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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.09.2009
Aktenzeichen: 7 A 2550/08
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4 |
2. Eine ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründende Wiederholungsgefahr, d. h. eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass bei im Wesentlichen unveränderter Sach- und Rechtslage ein dem erledigten Verwaltungsakt gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird, muss grundsätzlich im Verhältnis der Beteiligten des anhängigen Verwaltungsstreitverfahrens bestehen.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Pass- und Ausweisrechts - Rechtsschutz bei erledigten ausweisrechtlichen Maßnahmen -
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 7. Senat - durch
Vizepräsidenten des Hess. VGH Dr. Rothaug, Richter am Hess. VGH Schönstädt, Richterin am Hess. VGH Schäfer
am 15. September 2009 beschlossen:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Klage- und das Berufungsverfahren auf jeweils 10.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein erledigter Verwaltungsakt aus einem bestimmten rechtlichen Grund rechtswidrig gewesen ist.
Der Kläger war in Deutschland im Bereich der Unternehmens- und Rechtsberatung gewerblich tätig. Das Regierungspräsidium Darmstadt untersagte ihm mit Bescheid vom 17. Januar 2005 wegen Unzuverlässigkeit neben der Unternehmens- und Rechtsberatung jede selbstständige gewerbliche Tätigkeit sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person.
Vom 1. Januar 1982 bis zum 20. November 2002 war der Kläger zunächst mit Nebenwohnungen, dann mit Hauptwohnungen in B-Stadt gemeldet. Auf seinen Antrag vom 17. Juli 2003 wurde dem Kläger für den Aufenthalt in der Schweiz eine bis zum 7. Juli 2008 gültige Aufenthaltsbewilligung (CH "B" Bewilligung) erteilt. In der Schweiz war der Kläger für die xxx AG (Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen der Rechts- und Steuerberatung und dem Inkassowesen) tätig, die ihren Sitz zunächst in xxx und ab 2005 in xxx hatte. Vom 28. Januar 2005 bis zum 16. Juli 2006 war der Kläger mit (s)einem Wohnsitz in xxx gemeldet. Nach einer Auskunft des Schweizerischen Bundesamtes für Migration an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 25. Januar 2006 reiste der Kläger am 27. Juni 2005 ins Ausland ab. Die Auslandsadresse war dem Bundesamt unbekannt. Gegenüber der Bundespolizeiinspektion Lörrach gab der aus der Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland einreisende Kläger anlässlich einer Personenkontrolle am 18. Juli 2006 an, seine schweizerische Aufenthaltsbewilligung vor einiger Zeit zurückgegeben zu haben und am Vortag einen Aufenthaltstitel in der Schweiz beantragt zu haben. Ferner äußerte er, nun keinen Wohnsitz mehr in der Bundesrepublik Deutschland zu haben.
Das Finanzamt Frankfurt am Main II teilte der Beklagten mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 mit, dass der Kläger dem Land Hessen Steuern und steuerliche Nebenleistungen in Höhe von 2.740.930,75 € schulde. Zugleich regte die Finanzbehörde beim Beklagten pass- und personalausweisrechtliche Maßnahmen gegen den Kläger an. Zur Begründung verwies die Finanzbehörde darauf, der Kläger habe seinen Wohnsitz von xxx in die Schweiz verlegt, um sich seinen steuerlichen Verpflichtungen zu entziehen.
Die Beklagte verfügte mit Bescheid vom 10. April 2006 die Entziehung des Reisepasses des Klägers und bestimmte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, dass der Personalausweis des Klägers diesen nicht berechtige, die Bundesrepublik Deutschland über eine Auslandsgrenze zu verlassen. Eine Durchsetzung der Passentziehung erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 1. August 2006 nahm die Beklagte ihren Bescheid vom 10. April 2006 zurück. Die Rücknahme erfolgte, da die Beklagte aufgrund ihr im Nachhinein bekannt gewordene Umstände der Auffassung war, für die pass- und personalausweisrechtlichen Maßnahmen örtlich unzuständig gewesen zu sein.
