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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.12.2002
Aktenzeichen: 7 Bf 305/01.PVB
Rechtsgebiete: BPersVG
Vorschriften:
BPersVG § 73 Abs. 1 |
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT
7 Bf 305/01.PVB
Beschluß vom 06. Dezember 2002
Rechtsbeschwerde ist eingelegt
In der Personalvertretungssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz, durch den Richter Sinhuber, die ehrenamtliche Richterin Renken und die ehrenamtlichen Richter Lerch, Rinski und Dauer am 6. Dezember 2002 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg - Fachkammer 2 nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz - vom 11. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand:
I.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung der Fortgeltung einer Dienstvereinbarung über den 31. Dezember 1999 hinaus.
Der Hauptpersonalrat und der Vorstand der früheren Techniker Krankenkasse schlossen am 9. Juli 1991 die Dienstvereinbarung "Arbeit am/mit DSG" über den Einsatz und die Benutzung von Geräten der Informationstechnik bei der Techniker Krankenkasse sowie die damit verbundenen Folgen. Der frühere Vorstand der Techniker Krankenkasse betrieb seit 1997 ein personalvertretungsrechtliches Verfahren mit dem Ziel der Feststellung der Unwirksamkeit der Dienstvereinbarung bzw. einzelner Regelungen, das in allen Instanzen erfolglos blieb (Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg v. 27.3.1998 - 1 VG FB 17/97 -; Beschluss des erkennenden Senats v. 17.12.1999 - 7 Bf 303/98.PVB -; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts v. 8.1.2001 - BVerwG 6 P 6.00 -).
Mit Wirkung vom 1. Januar 2000 vereinigte sich die Techniker Krankenkasse mit der Gärtner-Krankenkasse zur - neuen - Techniker Krankenkasse. Der Beteiligte ist der Auffassung, dass mit dem Zusammenschluss alle bis zum 31. Dezember 1999 zwischen dem Vorstand und dem Hauptpersonalrat der früheren Techniker Krankenkasse geschlossenen Dienstvereinbarungen untergegangen sind. Der - nach dem Zusammenschluss neu gewählte - Antragsteller teilt diese Auffassung nicht.
Der Antragsteller hat deshalb mit Schriftsatz vom 16. Januar 2001 das vorliegende Beschlussverfahren einleiten lassen und geltend gemacht: Die frühere Techniker Krankenkasse habe bereits insgesamt über 5,1 Millionen Versicherte gehabt. Die Gärtner-Krankenkasse habe lediglich 194.349 Versicherte in den Zusammenschluss eingebracht. Den etwa 270 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Gärtner-Krankenkasse hätten etwa 9.500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Techniker Krankenkasse gegenübergestanden. Nach dem Zusammenschluss der Ersatzkassen seien die Aufbauorganisationen und das Dienststellennetz unverändert geblieben. Die Unternehmensgrundsätze, Führungsleitlinien etc. seien uneingeschränkt beibehalten worden, und der Tarifvertrag der Techniker Krankenkasse sei weiter auf die Beschäftigungsverhältnisse angewendet worden. Der Verwaltungsrat der neuen Techniker Krankenkasse sowie der Beteiligte seien bis auf jeweils ein neu hinzugekommenes Mitglied identisch mit den entsprechenden Organen der früheren Techniker Krankenkasse. Bei dieser Sachlage sei es angemessener, statt von einem Zusammenschluss davon zu sprechen, dass die Gärtner-Krankenkasse in der Techniker Krankenkasse aufgegangen sei. Entsprechend der von Bieback in seiner wissenschaftlichen Untersuchung zum Thema "Fusion, Schließung und Kooperation von Ersatzkassen" vertretenen Auffassung verlören bei einem solchen Zusammenschluss die Dienstvereinbarungen ihre Geltung nicht. Das folge zunächst aus dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge und der Tatsache, dass die alte Dienststelle gleichsam in der neuen Dienststelle aufgehe. Es sei nicht erforderlich, dass die alte Dienststelle erhalten bleibe. Der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge schaffe insoweit einen eigenständigen Geltungsgrund für die Weitergeltung der Dienstvereinbarung. Zumindest seien insoweit die Grundsätze anzuwenden, die das Bundesarbeitsgericht zur Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen entwickelt habe. Danach behielten die für den Betrieb abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen ihre Geltung dann, wenn die Organisationseinheit des Betriebes nach dem Betriebsübergang erhalten bleibe. Insoweit sei nicht auf den Wandel der juristischen Person, sondern auf den Erhalt bzw. den Wandel der mitbestimmungsrechtlichen Einheit - des Betriebes bzw. der Dienststelle als Arbeitsorganisation - abzustellen. Falls man eine Fortgeltung von Dienstvereinbarungen kraft Gesamtrechtsnachfolge nicht für möglich halte oder annehme, dass die Fusion die Identität der Dienststelle zerstöre, sei die Vorschrift des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB analog anzuwenden. Zwar beziehe sie sich nur auf Betriebsvereinbarungen. Angesichts der ähnlichen Rechtsnatur und des gleichen Schutzzwecks sei sie jedoch auf Dienstvereinbarungen entsprechend anzuwenden.