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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.06.2008
Aktenzeichen: 5 Bs 86/08
Rechtsgebiete: AufentG


Vorschriften:

AufentG § 18 Abs. 4 Satz 2
Die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG zu erteilen, gilt nur für solche Beschäftigungen, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

5 Bs 86/08

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 5. Senat, durch die RichterProf. Dr. Ramsauer, Probst und Engelhardt am 30. Juni 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.530.- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller erstreben in dem beim Verwaltungsgericht Hamburg anhängigen Hauptsacheverfahren Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Antragstellern zu 1 und 2, afghanischen Staatsangehörigen, Aufenthaltserlaubnisse zum Zweck der Ausübung einer Beschäftigung als "Spezialarbeitskräfte" in den Produktionsstätten der Antragstellerin zu 3 zu erteilen; daneben fechten sie auch die Gebührenbescheide zu den in den Verfahren ergangenen Widerspruchsbescheiden an. Im vorliegenden Verfahren erstreben sie vorläufigen Rechtsschutz.

Das Verwaltungsgericht hat die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 14. April 2008 abgewiesen: Hinsichtlich des Begehrens auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis könnten die Antragsteller zu 1 und 2 vorläufigen Rechtsschutz hier nur in Form einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erlangen; die Zulässigkeit des Antrags der Antragstellerin zu 3 sei insoweit zweifelhaft. Die Antragsteller hätten aber nicht glaubhaft gemacht, dass den Antragstellern zu 1 und 2 ein Anspruch auf Duldung bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zustehe, da bei summarischer Prüfung nicht erkennbar sei, dass sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung in der Bäckerei der Antragstellerin zu 3 beanspruchen könnten. Weder liege ein Fall vor, in der eine Aufenthaltserlaubnis ohne Zustimmung der Beigeladenen erteilt werden dürfe, noch könnten die Antragsteller von der Beigeladenen die Erteilung der Zustimmung verlangen. Die Regelung des § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, auf die sich die Antragsteller im wesentlichen beriefen, entbinde nicht vom Erfordernis einer qualifizierten Berufsausbildung; die Antragsteller hätten nicht glaubhaft gemacht, dass für die hier in Rede stehenden Arbeiten mit bzw. an Tandoor-Öfen eine solche Berufsausbildung erforderlich sei. Sie hätten ferner nicht glaubhaft gemacht, dass - falls § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG doch zur Anwendung käme - an der Beschäftigung der Antragsteller zu 1 und 2 ein öffentliches Interesse im Sinne dieser Vorschrift bestehe. Selbst wenn unterstellt würde, dass der Antragsgegnerin ein Erteilungsermessen eröffnet sein sollte, könnte dies nicht zum Erfolg führen, da ein Anordnungsanspruch nur im Fall einer Ermessensreduzierung auf Null gegeben und ein solcher Fall nicht glaubhaft gemacht sei. Einer solchen Ermessensreduzierung stünde voraussichtlich der Umstand entgegen, dass die Antragsteller zu 1 und 2 Ausweisungsgründe gesetzt hätten, indem sie über mehrere Monate hinweg unter Verstoß gegen die ihnen erteilten Auflagen nicht als Spezialitätenköche, sondern als Bäcker in der Bäckerei der Antragsgegnerin zu 3 gearbeitet und damit Ordnungswidrigkeiten begangen hätten. Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohungen und die Gebührenbescheide blieben ebenfalls ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass der Abschiebungsandrohungen lägen vor, da die Antragsteller zu 1 und 2 nicht die erforderlichen Aufenthaltstitel besäßen. Der Antrag hinsichtlich der Gebührenbescheide sei unzulässig, da die Antragsteller zu 1 und 2 gegen diese Bescheide keinen Widerspruch eingelegt und entgegen § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO auch keinen Aussetzungsantrag bei der Behörde gestellt hätten. Die Antragstellerin zu 3 sei insoweit nicht antragsbefugt.

Mit ihrer Beschwerde begehren die Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Antragsgegnerin verpflichtet werden soll, die Antragsteller zu 1 und 2 bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu dulden und ihnen die Beschäftigung als Spezialfachkräfte zur Herstellung von Backwaren am Tandoor-Ofen der Antragsteller zu 3 zu erlauben, sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsandrohungen und die Gebührenbescheide.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerde dargelegten Gründe, die das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur zu prüfen hat, rechtfertigen es nicht, den Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern. Erfolg haben weder das auf ein vorläufiges Verbleiben der Antragsteller zu 1 und 2 in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über ihre Klage gerichtete Vorbringen (1.), noch die Angriffe gegen die Abschiebungsandrohung (2.) und gegen die Gebührenbescheide zum Widerspruchsbescheid (3.)

