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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 10.03.2003
Aktenzeichen: 12 UE 2568/02
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 19
1. Die Bestimmungen des § 19 AuslG über das eigenständige Aufenthaltsrecht des Ehegatten sind jeweils in der Fassung anzuwenden, die bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft bestand.

2. Die zum 1. November 1997 und zum 1. Juni 2000 in Kraft getretenen Änderungen des § 19 Abs. 1 AuslG entfalten keine Rückwirkung auf bereits vor diesen Zeitpunkten erfolgte Aufhebungen der ehelichen Lebensgemeinschaft.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

12 UE 2568/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 12. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Prof. Dr. Renner, Richterin am Hess. VGH Thürmer, Richter am Hess. VGH Prof. Dr. Gornig, ehrenamtliche Richterin Dahms, ehrenamtlichen Richter Berg

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Mai 2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls der Kostengläubiger nicht seinerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: Die am geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie hat am 3. Februar 1997 in der Türkei die Ehe mit einem damals bereits länger in Deutschland lebenden türkischen Staatsangehörigen geschlossen und ist am 29. Mai 1997 mit einem bis 28. August 1997 gültigen Visum zur Familienzusammenführung eingereist. Auf ihren Antrag vom 25. Juni 1997 erhielt sie am selben Tag eine Aufenthaltserlaubnis bis 17. Februar 1998. Am 3. September 1997 wurde sie von ihrem Ehemann nach unbekannt abgemeldet. Im November 1997 reiste sie in die Türkei und kehrte am 13. Januar 1998 nach Deutschland zurück. Da ihr Ehemann sie nicht mehr in der Wohnung aufnahm, nahm sie Unterkunft in einem Frauenhaus in und später in einem Frauenhaus in , wo sie seit 1. Juli 2001 in einer Wohnung mit der jetzigen Anschrift wohnt.

Die Ausländerbehörde hat den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 10. Februar 1998, der am 10. Juni 1998 wiederholt worden ist, nach vorheriger Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 1. Juni 1999 abgelehnt und der Klägerin die Abschiebung in die Türkei für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise binnen drei Monaten angedroht. Dazu ist unter anderem ausgeführt, die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 AuslG, weil es nicht zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich sei, ihr den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Der Klägerin sei eine Rückkehr in die Türkei möglich, es bestehe auch für alleinstehende Frauen ohne Berufsausbildung die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit insbesondere in Großstädten, und die Klägerin habe 22 Jahre in der Türkei gelebt und halte sich erst etwa zwei Jahre im Bundesgebiet auf, so dass eine Rückkehr auch aus dieser Sicht keinesfalls ungerechtfertigt oder unzumutbar erscheine. Der hiergegen eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg. In dem der früheren Bevollmächtigten der Klägerin am 31. August 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 29. August 2001 ist unter anderem ausgeführt, hinsichtlich der besonderen Härte im Sinne von § 19 Abs. 1 AuslG sei nicht festzustellen, dass bei der Klägerin aufgrund der von ihr vorgetragenen Misshandlungen und Beleidigungen Folgewirkungen etwa in Form einer Traumatisierung aufgetreten wären. Beachtenswert sei insofern auch, dass die Klägerin aus eigenem Antrieb ihren Wohnort wieder nach verlegt habe, wo ihr Ehemann und dessen Familie lebten. Das gegen den Ehemann geführte Strafverfahren sei gemäß § 153a StPO nach Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Die Rückkehr in die Türkei bedeute für die Klägerin auch im Hinblick auf ihre bisherige Integration in Deutschland keine besondere Härte. Außergewöhnliche Integrationsleistungen könne sie bislang gar nicht geltend machen. Zwar habe sie vorgetragen, von ihrer Familie in ihrem Heimatdorf ausgegrenzt worden zu sein, als sie Ende 1998 für ungefähr zwei Monate dorthin zurückgekehrt sei. Selbst wenn dies aber auch bei einer nunmehrigen Ausreise der Fall sein sollte, könne dies keine besondere Härte begründen; es bestehe nämlich für sie die Möglichkeit, sich als geschiedene und alleinstehende Frau in einer der türkischen Großstädte niederzulassen. Auch eine Zusammenschau der verschiedenen Schwierigkeiten, welche die Klägerin vorgetragen habe, begründe keine besondere Härte.

