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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.04.2002
Aktenzeichen: 12 TG 808/02
Rechtsgebiete: AuslG, ARB 1/80
Vorschriften:
AuslG § 28 | |
ARB 1/80 Art. 7 |
2. Die Aufenthaltsrechte aus Art. 7 ARB 1/80 dienen nicht dazu, dem Kind türkischer Arbeitnehmer die Aufnahme, Fortsetzung oder Beendigung eines Studiums zu ermöglichen.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss
12. Senat
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Ausländerrechts
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 12. Senat - durch Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Renner, Richter am Hess. VGH Kohlstädt, Richterin am Hess. VGH Fischer
am 12. April 2002 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 21. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der im Dezember 1965 geborene Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger und reiste im Oktober 1989 mit einem Visum zum Zwecke der Aufnahme eines Deutschkurses ein. Auf seinen Antrag vom 11. Oktober 1989 erhielt er am 2. November 1989 eine ein Jahr gültige Aufenthaltserlaubnis zum Studium der Germanistik, die im Oktober 1990 für ein Jahr verlängert wurde, nachdem die Universität M bescheinigt hatte, dass der Antragsteller bis zur Sprachprüfung und zur Aufnahme des Fachstudiums noch mindestens zwei Semester benötige. Vom Oktober 1991 an wurde der Aufenthaltstitel als Aufenthaltsbewilligung zum Studium der Publizistik, Pädagogik und Deutschen Philologie verlängert, und zwar bis einschließlich 3. November 1995. Vom 9. November 1996 an erhielt der Antragsteller eine Aufenthaltsbewilligung für das Studium der Publizistik, Politikwissenschaft und Soziologie, die im November 1996 für ein weiteres Jahr verlängert wurde, wobei ihm die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit während des Semesters bis zu zehn Stunden je Woche gestattet wurde, nachdem das Institut für Publizistik bescheinigt hatte, dass nach den Anforderungen der Studienordnung keine Bedenken bestünden, dass eine Nebentätigkeit von durchschnittlich fünfzehn Stunden in der Woche das ordnungsgemäße Studium gefährde. Eine weitere Verlängerung um ein Jahr erhielt er im Januar 1997, nachdem das Institut für Publizistik bescheinigt hatte, das Studium könne im Wintersemester 1997/1998 abgeschlossen werden, und der Antragsteller daraufhin belehrt worden war, dass er bei einem Nichtabschluss des Studiums im Wintersemester 1997/1998 nicht mit einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung rechnen könne. Im Januar 1998 beantragte der Antragsteller sowohl eine Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke der Fortsetzung des Studiums als auch eine Aufenthaltserlaubnis nach Art. 7 ARB 1/80 und erhielt zunächst eine Bescheinigung über die fiktive Aufenthaltserlaubnis nach § 69 Abs. 3 AuslG. Unter dem 2. März 1998 gab die Ausländerbehörde dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Absicht, die Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, da er keine Nachweise über den Stand des Studiums mehr vorgelegt habe und seine Eltern inzwischen deutsche Staatsangehörige seien. Daraufhin legte der Antragsteller eine Bescheinigung des Instituts für Publizistik vom 12. Februar 1998 vor, wonach er die Leistungen zur Anmeldung zum Examen erbracht und zur Vorbereitung in den vergangenen Monaten ein Praktikum bei einer türkischen Tageszeitung absolviert habe; die Untersuchung im Rahmen der Hausarbeit könne im Jahre 1998 abgeschlossen werden. Daraufhin wurde die Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG bis 11. April 1999 verlängert. Auf Anfrage der Ausländerbehörde vom 8. Januar 1999 erklärte der Antragsteller sodann im April 1999, er müsse noch in die Türkei reisen, um dort für seine Magisterarbeit über die "Türkische Presse, ihre Vorgeschichte und ihre Auswirkungen auf den Integrationsprozess in Deutschland" zu recherchieren und Literatur zu sammeln. Nachdem der Antragsteller dann schließlich unter dem 18. November 1999 eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung als Journalist bei einer türkischen Tageszeitung in Deutschland beantragt hatte, wurde er unter dem 9. Dezember 1999 von der Ausländerbehörde erneut zu der Absicht angehört, den Genehmigungsantrag abzulehnen. Hierzu