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, dass die Dienstvereinbarung "Arbeit am/mit DSG" vom 9. Juli 1991 nicht mit der Fusion zwischen der Techniker Krankenkasse und der Gärtner-Krankenkasse zum 1. Januar 2000 geendet hat, sondern vielmehr über den 31. Dezember 1999 hinaus fortbesteht.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und dazu ausgeführt: Durch § 168 a Abs. 1 i.V.m. § 144 Abs. 4 SGB V sei gesetzlich bestimmt, dass mit dem Zeitpunkt der Vereinigung die bisherigen Kassen geschlossen seien. Es entstehe eine neue Ersatzkasse. Die jetzige Techniker Krankenkasse sei aus dem Zusammenschluss der Gärtner-Krankenkasse und der namensgleichen früheren Techniker Krankenkasse neu entstanden. Auch wenn die Namensgleichheit und die tatsächlichen Verhältnisse einen anderen Anschein erweckten, bestehe rechtlich keine Identität zwischen der früheren und der jetzigen Techniker Krankenkasse. Für die in den genannten Vorschriften zwingend angeordnete Rechtsfolge sei das Größenverhältnis der sich vereinigenden Ersatzkassen unerheblich. Die frühere Techniker Krankenkasse sei mit dem 31. Dezember 1999 als juristische Person des öffentlichen Rechts mit allen ihren Dienststellen untergegangen. Bei einer solchen Auflösung einer Dienststelle endeten alle von ihr geschlossenen Dienstvereinbarungen. Auf den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge lasse sich die gegenteilige Auffassung des Antragstellers nicht stützen. Dieses Prinzip erfasse die vorliegende Konstellation nicht. Es setze voraus, dass lediglich auf einer Seite eines Rechtsverhältnisses ein Wechsel eintrete. Deshalb seien nach diesem Prinzip zum Beispiel die Beschäftigungsverhältnisse der Mitarbeiter der früheren auf die jetzige Techniker Krankenkasse übergegangen. Hinsichtlich der Dienstvereinbarung sei aber mit dem Zusammenschluss nicht nur die Dienststelle, sondern auch der bei ihr bestehende frühere Hauptpersonalrat untergegangen. Der Antragsteller sei nicht einmal Rechtsnachfolger des früheren Hauptpersonalrats. Eine analoge Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze zur Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen sei unzulässig. Im Übrigen räume Bieback ein, dass bei einem Zusammenschluss von Krankenkassen die zentrale Dienststelle der "Hauptverwaltung" häufig nicht bestehen bleibe und deshalb auf dieser Ebene mit dem Hauptpersonalrat geschlossene Dienstvereinbarungen nicht fortgelten könnten. Auch die analoge Anwendung von § 613 a BGB komme nicht in Betracht. Die Vorschrift nenne ausdrücklich nur Betriebsvereinbarung, nicht aber die Dienstvereinbarung, obwohl dieses Rechtsinstitut dem Gesetzgeber bei Schaffung der Vorschrift bekannt gewesen sei. Daraus werde deutlich, dass er für den Bereich des öffentlichen Dienstes eine dem § 613 a BGB entsprechende Regelung nicht gewollt habe. Im Übrigen helfe die Anwendung der Vorschrift nicht weiter. Sie sehe vor, dass die Regelungen der Betriebsvereinbarung Inhalt der individuellen Arbeitsverhältnisse würden, nicht aber die normative Weitergeltung von Betriebsvereinbarung, wie sie der Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag für die Dienstvereinbarung erstrebe.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 11. Juni 2001 den Antrag abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Mit der in § 144 Abs. 4 SGB V vorgesehenen Schließung der bisherigen Krankenkassen fielen auch die alten Dienststellen mit ihren Personalvertretungen fort und entstehe eine neue Dienststelle, in der ein neuer Personalrat gewählt werden müsse. Mit der Fusion seien auf beiden Seiten die Vertragspartner weggefallen, so dass nach den Gesetzen der Logik die Wirkung der früher von ihnen geschlossenen Dienstvereinbarungen beendet sei. Das Rechtsinstitut der Rechtsnachfolge gäbe für eine andere Rechtsfolge nichts her. § 613 a BGB solle erkennbar für den öffentlichen Dienst nicht gelten. Der Gesetzgeber habe die Dienstvereinbarung offenbar willentlich von der Regelung ausgenommen. Für die Argumentation des Antragstellers, dass bei der Fusion einer großen mit einer kleinen Ersatzkasse die Dienstvereinbarung der großen Ersatzkasse weitergelten solle, fehle es an einer rechtlichen Grundlage.