Mit der am 8. Oktober 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, der ihrer früheren Bevollmächtigten zugestellte Widerspruchsbescheid habe keine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Ihr Aufenthaltsbegehren hat sie weiterverfolgt und in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren (VG Frankfurt/Main 1 G 4287/01) vorgetragen, dass es für die Frage der Beurteilung der außergewöhnlichen Härte nicht nur auf die Umstände im Heimatland ankomme, sondern auch auf die Umstände der Ehe in Deutschland. Der Widerspruchsbescheid gehe an der gesetzlichen Intention des § 19 AuslG vorbei. Die Frage der Härte im Falle der Rückkehr in das Herkunftsland spiele keine Rolle mehr gegenüber der Frage der Unzumutbarkeit des Festhaltens an der ehelichen Lebensgemeinschaft.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Verfügung vom 1. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2001 zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf das Vorbringen in dem Eilverfahren 1 G 4287/01 hat die Beklagte ergänzend zu der Begründung des angegriffenen Bescheids auf das Schreiben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ankara vom 26. November 1998 hingewiesen, wonach die Klägerin in der Türkei leben könne, dass sie nicht unbedingt in ihr Heimatdorf zurückkehren müsse und dass nicht davon auszugehen sei, dass sie bei einer Rückkehr entsprechenden Anfeindungen und Belästigungen ausgesetzt werde, zumal sich nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nahezu die komplette Familie ihres Ehemanns im Bundesgebiet und insbesondere in aufhalte.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13. Mai 2002 abgewiesen und dazu ausgeführt, die Verpflichtungsklage sei unbegründet und deshalb werde die Frage offen gelassen, ob die Klage bereits wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig sei. Die Klägerin besitze keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19 Abs. 1 AuslG in der Fassung vor der Änderung durch Gesetz vom 25. Mai 2000 (BGBl. I S. 742). Das Verwaltungsgericht teile die Auffassung des 10. und des 12. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Neufassung nicht auf Fälle anwendbar sei, in denen die eheliche Lebensgemeinschaft vor dem Inkrafttreten der Neufassung entfallen sei. Auf eine abweichende Auffassung des Bundesinnenministeriums, der Länderinnenministerien und anderer Oberverwaltungsgerichte könne sich die Klägerin nicht berufen. Bei der Klägerin könne unter Berücksichtigung aller Umstände ihres Falles und ohne die physischen und psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin verharmlosen zu wollen, von einer außergewöhnlichen Härte nicht ausgegangen werden; denn nicht bereits jede Form von Gewalttätigkeiten und Bedrohungen sollte zur Begründung einer außergewöhnlichen Härte ausreichen. Keine der von der Klägerin vorgetragenen Misshandlungen sei geeignet, die von der gesetzlichen Vorgabe gesetzte Relevanz zu erreichen.

In dem Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz hat der Senat mit Beschluss vom 5. April 2000 unter Abänderung des vorangegangenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den ausländerbehördlichen Bescheid vom 1. Juni 1999 bis zur Entscheidung über den Widerspruch angeordnet (12 TG 43/00). Auf den erneuten Antrag um vorläufigen Rechtsschutz nach Zurückweisung des Widerspruchs hat der Senat mit Beschluss vom 22. März 2002 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (12 TG 445/02).

Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des erkennenden Senats vom 16. September 2002 (12 UZ 2071/02) verfolgt die Klägerin ihr Aufenthaltsbegehren weiter. Mit richterlicher Verfügung vom 17. September 2002 wurde der Klägerin aufgegeben, mit der Berufungsbegründung insbesondere auch ihre wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen und zu belegen und dazu Stellung zu nehmen, ob gegen ihren Ehemann ein Ausweisungsgrund vorliege. Mit Schriftsatz vom 30. September 2002 teilte die Beklagte mit, der Ehemann der Klägerin habe mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt und die Ehe sei am 25. Mai 2000 geschieden worden. Nach dem richterlichen Hinweis vom 5. November 2002 auf das Fehlen einer Berufungsbegründung beantragte die Klägerin am 8. November 2002, ihr gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, und trug dazu vor, der Zulassungsbeschluss vom 16. September 2002 sei ihrem Bevollmächtigten am 20. September 2002 zugestellt worden. Dieser habe die Notierung der Begründungsfrist auf einen Monat einschließlich einer Vorfrist verfügt und sich darauf verlassen können, dass die Begründungsfrist mit Vorfrist ordnungsgemäß in den Fristenkalender eingetragen und mit der Vorfrist ihm vorgelegt werde. Die Bearbeitung des Fristenkalenders sei einer Rechtsanwalts- und Notargehilfin übertragen, die seit über zehn Jahren in der Kanzlei tätig und angewiesen sei, eingehende Post nach den Anweisungen des Bevollmächtigten am gleichen Tag zu bearbeiten und insbesondere die Fristen im Fristenkalender einzutragen. Die eingetragenen Fristen im Fristenkalender würden täglich von ihr und dem Bevollmächtigten eingesehen und am Abend der ablaufenden Frist kontrolliert. Die Gehilfin habe am 20. September 2002 den Fristeneintrag nicht vorgenommen und offensichtlich die Akte in den Aktenschrank gehängt. Sie habe sich in der Zeit ihrer Beschäftigung in der Kanzlei des Bevollmächtigten bisher als äußerst zuverlässig erwiesen, und immer wieder durchgeführte Stichproben und Kontrollen des Bevollmächtigten hätten zu keinen Beanstandungen geführt.

Zu dem Berufungsbegehren macht die Klägerin ergänzend geltend, die überwiegende Meinung wende die Neufassung des § 19 Abs. 1 AuslG auch auf entsprechende Altfälle an. Grundsätzlich sei bei Verpflichtungsklagen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen, wenn aus Rechtsgründen eine beantragte Vergünstigung erteilt oder versagt werden müsse. Da ihr Antrag auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gerichtet sei, sei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht maßgeblich. Zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen trägt die Klägerin vor, sie sei bei der Firma seit 1998 ungekündigt beschäftigt und entrichte für ihre Wohnung eine Warmmiete von 378 €.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Verfügung vom 1. Juni 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2001 zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass im Zeitpunkt der Verfügung vom 1. Juni 1999 § 19 Abs. 1 AuslG in der zuletzt am 25. Oktober 1997 geänderten Fassung gegolten und das Regierungspräsidium Darmstadt bei seinem Bescheid die durch Gesetz vom 25. Mai 2000 geänderte Fassung angewandt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten (2 Bände) und die Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie der Verfahren 12 TZ 2324/99 und 12 TG 245/02 Bezug genommen, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Klägerin ist zwar gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (I.), und die Klage ist auch nicht verspätet erhoben (II. 1.). Das Verwaltungsgericht hat aber die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für die Klägerin durch die Ausländerbehörde im Ergebnis zutreffend als rechtmäßig bestätigt (II. 2. und 3.), und über eine möglicherweise in Betracht kommende Aufenthaltsbefugnis ist in dem vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden (II. 4.).