1.Ohne Erfolg wenden sich die Antragsteller gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den Antragstellern zu 1 und 2 vorläufigen Rechtsschutz dahingehend zu gewähren, bis zur Hauptsacheentscheidung über ihr Aufenthaltserlaubnis-Begehren einstweilen in Deutschland bleiben und solange als Bäckerwerker bei der Antragstellerin zu 3 tätig werden zu können.

a) Das Vorbringen der Antragsteller, ihnen stehe ein Anspruch auf Duldung u.a. aus humanitären Gründen und aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen afghanischen Staatsangehörigen, die derzeit nicht abgeschoben würden, zu, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Es kann allenfalls für die Frage eines Anspruchs auf Duldung bedeutsam sein, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Das Vorbringen geht möglicherweise darauf zurück, dass das Verwaltungsgericht für das Begehren der Antragsteller zu 1 und 2, bis zur Hauptsacheentscheidung in Deutschland bleiben zu können, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO als statthafte Rechtsschutzform angesehen und ausgeführt hat, die Antragsteller hätten einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nicht glaubhaft gemacht.

Für dieses Begehren dürfte der von den Antragstellern ursprünglich gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (§ 80 Abs. 5 VwGO) die statthafte Antragsform sein. Zwar können die Antragsteller zu 1 und 2 ihr Begehren auch insoweit in der Hauptsache nur mit der Verpflichtungsklage durchsetzen, die als solche keine aufschiebende Wirkung entfalten kann (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO), doch kommt es für die Form des vorläufigen Rechtsschutzes für das Ziel, vorläufig in Deutschland bleiben zu können, darauf an, ob die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht (§ 58 Abs. 2 AufenthG) suspendiert werden kann; diese ist Voraussetzung für eine ggf. erforderliche Abschiebung (§ 58 Abs. 1 AufenthG). Wird ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels abgelehnt, wird damit die Ausreisepflicht vollziehbar (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Da Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels keine aufschiebende Wirkung haben (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), vermögen diese Rechtsbehelfe selbst an der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nichts zu ändern. Die Vollziehbarkeit kann indes durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch bzw. Klage suspendiert werden, es sei denn, es besteht bereits aus anderen Gründen, vornehmlich wegen unerlaubter Einreise (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG), eine vollziehbare Ausreisepflicht; dann könnte nur miteinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO geholfen werden (vgl. eingehend Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Stand Febr. 2008, II - § 81 Rn. 60 - 64). Da die Antragsteller zu 1 und 2 erlaubt in die Bundesrepublik Deutschland eingereist waren und ihre Aufenthaltserlaubnis-Anträge noch während der Geltungsdauer der Visa gestellt hatten, trat die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht erst mit Ablehnung des Antrags ein (§ 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Lediglich soweit es den Antragstellern zu 1 und 2 darüber hinaus um die einstweilige Ausübung der Beschäftigung als "Spezialarbeitskräfte" geht, sind sie wohl zusätzlich auf eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO angewiesen. Die gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eintretende bzw. fortdauernde eingeschränkte Fiktionswirkung eines stattgebenden Beschlusses gemäß § 80 Abs. 5 VwGO würde ihnen die Aufnahme einer anderen als der im Visum genannten Erwerbstätigkeit (dort: Spezialitätenkoch) nicht ermöglichen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 23.10.2006, InfAuslR 2007, 59/60 f.).

b) Die Ausführungen der Antragsteller unter II 1. der Beschwerdebegründung vom 25. April 2008 sind nicht geeignet, den Beschluss des Verwaltungsgerichts im Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Die Ausführungen über die Verhältnisse in Afghanistan und die angebliche Beeinträchtigung des politischen Ansehens Deutschlands in Afghanistan infolge der hier getroffenen Entscheidung sind für das vorliegende Verfahren irrelevant. Für die Frage, ob die Antragsteller zu 1 und 2 eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung beanspruchen können, kommt es allein auf die Regelungen der §§ 18, 39 AufenthG an. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass anderen afghanischen Staatsangehörigen möglicherweise Duldungen erteilt werden und ihnen - nach anderen Vorschriften (z.B. § 10 der Beschäftigungsverfahrensverordnung - BeschVerfV) - die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden kann. Über die Erteilung einer Duldung der Antragsteller zu 1 und 2 musste die Antragsgegnerin bisher nicht entscheiden. Gegen-stand der bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin gestellten Anträge der Antragsteller zu 1 und 2 vom 22. November 2006 ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung. Hiermit haben sie den Gegenstand des ausländerrechtlichen Verwaltungsverfahrens und den Streitgegenstand ihrer Klage bestimmt (BVerwG, Urt. v. 4.9.2007, InfAuslR 2008, 71). Der vorliegende Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz soll der Verwirklichung bzw. Sicherung des Ziels der Hauptsacheklage dienen, nicht aber darüber hinausgehende Zwecke verfolgen. Weder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen noch die Erteilung einer Duldung sind Gegenstand der Hauptsacheklage 6 K 614/08.

