der Antragstellerin - einbezogen worden. Insoweit sei nunmehr auch für ihn die Ausländerbehörde in Düsseldorf zuständig. Dass der Antragsteller zu 2) nur in Hamburg ärztlich versorgt werden könne, sei nicht ersichtlich.

II.

1. Die Beschwerde der Antragsteller ist statthaft. Sie ist nicht nach § 80 AsylVfG ausgeschlossen. Bei dem Rechtsstreit, der nach Abschluss eines Asylverfahrens um die Gestaltung des geduldeten Aufenthalts geführt wird, hier konkret um die räumliche Beschränkung der Duldung nach §§ 60a, 61 AufenthG und der hierüber ausgestellten Bescheinigung nach § 60a Abs. 4 AufenthG, handelt es sich nicht um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz im Sinne dieser Regelung (zur grundsätzlichen Problematik vgl. auch: BVerwG, Urt. v. 25. 9. 1997, InfAuslR 1998, 15; OVG Hamburg, Beschl. v. 16. 2. 2005, 4 Bs 488/04).

2. Die zulässige Beschwerde hat aus den dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) teilweise Erfolg. Zwar haben die Antragstellerin und der Antragsteller zu 3) entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bisher beim Bundesamt keinen Asylantrag gestellt, sondern lediglich bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin ein Asylgesuch angebracht; gleichwohl unterliegt ihr Aufenthalt einer räumlichen Beschränkung (hier auf Düsseldorf) (a). Demgegenüber ist der Aufenthalt des Antragstellers zu 2), der zuvor nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG beim Bundesamt einen Asylantrag gestellt hat, derzeit noch aus Rechtsgründen auf Hamburg beschränkt (b). Für die Dauer des danach zur Herstellung einer familiären Lebensgemeinschaft notwendigen Umverteilungsverfahrens ist den Antragstellern vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren (c).

a) Die Antragstellerin hat anlässlich ihrer Vorsprache am 25. April 2005 bei der Ausländerbehörde nach ihrer eindeutigen, rückübersetzten und unterzeichneten Erklärung um Asyl nachgesucht und dazu Verfolgungsgründe angegeben. Da sie unstreitig zu den Personen zählt, die den Asylantrag nach § 14 Abs. 1 AsylVfG bei der Außenstelle des Bundesamtes stellen müssen, war die Antragsgegnerin nach § 19 Abs. 1 AsylVfG auch gehalten, die Antragstellerin unverzüglich an die zuständige Aufnahmeeinrichtung weiterzuleiten. Eine entsprechende Weiterleitungs- und Meldeanordnung für die Aufnahmeeinrichtung in Düsseldorf hat die Antragsgegnerin noch am selben Tag erlassen und der Antragstellerin ausgehändigt (Frist zur Meldung dort: 27. 4. 2005). Soweit die Antragstellerin die Anbringung ihres Asylgesuchs bei der Ausländerbehörde als rechtlich unbeachtlich einstuft und insoweit vorbringt, sie sei hierzu gedrängt worden bzw. die Antragsgegnerin habe die Anbringung des Gesuchs zum Zweck der "Umverteilung" veranlasst, dürfte dem nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht zu folgen sein. Grund für die Vorladung der Antragstellerin durch die Ausländerbehörde dürften ihre Erklärungen gewesen sein, die sie als gesetzliche Vertreterin des Antragstellers zu 2) bei der vorangegangenen Anhörung durch das Bundesamt zu dessen Asylantrag gemacht hatte. Ihre dortige Aussage, der Asylantrag werde zunächst nur für ihren Sohn gestellt und sie selbst "werde dann weitersehen", legte die Vermutung nahe, dass die Antragstellerin ihren Aufenthalt im Bundesgebiet ggf. durch eine verzögerte Asylantragstellung verlängern wollte. Von daher begegnet es keinen Bedenken, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu einer möglichst umgehenden Klarstellung veranlasst hat, soweit sie für den Fall einer Rückkehr in ihren Heimatstaat eigene Verfolgung befürchten sollte. Die insoweit geäußerten Asylgründe der Antragstellerin (u. a. politische Aktivitäten des Vaters des Antragstellers zu 2) hat die Antragsgegnerin ebenso wie die Stellung eines "Asylantrags" zu Protokoll genommen. Diese Niederschrift hat die Antragstellerin unterzeichnet und auch mit der Beschwerde deren inhaltliche Richtigkeit nicht in Frage gestellt.

