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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.10.2009
Aktenzeichen: 5 So 140/09
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 52 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 2
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt bei Klagen auf Bescheidung von Dienst- und Sachaufsichtbeschwerden in Anlehnung an Tz. 1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 die Hälfte des in § 52 Abs. 2 GKG vorgesehenen Betrages, sofern das mit der Beschwerde jeweils verfolgte eigentliche Sachinteresse nicht die Festsetzung eines geringeren Streitwertes nach § 52 Abs. 1 GKG rechtfertigt (Abweichung von HmbOVG, Beschl. v. 24.9.2001, 1 So 57/01).
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

5 So 140/09

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 5. Senat, durch die Richter Prof. Dr. Ramsauer, Probst und Engelhardt am 5. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18. Februar 2009 abgeändert. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beklagte wendet sich mit der Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts für eine auf Bescheidung einer Dienst- und Sachaufsichtsbeschwerde gerichteten Klage. Mit Schreiben vom 16. August 2008 hatte sich der Kläger darüber beschwert, dass die Bediensteten der Strafanstalt, in der er derzeit noch einsitzt, eine Paketsendung mit Akten nicht unverzüglich an seinen Rechtsanwalt versandt hätten. Nachdem die Beklagte diese Beschwerde nicht innerhalb von drei Monaten beschieden hatte, erhob er unmittelbar nach deren Ablauf am 18. November 2008 Untätigkeitsklage, mit der er die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung erstrebte. Am 16. Dezember 2008 wurde die Beschwerde des Klägers beschieden; die Beteiligten erklärten daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Mit Beschluss vom 18. Februar 2009 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein, erlegte der Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO die Kosten des Verfahrens auf und setzte den Streitwert unter Berufung auf die Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. September 2001 (1 So 57/01 -juris) auf 5.000,-- Euro fest. Hiergegen richtet sich die von der Beklagten erhobene Beschwerde, mit der wegen der Vielzahl von Eingaben und Beschwerden des Klägers eine Festsetzung des Streitwerts auf 500,-- Euro begehrt wird.

II.

Die nach § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde der Beklagten ist teilweise begründet. Der Wert des Streitgegenstandes ist in Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf 2.500,-- Euro festzusetzen.

1. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist nach § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,-- Euro anzunehmen. In Anwendung der zuletzt genannten Vorschrift hat die Rechtsprechung bisher für Klagen, die sich auf die Bescheidung von Dienst- und Sachaufsichtsbeschwerden richteten, zumeist einen Streitwert von 5.000,-- Euro angenommen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.9.2001 - 1 So 57/01 -juris), weil es an Anhaltspunkten für ein wirtschaftliches Interesse an der Bescheidung von Dienst- oder Sachaufsichtsbeschwerden für den jeweiligen Kläger fehle. Auf das Interesse des Klägers an einer bestimmten Sachbehandlung könne es nicht ankommen, da die mit der Klage begehrte Prüfung und Bescheidung von Dienst- und Sachaufsichtsbeschwerden das Verhalten von Mitarbeitern der Behörde, nicht aber ein bestimmtes Sachanliegen des Klägers sei.

2. Diese Sichtweise berücksichtigt indessen nicht ausreichend den inzwischen allgemein anerkannten Grundsatz, wonach für Klagen, die lediglich auf eine Bescheidung gerichtet sind, ein Abschlag von dem eigentlich für den Streitgegenstand maßgeblichen Wert vorgenommen wird, wobei der Abschlag je nach der Bedeutung der Bescheidung bis zur Hälfte des für die Verpflichtung anzusetzenden Streitwerts betragen kann (Tz. 1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 7./8. Juli 2004 beschlossenen Änderungen; s. zur Reichweite dieses Grundsatzes vgl. auch VGH Kassel, Beschl. vom 28.3.2006, 1 UE 981/05 - juris, Rn. 43; OVG Weimar, Beschl. vom 13.4.2006, 2 EO 1065/05 - juris, Rn. 97; OVG Lüneburg, Beschl. vom 9.1.2009, 5 OA 477/08 - juris). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Interesse an einer bloßen Bescheidung typischerweise geringer ist als das an der Verpflichtung zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts. Dies hat unabhängig davon zu gelten, ob § 52 Abs. 1 oder Abs. 2 GKG die Grundlage für die Streitwertbemessung bildet und darf bei der Bemessung des Streitwerts für Klagen auf die Bescheidung von Dienst- und Sachaufsichtsbeschwerden nicht unberücksichtigt bleiben, auch wenn diese sich von vornherein lediglich auf Bescheidung der Eingabe richten können. Es erscheint daher aus Gründen der Systematik der Streitwertrechtsprechung angebracht, auch insoweit einen hälftigen Abschlag vorzunehmen, der berücksichtigt, dass sich aus der erstrebten Bescheidung keine unmittelbaren für das eigentliche Anliegen des Klägers günstigen Folgerungen ableiten lassen.

3. Für eine weitere Reduzierung dieses Streitwerts wäre nur Raum, wenn sich eindeutig feststellen ließe, dass der Kläger mit der Dienst- oder Sachaufsichtsbeschwerde ein bestimmtes Sachinteresse verfolgt, für das im regulären Rechtsbehelfsverfahren ein geringerer Streitwert anzusetzen wäre. Dann käme in Betracht, den Streitwert in Anlehnung an § 52 Abs. 1 GKG mit dem Betrag anzusetzen, der diesem vom Kläger verfolgten Sachinteresse entspricht. Diese Möglichkeit besteht im vorliegenden Fall nicht, zum einen, weil hier ein konkretes eigenes Interesse des Klägers an einer bestimmten Sachbehandlung jedenfalls im Zeitpunkt der Klagerhebung nicht mehr erkennbar war, zum anderen, weil auch der konkrete Anlass der Beschwerde, eine Auseinandersetzung um die Versendung eines Pakets, keine hinreichenden Anhaltspunkte i.S. des § 52 Abs. 1 GKG für die Bedeutung der Sache bietet.

4. Der von der Beklagten geltend gemachte Umstand, dass sie sich einer Vielzahl von Dienst- und Sachaufsichtsbeschwerden und sonstigen Eingaben des Klägers gegenübersieht, rechtfertigt eine Herabsetzung des Streitwerts nicht. Die Zahl von Verfahren hat auf das am Ausgang eines einzelnen Verfahrens bestehende Interesse grundsätzlich keinen Einfluss. Vielmehr sind für jedes Rechtsschutzbegehren das Interesse des Rechtsschutzsuchenden und der sich daran orientierende Streitwert selbständig zu bestimmen.

5. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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