erklärte der Antragsteller unter dem 5. Januar 2000, er ziehe den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung bei dem Zeitungsverlag zurück und begehre weiterhin eine Aufenthaltserlaubnis nach Art. 7 ARB 1/80, weil er die ihm als Kind türkischer Arbeitnehmer entstandenen Rechte nicht durch die Einbürgerung seiner Eltern verloren habe könne. Auf Anforderungen vom 26. Januar und 16. Februar 2000 legte der Antragsteller eine Bescheinigung des Instituts für Publizistik vom 26. Juni 2000 vor, wonach er im Fach Publizistik alle Leistungsnachweise erbracht habe und vor dem Magisterexamen stehe. Als Thema für seine Magisterarbeit sei vereinbart: "Das Deutschlandbild der türkischen Presse". Das Vorgehen dieser Forschungsarbeit müsse noch geklärt werden. Der Antragsteller plane die Meldung zur Magisterprüfung im September 2000, Abgabetermin für die Arbeit wäre dann März 2001, und im ungünstigsten Fall könne er dann im Juli 2001 seine Prüfung abschließen. Der später vorgelegten Bescheinigung vom 26. September 2000 zufolge hatte sich damals herausgestellt, dass noch der Nachweis über ausreichende Kenntnisse in einer zweiten Fremdsprache (Englisch) fehle; danach könne die Anmeldung zum Examen erfolgen, und von diesem Zeitpunkt an betrage die zur Ablegung der Prüfung benötigte Zeit etwa neun Monate.
Nachdem der Antragsteller die Aufforderung, Nachweise über die Belegung von Englischkursen und die Anmeldung zur Magisterprüfung vorzulegen, nicht nachgekommen war, lehnte die Ausländerbehörde mit Verfügung vom 12. Dezember 2000 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab und drohte dem Antragsteller die Abschiebung in die Türkei nach Ablauf der ihm gesetzten Ausreisefrist von drei Monaten an. Dazu ist ausgeführt, der angemessene Zeitraum für den ordnungsgemäßen Abschluss des Studiums sei bei weitem überschritten und es könne noch nicht einmal prognostiziert werden, wann mit dem erfolgreichen Abschluss des Studiums überhaupt zu rechnen sei. Die Bestimmungen des Art. 7 ARB 1/80 könnten keine Anwendung finden, weil die Eltern des Antragstellers am 24. November 1996 eingebürgert worden seien. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium Darmstadt mit Bescheid vom 11. Februar 2002 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben (VG Wiesbaden Az.: 4 E 649/02).
Zuvor hatte der Antragsteller am 13. März 2001 beim Verwaltungsgericht Wiesbaden die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs mit der Begründung beantragt, die Universität M habe ihn am 7. Februar 2001 zur Magisterprüfung zugelassen und er habe seine schriftliche Hausarbeit als Teil der Magisterprüfung bis 13. August 2001 einzureichen. Außerdem stehe ihm als Sohn türkischer Arbeitnehmer ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 zu, und dem stehe nicht entgegen, dass er inzwischen erwachsen und seine Eltern mittlerweile deutsche Staatsangehörige geworden seien. Später teilte der Antragsteller mit, die Abgabe der Magisterarbeit habe aufgrund einer Krankheit nicht rechtzeitig erfolgen können und unabhängig davon sei im Anschluss an die Magisterarbeit eine mündliche Prüfung zu absolvieren, so dass die Prüfung mindestens bis April 2002 andauern werde. Die Antragsgegnerin nahm Bezug auf den Ablehnungsbescheid und wies darauf hin, dass der Einreise des damals kurz vor Vollendung des 24. Lebensjahres stehenden Antragstellers nur für das Studium zugestimmt worden sei und eine Einreise im Rahmen des Familiennachzugs zum damaligen Zeitpunkt bereits ausgeschlossen gewesen sei.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 21. Dezember 2001 abgelehnt, weil ein Ende der Ausbildungszeit des Antragstellers im Bundesgebiet auch derzeit nicht absehbar sei und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Hinblick auf Art. 7 ARB bereits an der Sperrwirkung des § 28 Abs. 3 Satz 1 AuslG scheitere. Zudem stehe dem Antragsteller ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 nicht zu, weil er keine Aufenthaltsgenehmigung im Rahmen einer Familiennachzugsregelung erhalten habe, sondern lediglich eine solche zum Zwecke des Studiums. Auch nach Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 stehe ihm kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zu, da er hier keine Berufsausbildung abgeschlossen habe.