Gegen den ihm am 29. Juni 2001 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20. Juli 2001 Beschwerde eingelegt, die er wie folgt begründet: Der Gesetzgeber habe in § 144 Abs. 4 SGB V von der "Schließung" einer Krankenkasse, nicht aber von ihrer "Auflösung" gesprochen und in § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V ausdrücklich geregelt, dass die neue Krankenkasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eintrete. Damit gingen auch die sich für die Bediensteten der bisherigen Kassen aus Dienstvereinbarungen ergebenden Rechte und Pflichten auf die neue Krankenkasse über. Die genannte Regelung liefe leer, wenn die "Schließung" der Krankenkasse zum Erlöschen der Dienstvereinbarungen führe. Mit der Fusion gehe zwar die juristische Person "Krankenkasse" unter, die Dienststelle(n) als Arbeitseinheit(en) bliebe(n) jedoch weiter bestehen. Deshalb habe der Wechsel des Rechtsträgers auf eine Dienstvereinbarung personalvertretungsrechtlich keinen Einfluss, so lange die Dienststelle ihrem Wesen und ihren Aufgaben nach erhalten bleibe. Nur diese Auffassung werde der in § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers gerecht. Rechtlich entscheidend sei vorliegend die Frage, ob die Dienststelle nach der Verschmelzung als Arbeitsorganisation fortbestehe. Bis zu welchem Ausmaß organisatiorische Veränderungen insoweit unbeachtlich bleiben sollten, müsse von einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles abhängig gemacht werden. Vorliegend bestreite selbst der Beteiligte nicht, dass auch nach der Eingliederung der Gärtner-Krankenkasse die Dienststelle als Arbeitsorganisation weiter bestehe.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2001 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
und macht geltend: Mit dem Vollzug der Vereinigung der beiden Kassen seien auch die beiden bisherigen zentralen Dienststellen ihrer Hauptverwaltungen mit deren Hauptpersonalvertretungen weggefallen. Durch ihre Zusammenführung zu einer einheitlichen zentralen Verwaltungsstelle der neuen Ersatzkasse sei eine neue selbständige Dienststelle mit einem neu zu wählenden Hauptpersonalrat entstanden. Dies habe auch der Antragsteller zutreffend erkannt, wie seine Neuwahl belege. Die Vorschrift des § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V sei hier nicht einschlägig. Sie regele nur die Rechtsnachfolge hinsichtlich bestehender Rechte und Pflichten der alten Krankenkassen, nicht aber die davon unabhängige Frage, ob die Rechte und Pflichten aus einer Dienstvereinbarung noch bestünden oder erloschen seien. Die Rechte und Pflichten aus der Dienstvereinbarung seien erloschen, weil mit dem Zusammenschluss der Kassen beide Vertragspartner der Vereinbarung weggefallen seien. Entgegen der Auffassung des Antragstellers laufe die Vorschrift des § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht leer. Denn sie bewirke den Übergang der Rechte und Pflichten nicht nur aus den Beschäftigungsverhältnissen mit den Arbeitnehmern, sondern auch zum Beispiel aus den bestehenden Vermögensverhältnissen sowie den Versicherungsverhältnissen mit den Versicherten auf die neue Ersatzkasse. Die vom Antragsteller befürwortete analoge Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur normativen Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen bei einem Betriebsübergang könne seinem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen. Denn in der arbeitsrechtlichen Literatur sei anerkannt, dass der Zusammenschluss von Betrieben bei einem Betriebsinhaberwechsel zum Verlust der Identität der zusammengeschlossenen Betriebe und damit zu ihrem Untergang führe mit der Folge, dass die früheren Betriebsvereinbarungen endeten. Entsprechendes habe für Dienstvereinbarungen bei der Zusammenlegung von Dienststellen zu gelten.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist zulässig, kann indessen in der Sache keinen Erfolg haben.