Die Beschwerde weist allerdings zutreffend darauf hin, dass es zur Stellung eines (förmlichen) Asylantrages bei der - der Aufnahmeeinrichtung in Düsseldorf zugeordneten - Außenstelle des Bundesamtes nicht gekommen ist, da die Antragstellerin der Weiterleitungsanordnung nach § 19 Abs. 1 AsylVfG nicht gefolgt ist. Dementsprechend hat das Bundesamt auch im Schreiben vom 17. Juni 2005 zutreffend bestätigt, dass für sie ein Asylantrag nicht gestellt worden ist. Insoweit bedurfte es auch nicht der von der Antragstellerin im Schreiben vom 13. Mai 2005 erklärten Rücknahme bzw. Anfechtung eines Asylantrags. Ebenso wenig hat die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin - wie vom Verwaltungsgericht allerdings angenommen - einen bei ihr gestellten Asylantrag nach § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG dem Bundesamt zugeleitet. Diese Vorschrift betrifft ausschließlich schriftliche Asylanträge von Ausländern, die nach Satz 1 dieser Vorschrift den Asylantrag direkt beim Bundesamt stellen müssen, ihn aber gleichwohl zunächst bei der Ausländerbehörde eingereicht haben. Zu diesem Personenkreis zählt die Antragstellerin offenkundig nicht. Dessen ungeachtet ist ihr Aufenthalt allein schon wegen der Anbringung des Asylgesuchs bei der Ausländerbehörde und die daraufhin ergangene Weiterleitungs- und Meldeanordnung auf den Bezirk der Ausländerbehörde Düsseldorf beschränkt. Dazu ist im Einzelnen auszuführen:

Für den Fall, dass ein Ausländer einer Weiterleitungsanordnung der Ausländerbehörde nach § 19 Abs. 1 AsylVfG nicht unverzüglich bzw. nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommt - hier mit der Begründung, die Antragstellerin sei von der Ausländerbehörde zur Anbringung eines Asylgesuchs gedrängt bzw. "gezwungen" worden - , ergeben sich die Rechtsfolgen dieser Weigerung zunächst aus § 20 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG. Danach gilt für einen später gestellten Asylantrag § 71 AsylVfG entsprechend. Damit hat der Gesetzgeber den Asylgesuchsteller, der sich nicht bei der ihm zugewiesenen Aufnahmeeinrichtung meldet und der keinen förmlichen Asylantrag bei der Außenstelle des Bundesamtes stellt, einem abgelehnten Asylbewerber gleichstellt. Die insoweit angeordnete (Fiktions-)Wirkung setzt allerdings nur bei entsprechender schriftlicher Belehrung ein (§ 20 Abs. 2 Satz 3 AsylVfG). Diese (schriftliche) Belehrung hat die Antragsgegnerin hier mit der Weiterleitungsanordnung gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt.