I. Die Berufung der Klägerin ist vom Senat zugelassen und auch sonst zulässig (§§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO). Die Frist zur Begründung der Berufung (§ 124a Abs. 6 VwGO) ist versäumt, da der Zulassungsbeschluss dem Bevollmächtigten der Klägerin am 20. September 2002 zugestellt worden, die Begründung aber erst mit Schriftsatz vom 7. November 2002 nach einem richterlichen Hinweis auf die Fristversäumnis erfolgt ist. Die Berufung ist dennoch nicht als unzulässig zu verwerfen (§ 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO); denn insoweit ist der Klägerin auf den Antrag vom 8. November 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil die Fristversäumnis nicht auf einem ihr zuzurechnenden Verschulden beruht (§§ 60, 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

Der Klägerin ist gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie dies rechtzeitig und auch sonst ordnungsgemäß beantragt hat und weder sie persönlich noch ihren Bevollmächtigten ein Verschulden an der Fristversäumnis trifft (§ 60 Abs. 1 und 2 VwGO). Der Wiedereinsetzungsantrag ist binnen zwei Wochen nach Hinweis auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt, die zur Begründung dienenden Tatsachen sind glaubhaft gemacht, und die Berufungsbegründung ist innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 60 Abs. 2 VwGO nachgeholt. Mit den glaubhaft gemachten Angaben über die Behandlung von Fristen und Vorfristen im Büro des Bevollmächtigten der Klägerin nach Eingang der Klageschrift, der richterlichen Auflagen vom 17. September 2002 und des Schriftsatzes der Beklagten vom 30. September 2002 sowie über die Zuverlässigkeit der Anwaltsgehilfin des Bevollmächtigten der Klägerin ist hinreichend dargetan, dass weder der Klägerin selbst noch dem Bevollmächtigten vermeidbare Fehler bei der Notierung und Kontrolle der Berufungsbegründungsfrist anzulasten sind. Der Bevollmächtigte der Klägerin durfte seiner als zuverlässig einzustufenden Gehilfin die eigenverantwortliche Notierung und Berechnung der Berufungsbegründungsfrist und der Vorfrist von einer Woche überlassen und war auch nicht verpflichtet, im Zusammenhang mit der Korrespondenz mit der Klägerin, mit deren Vorsprache im Büro oder mit dem Eingang des Schriftsatzes der Gegenseite vom 30. September 2002 eigenverantwortlich den Ablauf der Begründungsfrist zu prüfen. Eine derartige Verpflichtung des Prozessbevollmächtigten zur Fristenkontrolle kann zwar angenommen werden, wenn diesem die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt werden (so BVerwG, 07.03.1995 - 9 C 390.94 -, NJW 1995, 2122 = BayVBl. 1995, 570 = VBlBW 1995, 387). Hier hatte der Bevollmächtigte der Klägerin jedoch keinen derartigen Anlass für eine persönliche Überprüfung, da bei keinem der genannten Vorgänge die Einhaltung einer sonstigen Frist zu beachten war.

II. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet, da das Verwaltungsgericht die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.

1. Allerdings ist - was das Verwaltungsgericht offen gelassen hat - die Klagefrist gewahrt, weil aufgrund der hierzu vorliegenden Belege nicht sicher festgestellt werden kann, dass der Widerspruchsbescheid mit einer Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden ist. Der Widerspruchsbescheid vom 29. August 2001 wurde einem Aktenvermerk zufolge am 30. August 2001 zur Zustellung abgesandt und ging der früheren Bevollmächtigten der Klägerin deren Empfangsbekenntnis zufolge am 31. August 2001 zu. Da die Klage erst am 8. Oktober 2001 erhoben worden ist, ist die reguläre Klagefrist von einem Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (§ 74 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO) versäumt. Hierauf kommt es aber nicht an, weil nicht zur Überzeugung des Senats feststeht, dass die Klägerin über die möglichen Rechtsmittel ordnungsgemäß belehrt worden ist, und die Klage daher binnen eines Jahres nach der Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden konnte (§ 58 VwGO). Wie die frühere Bevollmächtigte bereits in der Klageschrift anwaltlich versichert hat, enthielt der ihr zugestellte Widerspruchsbescheid keine Rechtsmittelbelehrung. An der Richtigkeit dieser anwaltlichen Versicherung zu zweifeln, besteht zumindest im Berufungsverfahren kein triftiger Anlass. Zwar enthält der in den Behördenakten befindliche Widerspruchsbescheid eine Rechtsmittelbelehrung, diese beginnt aber auf Seite 6, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die zugestellte Ausfertigung versehentlich nur mit fünf Seiten zugestellt worden ist. Die Beklagte hat die Angaben der früheren Bevollmächtigten der Klägerin über die unvollständige Zustellung des Widerspruchsbescheids nicht bestritten. Auf die gerichtliche Aufforderung vom 15. November 2001 in dem Verfahren 1 G 4278/01 des VG Frankfurt am Main hat die frühere Bevollmächtigte der Klägerin unter dem 5. Dezember 2001 erklärt, das Original des Widerspruchsbescheids sei trotz Suchens in den Akten und an allen in Fragen kommenden Stellen in dem Anwaltsbüro nicht mehr aufzufinden. Es werde jedoch anwaltlich versichert, dass der Bescheid der früheren Bevollmächtigten beim Diktat der Klage vom 8. Oktober 2001 "im Original und ohne die Rechtsmittelbegründung" vorgelegen habe. Obwohl in diesem Zusammenhang die Rechtsbehelfsbelehrung mit der Rechtsmittelbegründung verwechselt worden ist und die mangelnde Auffindbarkeit des Widerspruchsbescheids nicht unbedingt auf einem Organisationsverschulden der früheren Bevollmächtigten der Klägerin zu beruhen braucht, kann der von ihr geschilderte Verfahrensablauf als wahrscheinlich angesehen und ihr deshalb geglaubt werden.

