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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 19.09.2000
Aktenzeichen: 23 F 2087/97
Rechtsgebiete: FlurbG
Vorschriften:
FlurbG § 44 Abs. 1 | |
FlurbG § 146 Abs. 2 |
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen den Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigung beim Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und Landwirtschaft vom 14.05.1997, mit dem - auf den Widerspruch des Beigeladenen N. - der Nachtrag I zum Flurbereinigungsplan von Mossautal-Hüttenthal aufgehoben worden ist, soweit davon die gemeinsame Grenze zwischen den neuen Grundstücken Gemarkung Hüttenthal, Flur 4 Nrn. 18 und 19 betroffen ist.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger nimmt unter der Ord.-Nr. 107.01 an der durch Beschluss der Flurbereinigungsbehörde, dem damaligen Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung Darmstadt vom 09.12.1983 gemäß § 86 Abs. 1 FlurbG angeordneten Flurbereinigung von Mossautal-Hüttenthal teil.
Unter dem 20.01.1995 stellte die Flurbereinigungsbehörde die Ergebnisse der Wertermittlung fest und wies die Teilnehmer mit vorläufiger Besitzeinweisung vom 07.07.1995 in den Besitz der neuen Grundstücke ein.
Der Kläger brachte u. a. das im Wesentlichen aus Wald bestehende Grundstück Gemarkung Hüttenthal, Flur 6 Nr. 28/3 mit einer Größe von 1,7828 ha in die Flurbereinigung ein. Der Beigeladene brachte das in südöstlicher Richtung an das vorgenannte Grundstück angrenzende 2,1156 ha große Grundstück Gemarkung Hüttenthal Flur 6 Nr. 21/3 ein, das einen Waldanteil von 400 m² aufweist. Die gemeinsame Grundstücksgrenze ist durch einen etwa in ihrer Mitte verlaufenden ca. 20 m tiefen, fast rechtwinkligen Versatz gekennzeichnet. Die tatsächliche Feld-Waldgrenze verläuft jedoch etwa in der Mitte des Versatzes mit der Folge, dass zu dem Einlagegrundstück des Klägers eine etwa 400 m² Grünlandfläche und zum Einlagegrundstück des Beigeladenen eine etwa gleichgroße Waldfläche gehört.
Mit dem Flurbereinigungsplan teilte die Flurbereinigungsbehörde sowohl dem Kläger als auch dem Beigeladenen die vorgenannten Grundstücke in alter Lage - d. h. mit der versetzten gemeinsamen Grundstücksgrenze - wieder zu.
Gegen den am 09.12.1994 bekannt gegebenen Flurbereinigungsplan erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er u. a. eine Grenzänderung zwischen den neuen Grundstücken Flur 4 Nrn. 18 und 19 entsprechend der tatsächlichen Nutzung begehrte.
Mit dem Nachtrag I gab die Flurbereinigungsbehörde dem Widerspruch statt und änderte die gemeinsame Grenze zwischen den neuen Grundstücken dahingehend ab, dass sie diese entsprechend der tatsächlichen Nutzung begradigte.
Gegen den am 05.03.1996 bekannt gegebenen Nachtrag I erhob nunmehr der Beigeladene N. Widerspruch und begehrte seinerseits Zuteilung des alten Bestandes. Diesem Widerspruch gab die Spruchstelle für Flurbereinigung durch Widerspruchsbescheid vom 14.05.1997 statt und hob den Nachtrag I zum Flurbereinigungsplan hinsichtlich der gemeinsamen Grenze zwischen den neuen Grundstücken Gemarkung Hüttenthal, Flur 4 Nrn. 18 und 19 auf. Damit war die alte Grundstücksgrenze wiederhergestellt. Zur Begründung führte die Spruchstelle aus, der Beigeladene N. habe einen Anspruch auf entsprechende Waldabfindung. Im Falle der Nichtwiederzuteilung hätte diese Fläche gemäß § 28 Abs. 2 FlurbG bewertet werden müssen. Nach dieser Vorschrift seien wesentliche Bestandteile eines Grundstücks, die seinen Wert dauernd beeinflussen, in ihrem Wert besonders zu ermitteln. Auf Grund der von dem Kläger und dem Beigeladenen hinsichtlich eines Geldausgleichs für die 400 m² Waldfläche vertretenen unterschiedlichen Rechtsauffassungen sei es zweckmäßig, die Grenze in ihrem ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 12.06.1997 eingegangenen Klage, mit der er die Aufhebung des Widerspruchsbescheides begehrt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, die alten Grundstücke Nr. 28/3 und 21/3 seien seit Generationen so genutzt worden, dass von einer tatsächlichen, geraden Grenze ausgegangen worden sei, die durch die Mitte des Versatzes führe, so dass die gerade Waldfläche des klägerischen Grundstücks an die gerade Grünfläche des Grundstücks des Beigeladenen angrenze. Seine Vorfahren und die Vorfahren des Nachbarn N. hätten es lediglich versäumt, die auf freiwilliger Bewirtschaftung festgelegte Grenze im Grundbuch eintragen zu lassen. Der Nachtrag I habe den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung getragen. Nur diese Grenze sei nach Lage, Form und Größe zweckmäßig. Im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldgrundstücks sei es unsinnig, eine kleine 400 m² Fläche zu verselbständigen. Die im Widerspruchsbescheid festgelegte Grenze verstoße gegen die §§ 1 und 37 Abs. 1 FlurbG. Der Kläger legt ein Gutachten des Umwelt- und Forstplanungsbüros Eckbert Kessler, Erbach, vom 25.11.1997 vor, wonach das große und das kleine Waldgrundstück eine Bewirtschaftungseinheit bildeten. Eine getrennte Bewirtschaftung der Grundstücke widerspreche den in § 5 HForstG niedergelegten Grundsätzen, wonach der Waldbesitzer u. a. verpflichtet sei, seinen Wald fachkundig und planmäßig zu bewirtschaften.