Zutreffend hat die Fachkammer des Verwaltungsgerichts entschieden, dass die Dienstvereinbarung "Arbeit am/mit DSG" mit dem 31. Dezember 1999 ihre Geltung verloren hat.
Für den hier gegebenen Fall der Vereinigung von Ersatzkassen bestimmt § 168 a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 144 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch, Krankenversicherung - (SGB V), dass mit dem - gemäß § 144 Abs. 3 SGB V von der Aufsichtsbehörde bestimmten - Zeitpunkt der Wirksamkeit der Vereinigung die bisherigen Krankenkassen geschlossen sind. Nach dieser umfassenden Bestimmung haben mit dem genannten Zeitpunkt die Kassen nicht nur ihre Rechtsfähigkeit als juristische Personen verloren (vgl. dazu Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, 19. Aufl., § 144 Rdnr. 22; LPK-SGB V, § 144 Rdnr. 9), sondern auch ihre personalvertretungsrechtliche Funktion als Dienststelle. Denn mit dem Verlust der Rechtsfähigkeit sind sie nicht mehr Träger von Rechten und Pflichten (vgl. Peters, a.a.O.) - in diese tritt gemäß § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V die neue Kasse ein - und verlieren umfassend ihre entsprechenden Handlungsmöglichkeiten. Damit fehlt ihnen aber nunmehr auch die erforderliche Regelungsbefugnis im personellen wie im sachlichen Bereich, die zu den Voraussetzungen für die Annahme einer Dienststelle im Sinne des Personalvertretungsrechts zählt (§ 6 Abs. 1 BPersVG; vgl. z.B. Lorenzen/Schmitt/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak, BPersVG, Kommentar, Stand: Januar 2000, § 6 Rdnr. 2 a).
Ein derartiger Untergang der Dienststelle lässt auch die entsprechende Personalvertretung wegfallen. Hört die Dienststelle auf zu bestehen, bei der eine Personalvertretung gebildet ist, hat dies zwangsläufig das Ende der Personalvertretung zur Folge, weil sie ohne dazugehörige Dienststelle nicht bestehen (BVerwG, Beschl. v. 20.2.1976, Buchholz 238.3 A § 29 BPersVG Nr. 1; Beschl. v. 3.10.1983, Buchholz 238.3 A § 83 BPersVG Nr. 22). Deshalb hat vorliegend - nach dem Zusammenschluss der Kassen - zutreffend auch eine Neuwahl des Hauptpersonalrats stattgefunden, aus der der Antragsteller hervorgegangen ist. In einer derartigen Situation ist auch die Wirksamkeit einer zwischen der bisherigen Dienststelle und der bisherigen Personalvertretung geschlossenen Dienstvereinbarung beendet, wenn Dienststelle und Personalvertretung in diesem Sinne untergegangen und damit die Vertragspartner weggefallen sind (Lorenzen pp., a.a.O., § 73 Rdnr. 18; Fischer-Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 73 Rdnr. 21 a; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, Kommentar, 8. Aufl., § 73 Rdnr. 20; Dietz/Richardi, BPersVG, Kommentar, 2. Aufl., § 73 Rdnr. 44; OVG Berlin, Beschl. v. 23.9.1998, Personalrat 1999 S. 357 f.; Bosch, Personalrat 1998 S. 418; Trümner, Personalrat 1993 S. 473, 480 Fn. 68). Angesichts der eindeutigen Regelung des § 144 Abs. 4 Satz 1 SGB V kann es für die aufgezeigte Rechtsfolge weder auf die ggf. unterschiedliche Größe der sich vereinigenden Krankenkassen ankommen noch etwa darauf, ob und ggf. in welchem Umfang die neue Ersatzkasse etwa mit der Organisation, dem Dieststellennetz oder den Unternehmensgrundsätzen einer früheren "großen" Kasse fortgeführt wird.