2. Das Verwaltungsgericht hat der Klage aber zu Recht nicht stattgegeben; denn der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist mit dem ausländerbehördlichen Bescheid vom 1. Juni 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2001 ohne Rechtsfehler abgelehnt worden, und die Klägerin ist dadurch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Die Versagung der Verlängerung der der Klägerin zuvor bis 17. Februar 1998 erteilten ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis auf ihren rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrag hin erweist sich nicht als rechtswidrig, weil die Klägerin damals weder einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis hatte noch ein Ermessensfehler festzustellen ist. Die Klägerin besaß zunächst eine ehebezogene Aufenthaltserlaubnis, vor deren Ablauf war aber bereits die eheliche Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann aufgehoben, und ihr stand daraufhin eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis nicht zu (dazu d bis e), wobei es für die Feststellung der Voraussetzungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ankommt (dazu b und c). Dabei spielt eine entscheidende Rolle, dass die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 AuslG über das eigenständige Aufenthaltsrecht des Ehegatten in den letzten Jahren mehrfach geändert worden sind (dazu a).

a) In der ursprünglichen Fassung lautete § 19 Abs. 1 AuslG:

"(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, von dem in § 17 Abs. 1 bezeichneten Aufenthaltszweck unabhängiges Aufenthaltsrecht verlängert, wenn

1. die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens vier Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat,

2. sie seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, oder

3. der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand, und wenn

4. der Ausländer bis zum Eintritt der in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen im Besitz der Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung war, es sei denn, er konnte aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragen.

In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 wird auch berücksichtigt, ob dem Ehegatten außerhalb des Bundesgebiets wegen der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erhebliche Nachteile drohen."

Mit Wirkung vom 1. November 1997 wurde § 19 Abs. 1 AuslG in Satz 1 Nr. 2 und in Satz 2 geändert (Gesetz vom 29.10.1997, BGBl. I 2584) und lautete danach:

"(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, von dem in § 17 Abs. 1 bezeichneten Aufenthaltszweck unabhängiges Aufenthaltsrecht verlängert, wenn

1. die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens vier Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat,

2. die eheliche Lebensgemeinschaft rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat und es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen, oder

3. der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand, und wenn

4. der Ausländer bis zum Eintritt der in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen im Besitz der Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung war, es sei denn, er konnte aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragen.

Eine außergewöhnliche Härte im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 liegt vor, wenn dem Ehegatten wegen der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft nach Art und Schwere so erhebliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der bestehenden Rückkehrverpflichtung drohen, dass die Versagung der Aufenthaltserlaubnis als nicht vertretbar erscheinen würde; hierbei ist die Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 versagt werden, wenn der Ehegatte auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe angewiesen ist."

Schließlich wurde die Vorschrift mit Wirkung vom 1. Juni 2000 erneut verändert (Gesetz vom 25.05.2000, BGBl. I S. 742) und lautet seitdem wie folgt:

"(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, von dem in § 17 Abs. 1 bezeichneten Aufenthaltszweck unabhängiges Aufenthaltsrecht verlängert, wenn

1. die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat,

2. die eheliche Lebensgemeinschaft rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen, oder

3. der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand, und wenn

4. der Ausländer bis zum Eintritt der in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen im Besitz der Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung war, es sei denn, er konnte aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragen.

Eine besondere Härte im Sinne von Satz 1 Nr. 2 liegt insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Gemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe angewiesen ist."