c) Ohne Erfolg greifen die Antragsteller die Auffassung des Verwaltungsgerichts an, auch die Regelung des § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG entbinde nicht von dem Erfordernis der qualifizierten Berufsausbildung. Nach der genannten Vorschrift kann in begründeten Einzelfällen für eine Beschäftigung, an der ein öffentliches Interesse besteht, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden.

Zutreffend zieht das Verwaltungsgericht aus der Regelungssystematik des § 18 AufenthG den Schluss, dass das Erfordernis einer qualifizierten Berufsausbildung für alle Fälle des Absatzes 4, also auch für Satz 2, gilt. Hierzu zwingt zwar nicht schon der Wortlaut, weil § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG nicht ausdrücklich auf eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Bezug nimmt, wohl aber die Stellung der Regelung in Absatz 4 und die Systematik des § 18 AufenthG insgesamt: Absatz 1 enthält eine Regelung bindender Leitlinien für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Zweck der Beschäftigung, die insbesondere für die Ausgestaltung der Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG und im Rahmen der Zustimmungserteilung durch die Bundesagentur für Arbeit bedeutsam sind. Die Absätze 2 und 5 gelten grundsätzlich für alle Beschäftigungen, für deren Ausübung ein Aufenthaltstitel begehrt wird. Diese allgemeinen Vorschriften werden konkretisiert durch die Absätze 3 und 4, die zwischen Beschäftigungen unterscheiden, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzen (Absatz 4) und solchen, die ohne eine solche Ausbildung ausgeübt werden können (Absatz 3). Hätte die in Absatz 4 Satz 2 enthaltene Regelung eine Aufenthaltserlaubnis zu Beschäftigungszwecken unabhängig von den Regelungen beider Absätze ermöglichen sollen, hätte die Aufnahme in einen eigenständigen Absatz nahegelegen. Mit dem hieraus folgenden beschränkten Anwendungsbereich ermöglicht Absatz 4 Satz 2 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt, aber nicht im Tätigkeitenkatalog der §§ 26 bis 31 der Beschäftigungsverordnung (BeschV) enthalten ist.

Das Ergebnis entspricht der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand April 2008, § 18 AufenthG Rn. 25; derselbe, Asyl- und Ausländerrecht, Rn. 119; Schiedermair/Wollenschläger, Handbuch des Ausländerrechts der Bundesrepublik Deutschland, Stand Mai 2008, Teil 3 D III. Rn. 365 f.; Blechinger/Weißflog, Das neue Zuwanderungsrecht, Stand Mai 2008, 4.6.1.1). Soweit hierzu eine andere Sichtweise vertreten wird (vgl. Storr/Kreuzer in Storr/Wenger/Eberle/ Albrecht/Harms, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, § 18 Rn. 23; wohl auch Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 18 AufenthG Rn. 8), wird der Stellung des Satzes 2 in Absatz 4 nicht genügend Beachtung geschenkt. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift gibt keinen ausreichenden Hinweis, der ein Abweichen vom Ergebnis der systematischen Auslegung rechtfertigt. Der ursprüngliche Gesetzentwurf enthielt nur den heutigen Absatz 2. § 18 AufenthG hat im Vermittlungsausschuss seine jetzige Form erhalten; die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses (BT-Drs. 15/3479) enthält indes keine Begründung, die Auskunft über die Gründe der Neuge-staltung der Vorschrift geben könnte.

d) Als Beschäftigung, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt, ist eine Tätigkeit anzusehen, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung erfordert (so ausdrücklich § 25 BeschV, erlassen aufgrund von § 42 Abs. 1 und 2 AufenthG). Die Antragsteller zu 1 und 2 haben auch mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht glaubhaft gemacht, dass die Ausübung der von ihnen beabsichtigten Bäcker-Tätigkeiten am Tandoor-Ofen eine in diesem Sinn qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt.