Darüber hinaus bleibt - wie auch sonst bei einem abgelehnten Asylbewerber - eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Ausländers auf den Bezirk der Ausländerbehörde, in dem die für die Aufnahme zugewiesene Aufnahmeeinrichtung liegt, auch dann bestehen, wenn der Asylgesuchsteller der Weiterleitungsanordnung der Ausländerbehörde nach § 19 Abs. 1 AsylVfG nicht Folge leistet und keinen Asylantrag stellt. Zwar wird dem Ausländer in diesem Fall eine (förmliche, mit einem Lichtbild versehene) Aufenthaltsgestattung, die mit einer entsprechenden räumlichen Beschränkung zu versehen ist, nicht ausgestellt, weil ein Anspruch hierauf nach § 63 Abs. 1 AsylVfG erst mit der Stellung des (förmlichen) Asylantrags bei der Außenstelle des Bundesamtes entsteht. Davor wird dem Asylgesuchsteller (nur) eine "Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender" ausgehändigt, mit der er sich ausweisen und zur zugewiesenen Aufnahmeeinrichtung begeben kann. Eine derartige Bescheinigung (mit Lichtbildern) hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin hier auch ausgehändigt. Gleichwohl ist der Aufenthalt des Asylbewerbers nicht erst mit der förmlichen Antragstellung, sondern nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bereits ab dem Zeitpunkt gestattet, ab dem er (wie hier) bei der Ausländerbehörde um Asyl nachsucht. In diesem umfassenden Sinn ist die Aufenthaltsgestattung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem die für die Aufnahme des Ausländers zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt. Insoweit ordnet die letztgenannte Vorschrift die räumliche Beschränkung nicht (erst) für die Zeit ab der Stellung des Asylantrags und Ausstellung einer (förmlichen) Aufenthaltsgestattung durch das Bundesamt nach § 63 Abs. 1 AsylVfG an. Sie bezieht sich vielmehr nach ihrem eindeutigen Wortlaut und auch nach Sinn und Zweck der Regelung (dauerhafte Verteilung der Asylbewerber) ganz allgemein auf jede Form der Aufenthaltsgestattung und insoweit auch auf diejenige, die nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG schon durch die Stellung eines Asylgesuchs von Gesetzes wegen begründet wird.

Hier ist die nach § 56 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG begründete räumliche Beschränkung des Aufenthalts auch nicht dadurch gegenstandslos geworden, dass die Antragstellerin die Weiterleitungsanordnung nach § 19 Abs. 1 AsylVfG nicht befolgt und sich nicht bei der ihr zugewiesenen Aufnahmeeinrichtung in Düsseldorf gemeldet hat. Zwar ist ihre - durch die Anbringung des Asylgesuchs zunächst nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG begründete - gesetzliche Aufenthaltsgestattung gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG zwischenzeitlich erloschen. Denn die Antragstellerin hat innerhalb von zwei Wochen, nachdem sie um Asyl nachgesucht hat, keinen Asylantrag gestellt hat. Nach § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG bleiben räumliche Beschränkungen jedoch auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung in Kraft bis sie aufgehoben werden. Die in Satz 2 der Norm dazu aufgeführten Ausnahmen (Aufenthaltserlaubnisfiktion, Erhalt eines Aufenthaltstitels) sind hier offenkundig nicht gegeben. Deshalb ist im vorliegenden Fall von einer gesetzlich begründeten fortdauernden räumlichen Beschränkung des Aufenthalts der Antragstellerin auf den Bezirk der Ausländerbehörde Düsseldorf auszugehen.

b) Dagegen ist - wie die Beschwerde zutreffend geltend macht - derzeit der Aufenthalt des Antragstellers zu 2) räumlich (noch) auf Hamburg beschränkt. Diese räumliche Beschränkung ergab sich für die Dauer des Asylverfahrens unmittelbar aus § 56 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG. Danach ist in den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG die Aufenthaltsgestattung räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem der Ausländer sich aufhält. Das ist - und war - hier unstreitig Hamburg. Der 2001 geborene Antragsteller zu 2) musste seinen Asylantrag nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG auch unmittelbar beim Bundesamt stellen. Er hat das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet und seine gesetzliche Vertreterin - die Antragstellerin - war im Zeitpunkt der Antragstellung (13. 4. 2005) nicht verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