b) Zunächst ist festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 AuslG bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorliegen müssen und nicht erst beim formellen Ablauf der Gültigkeitsdauer der vorangegangenen ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis oder im Zeitpunkt eines Verlängerungsantrags oder einer ausländerbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über die Verselbstständigung des Aufenthaltsrechts. Die gesetzliche Formulierung, wonach die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten als eigenständiges Aufenthaltsrecht verlängert wird, lässt eine eindeutige Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts allein nicht zu. Sie könnte dahin ausgelegt werden, dass die jeweils bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft bestehende Aufenthaltserlaubnis erst dann den Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 AuslG unterliegt, wenn sie formell abgelaufen ist. Damit würde eine Aufenthaltserlaubnis, die zum Zwecke der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft erteilt ist, als fortbestehend behandelt, obwohl eben dieser Zweck nicht mehr erfüllt und nicht mehr erreichbar ist. Der Zweck des eigenständigen Aufenthaltsrechts des Ehegatten geht dahin, dessen Aufenthalt von dem Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft und damit von dem Überleben und von dem Verhalten des anderen (getrennt lebenden oder geschiedenen) Ehegatten unabhängig zu gestalten und gewährleisten. Deshalb wird es diesem Aufenthaltszweck der eigenständigen Sicherung des Aufenthalts eher gerecht, wenn angenommen wird, dass ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe von § 19 Abs. 1 AuslG im Augenblick der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft entsteht und nicht erst bei Ablauf der zuvor erteilten ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis. Für diese an den materiellen Verhältnissen und dem gesetzlichen Schutzzweck orientierte Lösung spricht auch der Zusammenhang mit § 19 Abs. 2 AuslG, wonach die Verlängerung nach Abs. 1 für ein Jahr auszusprechen ist und während dieser Zeit die Inanspruchnahme von Sozialhilfe der Verlängerung nicht entgegensteht und wonach die Aufenthaltserlaubnis im Anschluss daran befristet verlängert werden kann, solange die Voraussetzungen für die unbefristete Verlängerung nicht vorliegen. Würde die Jahresfrist, während der es auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe nicht ankommt, erst nach Ende der vorangegangenen Aufenthaltserlaubnis zu laufen beginnen, wären die Ausländer bevorzugt, deren Aufenthaltserlaubnis aus welchen Gründen auch immer noch weit über das Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft hinaus formell gültig ist. Eine derartige Privilegierung erscheint nicht gerechtfertigt. Sie kann auch nicht einfach mit der Überlegung hingenommen werden, die Aufenthaltserlaubnis könne ja wegen Fortfalls der Voraussetzungen nachträglich rückwirkend auf den Zeitpunkt der Trennung befristet werden (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG). Die Besonderheiten der Verselbstständigung des zunächst streng akzessorischen Aufenthaltsrechts des Ehegatten lassen es nämlich bei sachgemäßer Auslegung nicht zu, dass die Ausländerbehörde mit der Bestimmung der Frist für die zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis und dann mit der Ermessensentscheidung darüber, ob und auf welchen Zeitpunkt diese Aufenthaltserlaubnis wegen Wegfalls ihrer Voraussetzungen befristet werden soll, über den Beginn des eigenständigen Aufenthaltsrechts und des Jahres, in dem unschädlich Sozialhilfe bezogen werden kann, entscheidet. Nicht nur im Fall des Todes des anderen Ehegatten, sondern auch bei Getrenntleben und Ehescheidung ist der allein auf Art. 6 Abs. 1 GG und § 17 Abs. 1 AuslG gestützte Aufenthaltszweck entfallen und nicht mehr erreichbar, und daher ist ein Grund, die Aufenthaltserlaubnis gleichwohl nicht zu befristen, in aller Regel nicht erkennbar.

Nach alledem ist das eigenständige Aufenthaltsrecht des Ehegatten nach § 19 Abs. 1 AuslG ähnlich gestaltet wie das eigenständige Aufenthaltsrecht des Kindes nach § 21 Abs. 3 AuslG. Die Aufenthaltserlaubnis des Kindes wird zu einem eigenständigen, von dem familiären Zusammenleben unabhängigen Aufenthaltrecht sowohl bei Erreichen des Volljährigkeitsalters als auch bei Verlängerung ohne Befristung oder in entsprechender Anwendung der Wiederkehrbestimmungen des § 16 AuslG. Im ersten Fall kommt es nicht darauf an, für welchen Zeitraum die zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis noch gilt; der Charakter der Aufenthaltserlaubnis wechselt vielmehr unabhängig davon mit Vollendung des 18. Lebensjahres. Ob das Kind nach Erreichen der Volljährigkeit oder nach unbefristeter oder in entsprechender Anwendung des § 16 AuslG erteilter Verlängerung die familiäre Lebensgemeinschaft mit den Eltern fortsetzt, ist für die Verselbstständigung des Aufenthaltsrechts ohne Belang. Obwohl der Wortlaut von § 19 Abs. 1 AuslG anders als der des § 21 Abs. 3 AuslG nicht unbedingt für einen automatischen Wechsel des Aufenthaltszwecks spricht, wird eine ähnliche Auslegung auch dieser Vorschrift durch den Zweck und die Rechtfertigung der Verselbstständigung des Aufenthaltsrechts des Ehegatten nahegelegt. Der Gesetzgeber hat ein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht gerade deswegen geschaffen, weil es sonst nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft an einer Grundlage für ein Aufenthaltsrecht fehlt. Mit der Verselbstständigung der Aufenthaltserlaubnis lässt sich ein daneben bestehendes Aufenthaltsrecht als "Folgewirkung" der aufgehobenen Ehe und ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 3 AuslG nicht vereinbaren. Der Gesetzgeber wollte erkennbar das akzessorische durch ein antonomes Aufenthaltsrecht ersetzen, den Ehegatten aber nicht darüber hinaus durch eine "Verlängerung" der ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis weiter privilegieren.