Der Kläger beantragt,
den Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigung beim Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und Landwirtschaft vom 14.05.1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Der Senat hat mit Beschluss vom 30.07.1997 Herrn K. N. gemäß § 65 Abs. 2 VwGO zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hält die im Widerspruchsbescheid getroffene Zuteilung der Grundstücke in alter Lage für richtig und möchte das Waldgrundstück nicht abgeben.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die einschlägigen Widerspruchsakten des Beklagten (1 Hefter) liegen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist gemäß §§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 68 Abs. 1 Nr. 2, 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ohne Vorverfahren zulässig, da der Widerspruchsbescheid vom 14.05.1997 für den Kläger erstmals eine Beschwer enthält.
Die Abfindung des Klägers in der durch den Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigung vom 14.05.1997 geänderten Fassung des Flurbereinigungsplans von Mossautal-Hüttenthal ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger rügt allein die Zuteilung des Grundstücks Flur 4 Nr. 18, das er wieder in der Lage seines eingebrachten Grundstücks Nr. 28/3 erhalten hat. Mit seiner Rüge, die Zuteilung dieses Grundstücks verstoße gegen § 37 Abs. 1 FlurbG, wonach u. a. die Feldmark nach neuzeitigen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zusammenzulegen und nach Lage, Form und Größe zweckmäßig zu gestalten sei, kann der Kläger keinen Erfolg haben. § 37 FlurbG enthält die Weisung an die Flurbereinigungsbehörde zur Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets und gibt zur Erfüllung dieser Aufgaben einen weit gesteckten Katalog von Befugnissen. Der Charakter des § 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG als eine Generalklausel lässt es nicht zu, aus dieser Vorschrift den Anspruch auf die Durchführung einer Maßnahme zu Gunsten eines bestimmten Teilnehmers herzuleiten (BVerwG, U. v. 25.11.1970 - IV C 80.66 - RZF 37 I S. 25; Quadflieg, Recht der Flurbereinigung, § 37 Erl. 22). Ein Anspruch für den einzelnen Teilnehmer ist nur in § 44 FlurbG niedergelegt, und zwar dahin, dass jeder Beteiligte einen Anspruch auf - im Ganzen gesehen - wertgleichen Ausgleich für seinen Altbesitz hat. Es kann kein Beteiligter verlangen, mit bestimmten Grundstücken oder Grundstücken in bestimmten Lagen und zudem noch so abgefunden zu werden, dass unbedingt für ihn daraus ein Vorteil entsteht, da hierdurch die Durchführung der Flurbereinigung empfindlich beeinträchtigt, wenn nicht ganz verhindert würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, hat kein Teilnehmer einen Anspruch auf einen besonderen Vorteil oder überhaupt einen Vorteil aus der Flurbereinigung (BVerwG, Urteil vom 17.04.1975 - V C 38.74 -, BVerwGE 48, 160 [164]; Urteil vom 19.09.1989 - 5 C 3.87 -). Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein Teilnehmer - wie hier der Kläger - mit dem von ihm eingebrachten Grundstück wieder abgefunden wird.
Eine Änderung des den Kläger betreffenden Flurbereinigungsplans kommt auch nicht gemäß § 146 Nr. 2 FlurbG in Betracht, wonach das Flurbereinigungsgericht auch zu prüfen hat, ob die Flurbereinigungsbehörde oder die obere Flurbereinigungsbehörde in zweckmäßiger Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht hat. Die vorgenannte Bestimmung enthält keine umfassende Gestaltungsermächtigung dahingehend, dass eine nach gerichtlicher Prüfung als wertgleich anzusehende Gesamtabfindung aus Zweckmäßigkeitsgründen durch eine ebenfalls gleichwertige Gesamtabfindung ersetzt oder ausgetauscht werden kann (BVerwG, Urteil vom 14.12.1978 - 5 C 16.76 -, RzF 146 Nr. 2). Das Flurbereinigungsgericht ist nicht befugt, eine für gleichwertig befundene Abfindung zu verwerfen oder zu variieren. Ist ein Teilnehmer wertgleich abgefunden, so erstreckt sich die Prüfungskompetenz des Flurbereinigungsgerichts nach § 146 Nr. 2 FlurbG nicht darauf, alternativ zu gestalten, um eine ebenfalls zweckmäßige oder eine zweckmäßigere Gesamtabfindung herbeizuführen. Das Flurbereinigungsgericht hat daher nicht die Zweckmäßigkeit einer Abfindung an sich zu prüfen, sondern nur, ob von dem Gestaltungsermessen bei den Abfindungserwägungen in zweckmäßiger Weise Gebrauch gemacht worden ist. Für ein eigenes Planungsermessen des Flurbereinigungsgerichts ist danach kein Raum (BVerwG, Urteil vom 14.12.1978, a.a.O.; Flurbereinigungsgericht Münster, Urteil vom 15.02.1982 - 9 G 28/81 -, RzF 37 I Seite 83). Im vorliegenden Fall hat der Kläger mit der Zuteilung seines eingebrachten Grundstücks in alter Lage eine gleichwertige Abfindung erhalten. Damit hat die Widerspruchsbehörde von dem ihr zustehenden Ermessen in zweckmäßiger Weise Gebrauch gemacht.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 147 FlurbG abzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, denn er hat keinen Antrag gestellt und damit auch nicht das Risiko eigener Kostentragung gemäß § 154 Abs. 3 VwGO auf sich genommen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167, 190 Abs. 1 Nr. 4 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10. 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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