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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 4 Bs 66/06
Rechtsgebiete: HmbVwVfG, AufenthG


Vorschriften:

HmbVwVfG § 3 Abs. 2 Nr. 3a
AufenthG § 61 Abs. 1
AufenthG § 12 Abs. 5
1. Begehrt ein ausreispflichtiger, aber in Hamburg lebender Ausländer eine Duldung, ist die Hamburger Ausländerbehörde gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3a HmbVwVfG für die Entscheidung örtlich zuständig, wenn der Ausländer seien gewöhnlichen Aufenthalt in Hamburg hat.

2. Bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts sind sowohl aufenthalts- oder asylverfahrensrechtliche räumliche Beschränkungen als auch bestehende Abschiebehindernisse zu berücksichtigen.

3. Trotz eines Verstoßes gegen räumliche Aufenthaltsbeschränkungen kann ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden, wenn der Ausländer wegen der Art des Abschiebungshindernisses - hier wegen der Lebensgemeinschaft mit seinem deutschen Kind - einen Anspruch darauf hat, sich gerade an diesem Ort aufhalten dürfen. Dem deutschen Lebenspartner und Elternteil des gemeinsamen deutschen Kindes ist regelmäßig nicht zuzumuten, zur Fortsetzung der Lebensgemeinschaft dem Ausländer in den Bereich seiner räumlichen Aufenthaltsbeschränkung zu folgen.

4. Ein Ausländer kann nicht darauf verwiesen werden, die Duldung im Bereich seiner räumlichen Aufenthaltsbeschränkung zu beantragen verbunden mit einem Antrag, diesen Bereich wieder verlassen zu dürfen, um an anderem Ort seine Lebensgemeinschaft mit seinem Kind fortsetzen zu können. Hierin läge eine Aushöhlung und Umgehung der Regelungen über die räumliche Beschränkung des Aufenthalts nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sowie über das (nur) vorübergehende Verlassen dieses Bereichs nach § 12 Abs. 5 AufenthG.


HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Beschluss

vom 26. April 2006

4 Bs 66/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, durch die Richter Pradel und Pauly sowie die Richterin Carstensen am 26. April 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 2. März 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von 2.500 Euro.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung eine Duldung, auf deren Grundlage er sich in Hamburg aufhalten darf.

Der Antragsteller ist kamerunischer Staatsangehöriger. Er beantragte im Jahr 2002 in Ludwigshafen Asyl. Seine Aufenthaltsgestattung war zuletzt räumlich auf den Landkreis Ludwigshafen beschränkt. Nach Ablehnung seines Asylantrages erhielt er durch die Ausländerbehörde in Ludwigshafen Duldungen, zuletzt bis zum 31. August 2003. Im Juli 2003 stellte er erfolglos einen Asylfolgeantrag. Im November 2003 wurde der Antragsteller zur Fahndung ausgeschrieben.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2006 beantragte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin, ihm eine Aufenthaltserlaubnis sowie für die Dauer dieses Verfahrens eine Duldung zu erteilen. Er machte geltend, er lebe seit Januar 2004 in Hamburg zusammen mit der deutschen Staatsangehörigen I.......... und sei der Vater der am 17. April 2005 geborenen L................. . Der Antragsteller legte eine gegenüber dem Jugendamt erklärte Anerkennung seiner Vaterschaft sowie die Erklärung über die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts vor. Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller daraufhin auf, bei der zuständigen Ausländerbehörde in Ludwigshafen vorzusprechen.