Diese gesetzlich angeordnete räumliche Beschränkung gilt auch nach Abschluss des Asylverfahrens durch Bescheid des Bundesamtes vom 29. Juni 2005 fort. Zwar ist durch diese (zwischenzeitlich unanfechtbare) Entscheidung die Aufenthaltsgestattung des Antragstellers zu 2) erloschen (§ 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG). Wie bereits oben erwähnt, bleiben räumliche Beschränkungen gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG auch nach Erlöschen der Aufenthaltgestattung in Kraft bis sie aufgehoben werden. Eine entsprechende ausdrückliche Aufhebungsverfügung liegt nicht vor. Die Antragsgegnerin hat die räumliche Beschränkung auf Hamburg auch nicht dadurch konkludent aufgehoben, dass sie (auch) den Antragsteller zu 2) aufgefordert hat, sich nach Düsseldorf zu begeben. Ihr war bei dieser Entscheidung offenbar nicht bewusst, dass es überhaupt eine dem entgegenstehende räumliche Beschränkung des Aufenthalts gab, die zunächst zu beseitigen war. Ob sie überhaupt berechtigt wäre, diese Beschränkung aufzuheben, oder ob dies nur im Anschluss an eine Verteilungsentscheidung nach § 51 Abs. 2 AsylVfG - dann wohl durch die zuständige Behörde des Aufnahmelandes - erfolgen kann, bedarf hier keiner Vertiefung. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass einer der Tatbestände des § 56 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG gegeben ist, nach denen die räumlichen Beschränkungen ausnahmsweise kraft Gesetzes erlöschen (u. a. bei Erteilung eines Aufenthaltstitels).

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann auch nicht angenommen werden, dass die räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Antragstellers zu 2) auf Hamburg dadurch obsolet geworden ist, dass er - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - in das "Verteilungsverfahren" seiner Mutter - der Antragstellerin - einbezogen worden ist. Wie oben ausgeführt, hat die Antragsgegnerin ein derartiges "Verteilungsverfahren" nicht durchgeführt, sondern die Antragstellerin nach Anbringung ihres Asylgesuchs gemäß § 19 Abs. 1 AsylVfG (nur) aufgefordert, sich unverzüglich zu der für sie zuständigen Aufnahmeeinrichtung in Düsseldorf zu begeben und sich dort zu melden. In die entsprechende Weiterleitungs- und Meldeanordnung vom 25. April 2005 dürfte die Antragsgegnerin nach § 14 a Abs. 1 AsylVfG zwar zu Recht den Antragsteller zu 3) mit einbezogen haben, obwohl die Antragstellerin für ihn ein Asylgesuch ausdrücklich nicht anbringen wollte. Gleiches war aber für den Antragsteller zu 2) nicht zulässig, da dieser bereits zuvor beim Bundesamt einen Asylantrag gestellt hatte. Zu diesem Antrag war er auch bereits am 21. April 2005 (vertreten durch seine Mutter, die Antragstellerin) angehört worden war. Die Erklärungen der Antragstellerin bei ihrer Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 25. April 2005 ("Ich stelle für Ibrahim einen Asylantrag. . . ") konnten daher unter keinen Umständen dahin verstanden werden, dass sie nunmehr - auch bzw. erstmals - für den Antragsteller zu 2) ein Asylgesuch anbringen wollte, welches ggf. Maßnahmen nach § 19 Abs. 1 AsylVfG auch gegenüber ihm gerechtfertigt hätte.

Dass die sich aus § 56 Abs. 1 Satz 2 i. V. .m. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG ergebende räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Antragstellers zu 2) allein durch das später gestellte Asylgesuch seiner Mutter, der Antragstellerin, hinfällig geworden sein könnte, ergibt sich auch sonst nicht aus den Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes. Zwar geht der bereits erwähnte § 14 a Abs. 1 AsylVfG offenkundig davon aus, dass im Regelfall zunächst die Eltern bzw. ein Elternteil einen Asylantrag stellen bzw. stellt, und ordnet diese Vorschrift - zum Zweck der Verhinderung verzögerter bzw. gestufter Antragstellung - an, dass dieser Asylantrag auf für alle im Bundesgebiet lebenden ledigen Kinder des Ausländers gilt, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese gesetzliche Fiktion der Asylantragstellung für das Kind gilt ausdrücklich aber nur dann, wenn es vor dem Asylgesuch der Eltern bzw. eines Elternteils keinen (eigenen) Asylantrag gestellt hatte. Insoweit schließt § 14 a Abs. 1 AsylVfG es nicht aus, dass zunächst (allein) für ein Kind nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG unmittelbar beim Bundesamt ein Asylantrag gestellt wird und dadurch die räumliche Beschränkung seines Aufenthalts nach Maßgabe des § 56 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG eintritt.

