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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.10.2009
Aktenzeichen: 5 So 178/09
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 92 Abs. 1 S. 1 | |
VwGO § 166 |
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 5. Senat, durch die Richter Prof. Dr. Ramsauer, Probst und Engelhardt am 26. Oktober 2009
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 28. September 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Am 23. März 2007 hat er beim Verwaltungsgericht Hamburg eine Klage gegen eine Ausweisungsverfügung erhoben und gleichzeitig die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten beantragt. Die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich eines Beleges (§ 166 VwGO, § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO) hat er am 16. April 2007 zur Prozessakte eingereicht.
Unter dem 26. September 2007 hat der Berichterstatter des Verfahrens den Beteiligten mitgeteilt, dass die Ausweisung gerechtfertigt sein dürfte. Da der Kläger eine eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner als Konventionsflüchtling anerkannten Ehefrau führe, dürfte es allerdings wegen Art. 6 GG gerechtfertigt sein, ihm nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter Außerachtlassung der Ausweisung eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Es werde daher vorgeschlagen, dass ihm die Beklagte die Erteilung einer derartigen Aufenthaltserlaubnis für den Fall zusichere, dass er die Klage gegen die Ausweisung zurücknehme und seiner Passpflicht genüge.
Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2007 hat die Beklagte dem Gericht mitgeteilt, dass sie mit diesem Vorschlag einverstanden sei. Am 8. November 2007 hat auch der Kläger sein Einverständnis erklärt und die Klage zurückgenommen.
Mit Beschluss vom 9. November 2007 hat das Verwaltungsgericht daraufhin das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt.
Am 24. September 2009 ist ein Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers beim Verwaltungsgericht eingegangen, in dem es heißt, dass bei Durchsicht der Akte aufgefallen sei, dass das erkennende Gericht noch nicht über den rechtzeitig gestellten Prozesskostenhilfeantrag entschieden habe. Es werde gebeten, dies nachzuholen.
Mit Beschluss vom 28. September 2009 hat das Verwaltungsgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Deren nachträgliche Bewilligung komme nicht in Betracht, da der Kläger das Ende der Rechtshängigkeit des Prozesses durch seine Klagrücknahme aktiv herbeigeführt habe. Er habe auch nicht alles ihm Zumutbare getan, um eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag vor der Beendigung des Verfahrens zu erreichen. Hierzu hätte es ihm oblegen, ausdrücklich um eine sofortige Bescheidung seines Prozesskostenhilfeantrags zu bitten. Dies habe er nicht getan. Dabei wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, vor Abgabe der Rücknahmeerklärung auf die Bescheidung des Prozesskostenhilfegesuches zu drängen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die beantragte Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO, §§ 114 ff. ZPO dient dazu, einem Beteiligten ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu ermöglichen. Damit soll erreicht werden, dass eine hinlänglich aussichtsreiche und nicht mutwillige Verfolgung von Rechten nicht allein am Fehlen präsenter finanzieller Mittel scheitert bzw. dass gerichtlicher Rechtsschutz kein Privileg gut situierter Bürger ist, sondern jedem offensteht. Zugleich verdeutlicht die Bezugnahme auf eine "beabsichtigte" Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO, dass es im Regelfall um die Förderung einer konkreten, in der vom Prozesskostenhilfegesuch erfassten Instanz noch nicht abgeschlossenen Rechtsstreitigkeit geht. Demgegenüber hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht die Aufgabe, finanziell bedürftige Personen für prozessbedingte Kosten oder dafür eingegangene Verpflichtungen nachträglich zu entschädigen bzw. dem Prozessbevollmächtigten einen Vergütungsanspruch zu sichern. Daher kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht mehr in Betracht, wenn die zugrunde liegende Kosten verursachende Instanz bereits abgeschlossen ist, da dann keine beabsichtigte Rechtsverfolgung mehr unterstützt werden kann. Ausnahmsweise kann Prozesskostenhilfe auch nach Abschluss eines Verfahrens dann bewilligt werden, wenn der Antrag bereits während des Verfahrens gestellt, aber nicht beschieden worden ist und der Betroffene mit seinem Antrag alles für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Erforderliche getan, insbesondere die dafür notwendigen Unterlagen und Belege eingereicht hat (vgl. zu Vorstehendem z.B. BVerwG, Beschl. v. 3.3.1998, 1 PKH 3/98, juris, Orientierungssatz; OVG Hamburg, Beschl. v. 10.5.2000, NVwZ-RR 2001, 68; OVG Münster, Beschl. v. 10.6.2009, 18 E 586/09, juris Rn. 2).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Das folgt allerdings noch nicht daraus, dass der Kläger vor seiner Erklärung der Klagrücknahme am 8. November 2007 auf eine Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrages hätte drängen müssen. Die Obliegenheiten des um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Beteiligten sind in § 166 VwGO i.V.m. §§ 117, 118 Abs. 2 ZPO geregelt. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, auf die vom Gericht geschuldete Entscheidung über ein entscheidungsreifes Prozesskostenhilfegesuch vor der Abgabe von prozessleitenden Erklärungen drängen zu müssen, ist diesen Bestimmungen nicht zu entnehmen (vgl. ähnlich: VGH Kassel, Beschl. v. 26.3.2008, DÖV 2008, 605, 607; a.A. wohl OVG Lüneburg, Beschl. v. 5.5.2009, 4 PA 70/09, juris Rn. 5). Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass für die nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe regelmäßig kein Raum mehr ist, wenn der Rechtsschutzsuchende die Klage zurückgenommen hat (anders z.B. OVG Münster, Beschl. v. 23.6.2008, 14 E 318/08, juris Rn. 4).
Allerdings liegt bei einer Klagrücknahme die Annahme nicht fern, dass der Rechtsuchende seinem Begehren keine Aussicht auf Erfolg mehr beimisst (vgl. z.B. Neumann in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 166 Rn. 48). Ebenso liegt bei einer insoweit ohne gegenteiligen Hinweis erfolgten Klagrücknahme das Verständnis nahe, dass ein zuvor gestellter Prozesskostenhilfeantrag gleichfalls nicht weiter verfolgt werden soll. Das gilt generell und im vorliegenden Fall umso mehr, als das Verwaltungsgericht in seinem Schreiben vom 26. September 2007 unter anderem gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gebracht hatte, dass die von ihm angefochtene Ausweisung gerechtfertigt sein dürfte und ihm damit gleichzeitig vor Augen geführt hat, dass seine Klage und damit auch das Prozesskostenhilfebegehren wohl ohne Erfolg bleiben würden. Jedenfalls vor diesem Hintergrund wäre es Obliegenheit des Klägers gewesen, zusammen mit seiner Klagrücknahme oder jedenfalls sehr zeitnah dazu geltend zu machen, dass er gleichwohl an seinem Prozesskostenhilfebegehren festhalte, um dem sich anderenfalls unter den konkreten Umständen aufdrängenden gegenteiligen Erklärungswert seines Verhaltens entgegen zu wirken. Derartiges ist hier indes nicht geschehen. Seine erst nahezu zwei Jahre nach seiner Klagrücknahme bei Gericht eingegangene Bitte, nunmehr über das Prozesskostenhilfebegehren zu entscheiden, wird der in Frage stehenden Obliegenheit nicht gerecht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Ende der Entscheidung
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