Für diese vom erkennenden Senat ständig vertretene Auslegung spricht eindeutig, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 AuslG entsprechend ihrer Eigenart und ihrer sachlichen Bedeutung allesamt und ausnahmslos im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorliegen müssen und nicht erst und nicht mehr bei Beendigung der Geltungsdauer der zuvor erteilten ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis. Im Falle des Todes des anderen Ehegatten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AuslG) liegt es auf der Hand, dass eheliche Gemeinschaft sowie Besitz der Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung im Zeitpunkt des Todes und nicht später vorliegen müssen. Für die Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet kommt als sachgemäßer Zeitpunkt ebenfalls nur die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Betracht. Würde nämlich auf den Zeitpunkt der erforderlich werdenden Verlängerung der noch laufenden Aufenthaltserlaubnis abgestellt, käme es zu einer von Fall zu Fall unterschiedlichen und daher letztlich willkürlichen Verkürzung der erforderlichen Mindestdauer der ehelichen Lebensgemeinschaft im Inland. Auch für das Vorliegen einer besonderen oder außergewöhnlichen Härte ist auf die Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft abzustellen, weil insbesondere für die Frage der Zumutbarkeit des Festhaltens an der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG) nur der Zeitpunkt der Trennung als geeigneter Anknüpfungspunkt in Betracht zu ziehen ist und nicht ein späterer Zeitpunkt, der nicht vom Verlauf der ehelichen Beziehungen abhängt, sondern von der restlichen formellen Geltungsdauer der materiell als erledigt anzusehenden Aufenthaltserlaubnis. Schließlich gelten diese Überlegungen auch für die Versagungsgründe der Sozialhilfebedürftigkeit des Ehegatten (§ 19 Abs. 1 Satz 3 AuslG) und des Ausweisungsgrunds bei dem Ehegatten (§ 19 Abs. 3 AuslG) sowie des Ausschlusses der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis für den Ausländer selbst (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 AuslG).

Diesem Ergebnis kann nicht der Grundsatz entgegen gehalten werden, dass bei Klagen auf Verpflichtung zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen ist, soweit es um die Frage geht, ob die Genehmigung schon aus Rechtsgründen erteilt werden muss oder nicht erteilt werden darf (vgl. dazu BVerwG, 22.01.2002 - 1 C 6.01 -, BVerwGE 115, 352 = EZAR 012 Nr. 6 = NVwZ 2002, 867 = DVBl. 2002, 840 = InfAuslR 2002, 281; BVerwG, 24.05.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313 = EZAR 012 Nr. 2). Der für die gerichtliche Überprüfung nach §§ 113, 114 VwGO und für die dabei zu Grunde zu legende Sach- und Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt beurteilt sich nämlich nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs selbst, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (BVerwG, 03.11.1987 - 9 C 254.86 -, BVerwGE 78, 243 = EZAR 221 Nr. 29; allgemein dazu Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Aufl., 2002, § 113 Rdnr. 33 ff., 99; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., 2003, § 113 Rdnr. 29 ff., 217 ff.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., 2000, § 108 Rdnr. 16 ff.; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rdnr. 21, 66 u. Fußn. 109 und 307; Nomos-Kommentar, VwGO, § 113 Rdnr. 64 ff. , 255 ff.). Nur in diesem Rahmen ist tendenziell davon auszugehen, dass es bei der Anfechtung eines belastenden Verwaltungsakts grundsätzlich auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, bei einem mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Leistungsanspruch dagegen auf diejenigen im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsacheninstanz ankommt (BVerwG, a.a.O., m.w.N.). Infolge dessen müssen zum Beispiel sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 AuslG im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorliegen (BVerwG, 22.01.2002, a.a.O.). Dagegen ist für das Merkmal der Minderjährigkeit des ausländischen ledigen Kindes eines Deutschen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 AuslG der Zeitpunkt des Antrags auf Aufenthaltserlaubnis maßgeblich (BVerwG, 30.04.1998 - 1 C 12.96 -, EZAR 022 Nr. 8 = NVwZ-RR 1998, 677). Für die Vollendung des 16. Lebensjahres (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 AuslG) kommt es auf den Zeitpunkt der Antragstellung, für die Ermessensentscheidung nach § 20 Abs. 3 Satz 1 AuslG auf die Vollendung des 16. Lebensjahres und für die Feststellung ausreichender Deutschkenntnisse und die Integrationsprognose nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 AuslG auf das Erreichen der Volljährigkeit an (BVerwG, 18.11.1997 - 1 C 22.96 -, EZAR 022 Nr. 7 = InfAuslR 1998, 161). Schließlich ist für das Alterserfordernis beim Nachzug eines ledigen Kindes im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 DVAuslG in der bis 14. Januar 1997 geltenden Fassung allein auf den Zeitpunkt der Einreise abzustellen und nicht auf einen späteren Zeitpunkt, etwa den der Antragstellung (Hess. VGH, 17.02.1997 - 12 UE 4436/96 -, EZAR 022 Nr. 6 = InfAuslR 1997, 234).