Der Antragsteller hat gegen diesen ihm am 15. Januar 2002 zugestellten Beschluss ein Rechtsmittel eingelegt, das im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 194 Abs. 2 VwGO auf einen gerichtlichen Hinweis hin als Beschwerde und nicht als Antrag auf Zulassung der Beschwerde behandelt worden ist. Dazu macht der Antragsteller geltend, das Thema der Magisterarbeit sei in Absprache mit dem Institut für Publizistik geändert worden, die Arbeit werde am 3. Mai 2002 abgegeben, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass auch noch mündliche Prüfungen im Hauptfach und Nebenfach nach Abgabe der Arbeit erfolgen müssten. Unabhängig davon würde die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch das sich nach der Absolvierung des Studiums ergebende Recht aus ARB 1/80 vereiteln. Soweit das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, dass die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung im Rahmen des Studiums eine besondere Form der Entwicklungshilfe darstelle, könne nur auf die aktuelle politische Lage verwiesen werden, wonach gerade die Bundesrepublik Deutschland qualifizierte Fachkräfte wie den Antragsteller anwerbe. Dies zeige auch, dass ein Studiumsabschluss nicht nur zum Nachteil der Antragsgegnerin wäre, sondern auch ein Nutzen für die Bundesrepublik. Das Verwaltungsgericht habe nicht bedacht, dass die meisten deutschen Studenten ihr Studium kaum in der Regelzeit oder mit drei Semestern Überschreitung absolvieren könnten. Das Gericht solle gerade im Hinblick auf die Sprachschwierigkeiten dies um so mehr berücksichtigen.
Die Antragsgegnerin erwidert darauf, die Einreise in das Bundesgebiet sei nicht im Rahmen des Familiennachzugs erfolgt und ein unmittelbarer Übergang von der Aufenthaltsbewilligung zur Aufenthaltserlaubnis innerhalb eines Jahres nach der Ausreise grundsätzlich ausgeschlossen. Da der Antragsteller in den Fächern Publizistikwissenschaften, Politikwissenschaften und Soziologie seine Magisterprüfung ablegen wolle, sei darin keine qualifizierte Ausbildung zu erkennen, die unter Anwerbung von Spezialisten falle.
II
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146 Abs. 4, 194 Abs. 2 VwGO), aber nicht begründet.
Aufgrund des Beschwerdevorbringens kann nicht festgestellt werden, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den ausländerbehördlichen Bescheid vom 12. Dezember 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. Februar 2002 zu Unrecht abgelehnt hat (zur Beschränkung der Prüfung auf die vorgebrachten Gründe vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis und der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und die Abschiebungsandrohung sind nämlich offensichtlich rechtmäßig, und im Hinblick darauf rechtfertigen es öffentliche Belange unter Berücksichtigung der hier gegebenen persönlichen Verhältnisse, welche die persönlichen Interessen des Antragstellers überwiegen und über das den angegriffenen Verwaltungsakt selbst rechtfertigende Interesse hinausgehen, den Rechtsschutzanspruch des Antragstellers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten (BVerfG, 21.03.1985 - 2 BvR 1642/83 -, BVerfGE 69, 220 = EZAR 622 Nr. 1; BVerfG - Kammer -, 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 -; Hess. VGH, 22.09.1988 - 12 TH 836/88 -, EZAR 622 Nr. 6 = InfAuslR 1989, 14). Dabei ist hinsichtlich der Aufenthaltsbewilligung zugrunde gelegt, dass der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz an ein fiktives Aufenthalts- oder Bleiberecht nach § 69 Abs. 3 oder 2 AuslG anknüpft und sich auf eine vorläufige Aussetzung der Vollziehung richtet und nicht auf eine Verlängerung der Fiktion (Hess. VGH, 30.03.1998 - 12 TZ 994/98 -; Hess. VGH, 26.03.1998 - 6 TZ 4017/97 -; OVG Hamburg, 12.01.1996 - Bs V 4/96 -, EZAR 622 Nr. 27 = NVwZ-RR 1996, 109).