Der Bescheinigung der Gesellschaft GASTRO vom Juli 2006 lässt sich solches nicht entnehmen. Wenn dort davon die Rede ist, dass die Arbeitskräfte, die die Arbeit eines Tandoori-Bäckers erledigen sollen, von einem Fachmann ausgebildet werden müssen, bedeutet das weder, dass eine solche Ausbildung mit einer dreijährigen Ausbildung gleichzusetzen ist, noch dass der "Fachmann" eine solche Ausbildung haben muss. Der Umstand, dass die Arbeit des Tandoori-Bäckers aufgrund der Arbeitsumstände sehr anstrengend und beschwerlich sein mag, besagt nichts über die Art und Dauer der hierfür erforderlichen Qualifikation. Auch die beiden in den Ausländerakten befindlichen Bestätigungen afghanischer Restaurants und Bäckereien über die dortigen Tätigkeiten der Antragsteller zu 1 und 2 sind als Nachweis der Erforderlichkeit einer mindestens dreijährigen Berufsausbildung nicht geeignet. Gewisse Zweifel an der Aussagekraft der beiden Bescheinigungen mögen schon daraus herrühren, dass sie jedenfalls in der beigefügten englischen Übersetzung - von Daten abgesehen - nahezu textidentisch sind, obwohl sie von zwei in unterschiedlichen afghanischen Städten ansässigen Betrieben stammen sollen. Im übrigen besagen sie aber nur, dass die Antragsteller zu 1 und 2 über einige Jahre als "Assistent" des jeweiligen "Chefkochs" gearbeitet und dabei die erforderlichen Kenntnisse in der Zubereitung der verschiedenen Tandoori-Speisen erworben hätten. Damit ist nichts darüber ausgesagt, dass die Tätigkeit als Bäcker am Tandoor-Ofen - nur hierum geht es vorliegend - eine qualifizierte Berufsausbildung erfordert und nicht bereits nach einer angemessenen Anlernzeit ausgeübt werden kann. Auch aus der Stellungnahme des Bezirksamts Hamburg-Mitte (SL 4 Stadterneuerung) vom 17. April 2007) lässt sich nichts im Sinne der Antragsteller herleiten, wenn es dort heißt, "der besondere Herstellungsprozess der Tandoor-Produkte" brauche nach dortigem Eindruck "unterschiedliche nicht nur spezial ausgebildete Fachkräfte, sondern auch zusätzlich Hilfskräfte, die auch für den Herstellungsprozess ausgebildet werden sollen". Soweit hiermit nicht ohnehin nur Angaben der Antragstellerin zu 3 wiedergegeben werden, bleibt unklar, worin die "Spezialausbildung" der Fachkräfte besteht und welchen Umfang und welche Qualität sie haben muss. Die Antragsteller haben schließlich auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keine aussagekräftigen Bestätigungen für die Länge und Qualität einer etwa erforderlichen Ausbildung für die Tätigkeit als Bäcker bzw. Bäckerwerker am Tandoor-Ofen beigebracht, so dass die Kritik am Verwaltungsgericht wegen angeblich unzureichender Sachverhaltsaufklärung ins Leere geht.

e) Angesichts dessen bedarf es keines näheren Eingehens auf die Frage, ob an der Beschäftigung (gerade) der Antragsteller zu 1 und 2 das in § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG geforderte öffentliche Interesse besteht und ob für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an die Antragsteller zu 1 und 2 möglicherweise einzelne allgemeine Erteilungsvoraussetzungen fehlen.

f) Da das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Antrags der Antragstellerin zu 3, soweit er sich auf die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis-Anträge der Antragsteller zu 1 und 2 bezieht, nicht tragend auf dessen Unzulässigkeit gestützt hat, bedarf es keines vertieften Eingehens auf die Frage, ob die Antragstellerin zu 3 insoweit, wie von ihr geltend gemacht wird, aus Art. 12 GG und aus § 18 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ein Rechtsschutzinteresse herleiten kann. Aus den vorstehend dargelegten Gründen ergibt sich, dass der Antrag der Antragstellerin zu 3 jedenfalls in der Sache keinen Erfolg hat.