c) Ist danach für Verpflichtungsklagen auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges und von der Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft unabhängiges Aufenthaltsrecht nach § 19 Abs. 1 AuslG aus Gründen des materiellen Rechts auf den Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft abzustellen, so gilt dies nicht nur für die Tatsachenlage, sondern auch für das auf den festgestellten Sachverhalt anzuwendende Recht. Infolge dessen ist die am 1. Juni 2000 in Kraft getretene Neufassung des § 19 Abs. 1 Satz 1 AuslG (siehe unter a) nur auf Fälle anwendbar, in denen die eheliche Lebensgemeinschaft erst zu diesem Zeitpunkt oder später aufgehoben worden ist (z. B. Hess. VGH, 14.01.2002 - 12 TG 724/01 -, EZAR 023 Nr. 25 = InfAuslR 2002, 426; Hess. VGH, NVwZ-Beil. 2001, 1 = InfAuslR 2000, 497; Hess. VGH, 16.01.2001 = 10 TZ 4028/00 -; OVG Lüneburg, NVwZ-Beil. 2001, 85 = InfAuslR 2001, 281; Renner, Ausländerrecht, Nachtrag zur 7. Auflage, 2000, § 19 AuslG Rdnr. 45). Dagegen vermag die von anderen Oberverwaltungsgerichten und Verwaltungsgerichtshöfen vertretene gegenteilige Ansicht (z. B. VGH Baden-Württemberg, 04.12.2002 - 13 S 2194/01 -, EZAR 023 Nr. 28; VGH Baden-Württemberg, 27.11.2001 - 11 S 541/01 -, EZAR 023 Nr. 24 = InfAuslR 2002, 183; OVG Hamburg, 19.03.2002 - 3 Bs 46/02 -, NVwZ-RR 2002, 694 = AuAS 2002, 170 = NordÖR 2002, 431; OVG Mecklenburg-Vorpommern, 15.02.2002 - 2 M 98/01 -, AuAS 2002, 98; OVG Nordrhein-Westfalen, 01.08.2002 - 18 B 1063/00 -, NWVBl. 2003, 33; OVG Rheinland-Pfalz, 21.06.2002 - 10 A 10408/02 -, InfAuslR 2002, 424; so stillschweigend wohl auch BVerwG, 27.01.1998 - 1 C 28.96 -, EZAR 023 Nr. 12 = InfAuslR 1998, 279) nicht zu überzeugen. Unter diesen Umständen hätte der Gesetzgeber die Einbeziehung von "Altfällen" nur durch eine entsprechend rückwirkende Übergangsbestimmung erreichen können. Hieran fehlt es aber, und die Gesetzesmaterialien lassen auch einen entsprechenden Regelungswillen des Gesetzgebers nicht erkennen. Insbesondere ist nirgends die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck gelangt, dass verfahrensmäßig bis Ende Mai 2000 abgeschlossene Fälle als nach altem Recht erledigt angesehen werden sollten, diejenigen Ausländer aber in den Genuss der Neuregelung kommen sollten, deren Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren aus welchen Gründen auch immer Ende Mai 2000 nicht abgeschlossen war, obwohl die Ehe schon möglicherweise viele Jahre nicht mehr bestand. Gegen dieses Ergebnis können insbesondere die nachfolgenden, meist zur Begründung der Gegenmeinung ausgeführten Argumente nicht mit Erfolg ins Feld geführt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung über die unbefristete Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (24.05.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313 = EZAR 012 Nr. 2) ausgeführt, nach seiner Rechtsprechung sei bei Verpflichtungsklagen, die auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtet seien, insoweit auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen, als es um die Frage gehe, ob schon aus Rechtsgründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden müsse oder keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden dürfe. In dem dort entschiedenen Fall war die unbefristete Verlängerung nach zuvor erfolgter Trennung der Eheleute abgelehnt worden. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch betont, dass es für die Berechnung der Fünfjahresfrist nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG auf den Zeitpunkt des Ablaufs der letzten Aufenthaltserlaubnis und nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung ankommt und dass der dortige Kläger in der Vergangenheit einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erworben hat und im Zeitpunkt der Antragstellung eine besondere Arbeitserlaubnis besaß und damit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 2 AuslG damals erfüllte. Schon damit hat das Bundesverwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, dass der anfänglich erwähnte Grundsatz der Maßgeblichkeit der Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung den zwingenden Vorschriften des materiellen Rechts zu weichen hat, also nur nach Maßgabe des anzuwendenden materiellen Rechts zur Anwendung gelangen kann.

In der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Januar 2002 (ebenfalls) über die unbefristete Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (22.01.2002 - 1 C 6.01 -, EZAR 012 = NVwZ 2002, 867) ist ausdrücklich betont, sämtliche Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 AuslG für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis müssten zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorliegen, in der Entscheidung selbst ist aber auch untersucht, ob die dortige Klägerin im Anschluss an die Geltungsdauer der ihr zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis einen Anspruch auf unbefristete Verlängerung oder auf eine befristete Aufenthaltserlaubnis hatte und ob zum Zeitpunkt des Ablaufs der Geltungsdauer dieser Aufenthaltserlaubnis ein Ausweisungsgrund im Sinne von § 24 Abs. 1 Nr. 6 AuslG vorlag und dass es auf einen eventuellen späteren Wegfall des Ausweisungsgrunds während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nur ankäme, wenn die dortige Klägerin entweder schon zu diesem Zeitpunkt und danach ununterbrochen bis zur Berufungsverhandlung oder gegebenenfalls auch erstmals in diesem Zeitpunkt eine Aufenthaltserlaubnis mindestens fünf Jahre besessen hätte.

Anhand dieser beiden Beispiele wird deutlich, dass die Maßgeblichkeit der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung nur insoweit gerechtfertigt ist, als eine Verpflichtung der Behörde zum Erlass eines Verwaltungsakts in diesem Zeitpunkt nur ausgesprochen werden kann, wenn die materiellen Voraussetzungen hierfür in diesem Zeitpunkt vorliegen oder noch vorliegen. Soweit es hierfür auf die Entwicklung der aufenthaltsrechtlichen Verhältnisse in der Vergangenheit ankommt, sind selbstverständlich die in dem jeweiligen Zeitpunkt bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse ausschlaggebend und nicht nachträglich eingetretene. Außerdem ist in all den Fällen auf die Sach- und Rechtslage zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt abzustellen, in denen um die Erteilung oder den Bestand einer Aufenthaltsgenehmigung für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum gestritten wird.