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers haben Ausländer - und Widerspruchsbehörde sowie Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der studienbezogenen Aufenthaltsbewilligung nicht erfüllt sind. Einem ausländischen Studierenden kann eine Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke des Studiums, das seiner Natur nach nur einen vorübergehenden Aufenthalt erfordert, erteilt und verlängert werden, so lange der Studienzweck dies erfordert (§§ 13 Abs. 1, 28 Abs. 1 AuslG). Die Geltungsdauer der Aufenthaltsbewilligung ist nach Maßgabe von § 28 Abs. 2 AuslG in der Weise zu befristen, dass eine ordnungsgemäße Durchführung des Ausbildungsgangs einschließlich der Ausbildungsabschnitte gewährleistet ist (Nr. 28.5.0.1 Satz 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz vom 7. Juni 2000 <Bundesanzeiger Nr. 188a = GMBl. S. 618> - AuslG-VwV -). Die Aufenthaltsbewilligung wird dem Aufenthaltszweck entsprechend befristet und für längstens zwei Jahre erteilt und kann dann um jeweils längstens zwei weitere Jahre nur dann verlängert werden, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann (§ 28 Abs. 2 AuslG). Bei der Entscheidung über die Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke des Studiums soll die Ausländerbehörde in Fragen der Studienvoraussetzungen, des Studienverlaufs, des Studienabschlusses und sonstiger akademischer Belange Stellungnahmen der Hochschule einholen und berücksichtigen (Nr. 28.5.0.1 Satz 2 AuslG-VwV).
Nach diesen Grundsätzen hat die Ausländerbehörde die erneute Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für den Antragsteller offensichtlich zu Recht versagt. Dieser hat nämlich bisher über 20 Semester studiert und dennoch sein Studium nicht abgeschlossen. Er hat mehrmals die Fachrichtung gewechselt, obwohl die Änderung der Fachrichtung einen nach § 28 Abs. 3 AuslG grundsätzlich unzulässigen Wechsel des Aufenthaltszwecks darstellt und im Übrigen der Wechsel nicht innerhalb von 18 Monaten nach Beginn des Studiums erfolgt ist und die jeweiligen Studienleistungen nicht mit dem Ergebnis anzurechnen waren, dass sich die Gesamtstudiendauer um nicht mehr als 18 Monate verlängerte (vgl. dazu Nr. 28.5.2.4.1. AuslG-VwV). Es ist weder vom Antragsteller dargetan noch von der Ausländerbehörde festgestellt, dass der Antragsteller aufgrund der Eigenart der verschiedenen Studiengänge, seiner persönlichen Studienleistungen oder des angestrebten Abschlusses die besonderen Voraussetzungen für einen mehrmaligen Fachrichtungswechsel erfüllt hat (zum Fachrichtungswechsel vgl. z.B. OVG Nordrhein-Westfalen, 12.10.2000 - 18 B 67/00 -, EZAR 014 Nr. 11 = AuAS 2001, 86; OVG Hamburg, 03.03.1998 - Bs VI 65/97 -, EZAR 014 Nr. 9; SächsOVG, 27.01.1997 - 3 S 437/96 -, EZAR 014 Nr. 8). Deswegen erscheint es bereits bedenklich, dass dem Antragsteller überhaupt die Aufnahme des Studiums der Publizistik aufenthaltsrechtlich gestattet worden ist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die bisherigen Verlängerungen der Aufenthaltsbewilligung für das Studium der Publizistik vom Gesetzeszweck des § 28 AuslG gedeckt waren. Der Akteninhalt lässt nämlich nicht erkennen, dass der Antragsteller ein ordnungsgemäßes Studium in dem Sinne betrieben hat, dass er die durchschnittliche Studiendauer an der von ihm besuchten Hochschule im Studiengang Publizistik nicht um mehr als drei Semester überschritten hat (Nr. 28.5.2.3 Satz 1 und 3 AuslG-VwV). Schließlich kann - worauf letztlich für die von dem Antragsteller jetzt erstrebte nochmalige Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung abzustellen ist - nicht festgestellt werden, dass mit einem Abschluss des Studiums in absehbarer Zeit zu rechnen ist (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, 21.08.1998 - 17 B 2314/96 -, EZAR 014 Nr. 10 = InfAuslR 