c) Die danach derzeit bestehenden unterschiedlichen räumlichen Beschränkungen für die einzelnen Familienmitglieder auf Düsseldorf bzw. Hamburg sind hier wegen des Alters der Antragsteller zu 2) und zu 3), die unstreitig auf die ununterbrochene Beibehaltung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihrer Mutter, der Antragstellerin, notwendig angewiesen sind, durch eine länderübergreifende Verteilungsentscheidung nach § 51 Abs. 1 AsylVfG in Übereinstimmung zu bringen. Der dafür nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift erforderliche Antrag ist zwar bisher von der Antragstellerin nicht ausdrücklich gestellt worden, da nach ihrer Ansicht eine verbindliche "Zuweisung" nach Düsseldorf nicht vorliegt. Gleichwohl hat sich die Antragstellerin hilfsweise darauf berufen, dass sie - wenn diese Frage anders zu beurteilen sein sollte - jedenfalls beanspruchen könne, in den Bereich verteilt zu werden, auf den der Aufenthalt des Antragstellers zu 2) wegen seines nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG gestellten Asylantrag beschränkt ist (hier Hamburg). Insoweit ist in dem Vorbringen der Antragstellerin in diesem Verfahren der Sache nach - auch - ein Umverteilungsantrag im Sinne von § 51 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG zu sehen. Darüber hat nach § 51 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Antragsgegnerin als die Behörde des Landes zu entscheiden hat, für das der weitere Aufenthalt beantragt wird.

Für die Dauer dieses Verfahrens ist den Antragstellern der begehrte einstweilige Rechtsschutz zur Vermeidung wesentlicher Nachteile zu gewähren. Die Antragsgegnerin stellt insoweit nicht in Frage, dass die Abschiebung der Antragsteller nach Guinea auszusetzen ist, da sie derzeit aus tatsächlichen Gründen (fehlende Reisedokumente) bzw. aus rechtlichen Gründen (Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Bundesamtsbescheid) unmöglich ist. Den Antragstellern ist bei dieser Sach- und Rechtslage auch nicht zuzumuten, für die Dauer des Verteilungsverfahrens auf den Besitz von Duldungsbescheinigungen nach § 60 a Abs. 4 AufenthG zu verzichten, die u. a. für den Erhalt von Sozialleistungen von Bedeutung sind.

Soweit die Antragsteller mit der Beschwerde weiterhin eine zeitlich unbegrenzte Erteilung von Duldungsbescheinigungen erstreben, muss das Rechtsmittel allerdings ohne Erfolg bleiben. Insoweit ist in dem anhängigen Beschwerdeverfahren der Verteilungsentscheidung der Antragsgegnerin nach § 51 AsylVfG nicht vorzugreifen und die einstweilige Anordnung zeitlich darauf zu beschränken. Es ist insoweit nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass die Antragsgegnerin die länderübergreifenden Verteilung der Antragstellerin nach Hamburg zwingend bewilligen müsste. In diesem Zusammenhang wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass der Antragsteller zu 2) bisher in Hamburg ärztlich betreut worden ist und seine schweren Behinderungen für eine Fortsetzung dieser Behandlung bei den hiesigen Ärzten bzw. Einrichtungen sprechen könnten. Ebenso müsste für den Fall einer Ablehnung der Umverteilung der Antragstellerin nach Hamburg gewährleistet sein, dass die familiäre Lebensgemeinschaft dann in Düsseldorf hergestellt werden kann und die dortige Behörde, die nach § 51 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG über die länderübergreifende Verteilung des Antragstellers zu 2) von Hamburg nach Düsseldorf zu entscheiden hätte, diese Umverteilung genehmigt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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