d) Der danach für die Prüfung der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 AuslG maßgebliche Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft lag bei der Klägerin bereits Anfang September 1997. Die Klägerin wurde nämlich bereits am 3. September 1997 von ihrem Ehemann nach unbekannt abgemeldet und hielt sich dann noch an anderer Stelle in Deutschland auf, bevor sie im November 1997 in die Türkei reiste. Ohne dass es auf die Umstände der Trennung der Eheleute im Einzelnen ankommt, kann angenommen werden, dass die eheliche Lebensgemeinschaft bereits Anfang September 1997 aufgehoben worden ist, weil damals zumindest der Ehemann die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft endgültig abgelehnt hat und die eheliche Lebensgemeinschaft schon dann als aufgelöst angesehen werden muss, wenn einer der Ehegatten die Fortsetzung beharrlich verweigert. Diese Bewertung wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin nach ihrer Rückkehr aus der Türkei nicht mehr von ihrem Ehemann in die Wohnung aufgenommen wurde und Unterkunft in einem Frauenhaus fand. Zu der Ausreise der Klägerin ist noch anzumerken, dass die Reise in die Türkei nicht als endgültiges Verlassen Deutschlands gewertet werden kann und deshalb nicht für sich nach § 44 Abs. 1 AuslG zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis geführt hat.

e) Da die eheliche Lebensgemeinschaft der Klägerin nach alledem bereits Anfang September 1997 aufgehoben worden ist und daher die damals geltende Fassung von § 19 Abs. 1 AuslG Anwendung findet, erweisen sich die angegriffenen Behörden- und Gerichtsentscheidungen insoweit als rechtswidrig, als sie jeweils von einer unzutreffenden Rechtslage ausgegangen sind. Da die ursprüngliche Fassung von § 19 Abs. 1 AuslG erstmals mit Wirkung vom 1. November 1997 geändert wurde und erst von diesem Zeitpunkt an auch die Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte und vom 1. Juni 2000 an die Vermeidung einer besonderen Härte zur Verselbstständigung des ehelichen Aufenthaltsrechts führt, hätte die Klägerin mit ihrem weiteren Aufenthaltsbegehren nur dann Erfolg haben können, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hätte. Ob es, was in diesem Fall zusätzlich erforderlich gewesen wäre, zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich war, ihr den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, kann offen bleiben, weil ihre eheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland nur etwa drei Monate bestanden hat. Infolge dessen kommt es nicht darauf an, ob ihr die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem damals türkischen und jetzt eingebürgerten deutschen Ehemann zuzumuten war und ob ihr bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Türkei erhebliche Schwierigkeiten entstehen.

Die angegriffenen Entscheidungen leiden danach zwar an einem Rechtsanwendungsfehler, sie erweisen sich aber im Ergebnis als zutreffend, weil der Klägerin mangels einer ausreichenden Ehebestandszeit im September 1997 ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nicht zustand. Ein derartiges Recht kann sie auch nicht daraus ableiten, dass hessische und andere Ausländerbehörden im Einklang mit der Auffassung anderer Gerichte die Neufassung des § 19 Abs. 1 AuslG auch auf vor dem 1. Juni 2000 aufgehobene Ehen anwenden. Die Klägerin kann eine Gleichbehandlung insoweit nicht verlangen, weil es sich um eine unzulässige Gleichstellung im Unrecht handelte. Soweit sich auf der Grundlage von Einzelerlassen auf Bundes- und Länderebene teilweise eine von der Rechtsprechung des Senats abweichende Verwaltungspraxis entwickelt hat, ist eine Selbstbindung der Verwaltung, auf die sich die Klägerin berufen könnte, nicht eingetreten; denn es geht vorliegend nicht um die Ausübung von Ermessen, sondern um die Anwendung zwingenden Rechts.

3. Schließlich steht der Klägerin ein weiteres Aufenthaltsrecht auch nicht aufgrund von Art. 6 ARB 1/80 zu. Ungeachtet der Art ihrer Beschäftigung in den letzten Jahren konnte sie weder im September 1997 noch zu irgendeinem späteren Zeitpunkt eine Rechtsposition auf dieser Grundlage gewinnen, weil sie mangels eines Aufenthaltsrechts nicht "ordnungsgemäß" beschäftigt war und ist.

3. Ob der Klägerin eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 oder 4 AuslG erteilt werden könnte, ist hier nicht zu prüfen. Das streitbefangene Aufenthaltsbegehren der Klägerin knüpft allein an ihre inzwischen geschiedene Ehe und ihre zwischenzeitliche Erwerbstätigkeit an, und auch der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, über die Frage einer Aufenthaltsbefugnis könne und solle erst nach Abschluss des vorliegenden Verfahrens entschieden werden. In diesem Zusammenhang könnten dann auch die Schwierigkeiten berücksichtigt werden, die der Klägerin in der von ihr eingegangenen Ehe erwachsen sind und aufgrund deren Auflösung in Zukunft bei einer Rückkehr in die Türkei entstehen könnten.

5. Die Entscheidungen über die Kosten des Berufungsverfahrens und deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 154 Abs. 2, 167 VwGO i.V.m. § § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Trotz divergierender Rechtsprechung der Berufungsgerichte besteht kein Klärungsbedarf, da es sich um eine nur übergangsweise bedeutsame Rechtsfrage handelt und die weitaus meisten Verfahren, in denen die Anwendbarkeit der Neufassung von § 19 Abs. 1 AuslG entscheidend war, bereits abgeschlossen sind.

Ende der Entscheidung

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