1998, 493; OVG Nordrhein-Westfalen, 04.01.1994 - 18 A 2083/93 -, EZAR 014 Nr. 4; Hess. VGH, 04.09.1991 - 13 TH 1983/91 -, EZAR 014 Nr. 2). Der mehrmalige Wechsel der Fachrichtung und das Verstreichenlassen der bisherigen in Aussicht genommenen Zeitpunkte für den Abschluss der Magisterarbeit und des Studiums insgesamt lassen nicht erkennen, dass sich der Antragsteller in der Vergangenheit ernsthaft um den Abschluss seines Studiums bemüht hat und deshalb damit zu rechnen ist, dass er es in absehbarer Zeit, also im kommenden Sommersemester, abschließen wird. Er hat mehrmals die angekündigten und von der Hochschule für Publizistik bestätigten Abgabetermine nicht eingehalten, und im Hinblick auf die einschlägige Studienordnung ist zugrunde zu legen, dass er frühestens im Jahre 2003 sein Studium abschließen könnte, falls er die Magisterarbeit zu dem jetzt vorgesehenen Termin am 3. Mai 2002 abgeben sollte.
Bei der insoweit erforderlichen Prognose steht der Ausländerbehörde kein Ermessen zu, sie hat vielmehr aufgrund der in der Vergangenheit erbrachten Studienleistungen zu beurteilen, ob der Aufenthaltszweck des Studienabschlusses noch in einem angemessenen Zeitraum erreicht werden kann (§ 28 Abs. 2 Satz 2 AuslG). In diesem Zusammenhang kann nicht zu Gunsten des Antragstellers berücksichtigt werden, dass die Ausländerbehörde in der Vergangenheit in äußerst großzügiger Weise die Studierwilligkeit und -fähigkeit des Antragsteller mit dem Ziel eines alsbaldigen Studienabschlusses bejaht und ohne ausreichend konkrete Bescheinigungen der Hochschule jeweils einen Studienabschluss in absehbarer Zeit als wahrscheinlich angenommen hat. Bei der insoweit erforderlichen zuverlässigen Einschätzung des weiteren Ablaufs des Studiums kommt es auch nicht darauf an, aus welchen Gründen im Einzelnen der Antragsteller in der Vergangenheit sein Studium nicht zügig betrieben und zu Ende gebracht hat. Es besteht kein im Rahmen von § 28 AuslG berücksichtigungsfähiges öffentliches Interesse daran, dass ausländische Studierende ohne konkrete Ausrichtung auf den erfolgreichen Abschluss an deutschen Hochschulen studieren. Dabei kann hier offen bleiben, ob mit der Ausländerbehörde im Verhältnis zur Türkei von entwicklungspolitischen Interessen gesprochen werden kann (dazu OVG Nordrhein-Westfalen, 21.08.1998, a.a.O.). Maßgeblich ist nicht, ob die durch das Studium erworbenen Kenntnisse in dem Heimatstaat tatsächlich nutzbar angewandt werden können, sondern der Umstand, dass die Aufenthaltsbewilligung zu Studienzwecken von Beginn an nur zum Zwecke eines erfolgreichen Studiums erteilt wird. Wenn nach dem Bericht "Zuwanderung gestalten - Integration fördern" der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung" mehr Menschen aus dem Ausland für ein Studium gewonnen werden sollen, weil hierdurch die internationale Mobilität gefördert und zugleich eine Möglichkeit geschaffen wird, Deutschland für Zuwanderer attraktiv zu machen (S. 109), dann bedeutet dies zugleich, dass die zum Studium zugelassenen Ausländer ihr Studienkonzept zeitgerecht verwirklichen und damit nicht Ausbildungskapazitäten für andere studierwillige Ausländer sperren. Der Hinweis des Antragstellers auf das öffentliche Interesse an der Anwerbung qualifizierter Spezialisten kann angesichts bisher nicht nachgewiesener Leistungen, die auf eine besondere Qualifikation des Antragstellers schließen lassen, die Entscheidung nicht zu seinen Gunsten beeinflussen. Schließlich führt der Vergleich mit deutschen Studenten hier nicht weiter, weil diese keine Aufenthaltsgenehmigung benötigen und weil Sprachschwierigkeiten angemessen zu berücksichtigen sind (Nr. 28.5.0.1 Satz 3, Nr. 28.5.2.3 Satz 4 AuslG-VwV) und die Verzögerungen bei dem Antragsteller offenbar nicht auf mangelnden Kenntnissen der deutschen Sprache beruhen.