Auf seinen daraufhin gestellten Antrag hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 2. März 2006 im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, längstens für die Dauer von vier Monaten, eine Duldung zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es bestehe ein Anordnungsanspruch. Der Antragsteller besitze wegen seiner Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Tochter einen Duldungsanspruch nach § 60 a AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Die Erteilung einer Duldung in Hamburg verstoße nicht gegen eine räumliche Beschränkung nach § 61 Abs. 1 AufenthG oder gegen eine asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung nach § 56 AsylVfG. Die räumliche Beschränkung aus der früheren Duldung erlösche durch diejenige aufgrund der neuen Duldung und die asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung werde durch die Erteilung einer Duldung gegenstandslos. Für diese Entscheidung sei die Antragsgegnerin nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 HmbVwVfG auch örtlich zuständig, da ansonsten eine Rechtsschutzlücke bestünde. Denn der Antragsteller könne sein Rechtsschutzziel aus materiellen Gründen nicht in Rheinland-Pfalz erreichen, weil eine dort erteilte Duldung kein Zusammenleben in Hamburg ermöglichen würde. Wegen der Gefahr einer Abschiebung bestehe ein Anordnungsgrund und es sei zur Vermeidung unzumutbarer Nachteile geboten, die Hauptsache vorweg zu nehmen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie im Wesentlichen geltend macht: Die verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit könnten nicht dazu führen, den Zweck der aufenthaltsrechtlichen und asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsbeschränkungen zu unterlaufen. Bei der Beurteilung, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliege, seien diese Beschränkungen zu berücksichtigen. Für eine örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde in Ludwigshafen spreche auch § 72 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Es liege eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor, da sie, die Antragsgegnerin, mit der Erteilung einer Duldung dauerhaft zuständig werde. Der Antragsteller könne sein Verfahren von Ludwigshafen aus betreiben. Dem Schutz nach Art. 6 GG könne dadurch Rechnung getragen werden, dass ihm dort Verlassenserlaubnisse erteilt würden.

II.

A.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft. Sie ist nicht nach § 80 AsylVfG ausgeschlossen. Bei dem Rechtsstreit, der nach Abschluss eines Asylverfahrens um die Gestaltung des geduldeten Aufenthalts geführt wird, hier konkret um die räumliche Beschränkung der Duldung nach §§ 60a, 61 AufenthG, handelt es sich nicht um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz im Sinne dieser Regelung (zur grundsätzlichen Problematik vgl. auch: BVerwG, Urt. v. 25. 9. 1997, InfAuslR 1998, 15; OVG Hamburg, Beschl. v. 16. 2. 2005, 4 Bs 488/04).

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Die rechtzeitig vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO beschränkt ist, geben keine Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben oder abzuändern.

1. Der Antragsteller hat nach § 60 a Abs. 2 AufenthG einen Anspruch darauf, geduldet zu werden, da seine Abschiebung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ihr steht die nach Art. 6 Abs. 1 GG schutzwürdige Lebensgemeinschaft des Antragstellers seinem deutschen Kind entgegen. Dass der Antragsteller als Vater eine enge familiäre Beziehung zu seinem Kind pflegt, die zu einem rechtlichen Abschiebungshindernis und damit einem Duldungsanspruch für ihn führt, ist nach dem Vorbringen des Antragstellers und der eingereichten eidesstattlichen Versicherung der Mutter des Kindes nicht zweifelhaft und wird von der Antragsgegnerin mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht angegriffen. Der Schutz der Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinem Kind nach Art. 6 Abs. 1 GG schließt es aus, ihn gegenwärtig abzuschieben (vgl. zu den Maßstäben nach Art. 6 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschl. v. 8.12.2005, FamRZ 2006, 187). Der Antragsteller übt intensiv Elternverantwortung aus, sodass bei einem nur 12 Monate altem Kind schon eine wenige Monate dauernde Trennung nicht zumutbar wäre.

