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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.08.2003
Aktenzeichen: 3 UE 1102/03
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 29 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3. Senat 3 UE 1102/03

Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts (Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens zur Errichtung einer Mobilfunkanlage),

hier: Erledigung der Hauptsache

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

am 11. August 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2002 - 9 E 3866/01 (3) - ist wirkungslos.

In beiden Rechtszügen tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte. Im Übrigen tragen der Beklagte und die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen jeweils selbst.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Klägerin und der Beklagte haben den Rechtsstreit um die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens zur Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Scheunendach des Grundstücks xxxxxxxxxxxxx in Gründau-Niedergründau übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beigeladene mit Schreiben vom 14. Juli 2003 an die Bauaufsichtsbehörde des Main-Kinzig-Kreises mitgeteilt hatte, sie nehme ihren Bauantrag vom 25. September 2002 zurück und werde die Antennenanlage alsbald demontieren.

Zur Klarstellung ist auszusprechen, dass damit das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2002 wirkungslos geworden ist (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO).

Gemäß § 161 Abs. 2 VwGO ist nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, wobei es billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht, die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte dem Beklagten und der Beigeladenen aufzugeben. Die Beigeladene hat in beiden Rechtszügen einen Antrag gestellt und damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko auf sich genommen.

Bei streitigem Verfahrensfortgang wären der Beklagte und die Beigeladene voraussichtlich unterlegen gewesen. Mit der Zurücknahme ihres Bauantrags und der Bereitschaft, die streitbefangene Antennenanlage alsbald zu demontieren, hat sich die Beigeladene darüber hinaus in die Rolle der Unterlegenen begeben.

Das Vorhaben der Beigeladenen ist eine städtebaulich relevante bauliche Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB, auf die das Planungsrecht der §§ 30 bis 37 BauGB anzuwenden ist. Dabei ist die Antennenanlage in ihrer Typisierbarkeit zu betrachten und danach zu beurteilen, ob sie auch in ihrer gedachten Häufung eine städtebaulich relevante Entwicklung einleiten kann und ein Bedürfnis nach einer ihrer Zulässigkeit regelnden verbindlichen Planung hervorruft. Angesichts der besonderen Höhe der Antennenanlage mit ihrer Auskragung in den Luftraum bis etwa 19 m Höhe und der damit verbundenen Auswirkung auf das Ortsbild der umgebenden Dachlandschaft von Niedergründau ist die städtebauliche Relevanz der Anlage hier zu bejahen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 23.08.1991 - 4 B 144.91 - NVwZ 1992, 475 und Urteil vom 03.12.1992 - 4 C 27.91 - BauR 1993, 315, 316; Hess. VGH, Beschluss vom 29.07.1999 - 4 TG 2118/99 - NVwZ 2000, 694,695).

In der Sache spricht viel dafür, dass sich die planungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilende und über Dach bis in eine Höhe von etwa 19 m aufragende Antennenanlage der Höhe nach und damit nach dem Maß der baulichen Nutzung (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) nicht in die Eigenart der baulich geprägten näheren Umgebung einfügen würde. Der Beklagte räumt in seinem Schriftsatz vom 18. Juni 2003 selbst ein, dass die Antennenanlage die Höhe der meisten baulichen Anlagen in der zur Beurteilung des Einfügens heranzuziehenden Umgebung erheblich übersteige. Diesen Eindruck vermitteln auch die in der Gerichtsakte und den Behördenunterlagen vorliegenden Lichtbilder. Vergleichbare bauliche Anlagen, die bis zu einer Höhe von etwa 19 m in der Dachlandschaft aufragen, sind dort nicht ersichtlich. Es ist auch nichts hinreichend dafür dargetan worden, dass sich der Höhe nach Vergleichbares in der näheren Umgebung befindet.

Hinzukommt eine nicht von der Hand zu weisende und § 34 Abs. 1 Satz 2, 2. HS widersprechende Beeinträchtigung des Ortsbilds im Bereich der ehemals dörflich, jetzt auch wohnbaulich geprägten Dachlandschaft, in der die über dem Scheunendach hoch aufragende Antennenanlage mit Mast und Antennenkopf einen störenden Fremdkörper darstellt. Damit bewirkt die an erhöhter Stelle angebrachte und im Ortsbild der Dachlandschaft von Niedergründau disharmonisch auffällige Antennenanlage in dem betreffenden Höhenbereich eine erstmalige, nicht unempfindlich störende Beeinträchtigung der Dachlandschaft im Sinne einer negativen Vorprägung, sodass vergleichbare weitere Anlagen wegen der optischen Vorbelastung rechtlich unter erleichterten Voraussetzungen zuzulassen wären. Diese unerwünschte Vorbildwirkung, die das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil anerkannt hat, ist nicht deshalb vernachlässigenswert, weil andere Mobilfunkbetreiber ihre Anlagen außerhalb des im Zusammenhang umbauten Ortsteils von Niedergründau errichtet haben. Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass die technische Entwicklung der Kommunikationsvorsorge nicht als abgeschlossen anzusehen ist, sodass sich der das Ortsbild beeinträchtigende Einstieg baulicher Anlagen in zusätzliche Höhenbereiche der Dachlandschaft ohne Weiteres fortsetzen kann.

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1 und 25 Abs. 2 GKG (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 18.07.2003 - 3 TE 580/03 - über die Streitwertbeschwerde im vorliegenden Verfahren).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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