Im Ergebnis zu Recht haben Ausländer - und Widerspruchsbehörde sowie Verwaltungsgericht auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund von Art. 7 ARB 1/80 abgelehnt. Von dieser unmittelbar anwendbaren assoziationsrechtlichen Bestimmung werden einmal Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, erfasst und zum anderen Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Beide Personengruppen können nicht nur die Erlaubnis zur Beschäftigung als Arbeitnehmer verlangen, sondern auch die Genehmigung ihres Aufenthalts, um eine Beschäftigung in Deutschland ausüben zu können (Nr. 3.1.1. der Allgemeinen Anwendungshinweise zum ARB 1/80 - AAH - ARB 1/80; Text in Renner, Verwaltungsvorschriften zum Staatsangehörigkeits- und zum Ausländerrecht, 2001, S. 543 ff.). Es ist nicht dargetan, dass der Antragsteller die Voraussetzungen einer der beiden Bestimmungen erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob einem assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrecht des Antragstellers die Einbürgerung seiner Eltern im Jahre 1998 entgegensteht. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts scheitert das Aufenthaltsbegehren insoweit aber nicht an der Sperrwirkung von § 28 Abs. 3 Satz 1 AuslG, weil Assoziationsrecht diesem Verbot vorgeht.
Aufgrund der Bestimmung des Art. 7 ARB 1/80 steht Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer ebenso wie Arbeitnehmern selbst aufgrund Art. 6 ARB 1/80 neben dem Recht auf Zulassung zur Beschäftigung und zum regulären Arbeitsmarkt implizit ein dem entsprechendes Aufenthaltsrecht zu (Gutmann, Die Assoziationsfreizügigkeit türkischer Staatsangehöriger, 2. Aufl., 1999, S. 68 ff.; Dienelt, Aktuelle Fragen zum Aufenthaltsrecht türkischer Staatsangehöriger, 2001, S. 5 ff.; Renner, Ausländerrecht in Deutschland, 1998, Rdnr. 5/168 ff.; jew. mit Nachw. der Rspr. des EuGH). Beiden Personengruppen wird aber in erster Linie ein Beschäftigungsrecht und nicht ein Aufenthaltsrecht eingeräumt. Sie können also nicht die Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung verlangen, wenn sie die Aufnahme einer Beschäftigung oder deren Fortsetzung nicht beabsichtigen. Nachdem der Antragsteller seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung in einem türkischen Zeitungsverlag ausdrücklich zurückgenommen hat, kann daher ein mit einem Beschäftigungsrecht zusammenhängendes Aufenthaltsrecht aus Art. 7 ARB 1/80 nicht mehr Gegenstand einer Aufenthaltsgenehmigung im vorliegenden Verfahren sein.