2. Für die Erteilung der Duldung ist die Antragsgegnerin örtlich zuständig. Das ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 2 Nr. 3 a HmbVwVfG, der gegenüber § 3 Abs. 2 Nr. 4 HmbVwVfG vorrangig anzuwenden ist. Damit kommt es auf die Frage nicht an, ob vorliegend eine Rechtsschutzlücke besteht, die dadurch vermieden werden muss, dass § 3 Abs. 2 Nr. 4 HmbVwVfG herangezogen wird (vgl. hierzu: OVG Hamburg, Beschl. v. 26.11.2003, NordÖR 2004, 110).

a) Das Aufenthaltsgesetz oder das Asylverfahrensgesetz als die spezielleren Gesetze regeln die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde für Fälle dieser Art nicht (Beschl. des Senats v. 29.12.2005 - 4 Bs 252/05 - m.w.N.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 1.3.2006 - 11 ME 48/06 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21.2.2006 - 2 M 217/05 - juris). Es fehlt insbesondere an Regelungen, nach denen diejenige Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung örtlich zuständig ist, in deren Bereich sich der Ausländer z.B. nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG oder § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG aufzuhalten hat. Eine derartige Regelung wäre auch wenig hilfreich, solange dieser Behörde wegen der kraft Gesetzes bestehenden räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG die materielle Kompetenz fehlt, die begehrte Entscheidung in der Sache zu treffen und einen Aufenthalt in einem anderen Land zu ermöglichen.

b) Die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit der Ausländerbehörde bleibt dem jeweiligen Landesgesetzgeber überlassen und folgt in Hamburg mangels spezialgesetzlicher Landesregelung aus dem Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetz. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 a HmbVwVfG ist im Verhältnis zu außerhamburgischen Behörden in Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, die Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. Das Aufenthaltsgesetz oder das Asylverfahrensgesetz enthalten keine Regelungen, die - etwa wie in § 10a Abs. 3 Satz 4 AsylbLG - den Bereich, in dem sich der Ausländer aufzuhalten hat, als den gewöhnlichen Aufenthalt fingieren. Was als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, ist im Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetz nicht umschrieben. Eine Legaldefinition des gewöhnlichen Aufenthalts enthält § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Um zu bestimmen, was nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 a HmbVwVfG als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, besteht kein Anlass, einen anderen Maßstab zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.6.1997, NVwZ-RR 1997, 751). Danach wird ein gewöhnlicher Aufenthalt dadurch begründet, dass sich der Betreffende an dem Ort oder in dem Gebiet "bis auf Weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (BVerwG, Urt. v. 7.7.2005, NVwZ 2006, 97; Beschl. v. 3.7.2003 - 5 B 211/02 - juris; Urt. v. 26.9.2002, NVwZ 2003, 616, std. Rsp.; vgl. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 3 Rdnr. 31 m.w.N.). Als notwendige Bedingung setzt das einen tatsächlichen Aufenthalt voraus (BVerwG, Urt. v. 7.7.2005 und Urt. v. 26.9.2002, jew. a.a.O.). Zum gewöhnlichen Aufenthalt wird der tatsächliche Aufenthalt dann, wenn davon auszugehen ist, dass der Betreffende nicht nur vorübergehend an dem Ort verweilt (Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 2001, § 3 Rdnr. 22). Hierfür ist eine in die Zukunft gerichtete Prognose erforderlich, die alle in Betracht kommenden Umstände berücksichtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.6.1997, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 10.4.2000, NordÖR 2001, 73). Neben den tatsächlichen Verhältnissen gehören dazu auch ausländerrechtliche Regelungen, die den Verbleib eines Ausländers an einem bestimmten Ort beeinflussen (BVerwG, Urt. v. 23.2.1993, BVerwGE 92, 116; BSG, Urt. v. 23.2.1988, EZAR 451 Nr. 4; BSG, Urt. v. 17.5.1989, EZAR 450 Nr. 6; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 16.11.2004, InfAuslR 2005, 57; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 8.9.1998, NordÖR 1999, 74). Das sind beispielsweise räumliche Aufenthaltsbeschränkungen nach § 56 Abs. 1 AsylVfG und § 61 Abs. 1 AufenthG, aus deren gesetzlichen Regelungen sich unmittelbar ergibt, dass der Aufenthalt des Ausländers außerhalb des Bereichs seiner Aufenthaltsbeschränkung nur vorübergehend ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.1.2004 - 10 B 11661/03 - juris -; OVG Berlin, Beschl. v. 23.10.2000, NVwZ 2001, Beilage Nr. 2, 20). Nach § 12 Abs. 3 AufenthG hat der Ausländer den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen. Will er den Bereich der räumlichen Beschränkung seines Aufenthalts verlassen, ist es nur aus besonderem Anlass und für besondere Zwecke erlaubt (§ 12 Abs. 5 AufenthG, §§ 57 und 58 AsylVfG).