2.Die Antragsteller greifen die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die an die Antragsteller zu 1 und 2 gerichteten Abschiebungsandrohungen seien voraussichtlich rechtmäßig, nicht mit Erfolg an. Sie bringen insoweit durch Bezugnahme auf Seite 18 ihres Schriftsatzes vom 27. Februar 2008 nur vor, sie seien rechtmäßig eingereist und hätten die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels beantragt. Das stellt aber die Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage. Ein Ausländer ist u.a. dann ausreisepflichtig, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht mehr besitzt (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Spätestens mit der Ablehnung des Antrags auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels (§ 81 Abs. 4 AufenthG) durch die Ausländerbehörde endete die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts der Antragsteller zu 1 und 2 (BVerwG, Urt. v. 1.2.2000, InfAuslR 2000, 274/275) und sie wurden ausreisepflichtig. Da Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung ihrer Aufenthaltserlaubnis-Anträge keine aufschiebende Wirkung haben (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), wurde mit der Ablehnung die Ausreisepflicht vollziehbar (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).

Sollte der in anderem Zusammenhang gemachte Vortrag der Antragsteller zu einem Anspruch auf Duldung (Abschnitt II 1. der Beschwerdebegründung) sich auch auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Abschiebungsandrohungen beziehen, könnte dies ebenfalls nicht zum Erfolg führen. Gemäß § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG steht nicht einmal das Vorliegen von Abschiebungsverboten dem Erlass der Abschiebungsandrohung entgegen. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote haben nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG allerdings insoweit Bedeutung, als der Staat, bezüglich dessen solche Verbote bestehen, nicht als Zielstaat einer Abschiebung genannt sein darf. Die Antragsteller haben aber nicht hinreichend dargelegt, inwiefern sie betreffende Abschiebungsverbote bezüglich Afghanistan vorliegen sollten.

3. Ohne Erfolg wenden sich die Antragsteller schließlich gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Gebührenbescheiden vom 4. Februar 2008.

Zutreffend sieht das Verwaltungsgericht in den Gebührenbescheiden eigenständige Verwaltungsakte, denn sie enthalten eine gegenüber dem Widerspruchsbescheid eigenständige Regelung im Sinn des § 35 Satz 1 HmbVwVfG. Zwar ist den Antragstellern insoweit zuzustimmen, dass die Gebührenbescheide in gewisser Weise vom rechtlichen Schicksal der Widerspruchsbescheide abhängig sind. Wird der Widerspruchsbescheid aufgehoben, erfasst diese Aufhebung auch die darin enthaltene Kostenlastentscheidung. Der Gebührenbescheid muss daher nicht eigens angefochten werden. Mit ihrem einstweiligen Rechtsschutzantrag gegen die Gebührenbescheide zeigen die Antragsteller indes, dass sie insoweit eigenständigen Rechtsschutz begehren und nicht das Ergebnis der Hauptsacheklage abwarten wollen. Wenn aber - z.B. mit Angriffen gegen die Höhe der festgesetzten Gebühr - eigenständiger Rechtsschutz gegen einen Gebührenbescheid oder eine sonstige Kostenfestsetzungsentscheidung begehrt wird, die nicht Bestandteil des Widerspruchsbescheids ist, ist vor Erhebung der Anfechtungsklage Widerspruch zu erheben (Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Aufl., § 47 Rn. 11 m.w.N.). Auch wird das vorgeschaltete Verfahren gemäß § 80 Abs. 6 VwGO durchzuführen sein, bevor bei Gericht ein Antrag nach § 80 abs. 5 VwGO gestellt werden kann.

Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass der gegen die Gebührenbescheide gerichtete einstweilige Rechtsschutzantrag auch in der Sache keinen Erfolg haben könnte. Da nach den Ausführungen unter 1. und 2. die Zurückweisung des Widerspruchs rechtmäßig sein dürfte, werden auch die Gebührenbescheide rechtmäßig sein, insbesondere auch bezüglich der Gebührenhöhe (§ 69 Abs. 1 und 6 AufenthG, § 51 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 45 Nr. 1 lit. b AufenthV).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat, entspricht es nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Hinsichtlich der Anträge der Antragstellerin zu 3 ist der Streitwert bezüglich des Begehrens, den Antragstellern zu 1 und 2 Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen, nach dem wirtschaftlichen Interesse zu bemessen, das die Antragstellerin zu 3 hieran hat; mangels ausreichender Anhaltspunkte zur Bemessung dieses Interesses setzt das Beschwerdegericht hierfür den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG an, der für das vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren ist. Hinsichtlich der die Antragsteller zu 1 und 2 betreffenden Widerspruchsgebühren ist zu berücksichtigen, dass diese auch von der Antragstellerin zu 3 angefochten werden, so dass hierfür 4 x 30.- Euro anzusetzen sind. Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren wird insoweit ein Viertel des Betrages angesetzt.

Ende der Entscheidung

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