Unabhängig davon kann sich der Antragsteller auf Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 deshalb nicht berufen, weil er die Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke des Studiums erhalten hat und ihm nicht die Genehmigung erteilt worden ist, zu seinen damals schon in Deutschland lebenden Eltern zuzuziehen (dazu Dienelt, a.a.O., Rdnr. 77; Renner, a.a.O., Rdnr. 5/228; EuGH, 17.04.1997 - C-351/95 -, EZAR 811 Nr. 30 = NVwZ 1997, 1104 - Kadiman). Selbst wenn diese Vorschrift auch dann anwendbar wäre, wenn ein Familienangehöriger aus einem anderen Grund als dem der Familienzusammenführung nach Deutschland zuzieht und dann tatsächlich mit einem bereits hier lebenden und arbeitenden Familienmitglied zusammenlebt, kann der Antragsteller daraus keine Ansprüche herleiten, weil sich den vorliegenden Akten nicht entnehmen lässt, dass er tatsächlich mit seinen Eltern zusammen gelebt hat oder zusammen lebt.
Darüber hinaus kann sich der Antragsteller auch nicht auf Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 berufen, weil er bisher in Deutschland eine Berufsausbildung nicht abgeschlossen hat. Entgegen seiner Auffassung steht ihm aufgrund dieser Bestimmung kein Aufenthaltsrecht zu dem Zweck zu, eine Berufsausbildung zu beginnen, fortzusetzen oder zu beenden. Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 erfordert zwar nicht eine weitere Beschäftigung seiner Eltern als Arbeitnehmer in Deutschland, sondern lässt eine derartige Beschäftigung in der Vergangenheit für eine Dauer von mindestens drei Jahren genügen (EuGH, 19.11.1998 - C-210/97 -, EZAR 814 Nr. 6 = NVwZ 1999, 281 - Akman; Renner, a.a.O., Rdnr. 5/238). Die den Kindern türkischer Arbeitnehmer unabhängig von ihrem Alter eingeräumte Privilegierung knüpft aber an den erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung an und dient nicht dem Zweck, deren Aufnahme oder Beendigung zu erleichtern.
Schließlich kann sich der Antragsteller schon deshalb nicht mit Erfolg auf Art. 9 und 13 ARB 1/80 berufen, weil er nicht bei seinen Eltern wohnt und weil sich die Voraussetzungen für Studium und Aufenthalt von Studenten (dazu Renner, ZAR 2000, 195 u. 2001, 51) durch § 28 AuslG gegenüber früher nicht verschlechtert haben.
Wenn sich nach alledem die ausländerbehördliche Ablehnung eines weiteren Aufenthaltsrechts für den Antragsteller als offensichtlich rechtmäßig erweist, sprechen überwiegende öffentliche Interessen für eine sofortige Vollziehung der Ausreisepflicht des Antragstellers. Dessen privaten Interessen an einem vorläufigen weiteren Verbleib im Bundesgebiet während des mit der Klageerhebung begonnenen gerichtlichen Hauptsacheverfahren haben demgegenüber zurückzutreten. Soweit nämlich der Antragsteller seinen Aufenthalt zu Studienzwecken fortzusetzen beabsichtigt, ist durch die Entscheidung der Ausländerbehörde gerade festgestellt, das er weder aus dem deutschen Ausländerrecht noch aus assoziationsrechtlichen Vorschriften ein derartiges Aufenthaltsrecht herleiten kann. Der Antragsteller wird auch durch die Vollziehung der Ausreisepflicht nicht etwa überrascht. Das Verwaltungsgericht hat bereits zu Recht bemerkt, dass der Antragsteller schon im Herbst 1995, also vor mehr als sechs Jahren, darauf hingewiesen worden ist, dass eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Überschreiten der durchschnittlichen Studienzeit um mehr als drei Semester nicht in Betracht komme. Der Antragsteller musste sich also zumindest seit dieser Zeit darauf einrichten, dass sein weiterer Aufenthalt zu Studienzwecken allenfalls noch sehr kurzfristig zur Beendigung eines begonnenen Examens gestattet werden würde. Unter diesen Umständen kann es allerdings als geboten erscheinen, die Abschiebung nicht vor dem jetzt vorgegebenen Zeitpunkt der Abgabe der Magisterarbeit am 3. Mai 2002 tatsächlich zu vollziehen.
Die Entscheidungen über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens ergeben sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Ende der Entscheidung
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