Zu den gleichfalls für die Prognose maßgeblichen ausländerrechtlichen Regelungen gehören allerdings auch Abschiebungshindernisse (BVerwG, Urt. v. 23.2.1993; BSG, Urt. v. 23.2.1988; BSG, Urt. v. 17.5.1989, jew. a.a.O.). Sie besagen für sich genommen zwar allein, dass der Abschiebung des Ausländers aus dem Bundesgebiet ein Hindernis entgegensteht. Damit geht aus ihnen in der Regel auch nur hervor, dass sich ein Ausländer auf unabsehbare Zeit in Deutschland aufhalten darf (BSG, Urt. v. 23.2.1988, a.a.O.). Insbesondere enthalten Abschiebungshindernisse in der Regel keine Aussage darüber, in welchem Teil des Bundesgebiets der Ausländer bis auf Weiteres verweilen darf. Allerdings lassen sich aus einem bestehenden Abschiebungshindernis im Einzelfall hierüber durchaus Anhaltspunkte entnehmen. Das setzt voraus, dass die Art des Abschiebungshindernisses - wie beispielsweise bei einer schutzwürdigen familiären Beziehung nach Art. 6 Abs. 1 GG - eine besondere örtliche Bindung mit sich bringt. Unter besonderen Umständen kann mithin eine Situation eintreten, in der der Aufenthalt des Ausländers nur in einem bestimmten Teil des Bundesgebiets als zukunftsoffen anzusehen ist, weil es für ihn unzumutbar ist, sich andernorts aufzuhalten. Auch wenn er sich dort in formaler Hinsicht zu Unrecht aufhält, ist sein Aufenthalt gleichwohl in diesem Sinne zukunftsoffen, wenn er einen Anspruch darauf hat, sich gerade an diesem Ort aufhalten zu dürfen. Das bedeutet zwar, dass die örtliche Zuständigkeit (auch) von der materiellen Rechtslage abhängt. Das ist jedoch unvermeidlich, da der Gesetzgeber mit der räumlichen Beschränkung der Duldung auf den Bereich der Ausländerbehörde, die für die Erteilung der Duldung zuständig ist, diese Verknüpfung gerade vorgenommen hat.

c) Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Hamburg. Bereits seit Januar 2004 hält er sich tatsächlich in Hamburg auf. Hier liegt auch der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen. Seit dieser Zeit lebt er - seinen durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemachten und von der Antragsgegnerin auch nicht angezweifelten Angaben zufolge - mit seiner deutschen Lebensgefährtin und seit April 2005 auch mit der gemeinsamen Tochter in einer gemeinsamen Wohnung. Der Antragsteller hält sich damit unter Umständen in Hamburg auf, die erkennen lassen, dass er hier nicht nur vorübergehend verweilt. Die frühere räumliche Beschränkung seiner Aufenthaltsgestattung auf den Landkreis Ludwigshafen während seines ersten Asylverfahrens wirkt nicht fort, da mit den nachfolgenden Duldungen, die ihrerseits auf den Landkreis Ludwigshafen beschränkt waren, neue Entscheidungen getroffen waren; die heute in § 56 Abs. 3 AsylVfG enthaltene spezielle Fortwirkensregelung existierte seinerzeit noch nicht. Damit findet auch § 71 Abs. 7 AsylVfG keine Anwendung, da die letzte asylverfahrensrechtliche räumliche Beschränkung bei Stellung des Folgeantrags nicht mehr wirksam war und deshalb nicht fortwirken konnte. Fortwirken konnte allein die räumliche Beschränkung der letzten Duldung des Antragstellers. Ob und nach welcher Regelung diese frühere räumliche Beschränkung der Duldung auch unter Geltung des Aufenthaltsgesetzes fortwirkt, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn ein Fortwirken zu bejahen und der Antragsteller materiell-rechtlich gehalten sein sollte, sich weiterhin in Ludwigshafen aufzuhalten, stünde dies im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG der Erteilung einer Duldung in Hamburg nicht entgegen. Ohne die in Hamburg erteilte Duldung hätte der Antragsteller keine Möglichkeit, die familiäre Lebensgemeinschaft aufrecht zu erhalten. Müsste sich er sich in den Bereich der früheren räumlichen Aufenthaltsbeschränkung nach Ludwigshafen begeben, wäre die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Tochter beendet. Von Ludwigshafen aus könnte er die Beziehung zu seinem Kind allenfalls noch als Begegnungsgemeinschaft weiterführen, da schon wegen der Entfernung von nahezu 600 km die Möglichkeit ausscheidet, die familiäre Lebensgemeinschaft fortzusetzen. Überdies ist es auch völlig ungewiss, wie lange sich der Antragsteller in Ludwigshafen aufhalten müsste. Da er mit seiner Tochter zusammenlebt und sich intensiv um ihre Belange kümmert, wäre es für den Antragsteller - und auch für seine Tochter - unzumutbar, die Beziehung nur als Begegnungsgemeinschaft fortführen zu können.

