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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.10.2002
Aktenzeichen: 4 Bs 319/02
Rechtsgebiete: WoGG


Vorschriften:

WoGG § 18 Nr. 6
Zu den Voraussetzungen, unter denen die Inanspruchnahme von Wohngeld gemäß § 18 Nr. 6 WoGG rechtsmissbräuchlich ist, weil dem Antragsteller und/oder einem seiner Familienmitglieder zuzumuten ist, durch Aufnahme einer Arbeit zum Erwerb des Familieneinkommens so weit beizutragen, dass die Miete ohne Inanspruchnahme von Wohngeld tragbar wird.
4 Bs 319/02

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, durch die Richter Sinhuber, Pauly und Wiemann am 21. Oktober 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragsteller, ihnen für eine Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. August 2002 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt zur Vertretung beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe:

Dem Prozesskostenhilfegesuch kann nicht entsprochen werden, weil die beabsichtigte Beschwerde nicht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO i.V.m. § 166 VwGO) bietet. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, den Antragstellern Wohngeld zu gewähren. Denn sie haben nicht gemäß §§ 123 Abs. 1 u. Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihnen ein Anspruch auf Wohngeld zusteht.

Die Antragsteller begehren Wohngeld in Gestalt eines Mietzuschusses für Nutzungsgebühren, die aufgrund eines mietähnlichen Nutzungsvertrages mit der ..... Baugenossenschaft eG zu zahlen sind. Antragsberechtigt dafür ist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 WoGG der Nutzungsberechtigte. Dies ist vorliegend der Antragsteller zu 1), der den Nutzungsvertrag mit der Baugenossenschaft abgeschlossen hat. Die Antragsteller zu 2) bis 5), die diesen Vertrag nicht mit unterzeichnet haben, sind demgegenüber nicht im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 WoGG antragsberechtigt (vgl. hierzu Stadler/Gutekunst/Forster/Wolf, Wohngeldgesetz, Kommentar, März 2002, § 3 Rdnr. 5, 9 ff), so dass ihr Begehren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung schon aus diesem Grunde erfolglos bleiben muss.

Aber auch der Antrag des Antragstellers zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann keinen Erfolg haben. Zwar legt er mit seinem Prozesskostenhilfegesuch hinreichend dar, dass er entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ein rechtsschutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Eilentscheidung hat. Er hat indes nicht mit dem für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf Wohngeld zusteht. Diesem Begehren dürfte vielmehr der allgemeine Versagungsgrund des § 18 Nr. 6 WoGG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2671) entgegenstehen, wonach ein Anspruch auf Wohngeld nicht besteht, soweit die Inanspruchnahme missbräuchlich wäre. Die Inanspruchnahme von Wohngeld ist im Sinne dieser Vorschrift (u.a.) dann missbräuchlich, wenn dem Antragsteller und/oder einem seiner Familienmitglieder zuzumuten ist, durch Aufnahme einer Arbeit zum Erwerb des Familieneinkommens so weit beizutragen, dass die Miete ohne Inanspruchnahme von Wohngeld tragbar wird (Stadler/Gutekunst/Forster/Wolf, a.a.O., § 18 Rdnr. 31). Davon dürfte im Streitfalle auszugehen sein.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf Wohngeld allerdings nicht allein mit der Begründung versagt werden, dass der Antragsteller in der Lage sei, (höhere) Einkünfte zu erzielen, wenn sich dieser aus persönlichen Gründen zu einer ihm als sinnvoll erscheinenden Tätigkeit entschlossen hat, die zu keinen oder zu geringen Einkünften führt. Denn das Wohngeldgesetz lässt keine sozialhilferechtlichen Erwägungen zu und überträgt den Wohngeldbehörden auch keine Aufgaben der Wirtschaftslenkung oder Beeinflussung des Arbeitsmarktes. Von der frei gewählten Lebensgestaltung des Antragstellers und seiner Familienangehörigen ist demzufolge grundsätzlich auszugehen. Haben sie eine subjektiv sinnvolle Entscheidung über ihre Tätigkeit getroffen, so ist bei der Entscheidung über den Wohngeldantrag auch dann von den tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen, wenn eine andere Betätigung zu höheren Einkünften - und damit möglicherweise zur Entbehrlichkeit des Wohngeldes - geführt hätte (BVerwG, Urt. v. 30.11.1972, ZMR 1973 S. 220). Fehlt indes bei dem Antragsteller oder seinen bei ihm wohnenden Familienmitgliedern jede auf ihren subjektiven Sinn überprüfbare Tätigkeit, so widerspricht die Gewährung von Wohngeld dem Gesetzeszweck, sofern es als zumutbar erscheint, dass sie sich Einkünfte verschaffen, die sie von Wohngeld unabhängig machen. Befinden sich mithin der Antragsteller oder ein Familienmitglied in einem Alter, in dem von ihnen in aller Regel eine zu Einkünften führende Betätigung zu erwarten ist, so ist es seine Aufgabe, im Einzelnen die Umstände darzulegen, die dem aus besonderen Gründen entgegenstehen. Fehlt es an einer derartigen Darlegung, so ist die Gewährung von Wohngeld ausgeschlossen (BVerwG, Urt. v. 16.1.1974, ZMR 1974 S. 222, 224).