Gleichfalls am 1. August 2006 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 10. April 2006 Anfechtungsklage erhoben. Nachdem dem Kläger der Rücknahmebescheid vom 1. August 2006 bekannt gegeben worden ist, hat er beantragt,
festzustellen, dass die Verfügung der Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt vom 10. April 2006 (auch deshalb) rechtswidrig war, weil die nach § 8 PassG zu einem Passentzug erforderliche Kausalität zwischen der Steuerschuld einerseits und dem Verlassen der Bundesrepublik Deutschland durch den Kläger andererseits nicht vorgelegen habe.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 16. Oktober 2007 - 5 E 2978/06 (2) - die Klage abgewiesen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses des Klägers unzulässig. Eine ernsthafte Absicht, einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der verfügten rechtswidrigen Maßnahmen zu erheben, habe der Kläger nicht hinreichend aufgezeigt. Er habe ferner keine konkreten Anhaltspunkte dafür benannt, dass ihm - was für die Begründung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses aus dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr erforderlich sei - von Seiten der Beklagten zukünftig der Erlass eines gleichartigen Verwaltungsaktes drohe. Die Möglichkeit, dass das Finanzamt Frankfurt am Main II für den Fall, dass der Kläger erneut einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland nehme und weiterhin Steuerschulden habe, bei der dann zuständigen Passbehörde erneut um eine Passentziehung nachsuchen werde, mache die Fortsetzungsfeststellungsklage nicht zulässig, zumal der Kläger keinen Anspruch darauf habe, dass das Verwaltungsgericht auch die materielle Rechtswidrigkeit der unstreitig formell rechtswidrigen Regelungen im Bescheid der Beklagten vom 10. April 2006 prüfe. Ein Rehabilitationsinteresse habe der Kläger nicht geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main verwiesen.
Am 5. Dezember 2007 hat der Kläger gegen das ihm am 5. November 2007 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 7 UZ 2634/07 -, der dem Kläger am 11. Dezember 2008 zugestellt worden ist, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2007 - 5 E 2978/06 (2) - zugelassen.
Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, das angegriffene Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung und Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Das Verwaltungsgericht verkenne zunächst die Anforderungen, die für die Darlegung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses bestünden. Im Hinblick auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus dem Gesichtspunkt der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses genüge es, aufzuzeigen, dass ein solcher Prozess beabsichtigt sei, gegen wen er sich richte und aus welchem Grund er geführt werden solle. Konkreter Ausführungen zum geltend zu machenden Schaden bedürfe es nicht, wenn - wie hier - plausibel sei, dass das angegriffene Verwaltungshandeln wirtschaftliche Nachteile gehabt habe. Ihm - dem Kläger - sei es aufgrund des Passentzugs im Zeitraum vom 18. Juli 2006 bis zum 2. August 2006 verwehrt gewesen, in der Schweiz seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Dass das Fernbleiben vom Arbeitsplatz wirtschaftliche Nachteile für den betroffenen Bürger haben könne, liege nahe. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ausführe, es sei offen, ob er - der Kläger - nach Kenntniserlangung vom sofort vollziehbaren Passentzug am 18. Juli 2006 tatsächlich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geblieben sei, unterstelle es ihm die Begehung einer Straftat. Zudem habe das Verwaltungsgericht - so der Kläger - diese Feststellung unter Verstoß gegen seine Pflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO getroffen. Nach dieser Vorschrift sei das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen, den entsprechenden Sachverhalt aufzuklären.
Die begehrte gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Passentziehung aus materiell-rechtlichen Gründen sei zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses zudem erforderlich, weil der von der Beklagten eingeräumte Rechtswidrigkeitsgrund der fehlenden örtlichen Zuständigkeit möglicherweise mangels Verschuldens keinen Amtshaftungsanspruch begründe.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse darüber hinaus unter dem Blickwinkel der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Insofern sei es nicht erforderlich, dass dem Kläger eine erneute Passentziehung gerade durch die Beklagte drohe. Ein im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO relevantes schutzwürdiges Interesse an der begehrten gerichtlichen Rechtswidrigkeitsfeststellung bestehe vielmehr, weil zu erwarten sei, dass die Finanzbehörde, die die streitgegenständliche Passentziehung initiiert habe, weiterhin versuchen werde, passrechtliche Maßnahmen gegen den Kläger zu bewirken. Auch wenn entsprechende Maßnahmen von Passbehörden anderer Rechtsträger als der Beklagten erlassen würden, sei dem Kläger ein im Verhältnis zur Beklagten ergangenes Urteil, das die Rechtswidrigkeit einer Passentziehung aus materiell-rechtlichen Gründen feststelle, von Nutzen. Art. 19 Abs. 4 GG, der die Auslegung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO steuere, gebiete gerade vor diesem Hintergrund, dass sich das Verwaltungsgericht - sei es im Tenor, sei es in den Entscheidungsgründen - auch zur Frage der materiellen Rechtswidrigkeit der Passentziehung wegen fehlender Kausalität zwischen der Steuerschuld und dem Verlassen der Bundesrepublik Deutschland durch den Kläger verhalte.