Die familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinem Kind ließe sich auch nicht dadurch aufrecht erhalten, dass sich das Kind mit dem Antragsteller in den Bereich seiner bisherigen räumlichen Aufenthaltsbeschränkung begibt. Da eine Trennung des 12 Monate alten Kindes von seiner Mutter ausscheidet, müsste die Mutter des Kindes gleichfalls nach Ludwigshafen folgen. Das ist ihr nicht zuzumuten. Die Regelungen über die räumlichen Beschränkungen des Aufenthalts geduldeter Ausländer oder (ehemaliger) Asylbewerber haben nicht das Gewicht, einen deutschen Staatsangehörigen zu nötigen, die eheliche bzw. familiäre Lebensgemeinschaft mit einem von derartigen Beschränkungen Betroffenen statt am Heimatort am Ort dieser Aufenthaltsbeschränkungen führen zu müssen. Wie die verschiedenen Regelungen über (auch länderübergreifende) Verteilungen zeigen (vgl. u.a. § 50 Abs. 4 Satz 5 und 51 Abs. 1 AsylVfG sowie § 15 a Abs. 1 Satz 6 AufenthG), hat der Gesetzgeber der Familieneinheit stets den Vorrang vor einer rechnerischen Aufnahmequote der einzelnen Länder beigemessen (vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 29.11.2005, 19 B 2364/03 - juris -).

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin führt die Erteilung einer Duldung in Fällen wie dem vorliegenden nicht dazu, dass sich der Ausländer aussuchen kann, in welchem Land er die Duldung beantragen möchte. Eine derartige Wahlmöglichkeit wird dem Ausländer nicht eröffnet. Die Erteilung der Duldung setzt nämlich voraus, dass der Ausländer nachweist, dass für ihn ein Abschiebungshindernis besteht. Wird die Duldung in einem bestimmten Land begehrt, in dem sich der Ausländer bisher nicht aufhalten durfte, ist weiterhin Voraussetzung, dass das Abschiebungshindernis seinen Aufenthalt gerade dort erfordert. Aufgrund der Anforderungen an einen solchen Nachweis sowie im Hinblick auf die ohnehin erforderlichen Ermittlungen der jeweiligen Ausländerbehörde hinsichtlich ihrer örtlichen Zuständigkeit besteht keine Gefahr, dass sich der Ausländer den Ort seiner Duldung nach Belieben aussuchen kann.