Nach diesen Grundsätzen, die das Bundesverwaltungsgericht zwar zu den Gründen für die Versagung von Wohngeld gemäß § 23 a 1. WoGG vom 1. April 1965 und § 18 2. WoGG vom 14. Dezember 1970 entwickelt hat, die aber in gleicher Weise im Rahmen des Versagungsgrundes des § 18 Nr. 6 WoGG Geltung beanspruchen (i.d.S. auch Stadler/Gutekunst/Forster/Wolf, a.a.O., § 18 Rdnr. 31; Buchsbaum/Driehaus/Großmann/Heise, Wohngeldgesetz, Januar 2000, § 18 Rdnr. 53), dürfte im Streitfalle ein Anspruch des Antragstellers zu 1) auf Wohngeld ausgeschlossen sein. Denn er hat bislang nicht hinreichend dargetan und belegt, dass es ihm, seiner Ehefrau und seinen beiden volljährigen - nicht in einer Ausbildung stehenden - Kindern, die sich alle in einem erwerbsfähigen Alter befinden, nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Aufnahme einer Arbeit zur Erhöhung des Familieneinkommens in einem Maße beizutragen, dass er die Nutzungsgebühr ohne Inanspruchnahme von Wohngeld tragen kann.

Soweit der Antragsteller zu 1) behauptet, er habe sich in der Vergangenheit intensiv, aber ohne Erfolg um eine Arbeitsstelle bemüht, hat er dies nicht durch entsprechende Unterlagen (z.B. Bewerbungsschreiben, ablehnende Schreiben der jeweiligen Firmen) belegt, obwohl er hierzu bereits im Verwaltungsverfahren durch die Antragsgegnerin nachdrücklich aufgefordert wurde (Bl. 63, 64 d.SA). Überdies hat er in seinem erstinstanzlichen Antrag ausdrücklich eingeräumt, er habe "momentan keine Bewerbungen mehr laufen". Dass sich hieran zwischenzeitlich etwas geändert hat, macht der Antragsteller mit seinem Prozesskostenhilfegesuch nicht geltend. Unter all diesen Umständen ist nicht glaubhaft, dass er in der erforderlichen Weise um die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit bemüht ist.

Soweit der Antragsteller in seinem erstinstanzlichen Antrag ferner behauptet hat, dass - auch - seine volljährigen Kinder und seine Ehefrau ständig um einen Arbeitsplatz bemüht seien, hat er dies ebenfalls nicht durch Vorlage von Bewerbungsschreiben und ablehnenden Schreiben der jeweiligen Firmen belegt. Seiner dazu im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen eidesstattlichen Versicherung kann unter diesen Umständen keine Überzeugungskraft beigemessen werden.

Ende der Entscheidung

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