Im Hinblick darauf, dass die Finanzbehörde die streitgegenständliche Passentziehung veranlasst habe, hätte - so der Kläger weiter - das Verwaltungsgericht den Träger der Finanzbehörde notwendig beiladen müssen. Das angegriffene Urteil sei daher auch wegen eines Verstoßes gegen § 65 Abs. 2 VwGO fehlerhaft.
Die zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage sei auch begründet. Voraussetzung einer Passentziehung sei nach dem hier allein in Betracht zu ziehenden § 7 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 8 PassG, dass Tatsachen bekannt würden, die die Annahme begründeten, der Passinhaber wolle sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen. Es lägen keine Umstände vor, die die Annahme rechtfertigten, er - der Kläger - wolle sich durch seinen Aufenthalt im Ausland seinen steuerlichen Verpflichtungen in der Bundesrepublik Deutschland entziehen. Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf dessen Schriftsätze vom 2. Januar 2008, vom 25. August 2008 sowie vom 22. Januar 2009 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2007 - 5 E 2978/06 (2) - festzustellen, dass die Verfügung der Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt vom 10. April 2006 auch mangels der nach §§ 8, 7 PassG erforderlichen Kausalität zwischen der Steuerschuld einerseits und dem Verlassen der Bundesrepublik Deutschland durch den Kläger andererseits rechtswidrig war.
Die Beklagte stellt keinen Antrag.
Die Beteiligten sind mit ihnen am 6. August 2009 bzw. am 7. August 2009 zugestellter Verfügung des Berichterstatters vom 4. August 2009 zu einer Entscheidung des Senats über die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung nach § 130a VwGO angehört worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte (zwei Bände) sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten (ein Hefter) verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 130a VwGO nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet.
Die gemäß §§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 5 VwGO infolge der Zulassung durch das Berufungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das die Klage des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 16.Oktober 2007 - 5 E 2978/06 (2) - weist keinen Rechtsfehler auf.
Das mit der Klage verfolgte Feststellungsbegehren des Klägers ist unzulässig.
Eine Fortsetzungsfeststellungsklage, die auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts - hier der Passentziehung im Bescheid vom 10. April 2006 - aus einem bestimmten Rechtswidrigkeitsgrund gerichtet ist, ist unstatthaft.
§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bestimmt für die Situation, in der sich ein Verwaltungsakt während des anhängigen Anfechtungsrechtsstreits erledigt, dass das Gericht auf Antrag durch Urteil ausspricht, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Bereits nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist zulässiges Ziel der Fortsetzungsfeststellungsklage die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des (erledigten) Verwaltungsaktes, nicht hingegen (auch) die gerichtliche Feststellung eines bestimmten Rechtswidrigkeitsgrundes. Die aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO folgende Unstatthaftigkeit der Feststellung eines bestimmten Rechtswidrigkeitsgrundes entspricht auch der einfachgesetzlichen Systematik. Nach § 88 VwGO bestimmt der Kläger zwar das Klageziel und darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen. Eine Begrenzung des Maßstabs, den das Gericht bei der Prüfung der Berechtigung des Klagebegehrens anlegt, ist damit indes prinzipiell nicht verbunden. Der Verfügungsgrundsatz, der im Verwaltungsprozess ebenso wie im Zivilprozess Geltung beansprucht, beinhaltet nämlich grundsätzlich nicht die Befugnis des Klägers, den Streitgegenstand auf bestimmte rechtliche Gesichtspunkte zu begrenzen und damit das Gericht zu deren Prüfung zu verpflichten (vgl. Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 86 Rdnr. 6; MünchKommZPO, 3. Aufl. 2008, Einl. Rdnr. 306; Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, Einl. Rdnr. 84).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird im Zivilprozess für Leistungsklagen im Hinblick darauf zugelassen, dass Ansprüche des Klägers aus bestimmten Anspruchsgrundlagen prozessual bzw. materiell-rechtlich privilegiert sind (z. B. erweiterter Vollstreckungszugriff nach § 850 f Abs. 2 ZPO sowie Aufrechnungsverbot nach § 393 BGB für Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung). Diese Ausnahme, die auf den zwischen Privatrechtssubjekten geltenden rechtsstaatlichen Justizgewährleistungsanspruch (Art. 20 Abs. 3 GG) rückführbar ist, findet bei der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO keine Entsprechung. Insbesondere fordert die gegenüber der Ausübung öffentlicher Gewalt eingreifende Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erweiternd dahin auszulegen, dass die Feststellung eines bestimmten Rechtswidrigkeitsgrundes mit der Fortsetzungsfeststellungsklage möglich ist. Gegenüber belastenden Verwaltungsakten, zu denen die Passentziehung zählt, ist hinreichender Rechtsschutz regelmäßig bereits durch die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO bzw. deren gerichtliche Anordnung oder Wiederherstellung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gewährleistet. Ist ein solcher repressiver Rechtsschutz ausnahmsweise nicht zumutbar, ist ausreichender Rechtsschutz durch eine vorbeugende Leistungs- oder Feststellungsklage bzw. eine entsprechende gerichtliche einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sichergestellt (vgl. zur Unzulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, der auf die gerichtliche Feststellung eines bestimmten Rechtswidrigkeitsgrundes gerichtet ist: BVerwG, Beschlüsse vom 5. September 1984 - BVerwG 1 WB 131.82 - BVerwGE 76, 258 [260], vom 16. Oktober 1989 - BVerwG 7 B 43.89 - Buchholz 11 Art. 2 GG Nr. 59 und vom 23. November 1995 - BVerwG 8 C 9.95, 8 PKH 10.95 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 280; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Oktober 2008, § 113 Rdnr. 79).