3.) Die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Duldung an den Antragsteller hat zur Folge, dass in diesem Eilverfahren die Hauptsache vorweggenommen wird, was ausnahmsweise hinzunehmen ist. Denn mit der Erteilung der Duldung wird die Antragsgegnerin auch für deren mögliche Verlängerung und eine Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis örtlich zuständig. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 a HmbVwVfG hätte der Antragsteller weiterhin seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Hamburg. Mit der Erteilung der ersten Duldung wird sein Aufenthalt nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch räumlich auf das Gebiet des Landes Hamburg beschränkt. Da er sich tatsächlich in Hamburg aufhält, sehen dann alle ausländerrechtlichen Regelungen, die den Aufenthalt des Antragstellers beeinflussen können, vor, dass er auf nicht absehbare Zeit in Hamburg bleiben kann. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache ist hier im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aufgrund von Art. 19 Abs. 4 GG zulässig, da ohne vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.3.1997 - 11 VR 3/97 - m.w.N., juris; OVG Hamburg, Beschl v. 25.3.2003 - 3 Bs 447/03 -). Ohne die Erteilung einer Duldung durch die Antragsgegnerin hätte der Antragsteller - wie bereits ausgeführt - keine Möglichkeit, die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Tochter fortzuführen. Bei der ungewissen Dauer eines Hauptsacheverfahrens ist der Abbruch der jetzigen intensiven Beziehungen zwischen dem Antragsteller und seinem Kind unzumutbar und irreparabel.

Um die Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden kann der Antragsteller auch nicht, wie die Antragsgegnerin meint, darauf verwiesen werden, in Ludwigshafen eine Duldung zu beantragen verbunden mit dem Antrag, den räumlichen Geltungsbereich der Duldung wieder verlassen zu dürfen. Damit würde von dem Antragsteller gefordert, seinen Aufenthalt in Hamburg durch eine Umgehung gesetzlicher Vorschriften zu erreichen. Ein solches Ansinnen scheidet aus. Wie bereits ausgeführt, ist nach § 61 Abs. 1 S. 1 AufenthG der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Damit wird der Bereich bestimmt, in dem sich der Ausländer aufhalten darf. Diesen Bereich darf der Ausländer nur dann verlassen, wenn ihm die Ausländerbehörde nach § 12 Abs. 5 S. 1 AufenthG das Verlassen des räumlich beschränkten Aufenthaltsbereichs erlaubt. Das Verhältnis dieser Regelungen zueinander zeigt, dass sich der Ausländer im Regelfall im Bereich der räumlichen Aufenthaltsbeschränkung aufhalten muss. Nur ausnahmsweise kann ihm gestattet werden, diesen Bereich zu verlassen (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 10.4.2000, a.a.O.; Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Zimmmermann-Kreher, Kommentar zum Zuwanderungsgesetz, 2005, § 12 Rdnr. 9). Durch eine Erlaubnis, den Aufenthaltsbereich einer durch den Landkreis Ludwigshafen erteilten Duldung vorübergehend verlassen zu dürfen, würden die Belange des Antragstellers aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht ausreichend berücksichtigt. Er könnte die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Tochter bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt in Hamburg nicht fortführen. Das bedeutet, dass der Antragsteller von vornherein versuchen müsste, laufend und jeweils für längere Zeiträume Erlaubnisse zum Verlassen des räumlichen Geltungsbereichs zu erhalten. Das entspricht weder dem Sinn und Zweck der räumlichen Beschränkung einer Duldung noch dem der Verlassenserlaubnis. Vielmehr läge darin eine Aushöhlung und Umgehung der §§ 12 Abs. 5 S. 1 und 61 Abs. 1 S. 1 AufenthG.

4.) Es besteht schließlich auch ein Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige Anordnung. Ein Anordnungsgrund ergibt sich im vorliegenden Fall bereits daraus, dass der Antragsteller zur Zeit keinerlei Nachweis vorlegen kann, um seinen Aufenthalt zu legitimieren, obwohl er wegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60a Abs. 4 AufenthG einen Anspruch auf eine entsprechende Bescheinigung hat.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG. Da die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.



Ende der Entscheidung

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