Das Prinzip der sog. Gesamtrechtsnachfolge, das für die Vereinigung von Krankenkassen in § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V seinen Ausdruck findet, kann den Fortbestand der Dienstvereinbarung nicht begründen. Danach können nur bestehende Rechte und Pflichten - z.B. aus den Versicherungsverhältnissen mit den Versicherten oder aus den Arbeitsverträgen gegenüber den Beschäftigten der früheren Kassen - von der neuen Kasse übernommen werden, nicht aber solche aus Vereinbarungen, die - wie hier die Dienstvereinbarung - mit der Vereinigung untergegangen sind.
Auch die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zur Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen in Rechtsnachfolgefällen vermögen dem Antragsbegehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht für den Fall eines Betriebsüberganges - der Übernahme eines Betriebes durch einen anderen Inhaber - im Sinne des § 613 a BGB über die Regelung des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB (Übergang der Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung in die Arbeitsverträge der übernommenen Beschäftigten) hinaus auch eine normative Fortwirkung einer Betriebsvereinbarung angenommen (Beschl. v. 27.7.1994, AP Nr. 118 zu § 613 a BGB; vgl. auch Beschl. v. 5.2.1991, AP Nr. 89 zu § 613 a BGB = MDR 1991 S. 648). Vorliegend geht es aber nicht um den Übergang eines Betriebes auf einen anderen Inhaber, sondern gleichsam um die Zusammenlegung von Betrieben zu einem Betrieb, für die wegen des damit verbundenen Verlustes der sog. Betriebsidentität die Fortgeltung einer Betriebsvereinbarung als Kollektivrecht ausscheidet (vgl. etwa Schaub in Münchener Kommentar zum BGB, § 613 a Rz. 146 m.w.N.; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, Kommentar, 21. Aufl., § 77 Rdnr. 170; Fabricius/Kraft/Wiese/Kreutz, BetrVG, Gemeinschaftskommentar, 5. Aufl., § 77 Rdnr. 321).
Schließlich kann auch die vom Antragsteller unter Berufung auf Bieback (PersR 2000 S. 13/17) befürwortete entsprechende Anwendung von § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu der begehrten Feststellung führen. Für den hier maßgeblichen Bereich der Vereinigung von Krankenkassen dürfte § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V eine eigenständige Regelung darstellen, die - wie dargelegt - auch den Übergang der Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen der Beschäftigten der früheren Kassen auf die neu entstandene Kasse bewirkt, so dass es insoweit an einer Lücke fehlt, die durch die entsprechende Anwendung von § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB geschlossen werden müsste. Im Übrigen erscheint zweifelhaft, ob die Vorschrift auf die darin nicht aufgeführten personalvertretungsrechtlichen Dienstvereinbarungen entsprechend angewandt werden kann. Das bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn jedenfalls könnte ihre Anwendung lediglich dazu führen, dass die einzelnen Bestimmungen der Dienstvereinbarung in den Arbeitsverträgen der Beschäftigten, für die sie abgeschlossen wurde, bei ihrer Weiterbeschäftigung bei der neuen Krankenkasse individualrechtlich fortgelten würden. Die vom Antragsteller angestrebte normative Fortwirkung der Dienstvereinbarung als Kollektivrecht könnte daraus nicht hergeleitet werden.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 83 Abs. 2 BPersVG, 92 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Frage der Fortgeltung von Dienstvereinbarungen bei der freiwilligen Vereinigung von Krankenkassen gemäß §§ 144 Abs. 1, 168 a Abs. 1 SGB V hat grundsätzliche Bedeutung. Sie ist bisher von anderen Oberverwaltungsgerichten nicht entschieden worden und bedarf der Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht.
Ende der Entscheidung
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