Eine Fortsetzungsfeststellungsklage, die auf (bloße) Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid der Beklagten vom 10. April 2006 getroffenen pass- und personalausweisrechtlichen Regelungen abzielt, ist statthaft, aber mangels eines berechtigten Interesses im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an dieser Feststellung unzulässig.
Ein berechtigtes Interesse des Klägers fehlt bereits deshalb, weil die Rechtswidrigkeit der im Bescheid der Beklagten vom 10. April 2006 getroffenen Regelungen als solche nicht streitig ist, sondern von der Beklagten durch Rücknahme verbindlich anerkannt worden ist (vgl. zum Bestrittensein der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes als Voraussetzung eines berechtigten Interesses an der Rechtswidrigkeitsfeststellung: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a. a. O., § 113 Rdnr. 90; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 113 Rdnr. 268; jeweils m. w. N.).
Unabhängig hiervon lässt das Vorbringen des Klägers die Annahme eines berechtigten Interesses an der (bloßen) Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten pass- und personalausweisrechtlichen Regelungen im Bescheid der Beklagten vom 10. April 2006 nicht zu.
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf einen vom Kläger ernsthaft beabsichtigten Amtshaftungsprozess, der nicht offensichtlich unbegründet ist, hat der Kläger auch in der Berufungsinstanz nicht hinreichend dargelegt. Um dem Verwaltungsgericht die Prüfung der offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer entsprechenden Schadensersatzklage zu ermöglichen, bedarf es bereits prinzipiell auch konkreter Angaben des Klägers der Fortsetzungsfeststellungsklage zu dem Schaden, der seiner Auffassung nach auf den amtspflichtwidrigen Erlass des erledigten Verwaltungsakts zurückzuführen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Januar 2003 - 13 A 4859/00 - NVwZ-RR 2003, 696; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 12. November 2007 - 2 LA 423/07 - juris). Hier kommt hinzu, dass der Kläger als Folge der im Bescheid vom 10. April 2006 getroffenen Regelungen nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum vom 18. Juli 2006 bis zum 2. August 2006 daran gehindert war, seiner beruflichen Tätigkeit in der Schweiz nachzugehen. Ob ihm hieraus ein wirtschaftlicher Nachteil entstanden ist, ist für den Senat fraglich, zumal der Arbeitgeber des Klägers der Beklagten mit Schreiben vom 28. Juli 2006 eine Frist zur Aufhebung bzw. Änderung der verfügten Maßnahmen bis spätestens zum 3. August 2006 gesetzt hatte, um gravierende wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden. Die Rücknahme der im Bescheid vom 10. April 2006 getroffenen Regelungen verfügte die Beklagte bereits mit Bescheid vom 1. August 2006.
Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Verfügungen im Bescheid vom 10. April 2006 besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr. Eine ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründende Wiederholungsgefahr, d. h. eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass bei im Wesentlichen unveränderter Sach- und Rechtslage ein dem erledigten Verwaltungsakt gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird, muss grundsätzlich im Verhältnis der Beteiligten des anhängigen Verwaltungsstreitverfahrens bestehen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Januar 2009 - 7 A 136/08.Z -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Januar 1971 - VI 320/69 - GewArch 1991, 176; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a. a. O., § 113 Rdnr. 93; Württemberger, Verwaltungsprozessrecht, 1998, Rdnr. 653). Lediglich in diesem bereits bestehenden Prozessrechtsverhältnis ist es gerechtfertigt, dem Kläger die Rechtsschutzoption des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu ermöglichen, obwohl der aktuelle Rechtsschutzbedarf durch Erledigung des Verwaltungsaktes entfallen ist. Ein Interesse des Klägers, im gegen den Beklagten gerichteten Fortsetzungsfeststellungsstreit Rechtsfragen gerichtlich klären zu lassen, die nicht für sein Verhältnis zur Beklagten, sondern zu Dritten von Bedeutung sind, entspricht demgegenüber einem abstrakten, d. h. vom konkreten Rechtsstreit der Beteiligten losgelösten Interesse an der Klärung der Rechtslage. Ein solches Interesse aber ist zur Begründung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses nach allgemeiner Meinung unzureichend (vgl. statt aller: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a. a. O., § 113 Rdnr. 90). Der Rechtsauffassung des Klägers, nach der ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch im Hinblick auf eine von einem nicht am Anfechtungsprozess beteiligten Dritten ausgehende Wiederholungsgefahr zu prüfen ist, ist vor diesem Hintergrund nicht beizutreten. Das vom Kläger zu Gunsten seiner Rechtsauffassung angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juni 1988 - BVerwG 8 C 86.86 - (NJW 1988, 2630) trifft keine Aussage zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse eines Klägers im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Die Entscheidung verhält sich allein zu den Voraussetzungen eines berechtigten Interesses des Beklagten an einer Sachprüfung und den sich bei deren Vorliegen ergebenden Folgen für den gerichtlichen Prüfungsumfang im Fall einer einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Klägers (sog. Erledigungsstreit).
Im Verhältnis zur Beklagten hat der Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht hinreichend dargetan. Soweit er pass- oder personalausweisrechtliche Maßnahmen anderer Behördenträger auf Initiative des Finanzamts B-Stadt II befürchtet, sind diese - wie ausgeführt - schon prinzipiell zur Begründung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses untauglich. Hinzu kommt, dass im Verhältnis zu anderen Behördenträgern kein Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Bescheid vom 10. April 2006 verfügten Maßnahmen schlechthin besteht, sondern nur an einer Rechtswidrigkeitsfeststellung aus dem im Klageantrag bezeichneten materiell-rechtlichen Grund. Auf eine derart spezifizierte Rechtswidrigkeitsfeststellung durch das Gericht aber hat der Kläger - wie gezeigt - bei der Fortsetzungsfeststellungsklage keinen Anspruch.
Eine allgemeine Feststellungsklage, mit der die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes bzw. die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes aus einem bestimmten Rechtswidrigkeitsgrund beantragt wird, ist gleichfalls unstatthaft. Die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes ist kein nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
Für die Zulässigkeit einer Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO, mit der die Feststellung begehrt wird, dass zwischen den Beteiligten am 10. April 2006 kein Rechtsverhältnis bestanden hat, welches die Beklagte zum Erlass der pass- und personalausweisrechtlichen Verfügungen berechtigte, fehlt es jedenfalls am qualifizierten Feststellungsinteresse, das für die Feststellung vergangener Rechtsverhältnisse erforderlich ist. Denn die Beklagte hat durch die Rücknahme ihres Bescheids vom 10. April 2006 das Nichtbestehen dieses Rechtsverhältnisses verbindlich eingeräumt.
Eine Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO, mit der das Nichtbestehen des bezeichneten Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten aus einem bestimmten Rechtsgrund heraus festgestellt werden soll, ist schon deshalb unstatthaft, weil eine bloße Vorfrage des Bestehens bzw. Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses - hier die vom Kläger behauptete fehlende Kausalität zwischen der Steuerschuld und dem Verlassen der Bundesrepublik Deutschland - kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ist.
Eine notwendige Beiladung des Trägers des Finanzamts B-Stadt II nach § 65 Abs. 2 VwGO, deren Unterlassen der Kläger beanstandet, kommt nicht in Betracht. Das Finanzamt hat ein Tätigwerden der in Pass- und Personalausweisangelegenheiten zuständigen allgemeinen Ordnungsbehörde lediglich angeregt. Eine gerichtliche Entscheidung im vom Kläger gegen die Beklagte geführten Feststellungsrechtsstreit über getroffene pass- und personalausweisrechtliche Maßnahmen greift nicht in eine Rechtsposition des Trägers des Finanzamts ein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG und berücksichtigt, dass der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 10. April 2006 sowohl eine passrechtliche als auch eine personalausweisrechtliche Regelung enthält. Zur Abänderung einer Streitwertfestsetzung erster Instanz ist das Berufungsgericht durch § 63 Abs. 3 GKG ermächtigt.
Ende der Entscheidung
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